Gewerbeanmeldung: Wann wirklich notwendig?

  • So, habe in diesem Brett alles gelesen und keine Antwort auf meine folgende Frage(n) gesehen. Falls ich was übersehen habe, weist mich bitte auf den entsprechenden Beitrag hin.


    Es geht um die NOTWENDIGKEIT einer Gewerbeanmeldung.
    Wenn ich als Tontechniker nur „Kofferjobs“ mache, niemals auf – und abbaue und außerdem kein Material vermiete und verkaufe, keinen Fuhrpark (also Auto) habe und auch kein Büro (und trotzdem ganz gut davon leben kann :) :(
    Muß ich dann als selbstständig arbeitender und Rechnungen ausstellender Mensch notwendig ein Gewerbe anmelden?
    Das Ordnungsamt meint natürlich „JA“ und will mich bestrafen (die haben bei einer fiesen Betriebsprüfung rausgekriegt, daß ich selbstständig erwerbstätig bin). Natürlich hatte ich auch Steuererklärungen abgegeben, von daher war alles korrekt. Ich hatte aber vorher von diversen Steuerberatern und musikrechtlich erfahrenen Menschen gehört, daß ich eben nicht notwendig ein Gewerbe anmelden müsste. Diese Menschen haben so argumentiert, daß ich in meiner Tätigkeit als „klangdesignender Knöpfchendreher“ steuer- und gewerberechtlich nicht anders zu behandeln sei als die Musiker, die eben auch kein Gewerbe anmelden müssen. Das Argument geht also in die Richtung, daß ich quasi auch wie ein Künstler ein Instrument spiele: mein Mischpult.
    In eine andere Richtung geht das folgende Argument: in meinem Fall sei davon auszugehen, daß ich schlicht kein „stehendes Gewerbe“ habe, (siehe die obigen Ausführungen bezüglich der fehlenden Büroräume/Fuhrpark, keine Vermietung usw.).
    Wer kennt sich da aus? Bitte bitte keine halbwissenden Antworten, davon hatte ich leider vorher zu viele...
    Jetzt überlege ich natürlich, das Bußgeld zu bezahlen und sofort ein Gewerbe anzumelden, um weiterem Ärger aus dem Weg zu gehen. Da ich aber in den letzten Jahren zu einem großen Prozentsatz für den gleichen Auftraggeber (feste Band halt) gearbeitet habe, ergibt sich die nächste Frage: Kriege ich dann Stress wegen Scheinselbstständigkeit? Wenn ja, wer macht dann den Stress? Der Sozialversicherungsträger? Kriegt die Band Ärger, weil sie mich eigentlich anstellen müsste?
    Zu welchem Teil müssten meine Verdienste von anderen Auftraggebern kommen, so dass dieses eventuelle Scheinselbstständigkeitsproblem gelöst ist?
    Desweiteren: könnte dann RÜCKWIRKEND für die letzten Jahre eine zwangsweise Zahlung von Sozialabgaben verfügt werden??
    Wäre sehr dankbar für kompetente und schnelle Antworten, es „brennt“ gerade ein bisschen...


    Gruß vom Toff

  • Wenns brennt, will ich mal mein Halbwissen kundtun. Wenn man ein Feuer löscht, achtet man auch nicht drauf, ob das Wasser dreckig ist...


    - Wenn du ausschließlich Kofferjobs machst, kannst du schon einen auf Sounddesigner machen. Andere Kollegen machen das auch so. Wichtig ist halt, dass der künstlerische Charakter deiner Tätigkeit deutlich wird, d.h. wenn du die Kriterien erfüllst, um in die KSK aufgenommen zu werden, sollte das auch vor dem Finanzamt reichen. (KSK ist überhaupt klasse. Das wär doch auch für dich gut!)


    - das mit dem stehenden Gewerbe bringt nicht viel. Reisegewerbe sind noch was viel ekelhafteres.


    - Scheinselbständigkeit ist natürlich ein Thema. Es soll ja Leute geben, die einfach einen Teil (25%) ihrer Rechnungen über eine weitere Firma umleiten. Das habe ich jetzt aber nicht gesagt.

    laut statt hell!

  • Moin,


    definitiv NEIN: :)
    Als Tontechniker, aber auch nur als solcher !!!, zählst Du unter die Gruppe der sogenannten "freien Berufe". Das heißt Du benötigst lediglich eine Steuernummer, die Du durch eine direkte Meldung beim FA erhältst.
    Die Begründung findest Du in der Tätigkeit selber, da Du als "Toni" einzelne Instrumente, vielmehr deren Geräusche :D zu einem (künstlerischem) Gesamtbild formst. Somit überwiegt die geistige/schöpferische Arbeit. Insoweit brauchst Du Dir auch keine Gedanken über Scheinselbstständigkeit etc. machen :)
    Schaue mal unter folgenden Link:


    http://www.frankfurt-main.ihk.…chtsfragen/gewerberecht/#



    Ich empfehle Dir, gegen den Bußgeldbescheid sofort Widerspruch einzulegen. Im weiteren Verfahren befindet das Ordnungsamt darüber ob aus Sicht der Behörde das Bußgeld zu Recht erhzoben wurde. Wenn ja, wird das ganze nach § 69 OWiG an das zuständige Amtsgericht zur weiteren Entscheidung weitergeleitet. An dieser Stelle sollte man dann ggf. über rechtlichen Beistand nachdenken.


    Uwe

    Party-DJ im Ruhestand

  • ... noch eine Nachbemerkung: Der Widerspruch gegen den BG-Bescheid entfaltet aufschiebende Wirkung, so das eine Beitreibung ausgesetzt wird. Also nicht ins Boxhorn jagen lassen :P


    Uwe

    Party-DJ im Ruhestand

  • Erstmal muchas gracias!! Die Antworten haben wirklich geholfen!
    Ist doch super, wie konstruktiv so ein Forum sein kann.


    @ Uwe und natürlich auch andere: Die Unterscheidung "freier Beruf" / "gewerbliche Tätigkeit" ist also der Knackpunkt der Geschichte. Die IHK hat "Tontechniker" als freien Beruf definiert. Wenn ich in einem Einspruch genau dieses IHK-Dokument beim Ordnungsamt vorlege: Können die dann überhaupt noch anders als zu meinen Gunsten entscheiden? Weiß wer von einem ähnlichen Fall, der eventuell bis vor ein Gericht ging?


    Noch eine Frage wg. Scheinselbstständigkeit: Ich habe Uwe so verstanden, daß ich, sobald ich meinen Status als "Freier" habe, kein Problem mit der Scheinselbstständigkeit habe. Der Staat gesteht "Freien" also zu, immer für den gleichen Auftraggeber zu arbeiten? Wieso eigentlich?


    Gruß vom Toff

  • Moin, Moin...


    es glaubt mir kein Mensch. Ich habe jetzt ´ne halbe Stunde versucht, in diesem Board ´ne Nachricht abzudrücken. Ja gut hier scheint´s ja zu klappen :P


    Hi "Toff"


    zum Ersten: Gewerberecht ist Landesrecht. Es gilt zwar der Grundsatz "Bundesrecht bricht Landesrecht" Aber das Land ist groß und jeder ist sein eigener König :D
    Das heisst frage unverbindlich bei Deiner IHK nach ob die das auch so sehen. Zu 99% werden die es auch so sehen.
    Das ist nicht als Rückzieher zu sehen. Was ich geschrieben habe, dazu stehe ich. Aber "vor Gericht und auf hoher See ist man(n) in Gottes Hand" Nicht umsonst der Hinweis ggf. auf den Berufsstand zurück zugreifen, der sich das gut (ich schmeichler: SEHR GUT) honorieren lässt.


    zum Zweiten: Das Thema Scheinselbstständigkeit: Dieses wird sich in den nächsten Wochen, so denke ich, vollkommen in Luft auflösen. Die ganze Geschicht "Ich-AG" hat letztlich dieses unsinnige Gesetz "ad-absurdum" geführt.


    Als Frei-Berufler eh´ uninteressant.


    Uwe

    Party-DJ im Ruhestand