Wahrscheinlich habe ich irgendwo einen riesigen Fehler im Gedankengang und sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht, aber ich komme gerade nicht drauf. Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen. Was liegt näher, als hier mal nachzufragen?
Umfangreiche Lektüren in Manuals und Frank Piepers Effekte-Buch lassen mich seit ein paar Tagen darüber nachgrübeln, warum bei Kompressoren kurze Releasezeiten zu Problemen führen bzw. warum Releasezeiten überhaupt notwendig sind. Ich bin im Moment etwas verwirrt, denn anscheinend funktioniert die Stärke der Kompression bzw. die Ratio-Einstellung anders, als ich bisher dachte. Nicht gleich loslachen, erst mal weiterlesen. Zuerst dachte ich auch, es wäre trivial, aber ja länger ich darüber nachdenke, desto unklarer wird es.
Der Einfachheit halber gehen wir mal einer Ratio von 2:1 aus, das lässt sich gut rechnen. Auf Attackzeiten soll hier nicht eingegangen werden, das ist klar. Bisher bin ich von folgendem ausgegangen:
Sobald ein Signal den Treshold überschreitet, greift die Kompression, klar. Ein Peak mit +10dB über Treshhold wird in unserem Bsp. auf die Hälfte reduziert, also um 5dB. Jetzt wird es interessant für mich. Das Originalsignal geht jetzt kontinuierlich zurück, bei +5dB über Treshold müsste nach meinem Empfinden nur noch um 2,5dB reduziert werden. Und bei Signalpegel=Treshold wird gar nicht mehr reduziert.
NUR: dann wären Releasezeiten völlig überflüssig, denn eine Unterschreitung der Tresholdschwelle hätte sofort keinerlei Auswirkungen mehr auf das Signal, das kann also nicht sein? Es muss also um eine Art Absolute Reduzierung gehen, nicht um eine Relative, wie bisher gedacht. Ich hoffe, es ist klar, was ich meine...
Ist es dann so, dass nach dem höchsten Peak die Reduzierung aufgrund der Ratio bestimmt wird – bei +10dB also wieder Reduzierung um 5dB – und das Signal solange um diese 5dB konstant reduziert wird, bis der Treshhold wieder unterschritten wird? Dann macht eine Releasezeit Sinn, und dann werden auch Pumpgeräusche erklärbar, weil das Signal bei Wiedererreichen der Tresholdschwelle ja noch um -5dB reduziert ist und mit erst Rücknehmen der Reduzierung wieder die 0dB Signalkorrektur erreicht. Das Signal wird während des Release also relativ gesehen lauter (ungünstigerweise), was zum Pumpen führt, wenn es zu schnell geht.
Wenn also der erste Peak mal nur 5dB hat, beträgt die Reduzierung nur 2,5dB. Und was passiert, wenn auf einen niedrigen ersten Peak noch während der Kompression ein höherer folgt, wird dann die Reduzierung angepasst/erhöht , „fasst“ der Kompressor also nach, oder muss er erst einmal den Releasevorgang durchlaufen, bevor eine neue Reduzierung eingestellt werden kann?
Und wäre ein Kompressor mit 100% relativer Reduktion, wie ich ihn zuerst beschrieben habe, nicht besser? Releasezeiten wären völlig überflüssig (Attack natürlich nicht), das Signal würde zu jedem Zeitpunkt exakt nach der Ratio bearbeitet, Auspegelschwankungen damit ausgeschlossen, abrupte Wechsel in der Dynamik von laut auf leise wären völlig problemlos...
Gruß FF