Anschlagen an Gebäudetragwerken

  • Moin zusammen,


    in der BGI 810-3 lesen wir dazu folgendes:

    Zitat

    Anschlagpunkte am Tragwerk gelten als Schnittstellen zum Bauwerk und müssen Lasten sicher aufnehmen können.


    Mir geht es wirklich nur um das Wort "SICHER" in diesem Satz. Was bedeutet das denn? Wo kann ich nachlesen, welche Auflagen ein solcher Schnittpunkt erfüllen muss? Wie wir wissen obliegen die baulichen Maßnahmen oberhalb eines Anschlagpunktes anderen Richtlinien, als die unseren unterhalb eines solchen Punktes. Das wurde und wird zu genüge diskutiert.


    Jetzt komme ich aber zum Beispiel in eine Halle und möchte die Flasche eines Motors in einen Punkt hängen. Dabei fällt mir auf, dass dieser Punkt sehr beweglich ist, er lässt sich munter nach links, rechts, hoch und runter bewegen. Und wenn ich ihn bewege, rappelt es oberhalb des Punktes.


    Der Betreiber sagt mir dazu aber, dass die Nennbelastbarkeit nachgewiesen, gerechnet und beschrieben ist, und er zeigt mir dazu seine Daten. OK.


    Aber alle Punkte lassen sich bewegen, sie sind nicht fest. Und ich möchte dazu gerne mehr erfahren, finde aber nichts dazu irgendwo beschrieben. Weder Richtlinien, noch Präzedenzfälle, Rechtsprechungen etc.


    Was bedeutet "Anschlagpunkte müssen Lasten sicher aufnehmen können!" Wie muss ein solcher Anschlagpunkt ausgeführt sein, damit er Lasten sicher einleiten kann?
    Bin auf Eure Antworten gespannt.

    Gruß Detlev Funk

  • Servus,


    wie Anschlagpunkte konkret ausgeführt sind, ist sehr unterschiedlich. Halfenschienen, versch. Dübelsorten, Sonderkonstruktionen usw. machen da eine Ferndiagnose unmöglich. Zumal jedes Produkt spezifische Anforderungen haben kann.


    Aber um mal konkret zu beschreiben, was in der BGI 810-3 allgemein als sicher zu verstehen ist, sollte man sich klar machen, wie das dahinterstehende generelle Sicherheitskonzept gestaltet ist:


    Im Grundsatz ist eine Ausführung sicher, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:


    Das Bauteil ist eigensicher:
    Ein Bauteil ist eigensicher, wenn zur Bemessung der Betriebskoeffizient verdoppelt wird. Beispiel: Ein Schäkel nach DIN EN 13889 hat einen Betriebskoeffizient von 5. Zur Erreichung der Eigensicherheit muss dieser Betriebskoeffizient auf 10 verdoppelt werden. Ein Schäkel, der eine Bruchkraft von 50 kN hat, darf im "industriellen Einsatz" mit 10 kN belastet werden und in der Veranstaltungstechnik eben nur mit 5 kN.

    Das Bauteil ist einfehlersicher:
    Naja, beim Versagen einer tragenden Komponente muss eine zweite Sicherung einen Absturz oder ähnliches verhindern. Das bekannteste Beispiel hierfür sind die Unmegen an Fangseilen, mit denen Scheinwerfer & Co. gesichert werden.


    Viele Grüße


    Uwe

    Dipl.-Ing. Uwe Runtemund | Statiker in der Veranstaltungstechnik

    Mein Büro: runtemund.de

  • Moin Uwe,


    alles richtig. Aber mir geht es vor allem um die Ausführung Oberhalb des Übergabepunktes. Diese Diskussionen wird ja schon recht lange geführt. Aktuell ist es so, dass eine ganze Menge studierte Fachleute sich mit diesem Problem beschäftigen, aber es keine absehbare Lösung gibt.


    Um es nochmals kurz zu beschreiben: Ein Übergabepunkt bewegt sich wie blöd, rauf, runter links und rechts. Und er verformt sich bei Belastung. Betreiber sagt: Der Punkt kann xxx kg. Das wurde mit Faktor 1,5 auch "geprüft". Will heißen, jemand hat Summe X an kg lotrecht angehängt, hält, und wieder abgehangen. Alles ohne Dynamik. Niemand hat sich bei diesem Test die Bauteile oberhalb des Punkts angeschaut, die Verformungen wurden erst später festgestellt.


    So, und nun komme ich und möchte da etwas mit Motoren fahren. Mach ich aber nicht, weil mir dieses Konstrukt sehr merkwürdig vorkommt. Ich berufe mich u.a. auf die BGI-810-3 und vor allem auch auf mein Wissen, meine Erfahrung etc. Ich kann keine Lasten "sicher" in das Tragwerk einleiten. Und nun haben wir den Salat. Laut Betreiber ist alles gut, ich sage, ne ist nicht gut. Natürlich ist das alles sehr vereinfacht ausgedrückt, in Wirklichkeit sind da gerade sehr komplizierte Prozesse am laufen, aber es beschreibt die Situation sehr gut.


    Deswegen die Frage: Was bedeutet in dem Fall "sicher aufnehmen"? Die Öse selber kann das, ja. Aber der Schnittpunkt eben nicht. Also wieder das Gleiche: Wir unter einem Übergabepunkt alles gut und sicher, oberhalb gelten andere Regeln. Und ich suche eben Informationen zu dem "Schnittpunkt".

    Gruß Detlev Funk

  • wenn der Anschlagpunkt mit einer offiziellen Belastungsangabe versehen ist, oder wenn du dir die Tragfähigkeit vom "Betreiber" schriftlich und glaubhaft bestätigen läßt, ist das eine Sache.
    Wenn dir dein Sachverstand aber sagt, es könnte doch eine Gefahr geben, dann wirst du es mit dir ausmachen müssen ob du den Job machst, falls es keine alternative Lösung als diesen Anschlagpunkt gibt.


    Ohne zu wissen wieviel Last dran soll und wie stark der Punkt ausgenutzt wird, wie das statische System ist, wie die Anteile dynamischer Belastungen sein können
    bzw.
    wie "ausgeleiert" der Anschlagpunkt schon ist und sich dadurch in deinen Worten "bewegt"


    ist doch alles sehr hypothetisch

    Gruß UweS.

  • Was als sicher zu verstehen ist, ist in den einschlägigen technischen Regeln und Normen festgelegt. Wie das Sicherheitskonzept dazu aussieht, habe ich auch schon erläutert. Leider kann ich das nicht näher erläutern, ohne gesehen zu haben, womit Du anscheinend Bauchschmerzen hast.


    Wenn Dir der Hallenbetreiber schriftlich zusichert, dass ein Hängepunkt bestimmte angegebene Vertikal- und ggf. Horizontallasten aufnehmen kann, musst Du ihm das wohl glauben. Wenn Du der Meinung bist, dass der Punkt defekt ist, benutz ihn nicht und weise den Hallenbetreiber darauf hin, dass er ggf. repariert wird.


    Wenn nun Hallenbetreiber und Du über die Sicherheit eines Punktes grundlegend verschiedener Meinung sind und Ihr euch auch nicht einigen könnt, hilft in meinen Augen nur ein Sachverständiger, der die Sache beurteilt. Dann habt Ihr beide Klarheit.

    Dipl.-Ing. Uwe Runtemund | Statiker in der Veranstaltungstechnik

    Mein Büro: runtemund.de