Prüfung von Riggs und Elektrokettenzügen

  • Wie das in der Praxis läuft (oder auch nicht läuft) soll hier mal nicht interessieren. Frage ist, wie es nach den Vorschriften zu laufen hätte.


    Zunächst einmal: Nach § 10 BetrSichV muss das Rigg nach dem Aufbau von einer befähigten Person geprüft werden. Ok, "befähigte Person" ist in § 2 (7) definiert, aber das lässt gewissen Interpretationsspielraum.


    Andere Rechtsgrundlage ist die BGV C1. Zunächst einmal heisst er hier bezüglich der Prüfungen:



    Zitat von "BGV C1 § 33"

    Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme und nach
    wesentlichen Änderungen
    (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, daß sicherheitstechnische und maschinentechnische Einrichtungen vor der ersten Inbetriebnahme und nach wesentlichen Änderungen vor der Wiederinbetriebnahme durch Sachverständige geprüft werden.


    Sachverständiger ist auch hier sehr präzise definiert:


    Zitat von "BGV C1 § 36"

    Sachverständige
    Als Sachverständige für die Prüfung von sicherheitstechnischen und maschinentechnischen Einrichtungen gelten die von der Berufsgenossenschaft ermächtigten Sachverständigen.


    Und dann gibt es natürlich noch die wiederkehrenden Prüfungen:


    Zitat von "BGV C1 § 34"

    Wiederkehrende Prüfungen
    (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, daß sicherheitstechnische und maschinentechnische Einrichtungen mindestens alle vier Jahre durch einen Sachverständigen im Umfang der Abnahmeprüfung geprüft werden.
    (2) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, daß sicherheitstechnische und maschinentechnische Einrichtungen mindestens einmal jährlich durch einen Sachkundigen geprüft werden.


    In den Durchführungsanweisungen zur Begriffsbestimmung wird dann aufgezählt:



    Frage Nummer 1: Wenn wir ein Rigg aufbauen, erstellen wir damit eine (neue) maschinentechnische Einrichtung, die von einem ermächtigten Sachverständigen geprüft werden muss?


    Frage Nummer 2: Wie sind D8-Züge zu beurteilen? Die BGV D8 kennt keine wiederkehrende Prüfung durch einen Sachverständigen. D8-Lifte dürfen nach den Bestimmungen SP 25.1/2-1 (BGI 810-1) und bestimmten Bedingungen benutzt werden. Sind sie dann bezüglich der Prüfung wie maschinentechnische Einrichtungen zu behandeln?




    Und um noch eine weitere "Erkenntnisquelle" heranzuziehen:


    Zitat von "VPLT SR 2.0 Punkt 5"

    Elektrokettenzüge sind auch "maschinentechnische Einrichtungen" im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift BGV C 1/GUV-V C 1 "Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung"


    Das würde also heißen, alle 4 Jahre eine Sachverständigenprüfung, und zwar für alle Elektrokettenzüge.


    Ein paar Absätze tiefer:


    Zitat von "VPLT SR 2.0 Punkt 5.4"

    D 8 und D 8 Plus Elektrokettenzüge sind mindestens einmal jährlich durch einen Sachkundigen zu prüfen; C 1 Elektrokettenzüge sind mindestens einmal jährlich durch einen Sachkundigen und alle vier Jahre durch einen ermächtigten Sachverständigen zu prüfen.


    Frage Nummer 3: Was denn nun?


    Frage Nummer 4: Unabhängig aller anderen Fragen rund um D8+: Ein D8+-Zug soll ja im Prinzip ein "mechanischer C1-Zug ohne die aufwändige Steuerung" sein, er hält ja auch Lasten über Personen ohne Sekundärsicherung. Wäre es da gerechtfertigt, auf die wiederkehrende Sachverständigenprüfung zu verzichten?


    Frage Nummer 5: Gibt es weitere Erkenntnisquellen?

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • ..Hier wäre ein Statement von dem Herrn Weien interessant, schließlich ist das genau sein Gebiet..


    Ich kenne es so das auch D8 Züge ab und an ($ Jahre kommt hin) zum "TÜV " müssen. Ansonsten verweigern die Hausrigger hier im Ruhrgebiet diese ins Dach zu hängen (z.B. Dart)

    Was sagt der Raver auf der Techno-Party, wenn sein Extasy aufhört zu wirken?


    "Was ist denn das für eine sch... Mucke hier?"

  • Hallo zusammen,


    ich bin zwar nicht Herman-Josef, antworte aber dennoch...


    Frage Nummer 1: Wenn wir ein Rigg aufbauen, erstellen wir damit eine (neue) maschinentechnische Einrichtung, die von einem ermächtigten Sachverständigen geprüft werden muss?


    Ihr erstellt in der Regel keine neue maschinentechnische Einrichtung. Die im unter Umständen verwendeten maschinentechnischen Einrichtungen müssen natürlich die von Dir angesprochenen Prüfungen haben.
    Wenn die maschinentechnischen Einrichtungen betriebsbereit geliefert werden, so reicht anstelle der Sachverständigenprüfung auch eine herstellerseits durchgeführte Baumusterprüfung.
    Wenn die geprüften Einrichtungen beim Aufbau des Riggs verändert werden, so muss allerdings wieder eine Sachverständigenprüfung durchgeführt werden.
    Was gemacht werden muss, ist die in der BetrSichV geforderte Prüfung aller montageabhängigen Arbeitsmittel. Dazu gehört immer Dein komplettes Rigg. Diese Prüfung muss nach §11 BetrSichV auch dokumentiert werden.
    Die Qualifikation der befähigten Person nach BetrSichV und auch des Sachkundigen nach BGV C1 ist durch den Arbeitgeber festzulegen.
    Dieser hat eine der Gefährdung enstsprechede Auswahl des Personals zu treffen.



    Frage Nummer 2: Wie sind D8-Züge zu beurteilen? Die BGV D8 kennt keine wiederkehrende Prüfung durch einen Sachverständigen. D8-Lifte dürfen nach den Bestimmungen SP 25.1/2-1 (BGI 810-1) und bestimmten Bedingungen benutzt werden. Sind sie dann bezüglich der Prüfung wie maschinentechnische Einrichtungen zu behandeln?


    Ja, D8 und D8+-Züge sind maschinentechnische Einrichtungen im Sinne der BGV C1.



    Frage Nummer 3: Was denn nun?


    Die Aussage des SR2.0, dass die D8+-Züge keine Sachverständigenprüfung brauchen ist in Fachkreisen heiß diskutiert.
    Auch wenn die Sr2.0 das neue Regelwerk ist, und als eine Spezialvorschrift fungiert, würde ich einen D8+ Kettenzug als vollwertige maschinentechnische Einrichtung nach BGV C1 betrachten und entsprechend behandeln.
    Hier wäre eine Stellungnahme der VBG gefragt, welche auch an der SR2.0 mitgewirkt hat.



    Frage Nummer 4: Unabhängig aller anderen Fragen rund um D8+: Ein D8+-Zug soll ja im Prinzip ein "mechanischer C1-Zug ohne die aufwändige Steuerung" sein, er hält ja auch Lasten über Personen ohne Sekundärsicherung. Wäre es da gerechtfertigt, auf die wiederkehrende Sachverständigenprüfung zu verzichten?


    Das ist so nicht richtig, ein D8+-Zug ist eine D8-Zug, welcher um die Hälfte abgelastet wurde und über eine zweite Bremse oder ein dynamisch selbsthemmendes Getriebe verfügt.
    In meinen Augen ist dieser im gleichen Masse auf die Betriebssicherheit zu überprüfen wie D8 oder C1 Züge.
    Ob aber die für alle Züge die festen Prüfintervalle der BGV C1 Sinn machen ist eine andere Frage...
    Gute Infos zu dem Thema gibt es bei Hernert Bernstädt.
    http://www.hbernstaedt.de/KnowHow/Hebezeug/D8PLUS/d8plus.htm



    Frage Nummer 5: Gibt es weitere Erkenntnisquellen?


    Ja, die gibt es. Eine große Bedeutung kommt wirklich der BetrSichV zu.
    Hier wird gefordert, dass der Unternehmer die Prüfintervalle selber festlegt. Das ist der Weg, den der europäische und damit auch deutsche Arbeitsschutz geht.
    Zur BetrSichV ist ein technisches Regelwekr in Arbeit, welches bei seinem Erscheinen viele UVVen überflüssig machen kann.
    Bis es soweit ist, ist man auch im Sinne der BetrSichV auf der sicheren Seite, wenn man die Forderungen der BGV C1 als Erkenntnisquelle nutzt.
    Auch wäre noch die BG-Information SP25.1,2-1 zu nennen, welche Aussagen über den Einsatz von Punktzügen trifft.


    Hoffe ein wenig geholfen zu haben...
    Beste Grüße
    Stroti

  • Zitat von "stroti"

    Frage Nummer 1: Wenn wir ein Rigg aufbauen, erstellen wir damit eine (neue) maschinentechnische Einrichtung, die von einem ermächtigten Sachverständigen geprüft werden muss?


    Ihr erstellt in der Regel keine neue maschinentechnische Einrichtung.


    Warum nicht?


    Oder die Frage auf den eigentlichen Knackpunkt hin formuliert: KANN das ein Prüfer (im Extremfall ein Richter) auch so sehen, oder MUSS er das auch so sehen?


    Zitat

    Frage Nummer 4: Unabhängig aller anderen Fragen rund um D8+: Ein D8+-Zug soll ja im Prinzip ein "mechanischer C1-Zug ohne die aufwändige Steuerung" ...


    Das ist so nicht richtig, ein D8+-Zug ist eine D8-Zug, welcher um die Hälfte abgelastet wurde und über eine zweite Bremse oder ein dynamisch selbsthemmendes Getriebe verfügt.


    Wenn ich mir den Vergleich in VPLT SR 2.0, Seite 9 ansehe, dann stelle ich fest:


    - im Bereich der mechanischen Eigenschaften (die ersten 5 Punkte) gibt es 0 Unterschiede zwischen D8+ und C1
    - im selben Bereich gibt es 4 Unterschiede zwischen D8 und D8+.


    Von daher halte ich die Aussage "mechanisch ein C1-Zug" durchaus für richtig.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Hallo Micha


    Oder die Frage auf den eigentlichen Knackpunkt hin formuliert: KANN das ein Prüfer (im Extremfall ein Richter) auch so sehen, oder MUSS er das auch so sehen?


    Jetzt kommen wir an den Punkt, wo wir zwischen Vorschrift (Gesetz) und Recht unterscheiden müssten. Wie ein Richter entscheidet kann ich Dir selbstverständlich nicht sagen. Ich kann hier nur meine Rechtsauffassung darstellen und begründen.
    Eine Traversenkonstruktion ist im Gegensatz zu den Motorzügen nicht in den Begriffsbestimmungen für maschinentechnische Einrichtungen aufgeführt. Man könnte relativ frei eine Traverse als Beleuchtungszug definieren, welche in der DA zu §2 Nr 4 der BGV C1 genannt wird, allerdings ist das in meinen Augen nicht der Fall.
    Ich lehne mich bei meiner Bewertung an die Maschinenrichtline an, bei welcher auch keine weiteren Schritte gefordert werden, wenn Geräte Betriebsbereit angeliefert werden und nicht konstruktiv eingegriffen wird.
    So würde ich auch eine Traversenkonstruktion betrachten.
    Wird die Traverse konstruktiv verändert (Schweißen, o.ä.) oder nicht bestimmungsgemäß eingesetzt, so wird eine Sachverständigenprüfung nötig.
    Letztendlich wird ein Richter/Prüfer, auch wenn ersterer in seiner Entscheidung unabhängig ist, wohl geneigt sein, der Auffassung der BG zu folgen.
    Ansprechpartner bei der BG ist der Sachgebietsleiter Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung: Johannes Heinz in Mainz.
    Werde ihn das nächste mal einfach mal auf seine Meinung ansprechen und
    diese dann weitergeben.
    Auch Du kannst ihn natürlich gerne kontaktieren.



    Von daher halte ich die Aussage "mechanisch ein C1-Zug" durchaus für richtig.


    Da hast Du mit dieser Argumentation natürlich recht.
    In der Praxis ist es nur oft so, dass die Hersteller Ihre vorhandenen D8-Züge auf D8+ aufrüsten, und nicht Ihre C1-Züge abrüsten. Von daher ist die mechanische Grundlage für viele D8+-Züge praktisch der D8-Zug.
    Die wesentlichen Unterschiede zu C1-Zügen liegen in der Steuerung (Endabschaltung, Laufzeitüberwachung, Überlast, etc.).


    Bis dahin
    Stroti