Hallo Leute,
ich möchte hier das Thema "Behringer Studiokompressor", auf das wir durch WW im Thread "Akzeptanz Siderackinhalt" gekommen sind, nochmal aufgreifen. Wie versprochen habe ich mein Exemplar mal hervorgekramt und ein wenig Probe- und Vergleich gehört.
Zum Gerät selbst: Der Studiokompressor stammt aus Ulis PreChina-Zeit, befindet sich in einem stabilen 1HE-Gehäuse und stammt dem Aufdruck nach aus "West Germany". Regler (Rasterpotis vom Feinsten ) und Schalter sind qualitativ deutlich höherwertiger als bei heutigen Ohr-Produkten, was auch für die Gesamtverarbeitung gilt. Der Kompressor besitzt lediglich Threshold, Ratio und Output-Regler, die leider nicht durchgehend skaliert sind. Die GainReduction-Anzeige reicht bis -24dB. Attack und Release sind fest und können mit einem "Easy Control"-Schalter automatisiert werden. Es gibt keinen Hard-Bypass, dafür einen "Tie"-Schalter zum Koppeln beider Kanäle, ferner Sidechain-Buchsen an der Rückseite.
Probiert habe ich mit Sprach- und Musiksignalen, das Gerät im Kanalinsert eingeschleift. Zunächst fällt auf, dass mein SK selbst im Bypass-Mode den Klang hörbar verändert: Die Bässe werden ausgedünnt, und es klingt so um 1kHz herum einen Tick mittiger. WW, ist das bei Deinem Exemplar auch so?
Mein Eindruck zur Arbeitsweise:
Ab -9dB Reduktion beginnt der Kompressor bei Sprache hörbar zu pumpen und bei den Peaks gehen die Höhen flöten, was sich durch Zuschalten der Automatik aber wieder verbessert. Bleibt man darunter, klingt die Kompression "dbx-like" recht angenehm weich.
Als nächstes habe ich den SK mit anderen Kompressoren nach Gehör verglichen, die bei mir gerade so verfügbar sind. Wo es möglich war, habe ich zuerst immer möglichst identisches Regelverhalten eingestellt.
Folgendes kam zum Einsatz:
Behringer Composer Pro MDX 2200:
Gegenüber dem aktuellen 2200 klingt der Urahn SK bei Sprache deutlich knackiger und griffiger, was aber auch mit der ihm eigenen Klangverfärbung zu tun hat. Obgleich man den 2200 feiner auf das Klangmaterial abstimmen und so akkurater komprimieren kann, klingt es nicht so prickelnd, eher durchschnittlich. Mir persönlich gefällt der alte SK trotz (oder gerade wegen) seiner Klangfärbung bei Sprache/Gesang im Vergleich besser. Der 2200 ist halt was er ist: Ein Standard-Kompressor für kleines Geld, von dem man keine Wunder erwarten sollte.
Mindprint T-Comp:
Dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden, ist mir klar, schließlich arbeitet der T-Comp als Transistor/Röhrenhybrid mit einem Opto-elektronischen Regler, ähnlich wie Urei-Kompressoren. Dennoch hier mein Eindruck: Der T-Comp ist beiden Ohringers (wen wunderts!) haushoch überlegen! Selbst bei hoher Verdichtung (und noch zugedrehtem "Tube Sat"-Regler!) bleibt der Klang transparent und erhält ordentlichen "radiomäßigen" Druck, wo der SK nur noch hilflos "wegtaucht". Sehr edel!
SPL Dynamaxx:
Auch hier macht der SK erwartungsgemäß keinen Stich. Wie der T-Comp fährt auch der Dynamaxx die Signaldynamik ähnlich hochwertig dicht, ohne das es pumpt, mulmt oder zerrt. Dabei klingt der Dynamaxx in meinen Ohren "linearer", während der T-Comp dem Signal mehr "guten Charakter" verpaßt. Schwer zu beschreiben, das muss man einfach mal anhören!
Estec Twincomp:
Den Twincomp würde ich dem SK ebenfalls vorziehen, weil er einfach vielseitiger einstellbar ist und zudem ein sehr gutes vollparametrisches Sidechain-Filter besitzt, das man bei Bedarf auch in den Signalweg schwenken und bei schwachem Pult-EQ als effektiven Klangfilter verwenden kann. Ein sehr sauber arbeitender und hochwertig verarbeiteter Kompressor, den kaum einer kennt.
BSS DPR 422 Opal:
Um es gleich vorweg zu nehmen: Den 422 nutze ich zu 99% im De-Esser-Modus, da macht er einen ordentlichen Job. Mit der Fullrange-Kompression dieses Gerätes habe ich mich (ähnlich wie mit Drawmer) nie so recht anfreunden können. Wie auch der SK ist der 422 bei höherer Gain Reduction (< -9dB) kein Leisetreter und macht unangenehm hörbar dicht. Unterhalb dieses Bereiches gefällt mir der alte SK mit seinem griffigeren Sound persönlich besser. Übrigens: Bei der Inbetriebnahme des BSS musste ich feststellen, dass beide Output LED-Ketten Dauerlicht zeigten, obwohl kein Signal anlag. Ursache: Eine defekte Lötstelle auf der oberen Platine .
Drawmer stand mir leider nicht zur Verfügung, auch dbx nicht. Vielleicht kann ja jemand (WW, du hast doch bestimmt auch noch ein paar Comps in der Hinterhand bzw. im Rack) noch was dazu schreiben?
Die Frage der Fragen: Braucht man als PA-Dienstleister unbedingt einen alten Behringer Studiokompressor? Ich finde, nicht unbedingt, denn das Gerät ist kein vielseitiges, universell einsetzbares Werkzeug, eher etwas mit einem eigenen, charakteristischen Sound, der aber in Einzelfällen konventionellen Standardlösungen durchaus überlegen sein kann. Solange das Gerät wie bei WW noch zum kleinen ebay-Preis den Besitzer wechselt (vielleicht hat sich das ja soeben geändert, wer weiß ), kostet das Ausprobieren nicht viel. Meine Favoriten heißen auf jeden Fall weiterhin Dynamaxx und T-Comp.
es grüßt
derautor