Lärmschutz - Wettbewerbsverzerrung?

  • Wir haben hier einen Bescheid einer Stadt vorliegen, in welchen die Verwendung von horngeladenen Systemen ohne Begründung ausgeschlossen wird.


    Hat jemand schon mal ein ähnliches Problem gehabt? Wir haben nun mal fast ausschließlich Horn-PAs und sind der Meinung das es eigentlich nicht sein kann, das sich das Ordungsamt in die Technologie einmischt. Im Prinzip zählt doch nur was später auf dem Messgerät steht. Wie seht ihr das?

    no virtual - no line - no EQs

  • ein Ordnungsamt darf sich in ALLES und JEDES einmischen, ohne Angabe von Gründen, denn sie können Willkürlich entscheiden, nicht einmal ein Gericht hat solche Kompetenzen.


    ich wünsche Dir viel Spaß bei der Diskussion, warum und wieso man zu dieser Entscheidung gekommen ist;
    das Ergebnis wird sein, dass die Inkompetenz des Beamten mit Ignoranz und Willkür gerechtfertigt wird;
    und eine Antwort wirst du letztendlich nie bekommen!!!


    Interessant wäre zu wissen, wer in welcher Beziehung zu dem willkürlichen Entscheidungsfinder steht;
    dann weißt auch wer Dein Konkurrent ist und DEINE VA haben will.

  • Blöde Geschichte.
    Nur ist im Prinzip jede größere PA horngeladen. Zumindest im Hochton.
    Wo hört das im Beamtendeutsch auf; wo fängts an.?


    Würde aber da schon -wiederum aus Prinzip- alle Hebel in Bewegung setzen; und rausfinden, wer oder was da dahintersteckt.
    Und wenn's wirklich so ist; das da ein böser Mitbewerber dahintersteckt, wäre es doch an der Zeit, für die Stadt mal was Gutes zu tun... :wink:

    Never stop a running System

  • Eine bayerische Stadt? Vollwertiger Bescheid i. S. § 35 VwVfG mit Rechtsbehelfsbelehrung? Dann hilft wohl nur die Klage... Ist der Bescheid an euch oder allgemein an alle Veranstaltungsfirmen gerichtet (Allgemeinverfügung?) Gegen den einzelnen Verwaltungsakt an euch gerichtet lässt sich gezielter vorgehen als gegen die Allgemeinverfügung.


    Evt. hilfts da mal anzurufen und nachzufragen, warum dem so ist und anzudeuten, dass hier sachfremde Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind. Materieller Gegenstand der Regelung des Verwaltungsaktes dürfte nur die Lautstärke, nicht das Entstehungsprinzip sein. Heikel dürfte es dann werden, wenn die Stadt die Behauptung aufstellt, es sei bei der Mehrzahl der Verstöße gegen Lautstärkebestimmungen mit horngeladenen Anlagen geabeitet worden und weitere Verstöße seien daher wahrscheinlich. Oder es kommen Begründungen, an der Front sei die Lautstärke aufgrund der Hornladung regelmäßig zu hoch (sollte sich aber technisch ausschließen lassen via Limiter und Messung). Dürfte vor Gericht aber alles keinen Bestand haben - nur lohnt sich das?
    Ein Problem sehe ich in der möglichen amtlichen Annahme, dass sich bei Basshörnern die Lautstärke u. a. wegen der vermutenten gerichteten Abstrahlung erst in größerer Entfernung voll entfalte... Entweder es ist tatsächlich ein Mitbewerber, der hier amtliche Wettbewerbsverzerrung betreibt oder es gab mal ein paar Leute, die es mit ihren Hörnern zu dolle getrieben haben. Nebenbei erhofft man sich evt. weniger Anwohnerbeschwerden, wenn die Boxen schon vom Aussehen her kleiner sind. Wie siehts mit nem Line-Array aus? Kommt bestimmt auch auf die Verbotsliste.
    In diesem Sinne: Ich bin gespannt.

  • Zitat von "studi"

    Evt. hilfts da mal anzurufen und nachzufragen,


    Meine Meinung bei Kommunikation mit Behörden: NIEMALS anrufen, ALLES schriftlich.
    Das haben mir meine Eltern beigebracht, beide Beamte ;o)


    Sicherlich gibts auch in diesem Fall genug Mittel und Wege gegen den Bescheid vorzugehen man muss nur wissen wie man es anfängt und wo man ansetzt. Dazu brauchts aber Ahnung oder nen Anwalt. Aber da wirst du sicher schon von alleine drauf gekommen sein.


    Klingt merkwürdig dieser Bescheid (ohne den Wortlaut zu kennen) und es lohnt sicher ihn einem Fachmann/frau vorzulegen.

  • Vielen Danke für euere Unterstützung.
    Ich werde wohl mal ein Schreiben aufsetzen.


    Natürlich ist es Bayern. Bis jetzt haben wir so etwas bei Auftragsvergabe ignoriert, da der Bescheid massig Fehler in sich hat und sich auch stellenweise selbst widerspricht. Doch wir hatten jetzt den Fall das ein Kunde wegen dem Bescheid von einer Auftragsvergabe abgesehen hat, da wir nun mal in größeren Dimensionen nur Hörner einsetzen. Auf das Thema Arraybildung wird nicht eingegangen. Nur Basshörner sind explizit ab ein Stück ausgeschlossen.

    no virtual - no line - no EQs

  • Was mir noch einfällt. Mit dem Hersteller deiner PA in Verbindung setzen evtl ist das Schreiben für die auch interessant und sie sind vielleicht mit einer Rechtsabteilung ausgestattet

  • Mal aus dem Nähkästchen geplaudert: Nichts fürchtet der Bayerische Beamte so sehr, wie für die Folgen seines Handelns nachweislich verantwortlich zu sein. Schon ein einigermaßen engagiertes Schreiben eines Rechtsanwalts, in dem um Aufklärung gebeten wird, aus welchen offensichtlich sachfremden Gründen eine bestimmte Technologie (deren physikalische Grundlagen zwar möglicherweise schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben, die aber nichtsdestotrotz durchaus noch Stand der Technik darstellt) von der Verwendung auf der Veranstaltung ausgeschlossen wird, kann da unerwartete Früchte tragen.


    Möglicherweise wird obrigkeitlich argumentiert, dass "die Erfahrungen gezeigt haben, dass ..." oder (böses Eigentor) dass "allgemein bekannt ist, dass ...". Mit der gleichen Begründung müsste man aber dann auch das Befahren der Haupteinfallstraße in die Stadt mit Fahrzeugen der Marke VW Golf GTI (nur so als Beispiel) verbieten, bloss weil die bei den letzten Geschwindigkeitsmessungen am besten abgeschnitten haben.


    Dass man mit jeder einzelnen halbwegs stadtfestfesten PA so ziemlich jedes in der Realität vorkommende Lautstärkelimit knacken kann, scheint den Herren auch nicht klar zu sein.

    Harvard'sches Gesetz für Tierversuche: "Unter sorgfältigst kontrollierten, dokumentierten und jederzeit reproduzierbaren Laborbedingungen verhalten sich Versuchstiere immer so, wie es ihnen gerade passt."

  • So würde es ein Anwalt vielleicht noch nichtmal machen.


    Ich glaube es macht wenig Sinn mit einem Ordnungsbeamten über die technische Seite zu diskutieren, da hat der ja auch keinerlei Bezug zu.


    Denke ein Anwalt wird so auch nicht argumentieren, der prüft eher ob alle Formalitäten erfüllt und richtig sind, also ob der Bescheid an sich überhaupt formal richtig ist.
    Wahrscheinlich legt er auch direkt Widerspruch ein um evtl Fristen zu wahren.
    Dann wird die Frage sein, auf welche Rechtsgrundlage sich der Bescheid stützt und dann gehts immer so weiter.

  • Zitat von "jenz"

    So würde es ein Anwalt vielleicht noch nichtmal machen.


    Ich glaube es macht wenig Sinn mit einem Ordnungsbeamten über die technische Seite zu diskutieren, da hat der ja auch keinerlei Bezug zu.


    Denke ein Anwalt wird so auch nicht argumentieren, der prüft eher ob alle Formalitäten erfüllt und richtig sind, also ob der Bescheid an sich überhaupt formal richtig ist.
    Wahrscheinlich legt er auch direkt Widerspruch ein um evtl Fristen zu wahren.
    Dann wird die Frage sein, auf welche Rechtsgrundlage sich der Bescheid stützt und dann gehts immer so weiter.


    Die Formalitäten sind in der Regel nicht das Problem. Der Beamte verfügt nämlich regelmäßig über ein ganzes Arsenal der verwaltungstechnischen Gegenstücke zu Showfiles für alles möglichen Fallkonstellationen, die in seinem Arbeitsbereich auftauchen können: Er saugt sich den Genehmigungsbescheid nicht jedesmal von neuem aus den Fingern, sondern schreibt einfach den vom letzten Mal ab, ändern ein paar Daten und fertig ist die Laube.


    Die einschlägigen Rechtsvorschriften sind dabei in Normalfall ebenfalls nicht das Problem. So viele sind das auch wieder nicht, und ausdrücklich dagegen zu verstoßen ist etwas, das dem öffentlichen Dienst in der Ausbildung mit Nachdruck abtrainiert wird.


    [Kleiner Exkurs ins Verwaltungsrecht]
    Der Spielraum liegt jeweils nur dort, wo die Behörde vom Gesetz her angehalten und berechtigt ist, Ermessen auszuüben, also überall da, wo es "...kann..." oder "...durch geeignete Maßnahmen..." oder ähnliches heißt ... also fast überall. Sach- und fachgerechte Ermessensausübung ist sehr eng mit der Prüfung der Verhältnismäßigkeit verknüpft; eigentlich sind die beiden Dinge kaum zu trennen.
    Die Verhältnismäßigkeitsprüfung läuft im Regelfall in drei (manche sagen vier) Stufen ab:

    • Wird ein legitimer Zweck verfolgt?
      Das ist normalerweise der Fall. Legitimer Zweck der Festsetzung bzw. des Ausschlusses einer bestimmten Beschallungstechnik ist der Schutz der Anwohner vor übermäßiger Lautstärke. Nicht legitim wäre es, wenn im Bescheid eine extreme Mindestlautstärke vorgeschrieben würde, um damit die bösen Nachbarn zu vertreiben. dieser erste Schritt (Legitimität) kann aber überwiegend als gegeben vorausgesetzt werden so dass die eigentliche dreistufige Verhältnismäßigkeitsprüfung erst jetzt einsetzt, und zwar mit der Frage:
    • Ist die Maßnahme geeignet?
      Besteht überhaupt ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem, was ich fordere, und dem, was ich erreichen will? Pegelgrenzen festzulegen ist so gesehen wohl geeignet, um übermäßigen Lärm zu vermeiden, die Festlegung des Musikprogramms ("Erlaubt ist nur Musik von Cindy&Bert sowie den Wildecker Herzbuben") ist es wohl eher nicht.
    • Ist die Maßnahme erforderlich?
      Kann das gewünschte Ziel der Lärmverminderung nur auf diese Art erreicht werden oder steht u.U. ein weniger eingreifendes Mittel zur Verfügung? Die finale Lösung des Lärmproblems wäre die komplette Absage der Veranstaltung, aber das ist nicht erforderliche, wenn man's auf andere Weise in den Griff bekommen kann.
    • Ist die Maßnahme angemessen?
      Wenn man einen riesigen Kontroll- und Überwachungsapparat in Gang setzen muss, um unterm Strich eine Verminderung im 1 oder 2 dB durchsetzen zu können, ist das ganze wohl nicht angemessen. Das Stichwort in diesem Fall ist gerne "Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen!"


    [Ende Exkurs]


    In unserem Fall liegt das Problem, das man der Behörde (gerne auch mit Hilfe eines Anwalts, der wird u.U. ernster genommen) begreiflich machen kann, bei Nr. 2 der obigen Liste: Der Ausschluss von Hornsystemen steht in keinem nachvollziehbaren ursächlichen Zusammenhang mit der angestrebten Lautstärkeverminderung. Jedes heutzutage handelsübliche Stadtfest-System ist in der Lage, jede der heute gebräuchlichen Pegelgrenzen deutlich zu knacken. Es liebt also nicht am System, sondern am Bediener. Nicht der Golf GTI fährt mit 120 Sachen durch die 30er Zone, sondern der Typ am Steuer. Deshalb gibt es ja auch keine Verkehrsreglung ala "Durchfahrt verboten für Golf GTI, Opel Manta und 1er BMW", sondern halt ein für alle geltendes Tempolimit.

    Harvard'sches Gesetz für Tierversuche: "Unter sorgfältigst kontrollierten, dokumentierten und jederzeit reproduzierbaren Laborbedingungen verhalten sich Versuchstiere immer so, wie es ihnen gerade passt."

  • Wahrscheinlich haben sie in Erlangen geguckt:


    http://www.erlangen.de/Portald…ung_von_Freizeitlaerm.pdf


    Zitat


    Unter den Bassboxen gibt es spezielle Hornkonstruktionen (Exponentialhörner, Bassrutschen, Eliminatorboxen), die eine besonders gute Bassverstärkung und eine große Reichweite der
    tieffrequenten Schallwellen ermöglichen. In einzelnen Fällen ist es im Interesse des Lärmschutzes nicht sinnvoll, diese Boxen einzusetzen.


    Auch der Abschnitt 2.2.2. (Messtechnische Überwachung) ist ein 'Schmankerl'


    Und das Fazit der Erlanger Verwaltung:

    Zitat


    Am Dechsendorfer Weiher und auf der Meilwaldbühne sind aber trotzdem einzelne Großveranstaltungen mit ca. 3.000 bis 4.000 Besucherinnen und
    Besuchern möglich. (Die Größe der Veranstaltung, d. h. die Besucherzahl, hat auf die erforderliche Lautstärke der Musikdarbietungen den wichtigsten Einfluss.)



    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Wilkommen in der deutschen Amtsrealität :D:D:D
    Aber, was hat Uli B. denen denn seinerzeit für dieses Highlight der Verwaltungsrichtlinien denn bezahlt?

    Zitat

    Bei größeren Musikkapellen gehört heute ein Composer (Kompressor) zur Standardausrüstung der elektroakustischen Anlage; er wird benötigt, um die Lautsprecherboxen vor Überlastung zuschützen. Dieses Gerät kann auch als Leistungsbegrenzer für den Lärmschutz eingesetzt werden, sodass für di eMusikkapellen kein zusätzlicher Aufwandentsteht.

    :shock: :roll:

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.