Nachdem hier im Forum oft alle möglichen (oder auch unmöglichen) Schalldruckpegel-Messwerte in die Diskussion geworfen werden, möchte ich aus meiner Sicht mal einige Punkte aufführen, die hoffentlich etwas zur Versachlichung und zur Klärung von Missverständnissen beitragen.
Die Angabe eines Schalldruckpegels ist nur dann sinnvoll, wenn die folgenden vier Punkte unmissverständlich offen gelegt werden:
1. Bewertung/Gewichtung
(linear, A-Filter, evtl. andere ISO-Filter)
Wie ich in einem anderen Thread bereits beschrieben habe, ist in den allermeisten Fällen und insbesondere auch im Veranstaltungsbereich nur die A-Bewertung relevant.
2. Zeitkonstante (gleitende Mittelung)
(Slow, Fast, Impulse, Peak)
Bei impulsartigem Schall (z.B. auch stark nach vorne gemischten Drums, Slap-Bass-Läufen, laut gemischten und unkomprimierten Gesangsstimmen) können die gemessenen Pegel erheblich voneinander abweichen.
Bei einem Knall zum Beispiel (zugegeben ein Extrem-Beispiel) kann ohne weiteres eine Pegeldifferenz von 40 dB(A) (!) zwischen "Slow" und "Peak" resultieren!
Meines Wissens wird in der Regel mit Slow-Konstante gemessen (1 Sekunde gleitende Mittelung und 1 Sekunde Rücklauf). Maximale Spitzengrenzwerte oft mit "Fast" (125 ms gleitende Mittelung bei 125 ms Rücklauf). Gehörmässig "korrekter" wäre eigentlich die seltenere Impuls-Messung (35 ms gleitende Mittelung bei 3 Sekunden Rücklauf).
3. Integration (LEQ)
Eine Aussage wie "ich habe 115 dB" gemessen" ist wenig beeindruckend, wenn nicht bekannt ist, über welchen Zeitraum gemittelt wurde.
Es gibt ja einige hier, die glauben, dass man einen resultierenden LEQ anhand einer Momentanwertanzeige einfacher Pegelmeter abschätzen kann. Ich wage sehr dies zu bezweifeln.
Man muss sich bewusst sein, dass für die Integration die Schalldruckquadrate vor deren Logarithmierung gemittelt werden (energetische Mittelung, Energie-Äquivalenz!). Dies hat aber zur Folge, dass mit zunehmendem Schalldruck die Werte immer stärker in die Messung einfliessen. Das erklärt auch die Praxis-Erfahrung, dass bei einer Zunahme des Schalldrucks der LEQ-Messwert sofort hochspringt, dann aber - selbst wenn es in der Folge deutlich "leiser" wird - nur noch sehr langsam wieder niedrigere Werte annimmt.
Ich glaube definitiv nicht, dass man diesen komplexen Mechanismus in einer realen Beschallungssituation mit dynamischem Pegelverlauf anhand von gemessenen Momentanwerten abschätzen kann. Wer den Gegenbeweis antreten möchte, sei hiermit herzlich eingeladen.
4. Messort
(absolut und relativ zur Schallquelle)
Wenn eine (Fach-)Zeitschrift schreibt - wie es in einem Thread erwähnt wurde - "...dass beim ECHO 2004 für gewisse Acts 108 dBA SPL zugelassen waren", macht dies nicht wirklich Sinn.
Wo wurde dieser Pegel denn gemessen/toleriert: Im Innern der Bassdrum? im In-Ear-Monitoring des Sängers? Vielleicht gar am FOH oder auf dem Damen-Klo?
Wenn nur einer der obigen Punkte unklar ist, so ist jegliche Angabe eines Schalldruckpegel-Messwertes unnütz und sagt überhaupt nichts aus, lässt sich insbesondere nicht mit anderen Messwerten vergleichen.
Wo eine anderslautende Angabe fehlt, gehe ich in der Regel davon aus, dass die Messung mit A-Filter, Slow-Konstante, am FOH, ohne Integration (also nur Momentanwert) erfolgte. Dann wiederum scheinen mir einige der in diesem Forum herumgebotenen Zahlen aber völlig unrealistisch.
Markus