Kick in - Kick out - wie geht das richtig gut?

  • Ich muß jetzt mal schauen, welchen Drummer ich zu Coronazeiten für paar Experimente begeistern kann. ;)

    Und für die experimentelle Grundlagenforschung nimmst dann das hier:

    https://schoeps.de/produkte/sp…ne/polarflex/a2p-ccm.html 8)

    (zzgl. 20dB-Pad natürlich)

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • So ich hoffe mal, dass mein kleines Experiment in den nächsten zwei Wochen zustande kommt. ;)


    Im Zusammenhang mit der Frage, warum Kick-Mikros mit Nierencharakteristik, die zu tiefen Frequenzen hin zusehens zur Kugel werden, in der Praxis als 'Kick out' Mikro trotzdem recht stressfrei funktionieren, folgende einfache aber erstaunlich unbekannte Physik:

    Die gewünschte Bassanhebung der Kickmikros besteht ja im Wesentlichen aus Nahheitseffekt. Dieser wird im 90° Winkel zum Wandler Null! (…weil dort der Zuwachs des Gradienten über die Frequenz, der für die Anhebung verantwortlich ist, Null wird … leicht nachzuprüfen, indem man sich mal anhört, wie dünn ein SM58 wird, wenn man es von 90° seitlich bequatscht. ;))

    Der Naheffektsanteil im Bass bleibt also gerichtet, die Herstellerplots bilden genau diesen Anteil jedoch nicht ab, weil Messungen dazu nicht im zu diesem Anteil passenden geringen Abstand gemacht werden!

    Umgekehrt sind Kugeln/Druckempfänger, gerade weil sie keinen Nahheitseffekt haben, in einer Beschallungssituation vor dem Loch der Kick ohne „Abschirmung“ durch die Trommel eher problematisch. ;)

  • Vor etwa 10 Tagen hat der versprochene Test endlich statt gefunden. Wir haben in einem Studio Testreihen mit etlichen Mikrofonen der angesprochenen unterschiedlichen Typen durchgeführt, aufgenommen und ausgewertet. Ich bin mir über die Art der Präsentation der Ergebnisse noch unschlüssig, will euch jedoch schon mal die gewonnenen Erkenntnisse mitteilen:


    1. Die Mikros, die in der in/out Technik in der out- also der "Lochposition" benutzt werden und in meinem Frequenzweichen-Setting auf den Bereich zwischen 40Hz und 120Hz eingeschränkt sind, klingen alle definitiv unterschiedlich! Es ist also nicht so, dass der "Bass-Hub" nur durch den Naheffekt bestimmt wird und man getrost auch einfach ein SM57 (das wir natürlich auch getestet haben ;) ) hinstellen kann.


    2. Die Richtcharakteristik und deren Veränderung zum Bass hin spielt für Übersprechen durch andere Quellen auf der Bühne keine große Rolle. Der gefakete "Bandlärm" war immer ähnlich laut, egal ob das Mikro im Bass eher 'Acht' (Subkick und Supernierenmikros) oder 'Kugel' (Mikros, die ihre Niere im Bass zur Kugel aufweiten) oder 'Niere' (konstante Niere auch im Bass durch VariableD) war. Offensichtlich ist es so, dass die oben genannte Winkelabhängigkeit des Naheffekts "ausgleichend" wirkt und die Acht oder das VariableD keinen zusätzlichen Vorteil bringt.


    3. Für die klangliche Beurteilung des Wumms, insbesondere der Eigenschaften, die ich mal 'Kontur' nenne, also das Impulsverhalten, den 'Hump', die 'Knackigkeit', spielt die räumliche Hörumgebung eine gewaltige Rolle! ^^

    Ich kann mir nach unserem kleinen Experiment durchaus vorstellen, das "Wumms-Mikro" nicht nur nach musikalischem Genre sondern durchaus auch in Abhängigkeit vom bespielten Raum zu tauschen, genau so wie es manchmal hilfreich ist, die B2 zuhause zu lassen. *finger

  • ach, den faden hier hatte ich schon gesucht...

    mittlerweile habe ich auch den von mir versprochendne test mit einer DPA kugel in der bassdrum gemacht. das habe ich bei zwei gigs ausprobiert, also nicht studio, sondern live. und ich komme zum schluss, dass ich das definitiv noch öfter einsetzen werde, um die damit gemachten (durchaus positiven) ergebnisse weiter festigen zu können.

    laut RTA im pult wurde damit ein recht breitbandiges spektrum eingefangen, das erwartbare übersprechen durch andere geräuschquellen war kein ernsthaftes problem.


    3. Für die klangliche Beurteilung des Wumms, insbesondere der Eigenschaften, die ich mal 'Kontur' nenne, also das Impulsverhalten, den 'Hump', die 'Knackigkeit', spielt die räumliche Hörumgebung eine gewaltige Rolle! ^^

    Ich kann mir nach unserem kleinen Experiment durchaus vorstellen, das "Wumms-Mikro" nicht nur nach musikalischem Genre sondern durchaus auch in Abhängigkeit vom bespielten Raum zu tauschen, genau so wie es manchmal hilfreich ist, die B2 zuhause zu lassen. *finger

    nun, das problem mit der abhängigkeit von der hörumgebung hätte ich durchaus vorhersagen können ;)

    was vielleicht hilfreich sein könnte, wenn man sich eine liste erstellen würde, mit deren hilfe man sich die infrage kommenden kandidaten je nach anwendungsfall heraussuchen kann.

    in der kombination müsste man dann aber zwingend auch auf das bereitgestellte PA system eingehen, denn auch da gibt es gewaltige unterschiede in der bassperformance.


    ich glaube, mir wäre das dann insgesamt zu viel wissenschaft. ich werde vermutlich eher bei meiner vorgehensweise bleiben: mein "lieblingsmikro" und die "lieblingseinstellung" für den jeweiligen musikstil vorwählen - und dann vor ort schauen, ob ich das noch ein bisschen anpassen muss. wenn es dann mit der halle und/oder PA system nicht 100% harmoniert, dann nehme ich das als gegeben hin.

    denn der bassdrum-sound ist für das endergebnis gar nicht so entscheidend wichtig.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    3 Mal editiert, zuletzt von wora ()

  • nun, das problem mit der abhängigkeit von der hörumgebung hätte ich durchaus vorhersagen können ;)


    Neeiiiiinn ich war ja gaaanz erstaunt, deshalb auch der ^^

    Zitat

    ....denn der bassdrum-sound ist für das endergebnis gar nicht so entscheidend ist.

    ei was Du nicht sagst... noch so ne Überraschung :D

  • Ich möchte hier noch mal etwas Grundsätzliches zum Thema Doppelmikrofonie zu bedenken geben:

    Wir sind uns hoffentlich einig darüber, dass Nahmikrofonie für live Sound eine unumgängliche Sache ist, da wir den geringen Abstand zur Quelle brauchen, um genügend Pegel vor Feedback zu haben. Dadurch entsteht zwingend ein unnatürlicher Klang, der das Instrument nur unzureichend abbildet. Man denke daran, dass niemand auf die Idee kommt, live ein Drumset mit nur einem Mikro abzubilden, was die eigentlich „natürlichste“ Technik wäre.

    Dieser Umstand legitimiert meiner Ansicht nach für sich schon die Idee, eine Quelle aus unterschiedlichen (Mikrofon-)Positionen zu „beleuchten“ und diese hernach wieder zu einem Gesamtergebnis zusammen zu setzen.

    Unter dem Aspekt finde ich meine Konzepte 'Frequenzweiche' und 'Zeitweiche' wie man sie mit Filtern und Gate+Kompressor bauen kann, nicht „übertechnisiert“ sondern legitim und unbedingt erforderlich. Das gilt natürlich nicht nur für Kick sondern auch alle anderen typischen Doppelmikrofoniequellen wie Snare, Klarinette/Sopransaxophon u.s.w.

  • Es gibt noch andere kreative Lösungen, aber ist das wirklich noch kick out?

    Bei dem Bild frage ich mich mal wieder, warum man nicht einfach (heimlich oder auch für sich selbst mit Absicht) das beta91A auf zwei Kanäle splittet und so tut, als wären es zwei Mikrofone, das würde viele Probleme lösen, die meisten Mischer die ich so beobachtet habe arbeiten so, dass es eigentlich keinen Unterschied machen würde.

  • … die meisten Mischer die ich so beobachtet habe arbeiten so, dass es eigentlich keinen Unterschied machen würde.

    Gleiche Beobachtung hier! Man möchte sagen: SO kannst Du Dir das auch schenken.


    „Draussen“ erlebe ich das eher so, dass zwei Mikros verbaut werden, aber beide weitgehend so behandelt werden, als müssten sie den Job alleine machen und dann das reingeschoben wird, was sich irgendwie besser anhört. Wenn das nicht so ist, wird an der Laufzeit gespielt.

    Das führt meiner Meinung nach nicht zu Ergebnissen, die den Mehraufwand rechtfertigen. Die Mikros werden dadurch nicht zu einer wirklichen Ergänzung für einander.

    Richtig zum „haben will“ hat sich für mich erst was verändert, als ich mir den richtigen Gebrauch der besagten „Frequenzweiche“ erarbeitet hatte.


    Deshalb ja auch dieser Kick in - Kick out - wie geht das richtig gut? Thread ;)

  • selbst wenn man sie komplett unterschiedlich entzerrt, weil man je nach Song „schieben“ möchte, würde das oft auch mit einem Mikro gehen 😉

    Das fiel mir selbst als Selbsterkenntnis nach längerem arbeiten mit dem AE2500 auf, das Foto hat mich sehr daran erinnert.

  • selbst wenn man sie komplett unterschiedlich entzerrt, weil man je nach Song „schieben“ möchte, würde das oft auch mit einem Mikro gehen 😉

    Das fiel mir selbst als Selbsterkenntnis nach längerem arbeiten mit dem AE2500 auf, das Foto hat mich sehr daran erinnert.

    Genau zur gleichen Erkenntnis bin ich vor langer Zeit auch schon gekommen. Deshalb mache ich schon lange keine zwei Mikros mehr in die BD, sondern arbeite seit gefühlten ewigkeiten mit mehreren Kanälen an einem Mikro. Bei einer Band habe ich das sogar in drei Kanäle aufgeteilt, damit ich sogar den Monitor mit einem anderen Sound fahren kann.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ich habe 4 Beiträge hier her umgezogen, wiel sie mit 'Kick ohne Stativ' nichts zu tun haben.



    Hier gehen die Konzepte gerade ein wenig durcheinander. Die von Audio Technica und Lewitt angebotenen 'Two in one' Mikros haben mit der hier angesprochenen in/out Lösung wenig gemeinsam:

    Ich habe das im Threadverlauf auch schon mal versucht zu erklären.

    Mit der Variante 'zwei unterschiedliche Mikros (KondensatorDynamisch) nehmen phasenkohärent die selbe Stelle an der Trommel ab' wozu auch das wohl eher anekdotisch gezeigte Klebebandmodell zu rechnen ist, kann ich wie ihr auch nichts abgewinnen.

    Das Prinzip ist weitgehend nutzlos, nicht „der Meilenstein“ in der Kickabnahme wie von den Herstellern erhofft und weitgehend durch 'gesplittetes Signal eines Mikros wird in zwei (oder mehr) Kanälen bearbeitet' ersetzbar.

    Dass klanglich kein Mehrwert entsteht ist wenn man so will ein Designfehler


    Was wirklich einen hörbaren Mehrwert erzeugt, ist die Kombination 'zwei unterschiedliche Mikros nehmen zwei unterschiedliche Stellen an der Trommel ab' + die o.g. Bearbeitung , die eben nicht nur unterschiedlich EQt sondern die beiden klanglich sehr unterschiedlichen Positionen auch unterschiedlich in ihrem dynamischen/zeitlichen Verlauf beeinflusst.

    Wenn hier kein klanglicher Mehrwert entsteht, ist es ein Anwenderfehler. :)

  • ich benutze das auch schon seit Jahren mit sehr großer Zufriedenheit. Meine Crossoverfrequenz ist aber bei 3khz, also recht hoch. Ich mag den Sound vom Kick out untenrum einfach recht gern, da bekomme ich bis auf einen richtig gut klingenden attack/klick eigentlich alles was ich brauche. Ich habe ziemlich viel rumprobiert und die Ergebnisse in verschiedenen Livesettings getestet, dieses Setup funktioniert für meine Ohren und Bedürfnisse am besten. Gate mit Sidechain benutze ich auch, sowie verschiedene Kompression.


    Im Prinzip ist mein Setting also dehr ähnlich wie das von guma, nur dass die Crossoverfrequenzen sehr unterschiedlich sind. Input Delay habe ich keins gesetzt, ich hab das mal mit Messsystem ausgemessen und dann genau in Phase gesetzt, habe da aber keinen relevanten Unterschied hören können...


    Mikrofone sind beta91/D6.

  • Da bei mir die Trennfrequenz tief ist, fast alles aus dem TG71 und nur der Blubb aus dem D6 kommt, spielt der Gangunterschied kaum eine Rolle

    Trennfrequenz 100Hz, Lambda/2 1,7m, Gangunterschied Größenordnung 20cm (wobei das gar nicht so einfach zu bestimmen ist, denn was ist die bezogene Quelle? Das Schagfell, das Amplitudenmaximum im Kessel, das Loch im Resonanzfell als Öffnung des Helmholzresonators?) Überschlägig wird der Phasenfehler am akustischen Crossover < 10° sein. Bedeutet, dass ich an der Zeitschraube in der Regel gar nicht drehe.

  • ok, was ich grad sehr interessant finde ist, dass Du es genau andersherum machst als ich. Dein Kick In ist Deine Hauptquelle und Du fütterst eher unten nach, wenn ich Dich richtig verstehe.


    Bei mir ist das Kick Out die Hauptquelle und durch die Grenzfläche hole ich mir noch eine richtig gute Definition und einen Attackreicheren / Klickigeren / WESENTLICH dünneren Sound dazu.


    Alleine funktionieren beide Mics in meinem Setup nicht. Das D6 hat zwar einen wirklich schönen warmen und runden Sound, hat aber null Definition. Das b91 klickt und snappt mit einem sehr kurz eingestellten Gate mit absolut keinem Körper vor sich hin und klingt als hätte der DJ im Techhouse Track grad den Bass rausgedreht.


    Am Ende ist es wahrscheinlich egal wer von den beiden Mics der Chef im Ring ist. Ich habe aber für mich noch nie andersherum ausprobiert und das würde mich jetzt - obwohl ich mit meinem Setting ebenfalls SEHR zufrieden bin jetzt schon mal reizen zu probieren...