Diskussion: Wegekonzept

  • Eine immer wieder diskutierte Frage ist die, ob man größere Menschenmengen überhaupt durch Tunnel führen darf.


    Meine Meinung dazu ist: Ja, darf man so machen, wenn man er richtig macht.


    1.) Es ist strikt zwischen zufließendem und abfließendem Verkehr zu trennen, sofern die Besucherzahl die Bagatellgrenze überschreitet. Das könnte man mit Trennwänden im Tunnel erreichen, bei der hier vorliegenden Veranstaltung hätte es sich angeboten, die verschiedenen Tunnelsegmente zu nutzen.


    (Dass gemeinsame Führung von zu- und abfließendem Verkehr nicht funktioniert, sieht man jeden Tag auf den Bahnsteigen, insbesondere der U- und S-Bahnen: Während die einen noch aussteigen, versuchen die anderen schon einzusteigen - Menschen handeln da schon im Alltag nicht vernünftig. Das funktioniert nur in einigen Münchner S-Bahnhöfen, wo Einstieg und Ausstieg über getrennte Bahnsteige läuft.)




    2.) Wie das aussehen könnte, ist auf den Bildern hier zu sehen:


    http://www.party-pa.de/phpBB/viewtopic.php?f=37&t=67498&start=37



    Auf den ersten Blick erscheint es falsch, die breitere Rampe für den Eingang zu verwenden und die schmalere für den Ausgang. Es ist trotzdem richtig: Maßgeblich für solche Wege ist, dass es dort nicht zur Trichterbildung kommt, man darf also nicht enger werden. Würde man die Richtung umkehren, wären das bei beiden Tunnel-Rampen-Stellen der Fall.


    Zudem ist zu berücksichtigen, dass Menschen auf einer ansteigenden Rampe langsamer laufen als in der Ebene - das muss dann also breiter werden.



    3.) Die Zahl der Menschen im Tunnel ist strikt zu begrenzen. Das heisst: Vorne und hinten zählen, und dann nur so viele rein lassen, dass der Tunnel nur locker gefüllt ist. Immer daran denken, dass manche Menschen auch klaustrophobisch veranlagt sind.


    Aus der Hüfte geschätzt würde ich sagen, maximal eine Person pro m².



    4.) Wenn befürchten ist, dass eine große Menge von hinten nachdrückt, dann muss segmentiert werden.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess

  • Das ist schon alles richtig, man kann/darf alles machen, WENN man es richtig macht.


    Man kann/darf bauliche Einschränkungen realisieren, WENN man organisatorisch gegensteuert.
    Aber im Fall Duisburg hat das Organisatorische, also der Faktor Mensch nicht funktioniert.


    Planer/Prüfer vergleichbarer Projekte werden es sich jetzt zweimal überlegen (müssen), ob mit organisatorischen Maßnahmen Dinge zu kompensieren sind, oder ob man darauf nicht vertraut und besser großzügige bauliche/wegemäßige Voraussetzungen schafft.


    Michael

  • Eine Frage, die sich mir stellt ist, inwiefern eine geteilte Zuwegung in einem solchen Fall umsetzbar ist.
    Im konkreten Fall hätte dies doch zur Folge, dass die Zuschauerströme UM das gesamte Gelände herumgeführt werden müssten. Besucher, die das Gelände verlassen oder die auf der "falschen Seite" den Eingang suchen müssten also bummelig 3-4km aussen herumlaufen, um wieder zum Eingang zu kommen.
    Ergäbe das in Duisburg nicht (bei einer prognostizierten Anzahl von 1 Mio Gäste und der umliegenden engen Wohnbebauung) grundsätzlich Probleme?


    Eine andere Frage ist, inwieweit solche vergleichsweise engen Haupteingänge überhaupt sinnvoll/zulässig sind.
    Im Vergleich zu den geforderten 440m und den genehmigten 150m Fluchtweg finde ich ~15m Eingang sehr wenig, da im Ernstfall sicherlich ein grösserer Teil der Besucher zu dem (ihnen bereits bekannten) Zugang fliehen würde. Gibt es irgendwelche Regelungen diesbezüglich?

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • So, Versuch einer "ingenieursmäßigen" Betrachtung:


    Versammlungsstätte im Freien, je 600 Besucher eine lichte Rettungswegbreite von 1,20 m erforderlich (VStättVO), ergibt bei geschätzten (hier geht es schon los) 220.000 Besuchern in der Summe (!) 440 m.


    Die könnte jetzt auf mehrere (Not)-Ausgänge aufgeteilt werden. Jetzt beginnt verantwortliche, und abstimmungsbedürftige Planung.


    Und es gibt mindestens zwei Fälle:
    a) normaler Zu- und Abgangsverkehr
    b) Notfallevakuierung


    Und im Falle Duisburg konnte man (bei gegebenem Areal) natürlich nicht frei planen, da die Autobahn und die Gleisanlagen jeweils Zwangspunkte setzten. Der normale Verkehr musste also schonmal durch nur eine Stelle, hier Tunnel und Rampen, geführt werden.


    Und Fall b) - kann man bei diesem davon ausgehen, daß sich 220.000 Besucher schön auf, sagen wir 10 Notausgänge aufteilen, und in Gruppen zu je 22.000 ausströmen? Oder eine Aufteilung von, sagen wir 100.000 durch den Hauptzugang "entfluchten" und sich der Rest schön gleichmäßig in Gruppen von je 12.000 durch die 10 Notausgänge begibt?


    Ich weiß es nicht. Das erfordert umfangreiche Planspiele, bei dieser Größe. Teil davon sind sicher auch PC-Simulationen von Stauforschern. Aber das kann es nicht allein sein. Da muss ein Team gebildet werden, das miteinander arbeitet (nicht gegeneinander) und auch Erfahrungen anderer Veranstalter beachtet.


    Da ist dann eine Aussage "mussten wir noch nie nachweisen" usw. reichlich ......................................................


    Also wie gesagt, das ist keine Rechenaufgabe, wie vielleicht bei einer Diskothek mit 300 Besuchern .....


    Michael

  • Zu dem Wegekonzept stellt sich mir akut die Frage, mit welchen Zeiten kalkuliert wurde.


    Bei einer Kapazität von 30000 Personen pro Stunde (pro Tunnel, pro Richung? Dazu konnte ich nicht viel konkreteres finden) und einer Zuschauerzahl von 250000 (lt. Genehmigung):


    Nehmen wir an 30000 pro Stunde, pro Richtung.


    Das Gelände wurde kurz nach 12:00 Uhr geöffnet, bei einem stetigen Strom von 30000 Personen pro Stunde sind 250000 Personen nach:
    8 Stunden und 20 Minuten
    auf dem Gelände.


    Also um 20:20 Uhr


    Nehmen wir weiter an, die Veranstaltung dauert bis 24:00 Uhr, dann sind 08:20 Uhr alle wieder vom Gelände runter.


    Weiterhin mussten mögliche Stauungen sicherlich berücksichtigt werden, jede Entlastungssperrung oder -verengung sorgt bei einem höheren Zustrom (es scheinen ja mehr als 250000 Personen nach Duisburg gekommen zu sein) unweigerlich im "Hinterland" für weitere Stauungen sorgen.

  • Was hätte denn dagegen gesprochen, die Tunnel entweder in einzelne Berreiche zu teilen (siehe Anhang) oder ein Einbahnstrassensystem zu verwenden, also nur einen Tunnel rein und im anderen raus ?



    Mich wundert dieser "Flaschenhals", also dass beide Zugänge in ihrer Summe breiter sind als die Rampe.
    Im Grunde hätte nur die hälfte jedes Tunneln genutzt werden sollen, dann wäre dieser Stau, Gesetz der Theorie dass sowohl gleich viele Personen durch jeden Tunnel streben, nicht entstanden.

  • Moin,


    auch wenn die von Michael Ebner verlinkte Skizze (von "lichtfürlau") den möglichen "Normalbetrieb" suggeriert, ist sie keinesfalls sicher und somit nicht verordnungsgemäß, denn jeweils einer der vorgeschriebenen zwei in gegensätzlicher Richtung anzuordnenden Flucht und Rettungswege ist durch Sperranlagen mit Menschenmassen davor verstellt. Zudem sind die Wege zu weit. Das kleine Einmaleins der Veranstaltungssicherheit...


    Viele Grüße, Bernd




    PS provokativ: ohne jegliche Regelung, ohne jeden Bauzaun, ohne jeden personellen Eingriff, im Tunnel und auf der Rampe... ...wäre dieses Unglück geschehen? NEIN, und davon bin ich überzeugter denn je. Genauso überzeugt bin ich jedoch davon, daß diese Tunnel/Rampenanlage niemals ein sicherer Ein- und Ausgang zum Gelände sein kann. Weder für 1,4 Mio noch für 105.000. Weder sicher noch überhaupt sinnvoll.


    PPS Da ich kein Spaßverderber sein möchte hier mein Vorschlag:
    Es war ursprünglich geplant die A59 für die Veranstaltung vorbeugend schon morgens zu sperren. Dann wäre es sogar möglich gewesen, die Menschen mit den Floats am Bahnhof abzuholen, also Menschen und Floats von der Autobahn aufs Gelände zu führen. Die Tunnel/Rampenanlage und der Als Vip-Eingang genutzte Kreisverkehr, für die Andienung/Vips/Rettungweg. Also zwei näherungsweise gegensinnig angeordnete Flucht/Rettungswege UND ein sicherer Weg von und zum Gelände.


    Der Tunnel taugt keinesfalls für Menschenmengen, viele haben das erkannt und öffentlich geäußert, auch ohne Kenntniss der Verordnungen.

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    ich bezahle nicht fürs hinhören, ich baue Beschallungsanlagen


    Das SD12 Fliegetop ist bei gleicher Endstufe um durchgehend 3 dB lauter
    als "vorbekannte" 12"/1" Bauweisen.


    Der Bass CB18S ist der Beste