Impulsantworten für Pulte

  • Guten Tag!


    Ich war schon lange nicht mehr hier, aber nach ein wenig Lesen im Forum (gerade im Bereich FOH), hatte ich eine witzige Idee:


    Ich hätte gerne Impulsantworten von diversen Mischpulten (digital und analog), und zwar mit folgenden Voraussetzungen:
    Impuls wird eingespeist in einen Monokanal, der anständig gepegelt ist (0dB), seinen Channel-EQ eingeschaltet hat, aber flat eingestellt ist. Gesampelt wird die Impulsantwort über den Summenausgang mit einem hochwertigen AD-Wandler (Apogee o.Ä.) mit 0dBFS/24 Bit/96kHz für meinetwegen 250ms.
    Das wären dann jeweils 72kB-große Files.


    Hintergrund:
    Jeder könnte diese Impulsantworten mit den Signalen seines Vertrauens falten und bewerten. Jedermann hätte die Möglichkeit, AC/DC, Jennifer Warnes, Steely Dan, Wagner oder Bruckner mit der Impulse Response eines 01V, PM5D, D5, XL3/4/200, Hx000 or whatever zu falten und zu beurteilen. Man könnte für jedes dieser Pulte natürlich auch die EQs in gewissen Einstellungen vermessen und ablegen, und hätte evtl. die Möglichkeit, auch die unterschiedlichen Filterarchitekturen (analog, FIR, IIR) zu beurteilen. Man könnte die IR-Datenbank natürlich auch noch auf Systemkontroller ausweiten.


    Warum:
    Man hört einfach so oft, daß dieses oder jene Pult sozusagen 'von Haus aus' besser klingt als irgendein anderes. Mit einer Impulsantwort dieses Systems kann sich jeder ein eigenes Bild machen.


    Was meint Ihr?
    Olli.

    "Jazz is not dead it just smells funny" F.Zappa

  • Also ich denke dabei z.B. an so eine Geschichte, wo ein DM2000 und ein XL200 jeweils flat mit demselben (CD)-Signal durchaus unterschiedlich klangen. Eins dieser Pulte wurde dann auch gecancelt.
    Dieser Unterschied *muss* sich m.E. in der jeweiligen Impulsantwort widerspiegeln. Ob der Unterschied dann signifikant ist, oder nicht, würde mit dieser Methode aber eben objektiver beurteilbar sein. Man müsste sich nicht auf Aussagen, wie "...das Pult klingt einfach nicht!" verlassen müssen.


    Ich könnte mir allerdings vortsellen, daß es sinnvoll wäre, Eingangsstufen und Ausgangsstufen seperat zu vermessen, z.B. durch die Verwendung von Direct Outs.


    Und mir ist auch bewusst, daß man in der digital domain sowohl die Digital Outs, als auch die DA-Wandler vermessen sollte.
    Natürlich wird sich auch die Systemlatenz in der IR wiederfinden etc.


    Der jeweilige Messaufbau müsste natürlich jeweils der gleiche sein, was die ganze Sache von der Durchführung her erschweren würde.


    Aber ich glaube, das könnte schoooon interessant sein.


    Grüße,
    Olli.

    "Jazz is not dead it just smells funny" F.Zappa

  • Die Klangunterschiede kommen bei Digitalpulten zum größten Teil aufgrund der analogen Signalwege zustande. Sprich zwischen ADC und DAC tut sich kaum was klangfärbendes, mit Ausnahme fehlerhaft implementierter Filter bzw. Rundungsfehler. Sowas kann man aber teilweise im Rahmen eines Software-updates bereinigen, sollte hier Bedarf zur Nachbesserung bestehen. Die Latenz kann auch schwanken, kommt auf die verwendete Architektur und Implementierung an. Tatsächlich ist aber ein nicht unerheblicher Anteil der klangfärbenden Fehler nichtlinear und damit mit einer Impulsantwort nicht zufriedenstellend messbar, da sie Aussteuerungs- und Signalabhängig sind.
    Als Beispiel seien zB typische Analogpult-Eigenschaften wie Kanaltrennung und Übersprechen erwähnt, was im analogen Signalweg von Digitalpulten ja durchaus ebenfalls zum Tragen kommt. Die Messergebnisse werden sich also unterscheiden, je nach dem ob man nur einen Kanal verwendet oder mehrere und welche Signale anwendung finden.


    Greets,
    Andy

    There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't

  • Im Prinzip ist die Idee ganz nett, aber nur lineare Systeme lassen sich
    durch Ihre Impulsantwort beschreiben. Im allgemeinen sind dies aber aufgrund von Verzerrungen und Rauschen schon mal nicht -linear.
    Man könnte jetzt Verzerrungen durch Volterra-Reihen modellieren.
    Selbst wenn man dann ein "Modell" eines Mischpultes hätte, würde das nur was bringen, wenn das eigene Mischpult eine Größenordnung geringere Verzerrungen aufweisen würde....
    Das ganze wird ja für Geräte, die von sich aus stark verzerren (Röhren und Lautsprechersimulation etc.) gemacht.


    docjordan

  • Ok, ok, ok.


    Ein letzter Ansatz, dann nerve ich nicht mehr :?
    Volterra-Reihen sind mir allerdings bisher völlig unbekannt.
    Wie wäre es denn, wenn man die Nichtlinearitäten mit vermisst?
    Also praktisch eine Lookup-Table, die als Index die Eingangsgleichspannung verwendet und die Ausgangsgleichspannung wiedergibt (gemessen mit einer Rampe im Eingang). So ähnlich, wie ein Waveshaper?
    Wenn man das mit 24bit-Auflösung täte, ergäbe das natürlich eine Datenmenge von 2^24 * 3Byte (ca. 50MB). Bei 16bit Auflösung allerdings nur 190kB.
    Für die Wiedergabe eines Echtzeitsignals, gefaltet mit der IR und 'delinearisiert' mit dem zusätzlichen (auf 24bit interpoliertem) Datensatz böte sich natürlich ein VST-Plugin an, welches aber nicht zu kompliziert zu erstellen sein dürfte.


    Aber ich glaube, das nächste Problem wird wohl die von der IR-geforderte Zeitinvarianz vs. A/D-Jitter werden.


    War ja auch nur 'ne Idee.


    Grüße,
    Olli.



    docjordan: Ja klar, alle möglichen Wiedergabesysteme haben alle möglichen lineare und nichtlineare Verzerrungen. Trotzdem ist der gemeine Tonmann aber ja anscheinend in der Lage, eins von zwei Pulten, die dasselbe Wiedergabesystem speisen, zu diskreditieren, und die Ursache dafür eben nicht im gespiesenen Wiedergabesystem zu finden.

    "Jazz is not dead it just smells funny" F.Zappa

  • Zitat

    Also praktisch eine Lookup-Table, die als Index die Eingangsgleichspannung verwendet und die Ausgangsgleichspannung wiedergibt (gemessen mit einer Rampe im Eingang). So ähnlich, wie ein Waveshaper?
    Wenn man das mit 24bit-Auflösung täte, ergäbe das natürlich eine Datenmenge von 2^24 * 3Byte (ca. 50MB). Bei 16bit Auflösung allerdings nur 190kB.


    Öh, du misst nur das erste Sample oder wie?
    Wenn ich dich recht verstanden habe, möchtest du für jede mögliche Eingangs-Amplitude des Impulssignals eine Impulsantwort aufzeichnen?
    Die Länge der Impulsantwort sollte dann natürlich 'ein wenig' länger als nur ein Sample sein. So grob die Periodendauer der untersten Frequenz, die man noch messen möchte. Bei 20 Hz also 50ms (plus etwas Puffer wegen der Latenz). Damit wird aus deiner Rechnung bei 96kHz Samplingrate das hier:
    2^24 * 3 Byte (=24bit) * 0,05 (=50ms) * 96000 = 241591910400 Byte ( 225 GB).
    Da Nichtlinearitäten aber nicht nur von der Eingangsamplitude sondern auch vom Zeitverlauf und der konkreten Signalform abhängen (lineare, zeitinvariante Systeme sind ein idealisiertes Modell...),...
    Ich glaube, das wird so nix.


    Greets,
    Andy

    There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't