Hoher Geräuschpegel im Publikum

  • Liebe Gemeinde



    Im Zusammenhang mit einem lauten Publikum hätte ich zwei Fragen. Ich habe hier mal Wora zitiert:


    Zitat von "wora"

    wenn die akustischen bedingungen derart schlecht sind, dass schon durch das publikum so ein hoher hintergrundpegel entsteht, dann ist da einfach hopfen und malz verloren. abhilfe könnte natürlich das einbringen von vielen, vielen quadratmetern molton schaffen, der wirklich überall im saal abgehängt wird. aber das ist ein enormer aufwand, der gerade für veranstaltungen wie hier besprochen mit sicherheit nicht in erwägung gezogen wird.


    1. Gibt es da eine Sportveranstaltung, die ich schon länger betreue. Hauptort des Geschehens ist ein grosser Platz (open air) mit Tischen und Bänken, wo sich die Leute unterhalten, Bier trinken - wie das halt so geht. Der Veranstalter meinte nun, dass es ihm auf diesem Platz nicht laut genug wäre, denn man hätte den Speaker nicht überall verstanden. Auf der anderen Seite am Ende des Platzes konnte ich allerdings jedes Wort verstehen. Ich sage mal, dass es schlicht inmitten des Getümmels aufgrund des Publikumlärms nicht möglich war, den Speaker zu verstehn. Und ich glaube auch, dass es dort den meisten auch egal war. Mein Standpunkt ist, dass man die Lautstärke nicht erhöhen sollte, da es sonst sicher zu Reklamationen "zu laut" kommen würde. Was habt ihr in vergleichbaren Situationen für Erfahrungen gemacht mit der Lautstärke?



    2. Habe ich oft Sääle erlebt, die eine mieserable Akustik haben. Schon ab 8 Personen, die sich unterhalten, wird es lärmig und unangenehm. Kann man solche Räume mit Akustikplatten, Absorbern, etc. mit vertretbarem Aufwand optimieren? Gibt es eine Faustregel, wieviele % der Oberfläche mindestens bedeckt werden müssen, damit ein spürbarer Effekt eintritt? Gibt es gute Onlinelektüre zu dem Thema?

    Der Ton macht die Musik.

  • Zu 1.) Veranstalter ist Kunde, Kunde ist König - wenn allerdings dafür ein höherer Aufwand getrieben werden muss, bzw. man anderes/mehr Material braucht muss er dafür bezahlen.


    Ansonsten gilt bei öffentlichen Veranstaltungen
    A) Schall- und Laserverordnung sowie, bei Bedarf,
    B) sollte man bei Notfalldurchsagen min. so 10dB über den Störschall kommen können (mal ganz vereinfacht ausgedrückt)


    Zu 2.) das lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf die Raumbeschaffenheit an, sind es Resonanzen die stören, bestimmte Einzelreflexionen oder allgemeiner Nachhall...


    In einigen öffentlichen Bereichen (Supermarkt, Einkaufscenter, etc.) habe ich zum Beispiel schon öfter längliche Platten an der Decke hängen sehen, welche einerseits als Plattenabsorber tiefere Frequenzen aufnehmen und andererseits die harten Mitteltonreflexionen (z.B. bei Blech- oder Betondächern) streuen können.


    Will man es richtig trocken haben, braucht es schon viel und ist im Prinzip oft nicht wirtschaftlich tragbar. Wenn man jedoch eh schon mit Traversen herummontiert oder gute Hängepunkte vorhanden sind, man dem Licht-/Videodesign damit nicht im Wege ist, kann man schon einiges machen. Wichtig sind halt die Punkte: Nicht zu dicht vor die Wand hängen (Abstand min. 1/4 Wellenlänge der tiefsten zu absorbierenden Frequenz) und eher den 500g Molton nehmen als den 300g.
    Lieber gezielt gegen Einzelreflexionen kämpfen als gegen die ganze Halle, z.B.:
    - hinter der Band (Schallquellenüberlagerung, "Matsch" für die vorderen Reihen, Reflexion in die Mikrofone)
    - über der Band (Schallquellenüberlagerung, Vermischung Bühnen-/FoHsound ("Matsch") fürs Publikum, Reflexion in die Mikrofone)
    - gegenüber der Bühne (Echoreflexion, animiert Musiker zu höheren Lautstärken (dagegen kämpfen wollen))

    ...zunehmend Gefallen an Ignorieren-Funktionen findend.

  • zu beiden punkten finde ich der beitrag von audiobo sehr treffend und gut.



    Zitat von "zegi"

    ...2. ... Kann man solche Räume mit Akustikplatten, Absorbern, etc. mit vertretbarem Aufwand optimieren? Gibt es eine Faustregel, wieviele % der Oberfläche mindestens bedeckt werden müssen, damit ein spürbarer Effekt eintritt? Gibt es gute Onlinelektüre zu dem Thema?


    ob man diese räume mit "vertretbarem" aufwand bearbeiten kann, hängt von der definiton ab. wann ist die investition vetretbar, und wann nicht? im ursprünglichen beitrag ging es ja um eine betonhalle, die normalerweise für die unterbringung der feuerwehrfahrzeuge gebaut ist. ich denke nicht, das der aufwand für das einbringen von viel mollton hier für eine band zur hintergundbespassung vertretbar wäre. die sinnvollste lösung wäre hier vermutlich, die band vor der tür in ein zelt zu packen, das lässt sich in der tat einfacher beschallen. ;)


    die frage, ab wie viel prozent mit einer ausreichenden absorption zu rechnen ist, kann man auch nicht so einfach beantworten. dafür gibt es akustiker, das muss leider für jeden saal berechnet werden. es kommt ja auch darauf an, wie die zielvorgaben sind. denn wir als techniker wünschen uns natürlich eine möglichst hohe absorption (ideal=openair), damit wir möglichst ohne beeinflussung des raumes unseren mix erstellen können. ganz im gegenteil dazu wünschen sich die musiker aber oft eher einen etwas reverberanten raum, damit ihr spielgefühl besser wird. und dann ist da ja nocht die frage nach der art der musik und nach dem entsprechenden frequenzberiech, der bedämpft werden soll... und dann gibt es noch das publikum, das den saal ja auch bedämpft, das ist je nach verhältnis zur raumgrösse sehr unterschiedlich.
    es gibt also viele verscheidene kriterien, die hier einfliessen. eine einfache grundregel ist damit schwierig.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat

    Ich sage mal, dass es schlicht inmitten des Getümmels aufgrund des Publikumlärms nicht möglich war, den Speaker zu verstehn. Und ich glaube auch, dass es dort den meisten auch egal war. Mein Standpunkt ist, dass man die Lautstärke nicht erhöhen sollte, da es sonst sicher zu Reklamationen "zu laut" kommen würde. Was habt ihr in vergleichbaren Situationen für Erfahrungen gemacht mit der Lautstärke?


    In solchen Situationen häufig zu beobachten ist, dass desinteressiertes Publikum beim Einsetzen eines "störenden Schallereignisses" in Form eines Redners oder einer Kapelle ebenfalls sprunghaft lauter wird, weil nun alle lauter reden. Dagegen lässt sich kaum was machen, denn wer nicht zuhören will, der hat schon.....


    Ich würde trotzdem zumindest kurzfristig mal Vollgas (möglichst ohne Koppeln) geben, damit keiner hinterher vorwerfen kann, man hätte es nicht versucht....

    Immer schön vorm Soundcheck herverkabeln.....

  • Vielen Dank für die Anregungen. Einige Punkte werde ich definitv ganz allgemein verinnerlichen - wie zum Beispiel den "Notfall-Headroom". Das ist ein guter Hinweis. Schätzungsweise war das bisher meist gegeben, aber explizit darauf geachtet habe ich mich bisher nicht. Ich müsste mir vielleicht sowieso mehr Gedanken machen zum Thema "Evakuierungen und Notfalldurchsagen".



    Zum Thema selber - gestern hatte ich noch einen Anruf eines OK-Mitgliedes des geschilderten Sportanlasses und ich habe mit ihm nochmals über die Lautstärke im Publikumsbereich gesprochen. Dieser Herr empfand die Lautstärke als völlig ausreichend und die Sprache als sehr klar verständlich. Es herrscht also uneinigkeit in der Wahrnehmung, was mich ein Stück weit bestätigt.


    Es ist gut möglich, dass die Idee "erst recht laut, danach etwas angepasster" genau den gewünschten Erfolg bringen würde. Das werde ich auf jeden Fall auch testen.

    Der Ton macht die Musik.