Klangqualitaet von Kompressionstreibern

  • Eine in den einschlaegigen Foren haeufig diskutierte Frage ist die nach dem bestklingenden ‚x’ Zoll Kompressionstreiber. Der Tenor dieser Diskussionen ist stets der, dass die charakteristischen Nichtlinearitaeten eines Treibers den qualitativen Klangeindruck direkt beeinflussen, ergo ein Treiber mit geringen charakteristischen Verzerrungen de facto ‚besser klingt’. Untersuchungen zeigen, dass diese Einschaetzung statistisch nicht haltbar ist.


    In dem Artikel Geddes, Lee & Magalotti (2005); „Subjective testing of compression drivers“, J. Audio Eng. Soc. 53/12 1152-1157 untersuchen die Autoren den Einfluss der linearen und nichtlinearen Verzerrungen (i.e. des Frequenzganges und des Verzerrungsverhaltens) auf die empfundene Klangqualitaet. Das AX Doppelblindexperiment kann folgendermaszen zusammengefasst werden:


    - untersucht werden 3 unterschiedliche 2“ Kompressionstreiber (Titaniumkalotten mit 100mm Schwingspule, nominell 8 Ohm Impedanz, 5 fach geschlitzter Phaseplug, NdFeB Magnetantrieb)
    - um die Untersuchung auf die charakteristischen Eigenschaften der Treiber zu beschraenken wird ein reflektionsfreies Impedanzrohr als Last verwendet (im Gegensatz zu einem Horn konstante akustische Impedanz am Treibermund)
    - der massenbedingte Frequenzgangabfall der 3 Treiber wird mittels eines +6dB Filter korrigiert (fuer alle Treiber gleich)
    - die entstehende Laufzeitverzoegerung durch Wellenleitung von der Membran zum Treibermund wird korrigiert (fuer alle Treiber gleich)
    - eine monophone Musiksequenz wird digital hoch- und tiefpassgefiltert (3. Ord. BW 800Hz)
    - das hochpassgefilterte Signal wird ueber jeden der 3 Kompressionstreiber wiedergegeben und mittels eines ¼“ Mikrophones direkt am Treibermund aufgezeichnet
    - die Aufzeichnung fuer jeden Treiber erfolgt in 3 Schallpegelstufen (nominell 14V, 20V und 28V, i.e. 24.5W, 50W und 72W)
    - die aufgezeichneten hochpassgefilterten Signale werden normalisiert, sodass die Summe aus Tief- und Hochpassignal stets die gleiche Leistungsverteilung wie das Originalsignal hat
    - die monophone Wiedergabe erfolgt mittels Kopfhoerer geringer Verzerrung und linearen Frequenzganges


    Es stehen 3 x 3 verschiedene Varianten der Musiksequenz zum Vergleich – 3 verschiedene Treiber (zu unterscheiden mittels ihrer linearen Charakteristik) und 3 verschiedene Schallpegelstufen, welche die unterschiedlichen nichtlinearen Verzerrungen bei steigender Eingangsleistung als auch die grundsaetzlichen nichtlinearen Charakteristiken der jeweiligen Treiber einschliessen. Die Hoerer vergleichen stets das Original X mit der bearbeiteten Version A und beurteilen die Groesse des subjektiven Unterschiedes.


    Es ergeben sich folgende Schlussfolgerungen aus dem Experiment:


    - es sind statistisch signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Treibern auszumachen, aber keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Schallpegelstufen der Treiber (bei gleichen Schallpegeln im Ohr lassen sich keine qualitativen Unterschiede fuer die unterschiedlichen Eingangsleistungen / nichtlinearen Verzerrungen der einzelnen Treiber feststellen)
    - Unterscheidung zwischen den Treibern erfolgt demnach ueber die unterschiedlichen charkteristischen linearen Verzerrungen (Frequenzgang) und nicht ueber die charakteristischen oder eingangsleistungsbedingten nichtlinearen Verzerrungen


    Fuer die Praxis bedeutet dies (nach meiner Lesart) folgendes:


    - subjektive Klangunterschiede, welche eindeutig auf nichtlineare Verzerrungen zurueckgefuehrt werden koennen, entstehen ausschliesslich waehrend der Wellenleitung im Horn und in der Luft. Diese Experimente setzen voraus, dass die linearen Verzerrungen (Frequenzgang) der untersuchten Systeme am Hoerort absolut identisch sind.
    - Geddes et al. zeigen, dass fuer identische Hoerner und Hoerabstaende allein die Korrektur der linearen Verzerrungen (Frequenzgang) zu subjektiven Klangunterschieden fuehren werden (technisch vergleichbare Treiber vorausgesetzt). Ergo, die genaue Korrektur des Frequenzganges ist statistisch gesichert relevant fuer die Klangqualitaet; die charakteristischen nichtlinearen Verzerrungen des Treibers sind es nicht.
    - Verbesserungen der Klangqualitaet sind demnach nur zu erreichen, wenn Hoerner mit geringeren nichtlinearen Verzerrungen eingesetzt werden, und der Frequenzgang genauer korrigiert wird (beide Themen spielen in den Diskussionsforen nur eine untergeordnete Rolle, hier regiert das Substitutionsprinzip hin zum ‚besseren’ Treiber). Weiterhin ist die Reduktion des Hoerabstandes das effektiveste Mittel, klanglich relevante Verzerrungen zu reduzieren, da bei steigendem Schalldruck am Hornhals der Verzerrungsanteil durch Wellenausbreitung in der Luft den resultierend aus dem Treiber und dem Horn bei weitem uebersteigt.


    Warum sind fuer 2 vergleichbare, technisch hochwertige Treiber doch deutliche Unterschiede feststellbar? Die linearen Verzerrungen jedes einzelnen Treibers sind speziell im Hochtonbereich derart charakteristisch, dass auch bei ‚gemess-fuehlt’ vergleichbaren Frequenzgaengen deutliche Unterschiede hoerbar werden. Da die linearen Unterschiede mangels sorgfaeltiger Messungen verborgen bleiben, werden die Phaenomene den nichtlinearen Verzerrungen zugeordnet.


    Warum ‚verzerrt’ eine Treiber-Horn-Kombination deutlich staerker, wenn die Eingangsleistung angehoben wird? Diese offensichtliche Beobachtung der Praxis widerspricht Geddes et al.! Hier spielen die nichtlinearen Vorgaenge innerhalb des Gehoers selbst die entscheidende Rolle. Nichtlineares frequenzvariables Lautheitsempfinden, steigende Bandbreite der Cochleafilter, ansteigende lautheitsbedingte Maskierung hoher Frequenzen, etc. rufen diese Effekte hervor. Ein individuell angepasster Gehoerschutz mit einem linearen Filter sorgt fuer deutliche Verbesserung der subjektiven Klangqualitaet, obwohl die mechanisch-akustische Uebertragung, i.e. der Schalldruckpegel und die daran gekopplten Nichtlinearitaeten unveraendert bleiben. Oder: leiser klingt leichter besser!


    Effekte wie Partialschwingungen der Membran, Nichtlinearitaeten des Antriebes oder Intermodulationsverzerrungen durch zu tiefe Trennung oder zu hohe Auslenkung sorgen fuer deutliche Minderung der subjektiven Klangqualitaet! Geddes et al. zeigt anschaulich, dass die charakteristischen Nichtlinearitaeten unterschiedlicher aber vergleichbarer Treiber unter identischen Einsatzbedingungen keinen Einfluss auf das subjektive Klangempfinden haben. Es kann demnach nicht ‚den’ Treiber geben, der deutlich tiefer als alle anderen getrennt oder spuerbar staerker ausgelenkt werden kann, ohne dass deutliche Klangveraenderungen hoerbar werden, solange die Konstruktionsprinzipien und Materialien nicht entsprechend verbessert wurden. Ergo, die Einsatzbedingungen, allen voran die Auslenkung, sind die entscheidenden Kriterien fuer den Entwurf der Klangcharakteristik (wird in den Foren stets prominent ignoriert, obwohl einige Protagonisten sich redlich bemuehen, dies verstaendlich zu machen).


    Gruesse: Sven


    P.S. Roberto Magalotti ist seit 2001 der verantwortliche Entwicklungsingenieur bei B&C Florenz. Die oben genannte Studie aussert deutliche Ueberraschung ob der Feststellung, dass der Weg zu 'besserem' Klang eben nicht ueber verzerrungsaermere Kompressionstreiber fuehrt. Die Zeiten des stumpfen Aufruestens sind lange vorbei; Planung, Messung, Analyse und Korrektur muessen absolut selbstverstaendliche Werkzeuge werden. Anderenfalls verharren Amateure und Kleinentwickler ewig auf dem technischen Niveau von vor 1975 (und auf diesem Niveau bewegen sich 99% der Diskussionen in den einschlaegigen Foren).

  • Berechtigter Einwand - ja die gibt es, werden aber aus Gruenden der Vertraulichkeit nicht veroeffentlicht (da eben lineare und nichtlineare Eigenschaften sehr charakteristisch fuer die Treiber sind).


    Der Artikel beschreibt in jedem Fall, dass sich statistisch signifikante Unterschiede im Verzerrungsverhalten sowohl zwischen den Treibern als auch fuer verschiedene Eingangsleistungen an gleichen Treibern feststellen lassen. Die ueberraschende Erkenntnis ist, dass bei Normalisierung der Abhoerlautstaerke der Zuwachs an Verzerrungen durch gesteigerte Eingangsleistung bei keinem der Treiber signifikante Veraenderungen der Klangqualitaet hervorrief.

  • Hey,


    Danke für den Hinweis auf ein meiner Meinung nach hochinteressantes Thema, das sicher noch längst nicht erschöpft ist...


    Die AES Papers sind dem Normalo selten zugänglich, hier gibt es aber einige Publikationen der genannten Autoren (allen voran Geddes) frei verfügbar für diejenigen, die sich in die aktuelle Forschung zur Warnehmung nichtlinearer Verzerrungen ein bisschen einlesen wollen:


    http://www.gedlee.com/distortion_perception.htm


    Für Einsteiger:


    Auf der Suche nach "was macht eigentlich guten KLang aus" untersuchen die Autoren in den letzten Jahren hauptsächlich Nicht lineare Verzerrungen bei Lautsprechern..
    Die typischen, auch heute oft verwendeten Verzerrungsmessungen (THD) sind den Autoren (und vielen anderen) nach völlig ungeeignet, um als verlässliches Vorhersageinstrument für "guten Klang" herzuhalten (hier und da findet man in aktueller Literatur den Ausdruck der "guten" Verzerrung 2.. Grades... ).
    Obwohl ursprünglich mehr ein "lucky guess" deckt sich das auch mit den Ergebnissen der Doppelt-Blind Studien von Gedlee und Co, in denen sich gezeigt hat, dass je höher die Ordnung der Verzerrung ist, desto mehr wird sie als "Störend" empfunden. Ihrer Natur nach sind PA-Lautsprecher mechanische Schallwandler, was Verzerrungen höherer Ordnung selten macht -> K2 und K3 sind quantitativ hauptsächlich vorhanden, schon K4 und drüber treten nur spärlich auf...


    Gedlee führte eine eigene Beurteilungsmetric ein um die messtechnisch erfassbaren Verzerrungswerte in ein Mass zu gießen, dass eine Aussage über die subjektive Wahrnehmbarkeit ("gut oder schlecht klingend") erlaubt....


    Die Arbeiten dazu sind immer noch im Gange, "work in Progress"...


    Interessante Ergebnisse sind z.B. die "Erkenntniss", dass "Hornsound" nicht von nichtlinearen Verzerrungen beim Einsatz eines Hornes kommt, sondern vielmehr durch ungünstige, mechanische Eigenschaften im Hornverlauf induzierte Reflexionen erzeugt wird... Limmer lässt grüßen :)


    Es geht also zum einen darum, die oft sehr objektiv gehaltene Diskussion durch empirische Experimente zu untermauern und eine Korrelation zwischen nüchternen Messwerten und subjektivem Qualitätsempfinden herzustellen.


    Fokus bei den oben verlinkten Texten sind dabei die Nichtlinearitäten.


    Generell passt das sehr gut in das Thema: "In wie weit können wir von einem (korrekt erstellten und verstandenen) Messchrieb auf die subjektiv zu erwartende Qualität schließen... Welche "objektiven" Beurteilungskriterien sind "was wert"?


    sven
    Ich meine mich zu erinnern, dass BMS Treiber generell aufgrund der Bauweise einen vergleichsweise hohen Anteil an K2 im Vergleich zu ähnlichen (in Bezug auf Antrieb, Membranmaterial, Schwingspulenträger, etc..) Treibern aufweisen. Dass in der Praxis jedoch BMS nicht eindeutig gegenüber z.B. 18Sound oder RCF deklassiert wird, passt ganz gut in die Diskussion.


    Trügt mich mein Erinnerungsvermögen bez. K2?

  • Zitat von "Sabbelbacke"


    Generell passt das sehr gut in das Thema: "In wie weit können wir von einem (korrekt erstellten und verstandenen) Messchrieb auf die subjektiv zu erwartende Qualität schließen...


    Ganz einfach: Überhaupt nicht.


    Die Leute versuchen, eine rein subjektive, nicht nachvollziehbare und physikalisch nicht definierbare Grösse wie "Klang" messtechnisch zu erfassen.
    Genauso könnten sie versuchen, den finanziellen Schaden der Wirtschaftskrise wertmässig verbindlich zu erfassen. :wink:


    Jede Art von Technik wird im Grenzbereich philosophisch. Und man tut gut daran, das zu akzeptieren...

  • Kann einer auch mal kurz erklären, wo der Unterschied zwischen einer linearen und einer nicht-linearen Verzerrung liegt? Für mich hört sich das beides nicht gut an.
    Heisst das, wenn ich eine Klirr-Messung mache, die Striche von K2, K3, etc. sind linear, wenn sie möglichst gerade verlaufen? Respektive nicht-linear je mehr Zacken enthalten sind?


    F.a.B.i.A.n. schrieb mal, dass der Kompressionsfaktor - also die Grösse der Vorkammer im Zusammenspiel mit der Grösse der Austrittsöffnung - neben dem Hornverlauf, einen wesentlichen Einfluss auf die Ausprägung von Klirr-, bzw. Verzerrungsanteilen hat. Einfach ausgedrückt: Wenn durch starke Kompression die Membran in ihrer Arbeitsweise beeinträchtigt wird, kann auch ein ideales Horn den Klang nicht mehr positiv beeinflussen. Somit lässt sich auch am Ende nicht mehr auseinander dividieren, welcher Teil des Systems welchen Anteil an den Verzerrungen beiträgt.


    Ach, und mein Wissenshunger verlangt noch nach einer weiteren Fütterung: Wie funktioniert bitte ein reflektionsfreies Rohr?


    Man verzeihe mir den geringen Gehalt meines Beitrags. Ich bin auch mehr pragmatisch wie die Hummel. Ich nehm den Treiber und das Horn - wenn es klingt, ist gut.

  • Zitat von "ometa"

    Ach, und mein Wissenshunger verlangt noch nach einer weiteren Fütterung: Wie funktioniert bitte ein reflektionsfreies Rohr?


    Das ist ganz einfach ein längeres Rohr mit dem Durchmesser der Treiberöffnung, das bis auf einen Bereich direkt vor dem Treiber mit Dämpfungsmaterial gefüllt ist. Offizieller Name "Plane Wave Tube"

  • Zitat von "ometa"

    Kann einer auch mal kurz erklären, wo der Unterschied zwischen einer linearen und einer nichtlinearen Verzerrung liegt? Für mich hört sich das beides nicht gut an.


    Die Grundlagen finden sich in der Einstiegsliteratur zur Systemtheorie (manchmal 'Signale und Systeme' genannt - Pflichtlektuere fuer jeden, der an einem DCX rumdrehen moechte). Ich versuchs mal kurz runterzubrechen:


    Ein lineares, zeitinvariantes System aendert zeitlich unveraenderlich lediglich die Amplitude und die Phase des zugefuehrten Signals. Die Aenderung der Amplitude und Phase ist strikt unabhaengig von der Groesse des Eingangssignals. Die Frequenzanteile des Eingangssignals werden nicht veraendert, i.e. ein Sinussignal wird als Sinus gleicher Frequenz wiedergegeben. Die Eigenschaften des linearen Systems koennen erschoepfend in der Impulsantwort (Zeitbereich) oder dem komplexen Frequenzgang (Frequenzbereich) beschrieben werden. Lineare Verzerrungen bezeichnen lediglich Abweichungen vom ideal-invarianten System, i.e. Abweichungen des Frequenzganges von der idealen Gerade, also Abweichungen der Impulsantwort von der Kronecker-Delta-Funktion (Dirac-Funktion in zeitdiskreten Systemen).


    Ein nichtlineares System wie ein Lautsprecher verstoesst gegen alle diese Annahmen: die Aenderung von Amplitude und Phase ist eine Funktion des Eingangspegels (z.B. durch ansteigenden Gleichstromwiderstand der Spule). Damit aendern sich die Eigenschaften des Systems ueber die Zeit (Erwaermung und Abkuehlung sind kontinuierliche Prozesse). Ein Sinussignal wird als Gemisch verschiedener Frequenzen wiedergegeben (1kHz Eingangssignal hat stets Ober- und Untertoene, welche im originalen Signal nicht vorhanden sind, aber als Folge der Nichtlinearitaet des Systems erzeugt werden.) Nichtlineare Verzerrungen sind demnach das Auftreten von Frequenzkomponenten wie k2, k3, etc.


    Zitat von "Sabbelbacke"

    Interessante Ergebnisse sind z.B. die "Erkenntniss", dass "Hornsound" nicht von nichtlinearen Verzerrungen beim Einsatz eines Hornes kommt, sondern vielmehr durch ungünstige, mechanische Eigenschaften im Hornverlauf induzierte Reflexionen erzeugt wird.


    Ein wenig anders ausgedrueckt: Ein Horn ist ein System mit linearen und nichtlinearen Komponenten. Die 'Reflektionen', welche durch Unstetigkeiten der akustischen Impedanzen entstehen, und sich als Resonanzen (Energiespeicherung und verzoegerte Abgabe) und Ueberhoehungen / Einbrueche im Frequenzgang bemerkbar machen, sind streng lineare Vorgaenge. Die landlaeufigen 'Verzerrungen', also die nichtlinearen Verzerrungen, sind Folge der Schallausbreitung im Horn.


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    Geddes et al. zeigen sehr schoen, dass die linearen Verzerrungen einen wesentlich staerkeren Einfluss auf die subjektive Klangqualitaet haben, als die mit Leidenschaft und Kontroverse diskutierten, diffus-definierten 'Verzerrungen'. UND: mit DCX & Co. kann der Amateur diese linearen Verzerrungen sehr einfach kompensieren (darum 'Signale und Systeme'). Saubere Messungen der Einzelkomponenten, penible Korrektur der akustischen Uebertragungsfunktionen, Kompensation der Laufzeitunterschiede, Ausgleich der Gruppenlaufzeiten der Einzelwege, etc. sind ein Muss fuer jede ernstzunehmende Anwendung. Und das gilt m.E.n. auch fuer 'modulare' Fertigprodukte, deren Eigenschaften sich bei genauer Abstimmung oftmals deutlich verbessern lassen.

  • Vielleicht ist das hier ja auch mal ganz Interessant für Anfänger:
    http://www.hifi-selbstbau.de/index.php?option=com_content&view=article&id=239:klirrfaktor-wie-viel-ist-zu-viel&catid=58:verschiedenes&Itemid=70


    Zitat

    Die typischen, auch heute oft verwendeten Verzerrungsmessungen (THD) sind den Autoren (und vielen anderen) nach völlig ungeeignet,


    Finde ich ebenso.
    Siehe mal die PP, die macht ihre maxSPL Messungen anhand des THD aus, wenn das unkritische K2 recht hoch aus fällt, K3 aber recht niedrig liegt, geht THD dennoch in die Höhe.



    Den Klang direkt kann man durch Messungen wohl nicht aus machen, kenne ich ja nur zu gut aus eigener Erfahrung ;)
    Aber wenn ich bei einem Treiber sehr hohes K3 messe, beim anderen nicht,
    kann ich Rückschlüsse darauf ziehen, dass der eine besser klingen wird als der andere, wobei das theoretisch auch wieder subjektiv ist.


    MfG

  • Zitat von "Jobsti84"

    Aber wenn ich bei einem Treiber sehr hohes K3 messe, beim anderen nicht, kann ich Rückschlüsse darauf ziehen, dass der eine besser klingen wird als der andere, wobei das theoretisch auch wieder subjektiv ist.


    Klingt hart, aber: Diese Ansicht ist schlicht falsch! Oben hab ich versucht zu erlaeutern, warum dies so ist.

  • Jobst, du Widerporst. Wenn du verschiedene, technisch vergleichbare Treiber am selben Horn betreibst, und die linearen Verzerrungen nicht individuell kompensierst, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der Treiber am 'besten' klingen, der die geringsten linearen Verzerrungen (LV) aufweist, und nicht der mit den geringsten nichtlinearen (NLV). Sabbelbacke hat weiter oben das oft diskutierte Beispiel BMS vs. 18Sound vs. RCF vs. Beyma schoen zusammengefasst.


    Ich nehme als Beispiel deine Entwicklungen - du trennst passiv, und gibst keine Controllereinstellungen zur Korrektur der linearen Verzerrungen (also des Frequenzganges) der Treiber mit an. Klar, der Bauteilaufwand und die aufwendige Laufzeitkorrektur setzen hier Grenzen des Sinnvollen. In genau diesem Fall ist es sinnvoll, nicht den Treiber mit den geringsten NLV am gegebenen Horn, sondern den mit den geringsten LV an genau diesem Horn einzusetzen! Denn das nichtlineare Verzerrungsverhalten beider Kombinationen wird groesstenteils vom Horn selbst bestimmt!


    Und Verzerrungsmessungen sind ueberhaupt nicht sinnlos - wenn man sowohl Horn als auch Treiber frei waehlen kann, sollte man das Horn mit den geringsten NLV mit einem Treiber geringer LV paaren. Wenn dann noch Controlling zur Verfuegung steht, kann man Horn und Treiber nach NLV selektieren, und die LV aktiv kompensieren! Ohne diese Kompensation sind die Chancen aber sehr gross, dass die gering nichtlinear verzerrende Kombination subjektiv schlechter als eine andere klingt, da die LV den entscheidenden Einfluss ausueben.


    Zudem - Verzerrungs- und Intermodulationsmessungen an Horn und Treiber fuer unterschiedliche Eingangsleistungen sind unabdingbar, wenn es gilt die moegliche untere Grenzfrequenz zu bestimmen. Dein Link auf Thomas Ahlersmeyer's Seite erklaert doch die Zusammenhaenge von Lautstaerke und Wahrnehmbarkeit von Verzerrungen recht einleuchtend.

  • Warum habe ich wohl den Smiley gesetzt? :lol:


    Derzeit habe ich übrigens ne ganz andere "Strategie":
    bestellen, bestellen, vergleichen, vergleichen, was subjektiv am besten unter "Praxispegel" klingt wird genommen,
    was die Mesungen nebenbei sagen ist zweitranging.


    Das bringt mich gerade wieder auf was...
    Faital hat nen 1,4"er mit 2,56" VC OHNE Metall, hat den schonma wer unter seinen Fittichen gehabt?


    MfG

  • Moin,


    Hier entnehme ich, daß sich verschiedene 2".Treiber, die sich auschließlich durch die Eingebaute 100mm Membrane unterscheiden, und mit verschiedenen Pegeln (nichtmal 6 db Differenz :roll: ) an einer PWT betrieben, aber normalisiert abgehört werden, nur durch die eingesetzte Membrane unterscheiden. Suggeriert wird zusätzlich, daß der Frequenzgang zu korrigieren wäre, der ja von unterschiedlichen Membranresonanzen unterschiedlicher Membranen bestimmt wird, da der Rest des Treibers identisch ist (Antrieb, Phaseplug).


    Membranresonanzen lassen sich allerdings nicht filtern, und ich erkläre nicht schon wieder warum nicht. Nein, auch nicht FIR.


    Daß bei einem wirr partial schwingenden 100mm Blechdeckel der Antriebs- und Luftklirr nicht rauszuhören ist (bei einer Pegeldifferenz von 5 dB), diese Information ist echt revolutionär. Vielleicht hätte ich die totale Einflußlosigkeit harmonischer Verzerrungen bei 2"-Treibern nicht so deutlich eingeschätzt, aber bin auch so darauf gekommen. Sobald eine Membrane partialschwingt hört man auch aus welchem Material sie ist. Das Ohr auch ungeübter Menschen kann eine Blechplatte von einem Brett immer unterscheiden - am Klang. Auch die Größe kann man nach Übung sehr genau am Klang wiedererkennen. Es ist leicht zu hören welchen Wert eine runtergefallene Münze hat. So einen Treiber braucht man fast nicht an ein Horn zu schrauben, denn die Nichtlinearitäten des Horns "modulieren" auch die Partialschwingungen, was Unerträgliches unerträglich macht. Werden die Partialschwingungen noch zusätzlich vom Antriebsklirr, und wegen des sehr nahen Phaseplugs durch die veränderliche Vorkammer moduliert (variabler Tiefpass) ist es Zeit über andere Möglichkeiten nachzudenken. Daß ein gewöhnlich aufgebauter Blechdeckeltreiber zu allem Überfluß noch einen Helmholtzresonator mit erheblicher Portgeschwindigkeit an der Vorkammer "hängen" hat erklärt auch so manches Geräusch. Man hat die Wahl, es gibt Treiber, die das eine, oder andere Problem nicht haben, so haben manche Phenol-Dinosaurier auch den Helmholtzresonator nicht, und ein Treiberprinzip hat prinzipbedingt nichts dergleichen: keinen Helmholtzresonator, keine partialschwingende Membrane, keinen nahen Phaseplug und auch keine Strömungsprobleme am Einlaß in den Phaseplug. Und wenn man seriös mißt auch nur den immer gleichen unabdingbaren Klirr durch hohe Drücke in nichtlinearer Luft. Wo wird die Kompression wohl höher sein, am gleichen 1" Ausgang? Bei kleiner Membrane mit viel Hub, oder bei großer Membrane und wenig Hub? Vielleicht hat ein Treiber ja nur die geringsten Verluste (Kein Helmholtzdämpfer und keine winzigen Phaseplug-Einmündungen) und deswegen die hohe Sensivity?


    Übrigens sollte man den Klirr verschiedener Treiber immer beim gleichen Schallpegel und wenigstens oktavbreit linearisiert vergleichen. Das macht den Vergleich sofort praxistauglich. Bei wieviel Watt, oder wegen mir Volt, ein Treiber wüst klirrt interessiert mich garnicht. Was mich viel mehr interessiert ist, ob ich ihn nach Linearisierung überhaupt ertragen kann (leise), und ob er die beim jeweiligen Projekt den geplanten Schalldruck erreichen kann. Daß Klirr hier heute in der Regel schon weit früher als die glühende Schwingspule Musikgenuß unmöglich macht begrenzt zwar den maximalen Schalldruck, was aber bis heute Keinen daran hindert Spulen zu verbrennen. Ein Indiz für die Klirresistenz mancher Gehöre?


    Was mich beruhigt ist, daß ein mieser Treiber auch leise als mies erkannt wird, ich bin also nicht allein.


    Schlimm ist allerdings die Hilflosigkeit Subjektives wissenschaftlich zu untermauern, auch hier bin ich nicht allein.


    Gruß

    Lebe wohl, Michael Ebners Universum

  • Zitat von "Hörnli"


    Schlimm ist allerdings die Hilflosigkeit Subjektives wissenschaftlich zu untermauern, auch hier bin ich nicht allein.
    Gruß


    Subjektiv wäre es aktuelle (wer verbaut noch 4zoll Spulen im Ht?) Treiber im Vergleich gegeneinander zu hören. Und ob dann noch die von dir beschriebenen Treiber (bei Trennung unter 2kHz) favorisiert werden, ich bezweifel es.

    Für eventuell enthaltene Ironie übernimmt der Verfasser dieses Beitrags keine Haftung

  • Zitat von "Hörnli"


    Schlimm ist allerdings die Hilflosigkeit Subjektives wissenschaftlich zu untermauern, auch hier bin ich nicht allein.


    So ist das halt... :wink:


    Blech klingt nach Blech, Pappe nach Pappe und Plastik nach Plastik.
    Aber das ist auch nix neues.
    Suche in den einschlägigen hifi Foren nach "Titan-Kalotten", und du wirst die Quadratur des Kreises erleben... :grin:


    Magnat hatte mal so was vor 25 Jahren, ich fand's absolut gruselig, weil das "kschsch" von den Becken komplett aus dem Klangeindruck herausfiel.
    Heute würde man einen beliebigen Messwert bemühen und das Ganze als "technisch brilliant" verkaufen. :grin:


    *analogiemodusan*
    Früher hat man mit einfachsten Mitteln Autos gebaut, die auf schlechten Strassen gut lagen.
    Heute ist es genau umgekehrt. :grin:
    *analogiemodusaus*


    Man braucht nicht mal ein Messystem, um eine funktionierende Box zu bauen.
    Es dient lediglich der Darstellung der persönlichen Unfähigkeit... :wink:

  • Zitat von "ometa"


    Also wenn einer nach Piezo-Hörnern fragt, seid ihr am lästern.


    Nö. :grin:
    Die Dinger haben ihre Berechtigung da, wo sie zweckmässig verwendet werden.
    Das der Einsatz heute wg. recht geringem Wirkungsgrad und zu geringer Belastbarkeit im Grunde nicht mehr sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.
    Community, Dynacord und viele andere haben mit Piezo-Wandlern funktionierende Boxen entwickelt.
    Zu einer Zeit, in der ein 200W Verstärker das Ende der Fahnenstange war.


    Dafür, das die Geschichte durch völlig überlastete China-Produkte in Kinderhänden in Verrufenheit geraten ist, kann der Wandler nichts.
    Wenn die Kritiker sich die gescholtenen Systeme mal ohne den Piezo anhören würden, käme ihnen rasch die Erkenntnis, wie wenig der Hochtöner zu dem Lärm eigendlich beiträgt. :wink:


    Aber dann hätte sie ja kein Feindbild mehr... :grin: