Bodenplatten / Statik

  • Hallo zusammen,


    da sich kurze Traversenstücke (1,5m) als Säulen mit ein bisschen Beleuchtung von innen für diverse kleinere Veranstaltungen
    immer wieder ganz gut machen, habe ich mal exemplarisch Bodenplatten zwecks Statik durchgerechnet. Gerade bei kleineren
    Veranstaltungen (~ bis 150 Personen) in dementsprechenden Veranstaltungsräumen sind zu große Bodenplatten (z.B. 1,2x1,2m) eher störend
    und "im weg". Für diesen Zwecke habe ich das ganze mal für kleinere Bodenplatten aus 21mm Siebdruckplatten mit 4 Füßen in den
    Ecken vereinfach durchgerechnet.


    Der Aufbau von unten nach oben:
    - 4x Füße aus Siebdruckplatte 0,15x0,15m
    - Bodenplatte Siebdruck 0,75x0,75m
    - Mittig normale Truss Base Plate als Trussaufnahme
    - 1,5m Truss
    - Truss Base Plate als Abschlussplatte und zur Aufnahme der....
    - ... Nutzlast oben drauf (hier: Washlight)



    Kurz zusammengefasst hier mal die Ergebnisse:
    - Gesamtmasse des Aufbaus m_ges = 28,2kg
    - Haltemoment M_H = 103Nm
    - Max. Kippkraft in 1,5m Höhe F_K_1,5 = 69N
    - Max. Kippkraft in 1,2m Höhe F_K_1,2 = 85,83N
    - Max. Kippkraft in 1,0m Höhe F_K_1,0 = 103N
    - Reibkraft am Boden bei µ=0,2 (Eventuell zu gering?!) F_R = 55,33N
    - Da F_R < F_K_* ist, rutscht die gesamte Konstruktion eher weg als umzukippen
    - Höhe des Schwerpunktes über dem Boden liegt bei x_s = 0,813m
    - Der Kippwinkel der gesamten Konstruktion liegt bei alpha = 27,5°


    Rechenweg samt Sauklaue gibts hier: http://s1.directupload.net/file/d/3297/yqbhtdzv_pdf.htm
    Natürlich übernehme ich keine Garantie oder Gewährleistung auf Richtigkeit, Vollständigkeit oder irgendeine
    Art von Haftung, wenn jemand meint, sich auf meine Berechnungen berufen und den Spaß so auf Veranstaltungen aufbauen zu müssen.


    Was mir bei der gesamten Berechnung aufgefallen ist:
    Die Masse der Bodenplatte ist fast vollständig egal, wenn die Platte groß genug ist. Die Kräfte, die diese Konstruktion aufnehmen kann (Kippkräfte) sind aus rein statischer Sicht sehr gering. Je nachdem, wie der Boden aussieht, rutscht die gesamte Konstruktion aber eher weg, anstatt umzukippen. Mal abgesehen davon, dass bei dem unbeabsichtigten Versuch das System umzuschmeißen, auch noch eine Zusatzlast in Form eines Menschen, der auf der Bodenplatte steht, hinzukommen kann. Da der Schwerpunkt der Konstruktion nur knapp 80cm über dem Boden liegt, liegt auch der Kippwinkel bei ziemlich ordentlichen 27,5°. Wie viel das in "sichtbar" wirklich ist, habe ich auf der letzten Seite mal skizziert (bzw. da sinds nur knapp 25° wegen ungenauerer Berechnung).


    Praktisch habe ich das ganze hier bereits aufgebaut gehabt und mich mit meinen knapp unter 2 Metern mal dran gehangen. Ohne Vorsatz ist es nahezu ein Ding der Unmöglichkeit das Konstrukt umzuschmeißen.


    Insgesamt sehe ich da nicht wirklich Probleme so eine Konstruktion aufzubauen. Gibt es da Anregungen oder Meinungen/Normen, die das anders sehen?



    Viele Grüße

  • Hallo Michele,


    bei der Berechnung des Kippwinkels scheinst Du Dir ja nicht so recht sicher zu sein und Du berechnest Ihn auch falsch.


    Richtig ist tan ( alpha) = x / xs für jeden Winkel. Du scheinst zu vernachlässigen, dass beim Kippen die Platte um eine Eckkante kippt, also der Winkel zwischen Truss und Platte beim Kippen rechtwinklig bleibt. (Davon gehen wir mal aus, sonst ist Deine Konstruktion ja kaputt ;) )


    Der Reibbeiwert ist vermutlich zu niedrig angesetzt. In DIN EN 13814 gibts ne Tabelle für anerkannte Reibbeiwerte. Ansonsten stehen ist guten Physik- und Mechanikbüchern auch sinnvolle Werte. Daher hängt es auch maßgeblich vom Reibbeiwert ab, ob das ganze kippt oder gleitet. Zur Beurteilung, ob eine Konstruktion standsicher ist, darf sie weder kippen, noch gleiten. Deshalb ist ein im Zweifelsfall niedrigerer Wert besser. Und gegen Gleiten hilft nur ein größeres µ oder mehr Gewicht.


    Üblicherweise werden die Kipp- und Standmomente mit einem Sicherheitsfaktor beaufschlagt. Dieser variiert je nach Ursache zwischen 1,0 und 1,3 (steht auch in EN 13814) und im EC 1 sogar bis 1,5.


    Die horizontale Kraft ist, wie Du anmerkst sehr niedrig. Du berücksichtigst weder einen horizontalen Personenanprall (im Menschengedränge) oder Wind (wenn es draußen steht). Es ist Ermessenssache im Einzelfall, das zu berücksichtigen.


    Bei einer Platte, die nix wiegt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Gewicht der Platte "egal" ist ;) Bei Konstruktionen mit Stahlfuß ist es manchmal sehr erheblich, wie schwer die Platte ist, vor allem, wenn so ein Trusstotem höher ist und draußen steht.


    Der Vollständikeit halber könnte man noch DIN 15560-27 (Handbetriebene Stative) anführen und natürlich auf die jeweiligen Werkstoff- und Bauteilnormen verweisen. Auch hast Du nur die äußere Standsicherheit untersucht und nicht, ob alle Bauteile der Konstruktion halten. Falsche Schrauben ziehst Du einfach so durchs Holz bei falscher Montage.


    PS: Ich habe nicht die gesamte Rechnung nachvollzogen, sondern nur Dinge, die mir beim ersten Blick augefallen sind.


    Herzliche Grüße


    Uwe

    Dipl.-Ing. Uwe Runtemund | Statiker in der Veranstaltungstechnik

    Mein Büro: runtemund.de

  • Vielen Dank für die konstruktive Kritik! Ich werde mir die angesprochenen Punkte und Normen nochmal zur Gemüte führen und
    mich dann nochmal melden.


    Den Kippwinkel habe ich eben nochmal nachgerechnet (mit deiner Korrektur) und kam auf 24,76°.
    Der Festigkeitsnachweis (insbesondere für die Verbindungsstelle Truss-Bodenplatte) ist natürlich noch offen. Das werde ich bei Gelegenheit nachholen!
    Den Reibkoeffizienten habe ich mir mal von dieser Seite hier gemopst (Tabelle 1d): http://www.containerhandbuch.d…b/stra/stra_04_04_05.html Hier schwanken die Reibkoeffizienten allerdings auch von 0,2 - 0,5 bei trockenen Oberflächenpaarungen.


    Gerne würde ich das Beispiel weiterrechnen, aber insbesondere für Windlasten fehlen mir die Werte für die Querspantfläche und den Luftwiderstandswert (c_w-Wert). Gibt es hier einschlägige Normen oder nur über den direkten Kontakt zum Trusshersteller?


    Viele Grüße


    Michele

  • Hallo Michele,


    alles Notwendige zur Berechnung der aerodynamischen Beiwerte findest du in der DIN EN 1991-1-4 Einwirkungen auf Tragwerke (Eurocode1).
    Eine bespannte Traverse wäre als vollflächig geschlossen anzusehen. Eine Unbespannte wird in der Norm als Fachwerkträger betrachtet.


    Alles Weiter in Sachen Staudrücke dann in der DIN EN 13814 in Kombination mit der Liste der technischen Baubestimmungen.


    Beste Grüße
    Stephan

  • Zitat von &quot;Nimda&quot;


    Der Festigkeitsnachweis (insbesondere für die Verbindungsstelle Truss-Bodenplatte) ist natürlich noch offen.


    Das wird in letzter Konsequenz schwierig.
    So eine Sperrholzplatte ist üblicherweise kein homogener Werkstoff.
    Das Furnier ist mal so, mal so, da wird auch nichts sotiert, kuck dir mal die Schnittkanten an:
    Da sind Astlöcher drin, Windrisse und so fort.


    Wenn so was einer statischen Betrachtung unterliegt, dann nur mit erheblichen Abschlägen.


    Bei einer vorliegenden Biegebeanspruchung (Kippen über Kante) kann ich mir vorstellen, das erhebliche Unterschiede im Verhalten des Werkstoffes daraus resultieren, ob quer oder längs zur äusseren Faser gebogen wird.


    Reibwerte:
    Auch die können sich fallweise erheblich ändern, lass nur mal einen ein Bier verschütten... :wink: