Verkehrssicherungspflicht beim Bühnenbau?

  • Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde ist wie Behörden zb. die Polizei oder Feuerwehr reagieren wenn ich diese benachrichtige. Wie würdest du lieber Attorney das bewerten ?
    Im Zweifel der Polizist keinerlei Sachkunde und steht vor dem Problem der Abwägung. Wie soll er meine Sachkunde/Sachverstand bewerten. Ich denke eine Schadenersatzpflicht an meine Person würde sich nur dann konstruieren lassen wenn ich wieder Besseren Wissen eine Amtsperson davon überzeuge das es Murks ist.


    Wie gesagt wir "spinnen" jetzt mal ein wenig rum und betrachten keinen konkreten Fall.

  • Hi,


    also, wenn du die Polizei anrufst, dann kommt die vorbei. Je nachdem, wie du deinen Anruf formulierst, kommt auch gleich die Feuerwehr (Stichwort: Technische Hilfeleistung/ Droht zu fallen Bühne). Ansonsten wird die Polizei veruschen den Veranstalter zu erreichen, vielleicht wird sie auch nur ein wengig Absperrband drum rum wickeln.
    Im Allgemeinen wird bei sowas als erstes der 'Sachverstand' der Feuerwehr gefragt. Wenn die nicht mehr weiterwissen, dann geht's entweder ans Bauamt oder evtl. auch ans THW, falls die das Kompetenz haben.


    Tomy

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  • Zitat von "Markus Verza"

    Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde ist wie Behörden zb. die Polizei oder Feuerwehr reagieren wenn ich diese benachrichtige. Wie würdest du lieber Attorney das bewerten ?


    Also: Für Ba-Wü bzw. Bayern gesprochen:


    1. Kommen müssen die Gesetzeshüter (ob mit Signal oder ohne entscheidet die Leitstelle).


    2. Je nach "Qualifikation" und Offensichtlichkeit der Gefahrenbeschreibung wird entweder unmittelbar durch die Polizei gehandelt (Sperrung etc.), ggf. zu offenen Geschäftszeiten das Bauamt zugezogen und bei der Notwendigkeit aktiver Sicherung das THW.
    Wenn du als Meister VA-Technik die Gefahr beschreibst, wird das Wirkung zeigen. Immerhin könnte eine Nichthandlung auf eine konkrete und bekannte Gefahr im Falle eines Schadens eine Amtshaftung auslösen.


    3. Wenn ein Schadensfall fingiert oder falsch behauptet wird, können die Kosten des Sicherungseinsatzes dem Melder abverlangt werden.


    4. Wird eine tatsächliche Gefahr beseitigt / gesichert, bekommt der Gefahrverursacher den Zahlungsbescheid (so genannte "unmittelbare Ausführung" - Polizeigesetz Ba-Wü bzw. Polizeiaufgabegesetz Bayern bzw. die jeweiligen VwVfGs der Länder mit Kostengesetzen, je nachdem, wer die Sicherung letzlich anordnet).


    5. Ich habe bisher einmal die Notwendigkeit gesehen, zusammen mit einem anwesenden Statiker die Baubehörde bezüglich eines (zum Glück nicht meinem Auftraggeber obliegenden) Gewerks zu informieren. Die waren schnell da und nach ruhiger, sachkundiger Schliderung der Gefahr durch den Dipl.-Ing. auch zum sofortigen Eingreifen bereit.
    Die Lösung war dann friedlicher als erwartet: Die notwendige Nachbesserung erfolgte mangels Spare-Material des Gewerkausführers mit Material des Kommunen-Bauhofes. Kostenlos. Und alle waren glücklich - manchmal braucht es eben den amtlichen "Impuls", um uneinsichtige Personen umzustimmen.


    6. Gefahren-Management ist aus meiner Sicht so gut wie nie Konfrontation. Ich versuche grundsätzlich, Gefahrbeseitigung als gemeinsame Herausforderung zu sehen. Im Endeffekt zählt für alle Beteiligten nur eines: The Show must run - Rock 'n Roll. Zudem sieht der Besucher nicht die unterschiedlichen Gewerke, sondern zumeist das große Ganze.

    Bernd Schiele
    (Rechtsanwalt mit kleiner Technikerseele und Eventrecht als Job & Hobby)
    Sofern ich in meinen Beiträgen zu rechtlichen Fragen Stellung nehme, handelt es sich um allgemeine Diskussion, NICHT um Rechtsberatung!

  • Zitat

    Die Gefahr, dass jemand, der nicht explizit in der Garantenstellung ist, bei so einer Sache wegen unterlassener Hilfeleistung (oder was einem da noch so an Konstruktionen einfallen könnte...) belangt wird, gibt es nicht.



    Wie sieht das eigentlich aus, wenn ich in einer VA-Stätte aufbaue, wo ein Mitbewerber eine nicht vorschriftsgemäß geflogene(an 2 Baumarktseilwinden, mit Billigketten totgehangen) Truss hängen hat?


    Muß ich das Teil abhängen (lassen) oder trifft mich im Falle des (Un-)Falles keine Schuld?


    Wohlgemerkt: Die Truss wird von mir nicht benutzt!


    Gruß,


    Klaus

    FOH = Holz vor der Hütte!

  • Zitat von "Eliminator"

    Wie sieht das eigentlich aus, wenn ich in einer VA-Stätte aufbaue, wo ein Mitbewerber eine nicht vorschriftsgemäß geflogene(an 2 Baumarktseilwinden, mit Billigketten totgehangen) Truss hängen hat?...Wohlgemerkt: Die Truss wird von mir nicht benutzt!


    Da machen wir doch mal eine Gefährdungsanalyse:


    1.) Wenn die Truss nicht bewegt wird und totgehangen ist, spielen die Baumarktseilwinden keine Rolle - die Last hängt ja an den Ketten.


    2.) Ob die Kette billig oder teuer ist, spielt erst mal keine Rolle, entscheidend sind Mindestbruchkraft des verwendeten Stahls, Durchmesser und ggf. Gliedlänge. UND: Wir reden hier von Ketten mit geschweissten Gliedern. Alles andere wird ohnehin sofort abgebaut.


    Wenn das so hängt, dass keine Glieder gebogen werden, und Angaben über den verwendeten Stahl nicht vorliegen, dann rechnet man halt mit St37 und 1/10 der Nennbruchkraft.


    3.) Dann könnte noch die Aufhängung eine Rolle spielen (Dübel? Um Balken gelegt? ...) Dazu ist hier nichts gesagt, das klammern wir also mal aus.







    Ergibt sich also Frage Nummer eins: Ist das überhaupt gefährlich? Wenn nicht, dann Ende der Überlegung.


    Wenn es gefährlich ist oder sein könnte, dann baut man das halt ab.


    Ggf. stellt sich Frage Nummer zwei: Es ist gefährlich, ich habe es nicht abgebaut, und es passiert etwas. Bin ich in der Haftung? Das muss man differenzieren (wobei die Überlegungen eher theoretischer Art sind: Wenn dort etwas mehrere Tage hängt und man fasst es nicht an, dann ist es seeeeehhhhr unwahrscheinlich, dass es plötzlich runterkommt):


    a) Ich bin Betreiber oder Verantwortlicher für Veranstaltungstechnik. Dann bin ich für die Sicherheit verantwortlich. Punkt.


    b) Ich bin Veranstalter oder dessen Beauftragter. Sehr unübersichtliche Situation. Prinzipiell wäre ich in der Verkehrssicherungspflicht, aber man kann einem Veranstalter nicht zumuten, die ganze technische Einrichtung einer Hütte zu prüfen. Da drehen sich die Fragen dann um


    - Welche Vereinbarungen wurden mit dem Hallenbetreiber getroffen?


    - Wurde eine Gefährdungsanalyse gemacht? Wurde stichrpobenartig die Sicherheit der Halle geprüft?


    c) Ich bin technischer Dienstleister. Ohne dass mir explizit irgendwelche Pflichten übertragen werden, bin ich allenfalls als Arbeitgeber für die Sicherheit meiner Leute zuständig. Wenn ich Zweifel an der Traverse oder deren Aufhängung habe, dann sorge ich dafür, dass meine Leute nicht drunter durchlaufen und geben einen freundlichen Hinweis an meinen Auftraggeber...

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