Moin!
So, meine Eigenbauendstufe mit Schaltnetzteil ist endlich fertig!
Ich freue mich dieses nicht ganz alltägliche Selbstbauprojekt hier zu präsentieren und hoffe auf eine nette Diskussion.
Wie alles begann
Manch einer erinnert sich vielleicht noch an folgenden Thread:
http://www.paforum.de/phpBB/viewtopic.php?t=18985
...in dem „Stone“ irgendeinen Dynacord Amp mit nem SMPS nachrüsten wollte.
Da ich meine Amps immer schon selbst gebaut habe, aber bis dahin Ringkerntrafos verwendet habe und mein Rücken keinen Bock auf Ringkerntrafos hat nahm ich diesen Thread zum Anlaß endlichen mit einem eigenen SMPS anzufangen.
Ein paar Wochen nach diesem Thread folgte der erste Prototyp, ein Gegentaktwandler (Push-Pull) auf Lochraster mit ETD59 Trafo und 75kHz... An einem Labornetzteil mit 30V funktionierte er ein bissl und man konnte Kupferdräht die man um den Ferrittrafo drumherumtüdelte abfackeln. Radio in der Werkstatt ging nicht mehr wenn das Teil lief...
Mit den ersten praktischen Erfahrungen begab ich mich dann vom Lochraster zur gerouteten Platine. Wieder ein Gegentaktwandler, 75kHz, funzte schon besser, war aber aus verschiedenen Gründen zum Scheitern verurteilt. :cry:
Per „PN“ hab ich mich zwischendurch immer ein bissl mit einem ehemaligen Mitglied aus dem Forum ausgetauscht und bald entstand der nächste Proto auf gerouteter Platine. Eine ungeregelte asymetrische Halbbrücke (75kHz) mit geregelter Boost-PFC (80kHz). PFC ging bis 400W. Mehr ging leider nicht, da ich damals noch nicht wusste wie man HF-Speicherdrosseln vernünftig designt. Die asymetrische Halbbrücke ging bis ca. 600W. Verhalten analysiert, im Internet gewühlt und als ich irgendwann glaubte alle Fehler und Schwachpunkte identifiziert zu haben kam die nächste Runde:
Eine ungeregelte 3,5kW-Vollbrücke (ETD59, 95kHz) mit vorgeschalteter geregelter ca. 1,6kW Boost-PFC (125kHz).
Das war der erste echte Durchbruch : Keine Störungen mehr im Radio, und die Vollbrücke pumpte 3500W vom Zwischenkreis auf die Sekundärseite. Die PFC zog bis zu 1600W mit einem cos Phi von fast 1 aus dem Netz. Die Kühlkörper der PFC waren etwas knapp bemessen :? , aber es ging. Leider war der Zwischenkreis zu klein ausgelegt und das (ungeregelte) Netzteil hatte nicht das Durchhaltevermögen um beim Nulldurchgang der Netzspannung den Amp an 4 Ohm mit genügend Spannung zu versorgen um ihn voll auszureizen. :cry:
Da das Gehäuse zu klein war um einen größeren Zwischenkreis zu spendieren entschied ich mich am Ende ein neues Schaltnetzteil zu entwickeln:
Geregelte Vollbrücke, 100kHz, keine PFC. Den Zwischenkreis vergrößerte ich nicht sondern ließ ihn bei 2x680uF. Die Regelung würde den Spannungseinbruch ausgleichen und ein schlanker Zwischenkreis ist etwas netter zum Stromnetz... Leider gab es EMV-Probleme, wenn man hohe Ströme abnehmen wollte rasselte der Trafo. Zu dieser Zeit war „Manuela“ auch gerade voll an ihren Amps dran und ein bisschen pn-Verkehr endete schließlich mit folgendem Thread:
http://www.paforum.de/phpBB/viewtopic.php?t=44393
Irgendwann bin ich dann selbst auf die Lösung des Problems gekommen –zumindest habe ich die Ursache vermutet- und entwarf das nächste Layout. Volltreffer, SMPS funzt!
Das endgültige SMPS im Amp:
Die 4 Fetties der Vollbrücke mit Ansteuerübertrager:
Amp ohne Frontplatte:
Ein Endstufenmodul:
Opfer
Ich bin selbst überrascht, aber ich habe keinen einzigen MOSFET abgeschossen, lediglich eine Z-Diode musste aus Unachtsamkeit dran glauben und dann ist da noch ein 2W Widerstand „karbonisiert“ :twisted: worden.
Technische Daten der Endstufe
Aufbau: Ähnlich der alten PAM-Serie von ECLER
Topologie: Class AB, je 16Mosfets, aber mit „Source“ am Rail statt am LS-Ausgang
Ausgangsleistung:
Sinus: 2x650Wrms @ 4Ohm
Musik Fullrange: 2x700Wrms @4Ohm
Musik (MT/HT): 2x750Wrms @4Ohm
Dämpfungsfaktor:
4Ohm, 50Hz: >3000
4Ohm, 1kHz: >500
Frequenzgang:
linear von 20Hz bis >25kHz
Restrauschen
(Eingänge offen, Pegelregler voll auf):
Hörbares Spektrum: <<2mV
Nichthörbares Spektrum: 200kHz, sinusförmig, 25mVp (Restmüll vom SMPS)
An einem Top ist aber auch bei absoluter stille nahezu kein Rauschen hörbar.
Risetime und so ein Zeug kann ich z.Zt. nicht messen, da mein Funktionsgenerator jeden Tag ein bisschen mehr kaputt ist...
Für den Klirrfaktor hab ich keine Instrumente. Auf dem Oszi siehts aber gut aus.
Clipping-Verhalten
Es ist kein Preclipper verbaut und die Endstufe clippt trotzdem sehr sauber. Lediglich ab 5-10kHz wenn man so übersteuert das im Prinzip fast nur noch Rechteck rauskommt sind für einen kurzen Moment nach dem Clip ein paar kleine Verzerrungen sichtbar. Aber wer macht schon sowas...
Schutzschaltungen
- Kurzschluss
- DC (per Netzteilabschaltung)
- HF
- Übertemperatur (mit Vorabwarnung)
- Einschalttransienten
- Selbstüberwachung beim Einschalten (abnormale Ruheströme usw)
- LS wird nur an den AMP geschaltet wenn keine Fehler vorliegen
- Ausgangsrelay schaltet immer stromlos
- Überspannungsabschaltung
- SMPS-Überstromabschaltung
Alle Schutzschaltungen werden per Microcontroller koordiniert. Oberstes Ziel ist Schutz der LS, Ohren und des Amps vor vermeidbarer umfangreicher Selbstzerstörung im Fehlerfall.
Indicator-LED’s
- Versorgungsspannung +5V
- Versorgungsspannung –15V
- Protect
- Active
- Signal
- Clip
- Temperaturwarnung
Dabei ist bei der Clip-LED zu erwähnen dass diese nicht an irgendeinen Eingangspegel gekoppelt ist, sondern nur dann leuchtet wenn der Amp wirklich clippt, egal wieviel Spannung gerade am Ausgang liegt.
Gewicht
12,5KG
EMV
Ich habe zwar leider keinen Rohde & Schwarz-Messplatz zur Verfügung aber ich kann mit 99% Sicherheit sagen dass von dem Ding keine EM-Störungen ausgehen.
Das Thema Sicherheit
Das Netzteil stellt die galvanische Trennung zwischen primär und sekundärseite dar.
Um diese Trennung zu gewährleisten müssen ein paar Punkte beachtet werden.
Zum einen habe ich auf der Schaltnetzteilplatine zwischen primär und sekundärseite eine geerdete Leiterbahn gezogen und zudem auf Abstände >>5-6mm zwischen Leiterbahnen der Primärseite und anderen Leiterbahnen geachtet. Zudem ist die ganze Platine anschließend mit Poly-Urethan-Lack versiegelt worden. Das Zeug isoliert mit über 80kV/mm und verträgt hohe Temperaturen. Zudem ist es laut Hersteller auch zum Trafobau geeignet.
Der Schaltnetzteiltrafo ist selbstgewickelt. Innen befindet sich die Primärwicklung mit Poly-Urethan-Veriegelung. Drumherum Trafo-Tape, Poly-Urethan und eine Lage Kupferfolie, die direkt mit PE verbunden ist. Zwischen Kupferfolie und Primärwicklung befinden sich mehrere Millimeter Poly-Urethan (>80kV/mm) und Trafo-Tape. Zwischen PE-Kupferfolie und Sekundärseite eine ähnlich dicke Isolierung. Der Trafo hat anschließend mehrere Minuten einer Spannung von 2000V standgehalten.
Kosten des fertigen Gerätes
(ohne Entwicklungskosten, 100% Industrieware, Farnellpreise):
Endstufenmodul: je ca. 150EUR
Schaltnetzteil: ca. 200EUR
Gehäuse: ca. 60EUR
Steuermodul: ca. 75EUR
Und nochmal diverses Gedöns: max. 150EUR
Summe: 785EUR
Auch mit dem letzten SMPS konnte ich die 800Wrms des Endstufenmoduls nicht voll ausreizen. Ist aber schon nicht schlecht und für den Preis werde ich mir dieses Jahr auf jeden Fall noch eine bauen. Die wird besser, billiger und leichter, da ich feststellen musste, dass für die Endstufe auch halb so große Kühlkörper ausreichen...
Schaltpläne?
Die Materialkosten des "Endproduktes" liegen bei 785EUR. Wie lang der Weg bis zum engültigen SMPS war steht ja oben. Wie hoch die Entwicklungskosten waren kann sich dann ja jeder denken. Pläne gibt's also nicht. :wink:
Ich freue mich aber über jeden der sich ernsthaft mit sowas beschäftigt. Wer selber mit sowas rumbastelt und dabei auf Probleme stößt kann gerne mit seinen Fragen an mich herantreten.
MFG