Frequenzgang messen; Freifeldmessung

  • Hallo!
    Ich habe mir jetzt ein Messmikro mit Zubehör für Hobbybox gekauft und bin dabei etwas Erfahrungen im Frequenzgang messen zu sammeln.


    Soweit bin ich schon:
    Wenn ich das Mikro bis auf 15cm an den Mitteltöner meiner Tops stelle (Horn ist abgeklemmt), dann kann ich den Frequenzgang den WinISD ausgibt ziemlich genau bis ca 700Hz reproduzieren.
    Stelle ich das Mikro 1 Meter weg, so wie es ja eigentlich gemacht wird, dann hab ich nur noch ZickZack wegen den Raumreflexionen - Logisch!


    Deshalb ja Freifeldmessung. Und hier meine Fragen:


    Was ist mit Freifeldmessung gemeint? Reicht es da, wenn ich in den Garten gehe? ca 30x30m Rasen, oder muß ich da wirklich auf einen Acker, wo im Umkreis von 100m nichts ist? Wenn ja, wie macht ihr das mit der Stromversorgung? Spannungswandler fürs Auto?


    Vielen dank für eure Antworten

    Lieber erst mal viel aufdrehen, wenns dann zuviel war, kann man immer noch weniger nachdrehen!!!

  • Zitat


    Stelle ich das Mikro 1 Meter weg, so wie es ja eigentlich gemacht wird ...


    Nein, eigentlich wird das so nicht gemacht! Die Angabe der Empfindlichkeit (Sensitivity) bezieht sich zwar auf 1 m, sie wird aber aus einer Messung in 4 m oder 8 m zurückgerechnet - einfach um einen einheitlichen Bezugspunkt zu haben. Die wirkliche Welt in 1 m sieht aber - gerade bei größeren Lautsprechern - völlig anders aus! Hier befinden wir uns nämlich noch im so genannten Nahfeld des Lautsprechers, und da gibt es sehr große örtliche Unterschiede.


    :D "Freifeldmessung" heißt ja nicht, dass du mit deinem Equipment auf den Acker ziehen musst!
    Man spricht von Freifeldbedingungen, wenn nahezu keine oder in der Amplitude hinreichend kleine Reflexionen auftreten. Von der Laufzeit sind 30 m schon recht gut um die Impulsantwort zu Fenstern und entsprechend tief runter messen zu können. Wenn du nicht fenstern kannst (weiß grad nicht, ob das mit HobbyBox geht) kommt es sehr darauf an, wie denn die Begrenzungsflächen bei 15 m gestaltet sind. Also ob sie zumindest etwas absorptiv sind oder auch diffus streuend.


    Allein durch den Weg von 30 m haben wir eine Dämpfund des reflektierten Schalls von etwa 30 dB. Wenn dann noch etwas Absorption von der Fläche hinzu kommt, sind die Einflüsse schon annähernd hinreichend gering.


    Was bleicbt ist natürlich die Reflexion über den Boden. Aber hier kann man sich eines einfachen Tricks bedienen: Man sorgt einfach dafür, dass die Reflexion über den Boden zeitlich so kurz nach dem Direktschall eintrifft, dass der erste Einbruch, des dadurch entstehenden Kammfilters, außerhalb des Audionbereiches liegt. Will sagen, das Mikro auf den Boden legen - am besten auf eine harte Holzplatte.


    Wenn du tatsächlich auf einer Wiese misst, genügt es auch häufig Lautsprecher und Mikro einfach sehr hoch zu positionieren. Die Absorption einer Wiese mit langem Gras ist im Mittel- und Hochtonbereich schon recht gut.


    Gute Erfahungen habe ich auch mit einer "Abschottung" der Bodenreflexion gemacht. So kann man schnell mal eben im Lager messen. Box auf Hochständer, Mikro auf Stativ 4 m davor und genau dazwischen kommt ein Mischpult-Case mit den Rollen nach oben auf das oben drauf locker (!) ein paar Molton-Fetzen trappiert werden.

  • Danke schon mal für die Tips! Werd ich gleich mal alles ausprobieren.


    Da ich bis jetzt noch nix im Handbuch von Hobbybox über "ausfenstern" gelesen hab, denke ich, daß ist nicht möglich.
    Was heißt ausfenstern? Aus der Impulsantwort bestimmte Bereiche ausblenden, welche dann nicht zur Analyse mit benutzt werden?
    Wenn es das ist, dann kann Hobbybox das imho nicht. Ich kann nur das ganze Fenster verlängern/verkürzen, oder komplett verschieben.


    Werde mir auch noch mal das Speaker-Workshop ansehen.

    Lieber erst mal viel aufdrehen, wenns dann zuviel war, kann man immer noch weniger nachdrehen!!!

  • Zitat


    Was heißt ausfenstern? Aus der Impulsantwort bestimmte Bereiche ausblenden, welche dann nicht zur Analyse mit benutzt werden?


    Ja, ganz genau. Der Nachteil ist allerdings, dass dadurch der Frequenzgang im Tieftonbereich nicht korrekt erfasst werden kann. Je kürzer das Fenster, desto höher die Grenzfrequenz.


    Grüße vom Volker,
    der die Fingers voller Sprühkleber hat! :evil:
    Nie wieder baue ich selber Boxen, niiiiieee wieder ... :roll:

  • Jetzt hast du mich bissal verwirrt.


    Zitat

    Je kürzer das Fenster, desto höher die Grenzfrequenz.


    Das Fenster verkürzen und verlängern kann ich. Das bei kurzem Fenster die untere Grenzfrequenz steigt, weiß ich auch. Das ist aber nicht ausfenstern, oder?
    Ich dachte ausfenstern heißt einen bestimmten Bereich aus der Impulsantwort herausnehmen. Also quasi Fenster-leer-Fenster. Is das richtig?

    Lieber erst mal viel aufdrehen, wenns dann zuviel war, kann man immer noch weniger nachdrehen!!!

  • Nein, genau umgekehrt: >>leer-Fenster-leer<< (wahlweise auch nur >>Fenster-leer<<)
    Damit wird der Zeitbereich zur Betrachtung herausgenommen, in dem sich der Direktschall befindet - der Bereich mit den Reflexionen bleibt außen vor.


    Eselsbrücke: Wir sitzen in einem Zimmer und schauen durchs Fenster nach draußen. Das Fenster lässt uns nun einen Teil der Landschaft betrachten - alles, was links und rechts davon ist, sehen wir nicht.

  • Ahhh!
    Das ist mit Hobbybox möglich.
    Das bringt mich ein gutes Stück voran.


    Die Reflexionen sehe ich in der Impulsantwort als weitere Peaks nach dem Ersten großen. Ich nehme dann quasi den Bereich von kurz vor dem Ersten Peak bis kurz vor den Zweiten.
    Wenn ich in meinem Zimmer messe, ist dieser Bereich sehr klein > Untere Grenzfrequenz hoch. Gehe ich ins Freie, wird der Bereich größer > untere Grenzfrequenz sinkt. Ist das korrekt?


    Danke schon mal für deine Infos!

    Lieber erst mal viel aufdrehen, wenns dann zuviel war, kann man immer noch weniger nachdrehen!!!

  • Ja, jetzt hastes! :wink:


    Ich nutze den Thread mal, um die Gretchenfrage zu stellen: Das Fenster, um den Direktschall rauszupicken, bei 0 anfangen lassen oder möglichst nahe am Impuls?

    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  • ist eventuell etwas ot, gehört aber eigentlich auch dazu:


    Ich hab mal ne frage zum messsignal ansich (probiere mich derzeit mit spectralab, da kann man zeitlich fenstern)


    Der in der software integrierte generator stellt nur rauschen bzw. div. wellenformen als messsignale zur verfügung, die sich aber manuell zeitlich begrenzen lassen.
    ist in einem (pink)noise-burst von sagen wir 20ms das audiospektrum (ab 50Hz eben) bereits gleichmäßig vertreten?
    wenn ich mir das rauschen im analyser anschaue ist da ja ganz schön bewegung drin, und wenn man überlegt, das bei einem so kurzem burst bei den tieferen frequenzen gerade mal eine vollständige schwingung drin ist :?:
    Edit: hab in frühren tagen mal mit IMP gemessen und meine mich zu erinnern das dort das messsignal nur ein "knack" war. ist nun ein noise-burst überhaupt geignet für impulsantwort-messungen? Wie sieht soein messimpuls aus bzw. wieerzeuge ich diesen messimpuls?


    tobias

    ...ein Beck's bitte...

  • Hi,


    also man muss erstmal unterscheiden, welches Messverfahren angewendet wird.
    Es gibt zwei Hauptarten:
    - Einfache Messung, d.h. es wird der Energiegehalt des Signals über die Freqeunz angezeigt (RTA), hier ist ein Anregungssignal mit konstanter Amplitude über die Frequenz nötig. Durch den fehlenden Bezug geht aber (fast immer) der zeitliche Bezug flöten, d.h. Phase und IR gibt es normalerweise nicht. Ausnahme sind die Burstfolgen (das Klacken aus imp), da kann sich einen zeitlichen Bezug basteln. Allerdings enthalten sie sehr wenig Energie, sind daher bei akustischen Messungen sehr störanfällig.
    - Vergleichende Messung, bei der das gemessenen Signal mit dem anregenden Signal verglichen wird. Dadurch lässt sich die Impulsantwort, und damit auch Phase und Delay messen. Hierbei ist der Energieverlauf über die Frequenz zweitrangig, es muss halt für eine sinnvolle Auswertung überall Energie vorhanden sein. Hier kann das Messignal für die Anwendung optimiert werden, meist hat man, enstprechend einem realen Musiksignal mehr Tiefen als Höhen (wie auch beim rosa Rauschen).


    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck