Unwetter...

  • Nach DIN 4112 müssen fliegende Bauten bis zu einer Höhe von 5m einen Staudruck von 0,3kN/m² aushalten (Windstärke 9).


    Wird mit der "Betriebseinstellungsklausel" gearbeitet, dann immerhin noch 0,15kN/m² (Windstärke 7)





    Ein Orkan hat einen Staudruck von mehr als 0,65kN/m², also mehr als das doppelte von dem, was fliegende Bauten abkönnen müssen.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess


  • Interessant wäre jetzt die daraus resultierende und juristisch korrekte Konsequenz, die der Veranstalter (oder wir als Erfüllungsgehilfen) zu ziehen hat, wenn im Wetterbericht aus seriösen Quellen von "Unwettern mit Hagel, Starkregen und Windböen in Orkanstärke" die Rede ist...

  • Dann haben wir Norddeutschen dieses Wochenende ja ausnahmsweise mal mehr Glück gehabt. Auf dem "Omas Teich Festival" in Großefehn hat es wohl 'nur' ein Merchandising-Zelt (gebaut aus Zaunelementen mit irgendeiner Plane darüber) komplett über einen dahinter liegenden Zaun geschmissen.
    Die eigentliche Bühne (Prolyte) sah ziemlich vertrauenserweckend aus und war wohl auch ordnungsgemäß ballastiert.
    Weiß zufällig jemand, wer dort für die Technik verantwortlich zeichnete oder war vielleicht selber beruflich involviert?

  • Zitat von "wora"

    gegen einschlagende blitze kann man eine bühne erden.


    Hm, Bühne erden wird da wohl nicht ausreichen. Man müsste Fangleinen und Fangstangen auf der Bühne installieren, außerdem eine möglichst gute Erdung erreichen. Trotzdem würde ein Blitzstrom von z.B. 80kA am Blitzschutzerder mit 5 Ohm einen Spannungsfall von etwa 400kV bewirken, was mit sicherheit zur Zerstörung durch Überschläge von fast allem was in oder auf der Bühne steht führt (ganz zu schweigen von Menschen)


    Dann gibt es ja noch die Schrittspannung, d.h. eine Blitzspannung die in den Boden eindringt, erzeugt soetwas wie einen Spannungtrichter, d.h. die Spannung baut sich Ringförmig um den Einschlagpunkt aus ab. Steht man da nun mit z.B. 50cm weit auseinanderstehenden Beinen, so entsteht im Körper ein Spannungsunterschied zwischen den beiden Beinen, welcher tödlich sein kann.


    Mfg Kara

    Wer andren eine Grube gräbt, ...hat ein Grubengrabgerät!

  • also ich kann da mal was aus meiner Erfahrung beisteuern.
    Es war ein kleines Open Air mit eher unbekannten Gesichtern.
    Wetter war die ganze Zeit eher mies, deshalb war eh wenig los.
    Vorletzte Band steht auf der Bühne und es wird plötzlich sehr sehr dunkel.
    Gewitter mit Sturmböen innerhalb von 5 min. aus dem nichts.
    Ob es eine Unwetterwarnung gegeben hat weiß ich nicht glaub aber nicht, das Wetter war die Tagen davor solala.
    Egal Gewitter ist da ist giesst wie aus Eimern, Bühne keine Gefahr alles O.K. so weit, wir halten mit vier Mann vergeblich das FOH Zelt fest und für mich zuviel Wasser also ran an den Stromverteiler alles raus.
    Veranstalter kam sofort zu mir angerannt und meinte ich sollte umgehend alles wieder anmachen, es wird weitergespielt sonst hauen die Gäste ab.
    Zu diesem Zeitpunkt standen noch ca. 20 unverwüsstliche von der Bühne.
    Nachdem ich mich geweigert habe den Strom für die Bühne und FOH wieder einzuschalten hat der Veranstalter gedroht mich auf Verdienstausfall zu verklagen und die PA wird sowieso nicht wegen nichterfüllung bezahlt.
    Auf meine Bitte mir sofort schriftlich zu geben, dass er auf Fortsetzung besteht und die volle Verantwortung übernimmt war er plötzlich verschwunden. Nur nebenbei selbst hätte er mir das schriftlich gegeben hätte ich nicht eingeschaltet.
    Naja es hat im Nachhinein ein riesen Tammtamm gegeben, wobei der Verleiher für den ich nur als Freelancer da war sich total hinter mich gestellt hat.
    Egal das Geld ist gezahlt worden und auf solche Geldgeilen Veranstalter die tatsächlich Menschenleben aufs Spiel setzten kann man verzichten.

    Es grüßt der Stephan

  • dein beispiel ist ja schon haarstäubend, auf solche leute kann man echt verzichten.


    wir hatten neulich eine unwetterwarnung (joe cocker open air), aber es hat nichtmal geregnet. es wurde von der produktion ein "notfall-mikrofon" installiert, über das sofort eine durchsage zum publikum gemacht werden konnte (das war natürlich NICHT gemutet!)



    wer beantwortet denn jetzt die frage, ob man bei unwetterwarnung grundsätzlich ein open air absagen müsste?

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Ich denke es geht in erster Linie darum, was die Versicherung sagt oder?


    Der gesunde Menschenverstand verbietet an sich ja eine Durchführung bei Unwetterwarnung. Wenn eine Unwetterwarnung herausgegeben wird, dann ja meist nicht weil zwei, drei dicke Tropfen Regen erwartet werden.

  • Zitat von "mischpultschorsch"

    Interessant wäre jetzt die daraus resultierende und juristisch korrekte Konsequenz, die der Veranstalter (oder wir als Erfüllungsgehilfen) zu ziehen hat, wenn im Wetterbericht aus seriösen Quellen von "Unwettern mit Hagel, Starkregen und Windböen in Orkanstärke" die Rede ist...


    Die Verkehrssicherungspflicht und somit die Verantwortung liegt beim Veranstalter (und, so es gibt, den Inhaber der baurechtlichen Zulassung) sowie den (hoffentlich beauftragten) Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik.


    1.) Müssen die sich darüber informieren, wie die Wetter-Prognose aussieht? Ja, die Ausrede "haben wir nichts davon gewusst" dürfte wohl kein Richter akzeptieren.


    2.) Welche Konsequenzen die daraus schon im Vorfeld zu ziehen haben, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere davon, wie schnell man die Beteiligten (Publikum, Künstler) in eine sichere Umgebung bekommt. Bei kleineren Open-Airs mit den Parkplätzen (oder einer Ausweich-Halle) in unmittelbarer Nähe dürfte es kein Problem sein, die Veranstaltung erst mal durchzuführen und gegebenenfalls abzubrechen.


    Bei größeren Sachen dürfte das so einfach nicht gehen. Wenn man nicht absagen möchte, dann sollte man ein ganzes Bündel von Vorkehrungen treffen, damit einem nachher nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit droht:


    - Permanente Erfassung der Wetterdaten (insbesondere Windgeschwindigkeit) und Berücksichtigung unterschiedlicher Wetterdienste.


    - Wenn es eine Hauptwindrichtung gibt, dann kann man in 10km Entfernung noch mal eine Wetterbeobachtung einrichten, damit man noch mal ein wenig mehr Vorwarnzeit hat. (Bei Orkan haben wir eine Windgeschwindigkeit von rund 40m/s, 10km entsprechend also 250s, also gut 4 Minuten.)


    - Klare Notfall-Organisation: Es ist klar, wer die Entscheidung zum Abbruch gibt, der ist permanent erreichbar (und ggf. vertreten), alle Infos laufen dort auf, und wenn die Entscheidung zum Abbruch gegeben ist, dann muss jeder wissen, was zu tun ist (Durchsage, ggf. Rigg runter, Anlage freischalten...)


    - ggf. Bühne verstärken. (Vorsicht: Einfach mehr Ballast muss nicht helfen, wenn das Alu diese Kräfte nicht aufnehmen kann)


    - ggf. hinter der Bühne Baucontainer aufstellen lassen, damit die Künstler und Mitarbeiter sich und ihr Equipment in Sicherheit bringen können.


    - Schutzkleidung für die Beteiligten vorhalten


    - ggf. mehr Sanitäter anfordern


    - ...










    Am Rande: Für Blitzschutz wird 16mm² eingesetzt, damit wird auch das Rigg geerdet, in den meisten Fällen sollte das reíchen.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Zitat von "Seven"

    ...Der gesunde Menschenverstand verbietet an sich ja eine Durchführung bei Unwetterwarnung. Wenn eine Unwetterwarnung herausgegeben wird, dann ja meist nicht weil zwei, drei dicke Tropfen Regen erwartet werden.


    wie erwähnt war bei dem open air trotz unwetterwarnung nicht ein einziger regentropfen gefallen.
    wenn der veranstalter hier vorschnell gehandelt hätte, wäre das rausgeschmissenes geld gewesen. das muss man dabei auch mal überdenken, so ein open air kostet ja auch ne stange kohle.
    ich bin sicher nicht einer von denen, die die kosten von der wichtigkeit über ein menschenleben stellen, aber man sollte sie auch nicht aus den augen verlieren.


    die anmerkungen vom ADMIN halte ich dagegen für durführbar und sinnvoll. habe es auch schon erlebt, das man einen "vorposten" in einigen kilometern entfernung eingerichtet hat.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von wora ()

  • So da ich die Frage auch sehr spanned finde hab ich sie gleich mal an die DTHG weitergeleitet.
    DTHG der Fachverband der Profis
    Theater Film Fernsehen Show Event

    die DTHG ist und war massgeblich an der VStättVo beteiligt.


    Meine Frage war ob man im Vorfeld eine Open Air VA absagen muss, wenn für dieses Gebiet und Uhrzeit eine Unwetterwarnung vom deutschen Wetterdienst vorliegt.


    Antwort Vorstandsmitglied bzw. Sicherheitsbeauftragter Herrn Sebastian Hellwig :

    Zitat

    Gerade habe ich von der DTHG Geschäftsstelle Ihre Anfrage bekommen. Antwort auf Ihre Frage bekommen Sie in der SP 25.1/2 (BGI 810) unter Punkt 4.7 Blitzschutz bei Produktionen im Freien. Zitat: “Der Verantwortliche vor Ort muss bei drohender Gefährdung durch Gewitter die Produktion im Freibereich einstellen und die Mitarbeiter veranlassen, geschützte Orte aufzusuchen.”


    Ist ja wie so vieles eher schwammig.
    Was ist denn eine drohende Gefährdung? :?: Ich denke eine Unwetterwarnung ist Bedrohung genug oder?
    Das richt nach einem Präziedenzfall, soll heißen erstmal muß einer von einem Truss erschlagen werden und das ganze dann vor Gericht enden.# um zu klären wann ein Unwetter droht.
    Traurig aber wahr.
    Problem bei mir jetzt z.B. ich bin Meister für Veranstaltungstechnik. Mir hat man in der Schule über zwei Jahre eingebläut das wir im Zweifelsfall immer mit dran sind wenn was passiert, auch wenn wir in einer anderen Position, in meinem Fall FoH vor Ort anwesend sind.
    Begründung: Wir hätten es besser wissen müßen.
    Heißt das jetzt ich muß mich bei jedem Gig, bei dem ich mit meiner Band auftauche bei den Kollegen unbeliebt machen? Weil ich immer was finde.
    So während ich das schreibe ruft Herr Hellwig an.
    Er meint eine Sturmwarnung vom Wetterdienst ist eine Gefährdung!!!
    Es gibt von der VBG (Verwaltungs-Berufs-Genossenschaft) eine kostenlose CD-Rom wo sowas genau drinsteht.

    Es grüßt der Stephan

  • Zitat von "Privateer"

    Es gibt kleine Hütten (meist mit Drucksteifen-Riegeln) die ohne Ballst oder mit wenig auskommen. Da die PA mit auf den Ballast angerechnet werden kann, ist die Aussage oben nicht grundsätzlich falsch.


    Es gibt auch Bühnen die allein durch die Podestfläche ballastiert werden.


    Ausgebildete Elektrofachkraft für Veranstaltungstechnik aus der Nähe von Braunschweig.

  • ja ja ja... is mir schon klar...


    ich spreche hier nicht von `ner posemuckelkleinstbühne...


    wenn ich entsprechende vorrichtungen sehe, die exakt den abmessungen der daneben liegenden leeren wassertanks entspricht, frage ich halt gern mal nach. zu recht. und wer mir erzählt, dass ne bühne mit den abmaßen 12x10 h= 7m mit ner 6er banane kraut & rüben linearray ballastiert wird...


    hallo ?!


    da muss ich auch kein bühnenbauer/profi sein...

  • letztes wochenende gab es 50 km entfernt ein volksfest
    bühne zelte waren wohl ordentlich aufgebaut, leider ein baum nicht so ganz.


    ein sehr großer ast stürzte auf eine schlange wartender menschen vor dem bierstand und begrub eine gruppe. ein mann tot, mehrer schwer- und leichtverletzte.


    das wetter hat so schnell umgeschlagen, so schnell konnte man gar nicht schauen.
    und das obwohl es nur eine leichte wetterwarnung gab.

  • Zitat von "DasIch"

    Problem bei mir jetzt z.B. ich bin Meister für Veranstaltungstechnik. Mir hat man in der Schule über zwei Jahre eingebläut das wir im Zweifelsfall immer mit dran sind wenn was passiert, auch wenn wir in einer anderen Position, in meinem Fall FoH vor Ort anwesend sind.
    Begründung: Wir hätten es besser wissen müßen.


    1.) Darf man erfahren, wo die Ausbildung gemacht wurde?


    2.) Strafrechtlich sehe ich da kein Problem: Es gibt zwar das "Begehen durch Unterlassen" (§13 StGB), aber das ist nur dann strafbar, wenn der "Täter" rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg (hier eher Mißerfolg...) nicht eintritt.


    Der FOH-Techniker hat nun mal nicht dafür einzustehen, dass die Bühne hält (um jetzt mal willkürlich ein Beispiel zu nehmen...). Um das qualifiziet beurteilen zu können, müsste er ja auch erst mal das Baubuch studieren.


    Es gibt wenige Gefährdungen, die man vom FOH aus so erkennen kann, dass man sie qualifiziert beurteilen kann.


    (Am Rande: Wenn etwas so böse danebengeht, dass man es nicht mehr mit einer Gefährdung, sondern mit einer Gefahr zu tun hat, dann könnte der §232c StGB greifen (unterlassene Hilfeleistung))


    3.) Ein zivilrechtlicher Anspruch würde sich an den Veranstalter und/oder den Inhaber der baurechtlichen Zulassung richten.


    Dieser könnte sich dann im Innenverhältnis an seine Erfüllungsgehilfen wenden. Würde er sich an seinen beauftragten Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik wenden, bestehen da durchaus Chancen. Wenn er jetzt aber eine der auftretenden Bands verklagt (die sich dann wiederum im Innenverhältnis an ihren FOH-Techniker wenden könnte...), dann bekommt der Richter allenfalls 'nen Lachanfall.





    4.) Fazit: Wenn einem so etwas "eingebläut" wird, dann sollte man nach einem Präzedenzfall fragen. (Muss ja gar nicht aus dem Bereich VA-Technik kommen.)


    Oder zumindest sich erläutern lassen, auf welcher Rechtsgrundlage man da "dran" ist.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Zitat von "ADMIN"


    1.) Darf man erfahren, wo die Ausbildung gemacht wurde?


    2000 - 2002 in Köln an der Handwerkskammer.


    Mir ist das auch klar, dass mir da keiner was kann.
    Aber es ist oft gesagt worden und hat auch erstmal etwas eigeschüchtert.
    Aber davon abgesehen ist es aber auch erschreckend was man manchmal an Bühnenaufbauten o.Ä. zu sehen bekommt.

    Es grüßt der Stephan

  • Zum Bap Konzert in Mendig


    Nun ja, die Anlage die da im Wasser lag, war wohl unsere :( Auf der Bap Bühne 200m unter unserer Bühne gab es kaum Schaden. Alles andere was geredet wurde war quatsch. Auch war der Schaden an unserem Equipment nich durch das herabstürzen der Bäume verursacht, sondern dadurch das die Bühne sich unter der Last des Windes einseitig angehoben hat. Ein Unwetter Warnung gab es nicht. Alle beteiligten waren nur froh, das letztendlich an keiner der beiden Bühnen Menschen zu Schade gekommen sind.


    lg Daniel

  • Zitat von "DanielEbke"

    Zum Bap Konzert in Mendig


    Nun ja, die Anlage die da im Wasser lag, war wohl unsere :( Auf der Bap Bühne 200m unter unserer Bühne gab es kaum Schaden...


    na ja, das ist auch relativ zu sehen.
    ich habe zufällig persönlichen kontakt zur band und weiss, das deren gesamte backline komplett geflutet wurde. größere schäden konnten durch die schnelle reaktion der backliner zwar verhindert werden, die BAP-backline musste nach der aktion zum reinigen und ausbessern der schäden aber komplett in ihre einzelteile zerlegt werden.
    so konnte die schleichende zerstörung von equipment durch korrosionsschäden (hoffentlich) verhindert werden.
    die band stand dann während des sturmes in ihrem zelt und hielt es fest, damit es nicht wegfliegt... sie erzählen immer noch von dieser situation.


    ich habe auch erfahren, das auf eine andere bühne in der nähe ein baum oder ein großer ast gestürzt war. war das eure bühne?


    aber zum großen glück für alle beteiligten kam offenbar wirklich niemand zu schaden.
    und das ist ja das wichtigste.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Das Ganze gibt es jetzt zumindest in Teilen auch zum Gucken: Auf der Deluxe-Variante des neuen 30-Jahre-Albums von BAP ist auf der DVD u.a. eine Doku über das legendäre Mendig-Konzert ("Rään un Sonnesching un Hagel"). Beinhart, die Jungs. Wollten sogar noch weiterspielen, als der Strom weg war... Und die Technik-Crew muss wahre Heldentaten vollbracht haben.