Das Angebots-Karussel und warum Bandrider darin keine Rolle spielen.

  • Ich habe es ein Mal erlebt, daß bei einem recht hochstehenden Gig eine Band beinahe nicht auf die Bühne gegangen wäre, weil der Rider nicht erfüllt wurde.
    Bei voller Gagenzahlung und mit aufgetanktem Privatjet am nahe gelegenen Flughafen. Am Ende wurde ein Kompromiss gefunden, aber die Band wäre im Recht gewesen, weil der Rider Vertragsbestandteil war und die Nichterfüllung ein Vertragsbruch seitens des Veranstalters.
    Für mich war das besonders aufregend, weil ich der von der deutschen Agentur bestellte technische Koordinator war, das also dem Produktionsleiter beibringen musste, der wiederum mit den Vorständen eines der größten 10 Unternehmen Deutschlands reden musste, damit das am Ende doch noch klappt mit dem Auftritt.
    Es ging dabei nicht mal um technische Dinge, da konnten wir schon vorher Einiges ändern, die Anforderungen wären in der Location nicht erfüllbar gewesen.

    Was will ich mit dem Beispiel sagen? Es handelt sich zunächst mal um einen Vertrag zwischen Band und Veranstalter. Den Dienstleister betrifft der Rider zunächst nicht. Außer, es gibt einen Vertrag zwischen Veranstalter und Dienstleister, in dem steht, daß der Rider erfüllt wird (die Teile, die zutreffend sind). Wenn man das als Dienstleister macht, sollte man sich sehr sicher sein, daß man dazu in der Lage ist, dazu gehört natürlich, daß man den Rider vorher gelesen hat. Und daß nicht danach ein "Update" des Riders eintrudelt. Also sehr spezifisch im Vertrag festhalten "den technischen Teil des Riders der Band XY in der Version Z vom -Datum- erfüllen wir mit unserem Angebot. Andernfalls entstehen heftige Haftungsrisiken. In dem von mir genannten Fall ging es um grob eine viertel Million Euro.
    Ich empfehle, sehr deutlich zu machen, daß technische Anforderungen aus einem Rider (oder mehreren) selbstverständlich zusätzlich berechnet werden.

    Dann gibt es noch das Dokument, was wir gerne "Rider" nennen, was aber keiner ist, weil er nicht Vertragsbestandteil ist. Der Begriff "Rider" ist dann irreführend, weil er im Kern genau das bezeichnet, eine Zusatzvereinbarung, die Teil des Vertrages ist. Anyway, also diese sogenannten "Rider" sind technische Informationen, die die Arbeit erleichtern, aber rechtlich keinen Anspruch auf eine bestimmte technische Ausstattung ergeben.

  • Aber ist nicht oft der technische „Rider“ Teil des Vertrages?


    Wir hatten mal eine Band die korrekt feststellte, dass die Bühnengröße nicht gemäß Rider war und sie erfolgreich eine größere Bühne forderten.


    Es ist schon wichtig zu wissen welche Rider man zu welchem Grad ignorieren kann und welche nicht.


    Ich finde es auch wichtig bei totalem „Mismatch“ seinen Kunden zu bitten das zu klären, zB. „ist der Band bewußt, dass dieses Venue sehr weit weg von den Anforderungen im Rider ist?“ - auch bei Bands wo es nicht strikt Vertragsbestandteil ist.

    Erwartungsmanagement (managing expectations) ist IMHO eine Schlüsselkompetenz unserer Branche.

  • "Rider" heißt streng genommen genau das. Eine Zusatzvereinbarung, die Teil des Hauptvertrages wird. Er reitet sozusagen auf dem Hauptvertrag. Zuerst bekannt geworden in der Versicherungswirtschaft, später von Bands und Bandmanagements übernommen.

    Jetzt ist es in der Branche so, daß viele Bands das Ding zwar Rider nennen, es aber kein Rider ist, weil die vertragsrechtliche Komponente nicht erfolgreich vereinbart wurde. Da wird es dann schwierig.
    Ich fände es toll, wenn wir auf der Ebene eine andere Begrifflichkeit wählen könnten. Warum etwas "Rider" nennen, wenn es kein Rider ist?
    Eine Cover-Band mit der ich an und zu unterwegs war, nannte das Dokument "technische Information" und es gab einen Stageplot, eine Inputlist, pro Musiker und für die FOH-Position eine Auflistung von Equipment, welches mitgebracht wird, was gebraucht wird und was "nice to have" ist. Das Advancing auf Basis dieses Dokuments empfand ich immer als sehr angenehm.

  • Das mit den technischen Informationen ist in vielen Fällen zielführender als der Rider mit den Forderungen.


    Was viele nicht wissen, ist dass der Rider zwar Bestandteil des Vertrages sein kann, es aber erst mal das gilt, was bei Vertragsabschluss fest stand. Den Rider, den die Band/die Produktion dann irgendwann z.B. 4 Wochen vor der Show schickt, muss dann keiner mehr erfüllen. Hilft natürlich wenn man auf der Seite seines Kunden dabei helfen will, dass die Anforderungen/Kosten nicht aus dem Ruder laufen.

    Von Seiten der Band kann das blöd laufen, wenn man bei Vertragsabschluss noch im Winterschlaf war und dann wesentliche Bedingungen nicht erfüllt werden müssen.


    Ich hatte es mehrfach, dass ich der Band ein Angebot über das zusätzlich geforderte Material geschrieben hatte und man sich danach recht schnell auf eine für beide Seiten tragbaren Kompromiss gegenüber dem nachgereichten "Dicke Hose Rider", geeinigt hat.

    ...Holz ist braun!

  • ich habe bis dato noch keinen rider nachgereicht bekommen. die waren immer gleich mit dem vertrag im schlepptau und es stand sowas wie: der rider ist fester vertragsbestandteil drinn. der mußte auch vom veranstalter unterschrieben werden.

    das danach ein telefonat mit dem technischen leiter immer hilfreich ist, wurde ja schon mehrfach erwähnt.


  • ... Eine Cover-Band mit der ich an und zu unterwegs war, nannte das Dokument "technische Information" und es gab einen Stageplot, eine Inputlist, pro Musiker und für die FOH-Position eine Auflistung von Equipment, welches mitgebracht wird, was gebraucht wird und was "nice to have" ist. ...

    Ich kenne das unter dem altehrwürdigen Begriff "Bühnenanweisung" und fand das auch immer sehr zielführend.

    der [...Vertrag...] mußte auch vom veranstalter unterschrieben werden.

    das danach ein telefonat mit dem technischen leiter immer hilfreich ist, wurde ja schon mehrfach erwähnt.

    Und genau dann gibts unnötige Disskusionen. Verhandelt wird immer und überall VOR dem Unterschrieben. Nicht hinterher.