richtiges Verhalten bei Gewitter

  • Geht Publikum zu Veranstaltungen, um sich dort "vernünftig" zu verhalten?


    Es mag ja aus Sicht eines Veranstaltungstechnikers, der dort arbeitet, und bei dieser Arbeit auch tunlichst seine fünf Sinne zusammen haben sollte, etwas ungewöhnlich sein, aber der überwiegende Teil des Publikums geht zu Veranstaltungen, um sich mal für ein paar Stunden "unvernünftig" zu verhalten.


    Ein Veranstalter, der damit sein Geschäft macht, der üblicherweise auch am Alkoholausschank direkt oder indirekt mitverdient, hat im Gegenzug die Verkehrssicherungspflicht.


    Da gibt es sicher auch einen "Graubereich" zwischen Leuten, die am Wochenende im Karlsruhe Schlosspark sind (und das vollständig auf eigene Verantwortung), und einer kommerziellen Veranstaltung.


    Aber wenn ich z.B. Leute vor eine normale Rock-Bühne stelle, dann nehmen die auch ohne Alkohol Blitz und Donner erst dann wahr, wenn sie quasi schon mitten im Geschehen sind. Also muss der Veranstalter auf sie aufpassen, denn er hat diese "Gefahrenquelle" eröffnet.

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  • Zitat von "guma"

    (...) aller dings gibt es dann vielleicht doch den einen oder anderen, der sich daran erinnert, dass es auch noch einen Rest von Naturinstinkt + Verstand gibt, der einem die Wahl lässt, entweder geschlossene Räume aufzusuchen oder mit einem gewissen Rest-Eigen-Risiko im Park zu bleiben. (...)


    Generell darf von dem Besucher aber nur ein geringes Maß an Selbstschutzfähigkeit erwartet werden: (OLG Koblenz Urteil vom 13.09.2011, Az. 5U 1324/00) "(...) Die Klägerin musste sich wie die anderen Besucher auch darauf verlassen können, dass das Konzert, so wie es entsprechend seiner Konzeption durchgeführt wurde, keine Gefahren für sie mit sich brachte.


    Zugegeben, da ging es um die Lautstärke einer PA, aber entscheidend ist für mich der fett markierte Teil: Sobald ein Besucher sich in unseren (=Veranstalter / Verantwortlicher) Einflussbereich begibt, haben wir in einem das normale Maß übersteigenden Rahmen für seine Sicherheit zu sorgen, da er explizit bei einer Veranstaltung von einem sicheren Umfeld ausgeht.


    Ich hoffe, es wird mir jetzt nicht als Schleichwerbung ausgelegt, aber ich möchte allen ganz dringend das vor kurzem erschienene Büchlein "the little white book - Handlungsempfehlungen für den Aufbau rechtskonformer Verantwortungs- und Kommunikationsstrukturen auf Grundlage der Verkehrssicherungspflichten bei Veranstaltungsproduktionen und ihre Auswirkung auf die Haftung der Beteiligten" des Bühnenmeisters und Rechtsanwaltes Martin Leber empfehlen. Das behandelt nämlich in weiten Bereichen die hier diskutierten Fragen. Es liest sich zwar ein wenig trocken, öffnet aber einem definitiv die Augen darüber, wie die Gerichte "hinterher" so ticken und wie man sich im Vorfeld rechtskonform hinreichend absichert.


    Mit freundlichen Grüßen


    Tobias Zw.

  • Ist alles richtig. Mein Einwand bezog sich genau auf diese österreichische Geschichte 400 Personen Mittelalterfest im Schloßpark und wenn ihr genau gelesen habt, habe ich versucht, das von "Rockbühne-Massenveranstaltung" u.s.w. abzugrenzen und da komme ich doch ganz schön ins Grübeln ... genauso finde ich es beklemmend, dass hier alle selbstverständlich davon ausgehen, dass die Eigenverantwortlichkeit sozusagen an der Kasse abgegeben wird, dass also wer für ein Ereignis ein paar Euro Eintritt bezahlt, plötzlich nicht nur davon ausgehen darf, dass z.B. durch Bauten, Verkehrswege oder wie in Tobias Beispiel 'Lautstärke' u.s.w., also Mensch- b.z.w. Veranstaltergemachtes seine Gesundheit oder gar sein Leben nicht bedroht sein darf ( was selbstverständlich sein sollte ) sondern dass Eigenheiten eines Platzes wie z.B. 'Baumbestand' oder 'Wetterlage', die ich mal als allgemeine Risiken menschlichen Seins betrachte, plötzlich ebenfalls in den Verantwortungsbereich des Veranstalters fallen.


    Dafür habe ich kein Verständnis und wenn ich mir überlege, für welch lächerlich geringen Zeitraum in der Menschheitsgeschichte und für welch kleinen Teil der "Zivilisation" der Gegenwart das gilt ..... diese für mich absurde Spielregel der Verantwortungsabgabe so nach dem Motto: "Für XX Euro Eintritt lass' ich mich hier volllaufen und weil ich Eintritt bezahlt habe und Du mir den Sprit verkauft hast, mußt Du auf mich aufpassen"..... :roll:


    Wie gesagt, meine persönliche Meinung und ich finde eine Gesellschaft, die sich solche Spielregeln macht, krank.

  • Naja, damit ihr mich nun endgültig für asozial oder sonstwie daneben haltet:


    Kein Mitleid für Leute, die den Berg hinauf klettern und runterfallen aber maximales Mitleid für Bergführer, denen klevere Anwälte das anhängen wollen und Rettungspersonal, das für die Bergung solcher Leute sein Leben riskiert.


    Kein Mitleid für die 'downhill' Kameraden mit der Lebenrruptur aber maximales Mitleid für den kleinen Fahrradhändler, der sich um zu überleben, den Chinaböller in den Laden gestellt hat, der jetzt plötzlich daran Schuld sein soll.


    .. Und ... last but not least ... überhaupt kein Mitleid für alles, was Leuten im Suff passiert aber maximales Mitleid mit allen, die in Krankenhausambulanzen und auf Intensivstationen damit umgehen müssen. Wenn ich saufe, was extrem selten vorkommt, dann tue ich das zu Hause, damit ja keiner auf die Idee kommt, es wäre jemand anderes daran Schuld, dass ich die Treppe runtergefallen bin und mir das Genick gebrochen habe... Und hoffentlich tue ich das dann so erfolgreich, dass ich damit nur noch dem Leichenschauer und dem Bestatter zu Arbeit und Brot verhelfe. :shock:

  • Ich weiß nicht, wir gleiten etwas ab.


    Ein Bergführer bekommt zB oft Probleme, weil er Touren macht , auf Druck örtlicher Touristikvereine und Hotelbetreiber, obwohl er schon der Meinung ist, das es wegen dem Wetter zu gefährlich wird ( das ist ein konkretes Problem bei Bergführern )


    Wenn er dann doch geht, obwohl er es schon als nicht mehr sicher einschätzt, nur weil der sich dem Mammon beugt, dann darf ihn gerne auch die Konsequenz treffen.


    Aber eben hier in besagten Festival wurden ja die Leute mit Attraktionen hingelockt, um Geld zu verdienen.
    Da sieht es schon etwas anders aus,
    Die Leute wollen feiern, und die denken dabei am allerwenigsten an ein Unwetter.
    Wie schon geschrieben wurde, die merken es erst, wenn sie mittendrin sind.
    War hier wohl auch so.


    Und ich denke auch, es ist relativ egal, ob es ein 400 Personen Mittelalterfest oder ein 20.000er Open Air ist, wenn dabei 2 Personen gestorben sind


    Ich plädiere auch immer dafür, das man mehr Eigenverantwortung von Publikum erwarten darf.
    Aber es kann auch nicht sein, das ein Veranstalter, der Geld verdient die Leute dann sich selbst überläßt.

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  • ich melde mich als threadstarter nochmal.
    meine intention beim starten dieses themas war eigentlich, das ich gerne vorschläge und handlungsanweisungen sammeln wollte, um veranstaltungen bei gewitter ein bisschen sicherer zu machen.
    dazu gab es auch einige wirklich gute vorschläge.


    mir geht es hier explizit nicht nur um grossveranstaltungen, sondern vor allem auch um kleinere VAs. dass es bei grosskonzerten leute geben MUSS, die das wetter im auge haben und die auch die befugnis zum räumen haben, ist für mich selbstverständlich.
    problematisch sind hier eher die kleineren stadtfeste oder ähnliches - oder noch kleinere gigs mit nur wenigen hundert gästen.


    es sollte uns am ende nicht nur darum gehen, wer nun am ende alles bezahlen muss.
    das ist natürlich auch ein wichtiges thema, ohne frage!
    aber in erster linie hoffe ich dass wir möglichkeiten aufzeigen, was man tun könnte, um das risiko für möglichst viele personen so gering wie möglich zu halten.
    dass man nicht jeden volltrunkenen einzeln ansprechen kann, ist den meisten hier sicher absolut klar. warnen können wir ohnehin nur die, welche noch nicht völlig weggetreten sind...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "Tobias Zw."

    Zugegeben, da ging es um die Lautstärke einer PA, aber entscheidend ist für mich der fett markierte Teil: ...


    Das möchte ich dahingehend korrigieren, dass das Urteil vom 13. 9. 2001 ist - dieser Tippfehler ist so auch im VPLT-Magazin.

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  • Ich möchte hier mal kurz ein aktuelles Beispiel einbringen:


    Ich befinde mit zur Zeit privat auf einem relativ großen Festival, in Norddeutschland.
    Im Vorfeld gab es vom Veranstalter Informationen wie man sich bei Unwetter verhalten sollte.
    Heute Nachmittag ist dann ein Gewitter durch gezogen, nichts heftiges, ein bischen Regen und Wind, aber Blitze unter 3km Entfernung. Nach meinem Stand ist dabei nichts passiert.
    Das Publikum hat sich wie erwartet verhalten, der Großteil der Leute hat versucht sich unter zu stellen, die wenigsten sind zu ihren Autos, viele saßen auf dem Zeltplatz unter ihren Pavillons oder ihren Vorzelten. An den Bühnen war auch noch relativ viel los.
    Ich habe das Gewitter auch erst Ca 2 min vor den ersten Regentropfen bemerkt, ein kurzer Blick aufs Handy und die Gewitterwarnung der Wetter App gesehen.


    Die Wetterlage sollte dem Veranstalter also lange vor mir klar gewesen sein, trotzdem habe Ich keine Warnung mitbekommen. Eine Durchsage gab es nicht, aber eine kurze Info auf den Ledwänden und den Laufschriften an den Eingangen hätte Ich mir schon gewünscht.

  • Ich mach gerade ein kleines Festival bei uns auf einem Berg ( bzw was der Wiener Flachländer unter einem Berg versteht )


    Da gab es am Aufbautag eine Besprechung, was man tun würde, wenn Gewitterwarnung ist.
    man hätte Publikum vorher rechtzeitig informiert, was sie tun sollen.
    Einen Feuerwehrmann auf einen Aussichtspunkt geschickt als Wetterbeobachtung und bei Nähe ( unter 5km ) evakuiert.


    Finde ich gut.
    Es musste wohl wieder mal was passieren, das sich die Leute mehr Gedanken darüber machen

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  • Ich korrigiere.


    Gestern Abend kam das Unwetter doch noch kurzfristig


    Die Veranstalter waren mit der Feuerwehrwarnzentrale verbunden und wussten genau was abgeht
    Übrigens ein Guter Tip, die sind zumindest bei uns gut informiert im Landesverband.


    Es wurde dann rechtzeitig evakuiert, die Leute den Berg hinunter, es mussten zwar viele zu Fuss gehen, weil die Shuttlebusse diese kurzfristige Menge an Leuten nicht wegbekamen ( auf den Berg läßt man nur die Mitarbeiter mit dem Auto, zu wenig Platz und Chaos )
    Aber das mit dem weggehen hat sich bewährt.
    Nur einige wenige Unverbesserliche haben sich beschwert, aber das ist egal.



    Fazit:
    Es klappt, wenn man sich VORHER einen Notfallplan zurechtlegt und alle wissen, was sie zu tun haben wenn die Durchsage kommt.

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