Motiviert am Job oder frustriert??

  • Danke, das ist eine ziemlich passende Aussage.


    >Das frage ich mich nämlich öfters bei so manchen Kollegen, warum sich die das antun, wenns eh nur nervt....

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  • Zitat von "klauston"


    >Das frage ich mich nämlich öfters bei so manchen Kollegen, warum sich die das antun, wenns eh nur nervt....


    Nun, ich denke das jeder Beruf in erster Linie dazu dient um irgendwie Umsätze einzufahren. Ob nun als Müllmann oder Beschaller ist doch eigentlich nicht wirklich entscheidend. Unterm Strich macht man einen Job den man kann oder gelernt hat, und wenn beides nicht zutrifft irgend etwas was sich so ergibt.
    Aufgrund meiner vielfältigen beruflichen Orientierung (mit sehr viel Veranstaltungstätigkeiten, aber auch rein professioneller Industrielektronik plus handwerklich ausgerichteter Serviceabteilung) kann ich mir schon ein sehr gutes Urteil über "Freude" am Beruf erlauben.
    Dem Beruf des Tonmixers bzw. Werktätigem im Veranstaltungsbereich muss ich allerdings (trotz über 25 Jahre Erfolg in diesem Job) ein eher negatives Zeugnis ausstellen. Man ist ständig von Zuhause weg, Auf und Abbau ist richtig krückerei, die Bezahlung ist mehr als mäßig, die Arbeitszeiten stimmen vorne und hinten nicht, es kann mitunter manchmal auch extrem ermüdend sein stundenlang an den Knöppen rumzustehen, die Arbeitsabläufe wiederholen sich auf das extremste.
    Das Umfeld welches ich aus der Industrie kenne ist da eine ganz andere Liga. Geregelte Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit ganz weit vorne, Organisation im Betrieb meist sehr gut, klare Hirachien gegenüber Vorgesetzten, hohe Sozialleistungen, gute Verdienstmöglichkeiten, vernünftige Berufsordnung, sehr viele soziale Kontakte über Jahre, und viel Zeit für Zuhause.
    Ich kenne beide Branchen wie aus dem FF, und müsste ich mich entscheiden würde der Weg immer in die Industrie gehen.
    Wobei ich allerdings sagen muss das auch der Beruf in einem Industrieunternehmen auf einen ähnlich hohen Niveau angesiedelt sein sollte wie zb ein Tonmixer in hochwertige Auftragsumgebung.
    Es ist eben wie überall im Berufsleben, Kannst Du was machst Du was!
    Aber in der VA Schiene muss man schon ganz gewaltig begeisterungsfähig sein, um diese Berufssparte wirklich klasse zu finden. Die Nachteile in diesem Job sind einfach zu dominant.
    Das bedeutet jetzt nicht das ich keinen Spaß an den Geräten und Musik im allgemeinen habe! Da stehe ich schon voll hinter, ich meine nur die Arbeitsbedingungen als solches sind eher suboptimal.

  • das stimmt schon, die arbeitsbedingungen sind schwierig und die arbeitszeiten mit dem rest der bevölkerung nicht ganz kompatibel.
    allerdings haben die meisten tonschaffenden schon ziemlich am anfang gemerkt, worauf sie sich da einlassen.
    in sofern kann man sich zumindest was die arbeitszeiten angeht schlecht beschweren... ein koch, ein bäcker oder ein polizist haben auch nicht unbedingt die besseren arbeitszeiten, wenngleich bei denen die anderen bedingungen mit sicherheit deutlich besser sind.


    unsere eher schlechten arbeitsbedingungen sind dem umstand geschuldet, das es viel zu viele kollegen gibt die nie "das maul aufmachen" und halt lieber 24std am stück arbeiten - und dabei auch noch spass empfinden.
    oder ganz kurz: uns fehlt sowohl eine lobby als auch der zusammenhalt der techniker.
    die aktuellen diskussionen im PP weisen jedoch darauf hin, das die probleme bekannt sind. vielleicht kann man ja auf diesem wege etwas erreichen, wenngleich ich da ziemlich skeptisch bin.
    so lange es beschaller gibt, die für 1000,- mit komplettem ton und licht mit LKW und 3 mann anrücken, wird sich daran leider nix ändern.
    und wenn man daran etwas ändern könnte, würden sicher einige veranstaltungen ausfallen, weil sie sich nicht mehr finanzieren lassen. das ist eine zwickmühle. andererseits gibt es ohnehin viel zu viele veranstaltungen. man denke nur mal daran, das heutzutage schon bald jedes dorf sein jährliches strassenfest veranstaltet... da ist die bevölkerung doch irgendwann auch mal gesättigt und gibt weniger geld für die einzelne VA aus... und wer muss dann noch billiger werden? richtig: die technik.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Bei allem vermeintlichen Konsens über Motivation und/ oder Frust aufgrund unschöner Arbeitsbedingungen oder einseitiger Ausrichtung auf eben diese: bitte zum Einen nicht vergessen, dass Menschen sehr verschieden sein können. Mönch und Lebemann praktizieren völlig unterschiedliche Lebensmodelle und haben sicher auch sehr kontroverse Ansichten zum Stellenwert von ‚Arbeit‘ für ihre persönliche Zufriedenheit.
    Vor ein paar Jahren habe ich im ‚Arbeitszeiten‘ – Thread mal versucht darzulegen, dass es gerade der unstete Wechsel zwischen Extrembelastung einerseits und Leerlaufzeiten andererseits war, der mich an diesem Job fasziniert und mich dazu bewogen hat, ihn dauerhaft auszuüben. Und habe dafür postwendend ziemlich viel Haue gekriegt :D .
    Zum Anderen: Menschen gehen durch sehr verschiedene Lern – und Lebensphasen und können ihre Ansichten/ Ausrichtungen und Gewichtungen dabei im Verlauf mehrfach stark ändern. Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?


    Wenn ich mir ein mittleres oder größeres Festival anschaue weiß ich: die Jungs haben tagelang in sengender Hitze oder strömendem Dauerregen gerödelt, um das alles aufzubauen und betriebsfertig zu machen. Jetzt stehen sie von morgens 10 bis nachts um 2 als Betreuer am FOH oder auf der Bühne, an mindestens einem Tag gibt’s noch ein zünftiges Unwetter mit anschließender Nachtschicht um den Kahn wieder flott zu kriegen, und hinterher packen sie das ganze Zeug wieder in ihre Trucks, laden’s am Lager wieder aus und machen ‚Nachbereitung‘. Für eine Tages – oder Wochenpauschale, bei der ich über den Stundenlohn lieber nicht weiter nachdenke. Ich freue mich, dass ich das heute nicht mehr oder nur noch selten machen muss; habe dabei aber auch nicht das Gefühl der absoluten Zufriedenheit vergessen welches sich einstellt, wenn man einen solchen Gewaltakt innerhalb einer gut funktionierenden Crew erfolgreich über die Bühne gebracht hat. Positiver Stress erzeugt so schnell keinen Frust.


    Trotzdem geht so was nicht ewig. Spätestens wenn körperliche Grenzen erreicht sind (kommt zwangsläufig irgendwann, und zwar deutlich vor Erreichung des Rentenalters), oder sonstige Änderungen der Lebensumstände es erforderlich machen, müssen Auswege/ Alternativen gesucht und gefunden werden. Da gibt’s sicherlich wieder so viele verschiedene wie es unterschiedliche Menschen gibt; für mich ist das mehr und mehr die (mehr oder weniger feste) tontechnische Betreuung verschiedener Künstler/ Bands.


    Komme ich heute auf das gleiche Festival, sieht die Sache schon ganz anders aus. Gegen Mittag aus der klimatisierten Tourbuskoje plumpsen. Dusche suchen; anschließend mal schauen, was das Catering so zu bieten hat. Nachmittags ein Rundgang übers Festivalgelände nebst Besichtigung diverser Attraktionen; Bungee Jumping lass‘ ich aber vielleicht doch besser bleiben. Schließlich abends Drumriser mikrofonieren, ein paar abschließende Kleinigkeiten mit Stagemanager/ PA -/ Bühnencrew klären, 90 Minuten Knöpfchen drehen, Mikros wieder einsammeln – fertig :D . Bettschwere ergibt sich anschließend backstage. Wo spielen wir übermorgen? Oh, prima, ein Strandfestival am Schwarzen Meer. Voraussichtlich wohl ein paar Stunden Chaos; könnte aber durchaus schlimmer kommen.
    Zwar ist es bei weitem nicht immer so, und auch die gefühlten und tatsächlichen Tagespauschalen sind gegenüber früher inflationsbereinigt nicht gerade übermäßig gestiegen. Trotzdem empfinde ich mein (Arbeits-) Leben nicht nur in solchen Situationen als außerordentlich privilegiert. Weil der derzeitige Status nicht zuletzt auch Frucht von 30 Jahren Knüppelei ist, halten sich Gewissensbisse gegenüber den schuftenden jüngeren Kollegen dabei in Grenzen; zum ernsthaften Frust schieben besteht erst recht keinerlei Anlass.


    Ob das für den Rest des Erwerbslebens (sind immerhin noch so ca. 15 Jahre) reicht? Weiß ich nicht, wird sich zeigen. Leben heißt Veränderung.
    Ein guter (und vielbeschäftigter) Tonkollege hat vor einiger Zeit gemeinsam mit seiner Ehefrau erfolgreich diverse Friseursalons eröffnet ... :lol:


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat von "Billbo"

    Zwar ist es bei weitem nicht immer so, und auch die gefühlten und tatsächlichen Tagespauschalen sind gegenüber früher inflationsbereinigt nicht gerade übermäßig gestiegen. Trotzdem empfinde ich mein (Arbeits-) Leben nicht nur in solchen Situationen als außerordentlich privilegiert. Weil der derzeitige Status nicht zuletzt auch Frucht von 30 Jahren Knüppelei ist, halten sich Gewissensbisse gegenüber den schuftenden jüngeren Kollegen dabei in Grenzen; zum ernsthaften Frust schieben besteht erst recht keinerlei Anlass.


    Ob das für den Rest des Erwerbslebens (sind immerhin noch so ca. 15 Jahre) reicht? Weiß ich nicht, wird sich zeigen. Leben heißt Veränderung.


    Sehr schön geschrieben.


    Ja, die Früchte von vielen Jahren reinbuddeln.
    Und die kommen, wenn man Ziele konsequent verfolgt

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