Netzqualität bei großen Bühnen

  • Hallo alle zusammen,


    ich bin Alex und habe seit ein paar Jahren engen Kontakt zur prof. Licht- und Tontechnik (manchmal mehr, als mir lieb ist :))....


    Von Foren im Internet zu diesem Thema halte ich eigentlich nicht viel, da ich feststellen musste, dass man nur ganz selten "unter sich" ist - viel zu oft reden "Newbies" mit, die sich gerade einen Powermixer gekauft haben und nach dem ersten Fachbuch der Meinung sind, die Sachlage durchschaut zu haben... Ich zog also das Gespräch im Kollegenkreise backstage vor...


    Leider bin ich jetzt aber an ein Problem gekommen, dass sich vom "üblichen Niveau" ein bisschen abhebt - und da sind mir schnell die Diskussionspartner ausgegangen :)
    Deswegen werde ich jetzt doch versuchen, mit einem Vorurteil aufzuräumen und probiere, hier ein paar Anregungen zu finden (und vielleicht auch zu setzen)...


    Zum eigentlichen Thema:
    Ich war schon öfter mit "effektgeladenen" Bühnen unterwegs, bei denen die komplizierte Mechanik der Bühne bzw. die dafür notwendigen Motoren (nicht alles auf der Welt ist hydraulisch ;)) schnell ein paar viele kW ziehen...


    Abgesehen von den üblichen akustischen Auswirkungen zeigt sich meiner Meinung nach auch ein erhöhter Materialverschleiß sowohl im Bereich Licht(ohmsch) als auch Elektronik (Licht & Ton)....


    Die Amps mussten lange vor Erreichen der "üblichen Haltbarkeitsgrenze" ersetzt werden, wir hatten weit kürzere Lebensdauern der Brenner in den Lampen, auch die Boxen zeigten früher "Verschleißerscheinungen"....


    Wir haben bei den ersten paar Ausfällen noch an Einzelfälle gedacht, bei den nächsten dann an Unachtsamkeit bzw. schlechte Handhabung des Materials beim Auf/Abbau (wer schon mal ein paar LKWs mit Gabelstaplern beladen hat kennt das vielleicht)....


    ICH für meinen Teil hab' aber nie daran geglaubt - gerade bei kleineren Verleihern wird das Material ja auch über Gebühr strapaziert und es sind dennoch keine nennenswerten Einbußen in Hinblick auf die Haltbarkeit zu erwarten....


    Für mich war ziemlich schnell klar, dass die Ursache auf der Stromschiene liegen musste - und zwar irgendwo im Bereich der Effekthascher, denn bei Gigs ohne besonders umfangreiche Ausstattung im Bereich Bühnenmechanik waren unsere Ausfallquoten bis zu 40% geringer... das ist für mich schon signifikant genug...


    Also habe ich mir ein paar Messgeräte besorgt und bei mehreren Events die Stromversorgung analysiert. Meine Ergebnisse in Kurform:


    - Unheimliche Belastung durch Blindleistung (unkompensiert, wie auch sonst)
    - Flicker stark über Toleranzschwelle
    - Transienten überlagern sich teilweise schon, so häufig kommen sie vor...
    - als ich dann den CREST berechnet habe war spätestens klar, dass eine Stromversorgung mit dieser Qualität auf jeden Fall im Bereich "miese Netzqualität" einzuordnen ist....



    Warum ich jetzt hier schreibe: Hat jemand vielleicht schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht? Habt Ihr was dagegen unternommen (was) und wie waren die Erfolge?




    Was ich jetzt dann noch schreibe bitte nicht in den falschen Hals bekommen:
    Ich bin besonders interessiert an (dokumentierten) Erfahrungen vom Fach - Meinungen von Hobby-PAlern können zwar immer wieder nützlich und interessant sein, aber ab einem gewissen Punkt sollte doch schon ein bisschen Fachwissen mitspielen....
    Ich habe nichts gegen nicht-Profis - das will ich damit nicht sagen!

  • Hmmm...


    Wenn viele Motoren eingesetzt werden, dann gibt es vor allem zwei Möglichkeiten:


    1.) Die Motoren ziehen vor der Show das Equipment nach oben. Während der Show sind sie nicht in Betrieb. Dann würde es mich sehr wundern, wenn sie irgendwelche Geräte schädigen (die - wie beispielsweise Amps) dabei oft noch gar nicht in Betrieb sind.


    2.) Wir haben Moving Trusses während der Show. Dann könnte sich kürzere Brennerlebensdauern auch dadurch erklären, dass angeschaltene Lampen bewegt werden.





    Bei den Amps wäre jetzt erst mal zu klären, was überhaupt ausgefallen ist.




    Vielleicht erklärt sich der eine oder andere Ausfall dadurch, dass die Veranstaltungen, bei denen das Material besonders "getreten" wird, auch diejenigen sind, bei denen besonders viele Motoren eingesetzt werden.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • oh, ich habe mich scheinbar schlecht ausgedrückt:


    Ja, die schlechten Einflüsse auf die Netzqualität entstehen größtenteils durch die Bühnenmechanik, also Aktoren, die während der Show im Betrieb sind - ich kann mittlerweile genau sagen, welcher Motor in welchem Zustand welche Störung über das Netz schickt...


    Betroffen sind natürlich hauptsächlich Kondensatoren in der Elektronik, genauso aber auch die Wendel der Strahler - eigentlich alles, was mit Strom funktioniert, sogar die Kaffeemaschine zeigt Symptome...




    Die einzig "echte" Lösung wäre nun IMHO eine Blindstromkompensation - möglichst dezentral und nahe am Verursacher....


    Aber das scheitert an der Geldfrage - gibt in D (eigentlich auch weltweit) ja nur die drei großen Firmen, die solche Anlagen konzipieren... dann allerdings für sehr gutes Geld....


    In meinem Falle ist sicherlich der erhöhte Verschleiß billiger - ganz davon abgesehen, dass die BSK ja nicht universal verwendbar ist sondern eigentlich für jeden Gig neu designed werden müsste.....

  • Hallo!


    Ne Kompensation dafür zu installieren finde ich nicht so abwegig. Kommt drauf an in welchen finanziellen Gefilden sich die Ausfälle bzw. die Reparaturen bewegen.


    Eine Idee wäre einen eigenen Verteiler für die induktiven Lasten bereitzustellen und diesen mit der Kompensation auszustatten. Dazu passend natürlich ein entsprechender Regler.


    Weitere Idee wäre Geräte die Erfahrungsgemäß des öfteren tod sind über ne USV zu speisen bzw. zu puffern.


    Sicher keine "Billiglösung" aber wie schon gesagt kommt halt drauf an wie oft dein equipment in der Werkstatt ist.


    Meine Erfahrungen diesbezüglich habe ich aus nen relativ großen Gebäude das ich betreue und kann mir gut vorstellen das so manch elektronisches Gerät dadurch flöten geht.


    Bei den Leuchhtmitteln würd ich auch eher mal zu der Version des Admins raten.


    Nächste Idee wäre das durch Strom bzw. Spannungsspitzen beim einschalten der Motoren im restlichen Netz was flöten geht.


    Viele Grüße,
    Harald

    "Kommt Zeit....kommt Licht"
    What the Fu** is a silent night?

  • Super.. endlich wieder ein schönes Thema hier !
    Deckt sich in etwa mit einem erlebten... es sind bei uns im Büro
    immer wieder Netzteile + Festplatten abgeraucht. Unerklärlich weshalb so häufig. Teile der verschiedenstens Hersteller.
    .. lange Suche --> Ursache: Die Starter der NEON Röhren im Raum !
    Abhilfe: Jeder Rechner bekam eine USV davor und ab dem Moment alles i.O. !
    Projeziert auf das geschilderte Problem würde ich raten, wie bereits von Vorredner angedeutet, Schritt für Schritt erst die Motoren, dann die Wackellampen zu kompensieren. Gesamtnetzfilter (siehe USV) wäre natürlich super, aber wird an den Kosten scheitern. Deshalb evt. einzelne Netzfilter die es zu erträglichen Kosten für 20A / 1Phasig überall gibt in die Problemzonen schalten. Evtl. über einen Zwischenstromverteiler o.ä..
    Anders bekommt Ihr die "versaute" Netzform und die dadurch verursachten Probleme nicht in Griff.
    Generell sollte man sich dann noch den Stromverteilungsplan der Bühne anschauen. Liegen Motoren und Amps auf dem selben Verteiler u.s.w. ?
    Auch wenn diese im Hauptverteiler logisch wieder zusammen sind, kann dies schon etwas helfen.


    Gruss
    HAMA ST GmbH

  • Hi Leute,


    Zitat von "scoborg"

    Ne Kompensation dafür zu installieren finde ich nicht so abwegig. Kommt drauf an in welchen finanziellen Gefilden sich die Ausfälle bzw. die Reparaturen bewegen.


    Finanziell ist nicht der Punkt, das kommt schließlich auf jeden Fall wieder rein - es NERVT einfach :)


    Eine Kompensation ist aber nicht so einfach, da:
    Anlage von Ort zu Ort unterschiedlich aufgebaut wird - je nach Tragfähigkeit des Bodens werden unterschiedliche Segmente statisch oder eben nicht - und eine so flexible Kompensationsschaltung ist schier unbezahlbar, vom Platzbedarf ganz zu schweigen....



    Zitat

    Eine Idee wäre einen eigenen Verteiler für die induktiven Lasten bereitzustellen und diesen mit der Kompensation auszustatten. Dazu passend natürlich ein entsprechender Regler.


    Das Problem ist, dass die Belastung nicht permanent ansteht, manche Motoren laufen nur 40sec während der Show - die Schaltung müsste also in der Lage sein, dynamisch zu kompensieren....
    Deswegen wäre eine direkt am Motor installierte Kompensation geeigneter, denn an diesem ändert sich ja nichts....


    Zitat

    Weitere Idee wäre Geräte die Erfahrungsgemäß des öfteren tod sind über ne USV zu speisen bzw. zu puffern.


    Speisen ist irrealistisch, dazu ist die verlangte Leistung einfach zu groß - und puffern erzielt imho nur für kleine Abweichungen innerhalb der Spannungskennlinien akzeptable Ergebnisse - Harmonische gehen fast ungedämpft durch.....


    Zitat

    Sicher keine "Billiglösung" aber wie schon gesagt kommt halt drauf an wie oft dein equipment in der Werkstatt ist.


    Meins ist es ja nicht - ich muss ja nur damit arbeiten :)
    Und, wie oben schon erwähnt, der finanzielle Ausfall ist nicht groß genug, als dass es sich rechnen würde....


    Zitat

    Bei den Leuchhtmitteln würd ich auch eher mal zu der Version des Admins raten.


    Das würde ich aber eigentlich ausschließen - die Ausfälle zeigen sich sowohl in bewegten als auch starren Teilen des Bühnenaufbaus, die Lampen werden zufällig verteilt, da sollte kein systemischer Fehler drin sein....


    Zitat

    Nächste Idee wäre das durch Strom bzw. Spannungsspitzen beim einschalten der Motoren im restlichen Netz was flöten geht.


    Die Transienten sind zwar durchaus beachtlich, allerdings hab' ich trotz groß angelegtem Logging keinen zeitlichen Zusammenhang herstellen können.....


    Alex

  • Hallo,
    von einer hohen Blindleistung verschleisst kein Leuchtmittel, und auch von den Folgen dieser (spannungsabfall durch unterdimensionierte Querrschnitte) nicht. Die Flicker-effekte werden wahrscheinlich durch häufige Schaltvorgänge ausgelöste, könnten aber auch durch ein ordentlich ausgeführtes Netz verhindert werden.
    Wie werden die Motoren angefahren? Frequenzumrichter, oder andere Regler?
    Reden wir immer von Netz-betrieb, oder auch von aggregaten?
    Wie hoch sind:
    ungefähr die Leistungen der Motoren,
    die Gesamte Leistung,
    und der gesamte cos(phi)?
    Hast du schonmal Fourier-analyse gemacht, und wie stark sind die Oberwellen?

    mfg
    Swemers