• Kürzlich hatte ich das Vergnügen, bei einer Chorproduktion mit Band (zwischen 120 - 150 jugendliche Sängerinnen und Sänger) mitzuwirken.


    Diesmal wurde die Sache wie folgt umgesetzt (siehe Skizze):



    - die roten und grünen Punkte waren Bändchenmikrofone (vom grossen T). Grün = hängend, rot waren sie auf Stativen Montiert. Der blaue Punkt ist ein Bändchenmic für den Flügel. Die Solistinnen hatten ein Shure SM86 (bin nicht ganz sicher) und klangen schön.


    - Die Band war vor/unter der Bühne in der Ecke der Halle.


    Das Ergebnis war ok. Die Band war klanglich schön, der Chor war ok. Speziell nahe an den PA-Stacks gefiel mir jedoch der Chor nicht. Er klang sehr nach Pappschachtel, leer und glanzlos.


    Bei kleineren Chorgeschichten hatte ich früher einfach ein paar Kleinkondensator-Miktrofone, die ich vor den Chor stellte und das klang imho besser, obwohl die akustischen Bedingungen nicht ansatzweise vergleichbar waren.



    Meine Frage an euch - was gibt es für gute Methoden, den Chor möglichst sauber zur verstärken? Für welche Chorgrösse bewährt sich welche Methode? Welche Mikrofontypen eignen sich speziell gut?




    ...ich habe mir erlaubt, Onkel Sky aus einem gesperrten Thema zu zitieren:


    Der Ton macht die Musik.

  • Das "Hohle", alles was tonnig, blechern, badewannig klingt in solchen Situationen, ist auf die Kammfiltereffekte zurückzuführen, wenn ein Signal laufzeitdifferent von verschiedenen Mikrofonen aufgenommen wird. So, wie deine Mikrofone positioniert gewesen zu sein scheinen, wird das an einigen Stellen eingetreten sein, gewiss auch durch die Mischung mit den abgehängten Mikros. Ich versuche immer, bei Chören mit möglichst wenig Mikrofonen auszukommen oder sie eben so zu plazieren, dass sie in einer Reihe stehen bzw. unter Ausnutzung ihrer Charakteristik positioniert sind, um nichts (wenig) aufzunehmen, was für andere Mikros gedacht ist. Und es gilt natürlich nach wie vor: Closeup-Miking. Ich sehe immer mal wieder die Versuche, dass Condenser oberhalb der ersten Reihe in fast drei Metern Höhe aufgebockt sind - maximaler Auszug des guten 210/2, und dann schräg nach unten. Was soll der Blödsinn? Die schlauen Herren am Pult faseln dann immer dummes Zeug von Atmosound und mischtsichbesser oder haben es bei SAE gelernt oder im Fernsehen gesehen, und dann muss es ja gut sein, bloß laut kriegen sie es nicht, und es erinnert auch mehr an Gesangsbrei, bei dem der Zuhörer allenfalls den Eindruck gewinnt, aha, die da vorne haben grad angefangen zu singen, könnte 'n Stück aus dem Zigeunerbaron sein oder ist es doch der Song vom lustigen Zigeunerleben? - Von vorne in die Fresse ist die Devise, die Leute singen nach vorne on axis, nicht schräg nach oben, die wollen ja nicht den Wettergott beschwören. Einsprechcharakteristik maximal ausnutzen, nur nicht zu nah rangehen, dass man einzelne Stimmen heraushört - dann ist auf einmal auch anständiges Nutzsignal da.


    Wenn man das ein paar Mal gemacht hat, dann weiß man in der Situation vor Ort recht bald, was sinnvoll ist, und dann geht mit ein oder zwei Filtern und hoch gestimmtem Lowcut in den Kanälen schon so einiges. Am Freitag war ich in einer beschallungsmäßig wirklich ekelhaften Umgebung, nämlich in einem Flugzeughangar mit 1400 sitzenden Gästen, die sich zudem auch noch angeregt unterhielten. Mit geflogener Beschallung konnte ich acht Laiensänger mit ihrem Korrepetitor am Klavier unter Nutzung zweier AE3300 plus einem weiteren für das Solomädchen so laut bringen, dass man jedes Wort des Backgroundgesanges verstehen konnte - überall.


    Ich habe gar nicht so viele Mittel der Wahl als kleiner Tonunternehmer, und entscheide mich stets zwischen AE3300 und NT5, damit geht es eigentlich immer, was anderes habe ich nicht. Richtschnur: weniger ist mehr, keine Experimente, egal ob in dubiosen Umgebungen oder dem Konzertsaal; du schreibst es ja selbst, dass du den Eindruck hattest, früher ging es mit weniger Budenzauber besser. Seinerzeit dachte ich auch mal, mit ganz vielen Mikrofonen für alle Stimmlagen könnte man einen Mix zaubern, und ich kasperte mit EQs und Phasendrehschaltern am Pult herum, mit Gates wurde experimentiert, es war alles nicht der wahre Jakob. Mittlerweile empfinde ich den Job "mach den Chor laut" als eine wenig herausfordernde Aufgabe, wenn man lege artis arbeitet. Und man muss wissen, wo Schluss ist. Die ersten zwei Koppler werden in den Channelstrips weggefiltert, und wenn es dann noch hupt, ist das Ende der Lautstärkeskala erreicht. Alles, was man dann noch versucht, endet meiner Erfahrung nach in einem Risiko (es kann urplötzlich beleidigend laut lospfeifen) oder ist dem Sound nur noch abträglich. Da muss man sich disziplinieren und die Finger vom Pult nehmen.

  • Würde das funktionieren, wenn man vor dem Chor zwei kleinmembran Kondensatorenmiks nehmen würde für den Nahbereich und auf dem Stativ deutlich höher zwei Richtrohre à la "Rode NTG1" für die hinteren Ränge benutzen würde? Oder eignen sich Richtrohre prinzipiell gar nicht für solche Anwendungen?

    Der Ton macht die Musik.

  • Manchmal ist weniger mehr, wir hatten auch schon abnahmen mit 6, 8 oder 10 abgehängten Mikrofonen über der Bühne, die Ergebnisse waren für den Aufwand ernüchternd und ohne Kopfhörer um zu gucken wo jetzt gerade wieder einer inbrünstig singt um das Mikrofon der Wahl ab zu senken geht es da nicht. Ich habe mit dem einfachsten Aufbau bisher die besten Ergebnisse gehabt, ORTF (Stereoschiene) beim Dirigenten und AB Abnahme, vier Kleinkondensatoren die entsprechend positioniert doch ein sehr homogenes Bild des ganzen Chors auffangen und das geht im großen wie im kleinen, vernünftige Mikrofone (z.B. NT5) vorausgesetzt.

    In meinem Lexikon fehlt das Wort unmöglich!


    ASR Computer & PA Technik
    André Ruhnau
    Rosenstr.6
    78598 Königsheim

  • Stereoschiene beim Dirigenten hatte ich auch schon im Programm, empfand aber das primitive "vier Condenser in einer Linie nebeneinander closeup" als deutlich effizienter und entspannter. Man hat einfach mehr Nutzsignalpegel, und alleine darauf kommt es in dieser Aufgabe an. Stereoschiene vorne mache ich immer, wenn eine Aufzeichnung mitzuschneiden ist. Ich bevorzuge da XY.


    NT5 ist hier übrigens auch das Mittel der Wahl, richtig toll ist auch AE3300. Wer es günstiger braucht, aber überhaupt keine klanglichen Einbußen haben möchte (zumindest keine live hörbaren), der kauft Monacors ECM270. Geht genau so prima wie NT5!

  • Ja 4 von der Front und je eines Links und eines Rechts, sehr schmalbandig mit gesetzten Filtern, damit nur wenigen Oktaven der jeweiligen Seiten drauf sind.
    Hab ich bei ner Produktion so gemacht, wo noch nen Blasorchester dabei war.
    Die Außenmics hab ich dann ohne Front auf die Monitore gemacht, damit die Bläser den Chor besser hören. Aber die Außenmics hab ich sehr dezent in den Mix geschoben.
    Das war ne brauchbare Lösung.


    Im Konzerthaus dann bei der 2. Aufführung hat der dortige Tontechniker lieber mehrere Mics eingesetzt, mit dem Ergebnis, dass man den Chor nicht mehr sauber verstanden hat.
    Und die Bläser angenervt waren, weil auf den Monitoren Brei zu hören war.


    KISS gilt halt so gut wie immer! (Keep it simple and stupid)