Variable D, marketing als Tod des engineering ?

  • 299 USD.


    Das Mikro hat ein deutlich geändertes Profil der Präsenzanhebung und deren Absenkung. Das wird sicher auch nicht genau gleich klingen wie ein RE20, insofern müssen RE20 Besitzer sicher nicht traurig sein.


    Das schaltbare "Bassdrum-shaping" ist wohl eine Konzession an den Markt. Da bin ich mal gespannt, da ich lange Jahre das RE20 als Kick-Mic benutzt habe.


    Was man übrigens am Plot sehr schön sehen kann, ist, dass ein Variable-D Mikro nicht "keinen" sondern nur einen reduzierten Naheffekt hat.

  • Die RE320 sind seit Donnerstag da. Ich werde sie mit D6 und natürlich dem alten RE/PL20 vergleichen. Für den Preis gibts eine einfache ( welche wohl sonst :roll: ) Erklärung. Auf dem Karton steht:
    engineered in USA, assembled in China.

  • So ich hatte inzwischen Zeit zum Testen und jetzt auch Muße etwas darüber aufzuschreiben:


    Ich habe wie versprochen das RE320 mit dem RE/PL20, dem RE27 und einem Audix D6 verglichen, zunächst wie immer mit der eigenen Stimme, dann mit der Bassdrum auf einem realen Job:


    Mit der Stimme sofort auffällig ist das RE320 4-5 dB lauter als das RE/PL20 was dank des NEODYM Magneten nicht verwundert. Es klingt eindeutig sowohl anders als das RE/PL20 als auch anders als das RE27. Das RE20 klingt deutlich "neutraler/mittiger" ( wie man will.... :wink: , sofern man bei einem Dynamischen Mikrofon überhaupt von neutral sprechen kann ) und zwar unabhängig von etwaigen Alterungsprozessen. Ich habe ein PL20 von 1980, eins von 1994 und ein RE20 aus aktueller Fertigung verglichen, die alle das gleiche Ergebnis produzierten.
    Das RE 320 hatte in "Neutralstellung" mehr Höhen als das 20er, die sich aber für ein dynamisches Mikro sehr angenehm anhörten und kein Hindernis sein sollten, das Mikro auch für Bläser einzusetzen. Das RE320 hat aber definitiv nicht diese breite Präsenzanhebung wie man sie im RE27 wohl für die Sprecheranwendung abgestimmt hat und klingt daher schöner, weicher als dieses.


    Bässe klingen nahezu gleich ( eigentlich klar, da hier die bestimmenden Eigenschaften wie die Membrangröße, die Gehäuseabmessungen und die Ports in ihrer Geometrie und den absorbierenden Materialien nicht geändert wurden ) verblüffend immer wieder die wichtigste Eigenschaft von 'Variable D' nämlich die exzellente Rückwärtsdämpfung für tiefe Frequenzen und die perfekt eingehaltene Niere. hier ist das RE320 natürlich gleichwertig zu seinem berühmtem Vorgänger.


    Nach Einschalten des Bassdrum-shaping also der lowmid-Senke klingt das mikro, wie zu erwarten, fetter, was eben nicht auf "mehr Bass" sondern auf eben diese Senke zurückzuführen ist.


    Im Vergleich zum D6 klingt das RE320 in der Bassdrum nah am Fell deutlich knackiger, trockener, direkter aber mit schönem Tiefbass, der sich auch über den Kanal-EQ noch deutlich verstärken lässt ohne schwammig zu werden. Es ist wie eine Mischung aus dem präzisen Funk-Kick der 70er und modernem Tiefbass. In der "Lochposition" klingt das D6 ohne Kanal-EQ zunächst fetter, das RE320 läßt sich aber mit Pult-EQ-Bässen schön fetter machen während beim gleichen Manöver das D6 schon mit der PA koppelt. Typische Beta52 Wummerbässe macht das RE320 allerdings nicht.


    Mein Fazit:
    Bei geringerem Preis ist es gelungen die besten Eigenschaften von RE20, RE27 und dem "Bassdrumshaping" der gängigen Bassdrummodelle anderer Hersteller zu vereinigen und ein sehr vielseitig einsetzbares Mikro zu bauen. Gratuliere !

  • Danke guma,




    da bin ich ja mal gespannt, meine 320 sind morgen erstmals live auf Job dabei, geplant für BD und Cajon. Da es ein Chor+Rockband in Kirche- Projekt ist, kommt erst noch auf wie die Schalter stehen werden.


    Hab mit dem RE320 diese Woche schon eine Tuba aufgenommen -> genial!




    VG bemi

  • @ bemi


    Würde mich freuen, wenn Du etwas Zeit finden würdest, Deine weiteren Erfahrungen mit dem RE320 zu schildern. Gerne mit Beschreibung des "beschallungstechnischen Umfeldes" :wink: Meine Meinung ist ja bestimmt nicht die einzig seeligmachende. 8)

  • So nach Einsätzen in der Bassdrum, am Bassamp und am E-Gitarrenamp mal ein ganz kurzes Statement von mir zum RE 320.


    In der Bassdrum mit geschalteter Mittensenke gefällt es mir irgendwie besser als das D6 weil es nicht so forgefertigt bzw. von Sound her festgelegt klingt. Auch mir ist aufgefallen dass es weniger Tiefbass macht aber das lässt sich tatsächlich problemlos ohne Rückkoppeln EQen, selbst ohne Cardiodes Subarray oder änliches. Daher wird das wohl, zumindest wenn ich am Pult stehe auf unseren Baustellen das D6 ersetzen.
    An der Bassgitarre, ich frage mich warum hier jemand ein D6 oder Beta 52 hinstellt da wir ja an der stelle nicht die Tiefbässe aufnehmen wollen sondern die Mitteninformation des Amps, habe ich es natürlich ohne geschaltete Senke betireben und war damit alles in allem recht glücklich. Aber dazu kann ich noch nicht sooo viel sagen da es eine Festivalsituation war mit wenige Zeit beim Soundcheck usw. aber es hat von Gefühl her schonmal gepasst.
    Am Gitarrenamp hat es mir in Kombination mit dem NT2A recht gut gefallen wobei das RE 320 bei mir hier eher für den Druck in den Lomids gesorgt hat. Allerdings auch wieder Festivalbetrieb und einfach mal dazugestellt und geschaut ob ein Schuh draus wird. Vom ersten Gefühl her habe ich das RE 320 in allen 3 Einsatzgebiehten für gut befunden. Ein gut gelungenes bezahlbares vielseitig einsetzbares Mikro wie mir scheint. Wie es sich für Bläser schlagen wird muss ich noch ausprobieren.


    Grüße Matze

  • So ich hatte jetzt mal noch eine Gelegenheit ein RE27 an der E-Gitarre ( mesa boogie 1x 12" ) einzusetzen. Es hat auch mit der abgesenkt geschalteten Präsenzanhebung, die ich für Bläser nicht mag, am Gitarrenamp immer noch einen Tick mehr Präsenz als das RE20 und gefällt mir dafür sehr gut. Mit dem Neodym ist das Ding nicht nur lauter als ein RE 20 sondern es klingt auch ein bisschen "scheller". Es blendet dank seiner konstanten Richtcharakteristik die Umgebung exzellent aus. Ich werde es in Zukunft öfter dafür einsetzen, wenn ich keine Lust auf Doppelmikrophonie habe.

  • Tja Freunde des guten Mikrofons, schon über sieben Jahre ist es her und trotzdem gibt es noch was zu den VariableD Mikros nach zu tragen:

    Ich habe im Eingangsthread das 664 unterschlagen.

    http://www.coutant.org/ev664/index.html

    Die „Coronapause“ habe ich genutzt um zwei Exemplare dieses Modells zu restaurieren. Der eine oder andere mag jetzt denken, dass der Guma nun als Sammler endgültig auf die Museumsseite gewechselt hat aber weit gefehlt: Das Mikro ist ein echtes live / public address Exemplar 1954 - 1964 gebaut, extrem robust, mit perfekt eingehaltener Richtcharakteristik, das auch heute interessante Aufgaben ausfüllen kann. Nicht umsonst hörte es mal auf den Namen 'Buchanan Hammer'. :) Kein geringerer als Billy Gibbons nutzt ein für ihn hergerichtetes Modell noch heute auf der Bühne als Gesangsmikro und vor manchem Gitarrenamp ist es neben den klanglichen Eigenschaften ein echter Hingucker:


    Nadelöhr beim Einsatz in der Jetztzeit ist der schwer erhältliche 4-pin Connector Typ Amphenol MC4M. Man sieht hier die Adapter mit dem Amphenol Stecker und dem Electrovoice-eigenen QC-4M, der das werkzeuglose Umpinnen von hoch- auf niederohmig erlaubt.


    Hier das Steckbild



    und noch ein Bild vom ebenfalls kompatiblen Shure-eigenen Connector, der für die 60-er Unidyne III Modelle wie 545 und 546 benutzt wurde.



    Noch findet man Modelle für akzeptable Preise. ;)

  • Nicht vorenthalten möchte ich euch noch dieses phantastische Stück Technik der Sechziger:



    Das 674a, welches die Gelenkversion des 676 darstellt. Das 676 gilt als das 'Jim Morrison' Mikro, weil das wiederholt auf Konzert-Fotos mit ihm auftauchte. Ob er es wirklich mochte, wissen wir nicht aber es klingt mit Stimme ganz natürlich ohne die ausgeprägte Präsenzanhebung moderner Gesangsmikros.

    Dieses Modell markiert den Übergang von „drei Kanäle“ zum Continuous VariableD.

    Mein Exemplar ist in phantastischem Zustand und macht den Job, als wäre es gestern aus Buchanan gekommen. :)

  • guma - ich schwör‘s dir. Sollte ich als Künstler je Erfolg haben, wirst du für die mikrofonierung gebucht und darfst KEIN einziges stendard/Rider Mikrofon nutzen! Thoschu bringt und macht das System, bilbo mischt und alle anderen werden auch gebucht für das was sie am besten können... ausgetragen wird dieses Event in secluded‘s pittoresker Location😊

  • Geht klar :thumbup:


    ...wann biste berühmt ? ^^



    ...könnte man ja auch 'mal einfach so machen :saint: - also ohne Corona und außerhalb meiner Saison (oder auch gegen Ende der Spielzeit, wenn weniger los ist :) )

    "geht nicht" ? - gibt's nicht !

    ...ja, das war schon immer mein Avatar :evil:

    "Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens" (Friedrich Schiller, "Jungfrau von Orleans" )