Latenzzeiten: wie viel ist praxistauglich im Monitorbereich?

  • zum thema LATENZ gibt es im forum ja schon sehr viele äusserungen und meinungen. wir müssen sicher nicht mehr diskutieren, was latenz eigentlich ist.
    mir geht es darum zu klären, wie lange ein signal vom instrument zum ohr des musikers max. brauchen darf.
    so kurz wie möglich, das ist klar.


    aber wie sieht es denn aus, wenn das signal beispielsweise folgende wege läuft:


    - instrument out (analog)
    - Digipult IN (A/D)
    - Prozessing
    - Digipult OUT (D/A)
    - Monitor-Controller IN (A/D) [oder externer digi-EQ?]
    - Prozessing
    - Monitor-Controller OUT (D/A)
    - Amp (analog)
    - Monitorspeaker (analog)
    - Luftschallweg zum Ohr des Musikers (sagen wir mal 2m)


    die laufzeiten im multicore lass ich mal weg, denn ein paar nanosekunden interessieren uns nicht wirklich...


    wenn ich richtig rechne, dann kommen da folgende werte zusammen:
    digi-pult = 2,5ms (Yammi M7 + PM5D-RH @48kHz)
    controller = 1,8ms (Minidrive)
    Monitor - Ohr = 5,8ms (@20°C)
    das ergibt eine Laufzeit von 10,1 ms


    egal ob meine rechenbeispiele in eurem zusammenhang zutreffend sind oder nicht, das hier ist nur mal ein beispiel.


    also wer kann aussagen darüber treffen, welche verzögerung des originals dem musiker (ich gehe mal von profis aus) schon zu schaffen macht?
    wer hat erfahrungswerte?

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Sehr gute Frage, die mich auch interessiert.


    Ich arbeite demnächst mit Digital-Amps, die allein schon 12ms Latenz zu Stande bringen, und habe da kein gutes Gefühl bei. Front ok, aber kann ich die wirklich auch für Monitor nehmen?
    Bei der von Dir beschriebenen Konfiguration sehe ich "aus dem Bauch" kein Problem, bin aber auch auf mehr und fundierte Aussagen gespannt - die ich leider nicht liefern kann.


    der Hami

  • Bei grossen Bühnen hat man schnell mal 8 m von den Sidefills bis zur Bühnenmitte. Das ergibt dann ca. 24ms und ist für mich noch nicht störend.
    Wenn man dann jedoch ausserhalb des Haasfensters liegt, wird es für den Musiker unangenehm.


    Gruss Elias

  • Hallo


    Seh das mal Prinzipiell wie Elias.


    In der Praxis versuche ich schon, die Latenzen gering zu halten, und darüber nachzudenken, wie ich es angehe.
    Zb Im PM5D verwende ich auch gern die internen EQs, und lasse externe Inserts weg.
    Mag ev. nicht notwendig sein.


    Aber wenn man nur mal Gaghalber versucht, Outputs zu delayen ( Latenzen imitieren ) wird man feststellen, das Musiker irgendwann die Ortung zu den von Ihnen erwarteten Signalrichtungen verlieren.
    Und dann irgendwie am Monitorsound rumtun, ohne es konkretisieren zu können.
    Wenn man die delays wieder wegnimmt, ist wieder alles gut.
    Versuchts mal und guckt Euch die Reaktionen an.


    10ms sind nicht das Problem.
    Aber ihr kennt sicher die Situation, wo Moderatoren 15 - 20 M vor der PA rumlaufen, und schon echt Probleme haben, weil Sie sich später hören als Sie reden.
    wir reden da von über 40ms aufwärts.

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  • also ich wage mal zu bezweifeln, das z.b. ein drummer mit einem percussionisten gut zusammenspielen kann, wenn er dessen signal nur aus den entfernten sidefills hört...
    ich glaube das 40ms schon deutlich zu viel sind.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • wora:
    Das bezweifle ich nicht nur.
    :D


    Das kann eigentlich nicht ordentlich funktionieren.
    Da kann ev ein Sänger noch was machen, und selbst da wirds schon Schwierig.
    So ein Direktsignal auf einem Monitor in der NÄHE macht schon Sinn 8)


    Ob ein FOH in 20 oder 70 Meter steht macht beim mischen selbst nichts aus ( wenn die PA passt ). Und ob da im Signalfluss vom Pult zu den Speakern noch mal 12 ms draufkommen..... ( Kann natürlich schon Unterschiede machen, wird aber nicht so eklatant wie am Monitor )
    Aber am Monitor, wo ein Musiker die Signale zum Anhalten braucht, wirds schon problematischer.
    Wie Wora sagte, da wirds mit 40ms definitiv zuviel.


    ( ich habe oben auch das mit den Moderatoren nur als Beispiel hergenommen, nicht das ich der Meinung bin, das eben diese erwähnten 40ms kein Problem darstellen. Ich persönlich würd mal ab 20ms sehr vorsichtig werden, und halte das schon für zuviel. Aber das ist meine persönliche Meinung )

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  • mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Genaue Werte habe ich da auch nicht. 10mS halte ich für vertretbar, darüber könnte es kritisch werden.


    Wir machen Regelmäßig Monitor bei der WDR - Bigband mit einem DM 2000 oder D 5. Die Musiker bekommen das Signal zum Teil über das Aviom Personal Monitoring, wobei das Signal in Verbindung mit dem D5 zwei mal gewandelt wird. Bis jetzt waren die sicher sehr anspruchsvollen Akteure auf der Bühne zufrieden, die Latenz ist noch keinem aufgefallen :D

  • Normal hat man im Labor festgestellt das gute Ohren so 8-10ms. warnehmen können.


    Ich selber hatte einmal den Fall das DJ´s den Hugo mit ca. 15 ms schon sehr wahrnahmen da das so klang als wenn der Plattenspieler eierte.


    Aber wenn man dann den Kopfhörer Ausgeschaltet hat als Referenz, war das dann auch erledigt.


    Also ich denke da kommt das Beispiel von Sound Klinik zum Tragen mit der Frage wie Neutral ist eigentlich das Gehör.


    Oder besser gesagt wie unabhängig ist unsere Gehör Warnehmung wirklich.


    Ich denke ohne Referenz ist die Latenz relativ egal.


    Das kann ich an diversen Fallbeispielen wiedergeben, und ich bin nicht der einzige, denn soetwas ähnliches erwähnt auch Tony Andrews ( Funktion One / Turbosound ) schon.

  • Zitat von "Campfire"

    Hallo Wora, da ich im Profiforum nicht schreiben darf hier mal ne Praxiserfahrung dazu..
    Bei nem kleineren Openair bei dem ich Tontechniker und Musiker war habe ich im Vorraus schonmal Vox und A-Gitarre grob vorgecheckt da der ersatztechnikr nicht so erfahren war...
    FOH war knappe 30m weg..
    da war spielen und Singen unmöglich...
    so 5-10m geht noch (erfahrung bei kleineren Gigs mit der eigenen Band mit ähnlicher Situation)
    Grüße, Peter

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Wie ein Musiker mit dem verzögerten Monitor umgeht, kommt ganz auf den Typ und die Erfahrung an. Ich arbeitete im Dezember an einem Festival bei dem es vor der Bühne einen 18 Meter langen Laufsteg hatte. Ein Künstler sang das ganze Konzert auf der Spitze des Laufstegs (ohne In Ear). Wobei sein Halbplayback noch über ein PM5D lief. Der Sänger hat sich weder über das Delay beschwert noch hatte er Probleme mit dem Timing. Die Delayzeit war bei der Distanz und dem Digipult ca. 57 ms.


    Gruss Elias

  • Mike schrieb:

    Zitat

    Normal hat man im Labor festgestellt das gute Ohren so 8-10ms. warnehmen können.


    Das sind ja schon 274 cm :cry:


    hm, da braucht man gar kein Labor :roll: .
    Jeder gesunde Mensch ist ab Geburt unbewußt in der Lage, plus/minus 10 cm zu hören. Abstand der beiden Gehörorgane im Kopf. Somit ist der Mensch in der Lage, überhaupt zu orten!


    Gerald 1

  • natürlich ist die laufzeit des signals zum FOH relativ uninteressant...
    es sei denn, man möchte von dort aus mitspielen ;)
    es kommt dann höchstens mal vor, das man weit weg von der bühne auf die großbildprojektion schaut und sich wundert, warum der typ auf dem display so un-tighte bewegungen macht ;)


    interessant ist aber eben die monitoranwendung, wenn die musiker zusammenspielen müssen.
    und dies gilt natürlich vor allem für percussive signale, das müsste eigentlich klar sein.
    da die einschwingzeiten von großen saiteninstrumenten wie z.b. eines flügels gegenüber z.b. einer snare schon deutlich länger ausfallen, entsteht dadurch ein etwas großzügigerer "einsatz"-bereich.


    ich hab mir mal ein paar sounddateien mit kurzen impulssignalen gebastelt.
    den impuls hab ich dann um 3, 5, 10, 15ms, usw., bis 40ms verzögert.
    dabei konnte ich ab 10ms schon deutlich zwei einzelne signale hören, ab 15ms wars dann sehr deutlich... von 40ms will ich jetzt gar nicht reden ;)


    also zumindest für impulshaltige signale sollte man meiner meinung nach zwingend unter 10ms bleiben, damit entsprechend sauber gespielt werden kann.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von wora ()

  • @ Wora
    Wo liegt denn die weiteste Entfernung bei einer 18-Meter-Bühne :?: Ich dachte immer im Center.
    9 Meter ist doch das Center von einer 18 Meter Bühne :?: oder doch nicht :P
    Gerald1

  • gut, so kann man´s sehen, auch wenn die maximale entfernung auf ner 18m bühne tatsächlich 18m sein könnte? :P
    aber lassen wir das, das wird zur korinthenkackerei :D


    back to topic.
    worauf willst du denn jetzt raus?
    das 26ms noch OK sind?
    oder das die maximale laufzeit dem ohrabstand entsprechen sollte?
    ich kann deinen postings jedenfalls nicht ganz folgen, sorry.


    ich hatte gefragt ob jemand erfahrungswerte hat, wie lange die laufzeit zum ohr des musikers sein darf. denn durch die verwendung von digitalen prozessoren und A/D wandlungen kommen ja zusätzlich zur laufzeit in der luft noch ein paar ms dazu...
    und was noch besser wäre: gibt es denn wissenschaftliche arbeiten zu dem thema? habe schon bei sengpiel geschaut, aber leider nichts pssendes entdeckt...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Hallo Ihr,


    ich hab mal versucht ein, so hoffe ich, praxisnahes Beispiel zu erstellen:


    Ich habe von einem kürzlich aufgenommenen Konzert jeweils eine Stelle von gitarre, gesang und einem Schlagzeug-Overhead genommen und um die Zeiten 0ms, 5ms, 10ms, 15ms, 20ms, 30ms, 40ms und 50ms verzögert. dabei ist das originalsignal immer links zu hören und das verzögerte Signal rechts. Das musste ich so tun, um phasing zu vermeiden, das ja live durch die Bewegung von Kopf und Künstler nicht so statisch auftritt, wie in einer Aufnahmesituation.


    Jeder kann ja dann selber entscheiden, was er "seinem" Künstler so an "Delay" zumutet. Da halt ich mich erstmal raus.


    info: der hall auf der gitarre ist vom gitarristen selber am amp eingestellt gewesen und spiegelt somit ja eine realistische situation wider.


    Wie schon gesagt, jedes soundfile enthält die Darstellung in der Reihenfolge 0ms (also original), 5ms, 10ms, 15ms, 20ms, 30ms, 40ms, 50ms. Also schön mitzählen, was man gerade hört.


    hier die links zum download (mp3, 192kBit/s, 4,3MB pro file):


    gitarre
    stimme
    getrommel


    bis dann...


    bertram

  • vielen dank bertram.


    wie ich schon vermutet hatte, stört das delay beim trommeln am meisten.
    auch hier hört man ab 10ms (also der dritte abschnitt) schon deutlich zwei signale, bei 20ms wäre ein tightes zusammenspiel nicht mehr machbar.


    recht easy kann man es bei der gitarre nehmen, hier wird nur das klangbild räumlicher. aber ab 20ms wird es dann auch schwierig.
    bei der stimme scheinen dagegen 20ms noch völlig problemlos zu sein.


    ich habe meine soundtests mono gemacht, denn das ist auch die situation die meistens vorkommt. ausserdem hab ich nur mit kurzen bursts gearbeitet, damit man das reine signal sauber heraushören kann.
    werde das spätestens heut abend auch mal online stellen, ich muss jetzt was arbeiten...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang