Sachkundiger für Schallpegelmessung "was bringt's?"

  • Hallo Zusammen,
    ich überlege gerade ob ich an einem Seminar zum "Sachkundigen für Schallpegelmessung nach DIN-15905-5" Teilnehmen soll.
    Natürlich dient dieses Seminar hauptsächlich dazu mein Wissen zu vertiefen und danach hoffentlich "richtig" zu messen.
    ABER:
    Kann ich denn mit diesem Zertifikat irgendwas Anfangen ausser es im Ordner für Teilnahmebescheinigungen abzulegen?
    Kommt es denn vor das z.b. das Ordnungsamt jemandem mit so einem Zertifikat fordert, oder schicken die eh immer einen unabhängigen?
    Kurz gesagt: was hätte Ich, mein Chef bzw. die Firma für Vorteile in der Praxis wenn ich dieses Zertifikat habe?
    Mein Chef soll das schliesslich bezahlen ;)


    Gruß Max

    "Nein! Stromkreis heisst nicht das man einen Schuko Male -> Male Adapter braucht!"

  • Vorab die Warnung: Ich bin bei dem Thema befangen...


    Zum Thema: Geschult werden drei Themen:


    1.) DIN 15905-5, also Publikumsschutz. Da gibt es drei Möglichkeiten: a) man hat keine Aufträge dafür - dann braucht man das auch nicht. b) Man hat Aufträge dafür - dann besorgt man sich ein Meßsystem und verpasst dem ganzen Betrieb eine entsprechende Schulung. c) Man hat ganz selten dafür Aufträge, ein eigenes Meßsystem lohnt nicht - dann kann man mit dem Teilnahmezertifikat bei dBmess ein Meßsystem mieten (das geht nämlich nur an geschulte Leute raus).


    2.) Immissionsschutz, also TA Lärm und Behörde. Da arbeitet man mit geeichten Klasse-1-Schallpegelmesser, wenn nicht die Behörde gleich eine zugelassene Meßstelle nach § 26/28 BImSchG verlangt, da ist also die Befähigung nicht das eigentliche Problem, aber ein solches Zertifikat nützt da natürlich eher, als es schadet. Der eigentliche Nutzen liegt hier im vermittelten Know-How, wenn man z.B. weiß, woraus man die Behörde hinweisen kann, damit die großzügigere Werte in die Genehmigung schreiben, und mit welchen Meßgeräten man sie gleich wieder heimschicken kann und so.


    3.) Arbeitsschutz, also LärmVibrationsArbSchV. Auch da geht es eher um das Know-How als um den Schein. Vorsichtig geschätzt 90% aller Betriebsinhaber in der Branche machen sich hier einer Straftat schuldig und handeln sich existenzgefährdende Schadensersatzrisiken ein. Nur weil einem keine BG auf die Zehen tritt, heisst das noch lange nicht, dass man da kein Probem hat.


    Kurz: Es gibt gute Gründe, dass Dein Chef gleich mitkommt...

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Wie ist es denn umgekehrt? D.h. wenn ich dieses Zertifikat habe, inwiefern kann ich dann verantwortlich gemacht werden
    Ist es wenn ich z.B. bei einer Veranstaltung die 99dB LEQ überschreite dann Vorsatz oder grob Fahrlässig ? (In einer Location in der ich oft arbeite erledigt das schon regelmässig die Backline...)
    Denn wenn das so ist, verzichte ich doch lieber auf den Schein und arbeite nach Art.1§1 gMV (Gesunder Menschenverstand) ;)


    Gruß Max

    "Nein! Stromkreis heisst nicht das man einen Schuko Male -> Male Adapter braucht!"

  • Auch dafür sind solche Schulungen gut:
    Um mit den Gerüchten, die sich von der Hotelbar über das Catering und zurück verbreiten, aufzuräumen.


    Für mich ist Wissen gleich Kapital. Wenn es Dir genauso geht, dann fahr auf den Lehrgang.
    Denen, denen es nur darum geht, mit einem Stück Papier zu winken (soll es geben), rate ich es zu lassen.


    Grundsätzlich kann man sich das Wissen auch selbst aneigenen und braucht auch den Nachweis nicht unbedingt - Die Schulung ist aber mit Abstand der einfacher Weg dorthin.

    ...Holz ist braun!

  • Hi,


    ich nehme an, dass der Admin auch diese Frage in der Schulung beantworten wird.


    Kurzfassung (ohne rechtliche Verbindlichkeit)


    - Die Verkehrssicherungspflicht obliegt dem Veranstalter


    - Er kann gewisse Dinge delegieren, muss da aber die Kompetenz (= Sachkunde) überprüfen


    - Als 'selbstüberwachender Mischer' ist man in einem Interessenkonflikt (siehe 'Bon Jovi Urteil'), daher ist es für den Veranstalter eigentlich nicht möglich, beide Aufgaben an eine Person zu übergeben.


    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Zitat von "max kaiser"

    Wie ist es denn umgekehrt? D.h. wenn ich dieses Zertifikat habe, inwiefern kann ich dann verantwortlich gemacht werden
    Ist es wenn ich z.B. bei einer Veranstaltung die 99dB LEQ überschreite dann Vorsatz oder grob Fahrlässig ? (In einer Location in der ich oft arbeite erledigt das schon regelmässig die Backline...)


    Die zivilrechtliche Seite hat Tomy bereits schön auf den Punkt gebracht. Dort wird auch nicht zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit unterschieden.


    Theretisch gibt es ein Restrisiko im strafrechtlichen Bereich. Mir ist kein Fall bekannt, in dem da irgendwer mal verurteilt wurde (im Raum Freiburg hat es wohl mal ein Ermittelungsverfahren gegeben, das ist aber wohl eingestellt worden), die Staatsanwaltschaften haben da wirklich andere Dinge zu tun und werden quasi immer auf die Möglichkeit zur Zivilklage verweisen.


    Wenn es aber da mal zu einem Verfahren kommt, und auch jemand den ursächlichen Zusammenhang zwischen Konzert und Hörschaden nachweist (Beweiserleichterungen kennt das Strafrecht nicht, sonden "im Zweifel für den Angeklagten"), dann könnte so ein Zertifikat den Unterschied zwischen grober Fahrlässigkeit und Eventualvorsatz ausmachen.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess