Sänger mit IEM: EQ, um "inneren" Sound zu berücksi

  • Hi,


    ich habe mir "Boxen und Amps" als Brett ausgesucht, weil es hier letztendlich um Monitoring geht.


    Folgendes konkrete Problem:


    Sobald der Sänger "in-ear monitoring" (IEM) Stöpsel in seine Ohren steckt, verändert sich der vom Sänger selbst wahrgenommene eigene Stimmklang drastisch. Klar. Denn wenn die Stöpsel gut abdichten -was sie wegen der Basswiedergabe ja sollen- , hört er denjenigen Gesangsanteil, der üblicherweise von seinem Mund/Nase abgestrahlt wird und welcher dann wieder sein eigenes Ohr erreicht, um etwa -30dB leiser. D.h. er hört bei ausgeschaltetem IEM nur noch den "inneren", knochigen Sound seiner Stimme. Der "äußere" Soundanteil ist praktisch weg. Gleichzeitig erzeugt der nun luftdicht verschlossene Gehörgang offensichtlich eine deutliche Zunahme von Resonanzen im Gehörgang. Das das nicht natürlich klingt, ist irgendwo auch klar. Der gewohnte Stimmklang verfremdet sich dadurch wohl recht dramatisch, und wird vom Sänger als "knochig", mittig, dröhnend, "nicht mehr meine Stimme" beschrieben. Zitat "..als wären alle Nebenhöhlen verstopft".


    Sobald nun das Mikrofonsignal der Stimme linear auf den IEM gegeben wird (z.B. Neumann KM105, Focusrite ISA 215, Kabel statt Funkstrecke, Ultimate Ears UE-10 oder halboffen als UE-5 Ambient) entspannt sich die Situation zwar bei lauteren Passagen, weil mehr Höhen den "inneren Sound" übertönen, aber der Sänger hat bei leisen Passagen immer das Problem dieser "veränderten, abgeschlossenen" Roboterstimme, so dass er sich nicht mehr auf die Musik konzentrieren kann. Von der Qualität des Sounds der Band auf seinem IEM ist der Sänger jedoch begeistert. Auch wenn er eine Aufzeichnung seines Gesangs mit der Band über seinen IEM hört, herrscht eitel Sonnenschein.


    Meine Frage an das Forum:


    1.) Ist ein EQ Verlauf bekannt, mit dem das IEM Stimmsignal des Sängers so vorprozessiert werden kann, dass dieser "innere" Dröhneffekt minimiert wird?


    - z.B. durch Absenkung der "inneren" Frequenzen im IEM Stimmsignal, bzw. Zufügen von Höhen. Kennt ihr den typischen Frequenzgang dieser "inneren" Stimme.


    - oder durch Hinzufügen eines geeignet aufbereiteten phasenverdrehten Signals auf die IEM, um den "inneren" Sound durch destruktive Interferenz abzusenken?


    Bin für konkrete, konstruktive Tipps wirklich dankbar.


    Gruß

  • Also, das klingt erst einmal wie die normalen Eingewöhnungsschwierigkeiten bei einem IEM System. Ich würde erst einmal darauf hin arbeiten, das der Sänger sich ein paar Monate an das System gewöhnt, und dann weitersehen. Die Zeit muss es sich und seinen Ohren geben.


    Was EQ angeht, würde ich einfach mit dem Sänger einen kleinen "Soundcheck" machen in dem du Frequenzen boostets oder ziehst und ihr schaut, wo es vielleicht Frequenzen gibt die ihn stören.


    Alternativ wäre noch ein halboffener Hörer zu testen, der nicht so abschottet, vielleicht hilft das ihm.

  • Im Prinzip gebe ich dir absolut recht. Es scheint wirklich so zu sein, dass sich das Gehirn noch einigen Monaten an diese Situation gewöhnt.


    Nachdem aber diese Zeit hier nicht zur Verfügung steht, bräuchte ich eine elegante und rasche technische Lösung - sofern möglich.


    Gruß
    Frankie

  • Interessante Fragestellung. Mögliche Ansatzpunkte:


    3,5 kHz schmalbandigen leicht boosten
    HiShelf bei ca. 8 kHz, +3 dB
    300 Hz schmalbandig, aber kräftig absenken (z.B. 1/3 Oct., -8 dB)
    hochpassfiltern


    Leveler/Kompressoren einsetzen (allenfalls getrennt für Bandmix und Stimme). Ziel: lauterer IEM-Sound auch bei leiseren Passagen.


    Die betroffenen Frequenzen sind individuell unterschiedlich. Sänger soll die verschiedenen Vokale lang gezogenen ansingen und darauf achten, welche besonders störend sind (oft I und U). Dann versuchen die entsprechenden f abzusenken (Sänger soll dabei Miittenfrequenz gleich selber einstellen).


    Halboffene Ohrpassstücke verwenden.


    Ohrpassstück untersuchen und schauen, ob es im weiter innen liegenden Bereich, (da wo die Knicke des Gehörgangs liegen) auffällige Ausbuchtungen gibt. Wenn ja sind diese allenfalls abzuschleifen. > Kontakt zu gutem(!) Hörgeräteakustiker aufnehmen. Fragen ob er Erfahrung mit der „Beschleifung von Formschlüssen zwecks Reduzierung des Okklusionseffektes“ hat und einen "Okklusionstest" durchführen kann.


    Üben (Gewöhnung), Geduld.


    Die Idee mit phaseninvertierten Signalen ist nett, in der Praxis aber nicht realisierbar.


    Der Effekt lässt sich prinzipiell nicht gänzlich eliminieren.


    Bitte hier posten wie’s ausgegangen ist! Danke.


    HTH

  • MarkusZ
    Zunächst einmal Danke für die guten konstruktiven Anregungen.


    Wo ist deiner Meinung nach das reale Problem mit der gezielten Auslöschung/Ansenkung des "inneren Stimmklangs" über destruktive Interferenz?


    Gruß

  • Zitat von "Frankie01"

    Wo ist deiner Meinung nach das reale Problem mit der gezielten Auslöschung/Ansenkung des "inneren Stimmklangs" über destruktive Interferenz?


    Es handelt sich um eine komplexe Wechselwirkung, die unterschiedliche Ursachen hat und deshalb Mehrfachsignale mit unterschiedlichen Laufzeiten hervorruft. Zudem verhalten sich diese Mehrfachsignale in hohem Masse dynamisch und ändern ihren Charakter fortwährend. Es ist prinzipiell unmöglich, dazu in Echtzeit ein Gegensignal zu kreieren.


    Stell dir zwei Lautsprecher vor. Der näher stehende erzeugt ein (zufälliges) Signal. Ist es möglich mit dem weiter weg stehenden ein Gegensignal zu erzeugen (ohne den ersten zu verzögern), welches das Originalsignal vollständig auslöscht? Natürlich nicht!

  • Zitat von "MarkusZ"


    Stell dir zwei Lautsprecher vor. Der näher stehende erzeugt ein (zufälliges) Signal. Ist es möglich mit dem weiter weg stehenden ein Gegensignal zu erzeugen (ohne den ersten zu verzögern), welches das Originalsignal vollständig auslöscht? Natürlich nicht!



    doch sofern man das Signal des weiterwegstehenden Lautsprechers zuerst "abschickt". allerdings würde dann ja wieder das Signal des näher dran stehenden Lausprechers das Signal des weiterwegstehenden Lautsprechers aufheben.



    irgendwie gehöre ich ins Bett. Beim tippen des Textes oben fiel mir irgendwie das hier ein:


    immer aber wirklich immer sollte man erst nachdenken bevor man tippt.


    Man kann nicht nicht kommunizieren :D

  • ... wenn Bands auf der Bühne diszipliniert spielen (würden), ist IEM m.E. überflüssig.
    Ich spiele seit Mitte der 70er Jahre und hatte sicher auch etwas Glück, überwiegend mit Kollegen auf der Bühne zu stehen, die an keinen (Lautstärke-) Profilneurosen leiden.


    Wir verwenden auch heute noch eine mehr "proberaumtypische" Aufstellung (d.h. Git-Amps, Bassamps ... selten bis kaum "Tretmienen" ...) und nutzen dadurch den Cocktailparty-Effekt, der eine klare Trennung/Zuordnung der einzelnen Stimmen durch Richtungshören ermöglicht.
    Auf die 2 ... 3 (Floor-) Monis gehen grundsätzlich keine Drums oder E-Bass - lediglich (trockener) Gesang, akustische Gitarren und Keys. Die Gitarren und Bassamps strahlen dabei nicht ins Publikum (schließlich gibt es dafür eine PA ...), sondern zu den Musikerkollegen (Git-Amps erhöht/gewinkelt aufgestellt).


    Das Spielen ist total entspannt (sehr leise auf der Bühne) ... das Hören erfordert erheblich weniger Konzentration als bei der Arbeit mit einigen Top40-Bands, wo ich gelegentlich mal Aushilfsjobs mache. Dadurch, daß man sich (und die Kollegen) beim Gesang "natürlich" hört, klingt gerade Chorgesang (wir spielen Titel von Eagles, CCR ...) einfach präziser und in sich stimmiger.


    Bei IEM verzichtet man dagegen einmal auf das azimutale Richtungshören (vorn/hinten) ... häufig treffe ich Bands an, die mit IEM auch auf das rechts/links-Hören verzichten und mit vielen, individuellen (monofonen - d.h. der Klang ist "im Kopf" ...) Monitormix-Einstellungen arbeiten (müssen), um überhaupt "richtig" singen zu können. Der Gesang kommt dabei häufig "zaghaft", unnatürlich leblos ... und manchmal stimmt auch die Tonalität (gerade bei mehrstimmigem Chorgesang) dann nicht so ganz. :?


    Wir haben in den 80ern mit Kopfhörern auf der Bühne gearbeitet (nur Schlagzeuger und Keyboarder - beide kein Gesang). Auf die Floomonis gingen nur Gesang, Keys und manchmal (bei größeren Bühnen) dann auch etwas Gitarre. Obwohl es ganz gut funktionierte, würde ich die "proberaumtypische" Aufstellung heute immer vorziehen.

  • wobei bei vielen bands es leider nicht proberaum typisch ist, das der git amp hoch gestellt und angewinkelt wird. die gitarristen scheinen alle ihre ohren auf kniehöhe zu haben


    Man kann nicht nicht kommunizieren :D

  • Zitat von "Micromann"

    wobei bei vielen bands es leider nicht proberaum typisch ist, das der git amp hoch gestellt und angewinkelt wird. die gitarristen scheinen alle ihre ohren auf kniehöhe zu haben


    ... die Probleme vieler Bands haben ihre Ursachen in wenig durchdachten Aufstellungen der Instr.-Amps, fehlender Spieldisziplin bei den Musiker selbst ... und Schlagzeuger, die aufgrund mangelnder Spieltechnik nur "feste drauf hauen" können (und eigentlich in einer Kabine spielen sollten).


    Moderate Lautstärken auf der Bühne ermöglichen - gerade bei Gesang - eine erheblich bessere Kontrolle als dies bei vielen "Krawallbands" der Fall ist ... weiterhin wirkt sich ein wenig mehr Disziplin gravierend auf die erzielbare Durchsichtigkeit/Qualität des Frontsounds aus.


    Ich brauche jedenfalls kein IEM ... denn: es würde bei meiner Band keinerlei Verbesserungen ermöglichen - das Gegenteil wäre wohl eher der Fall. Wir hatten auch schon mal Aushilfsgitarristen dabei - deren Fazit: ungewohnt leise auf der Bühne, tolle Gesangskontrolle und absolut stressfreies Arbeiten.

  • InEarMonitoring als technischen SchnickSchnack für undisziplinierte Bands abzustempeln finde ich falsch.
    Meiner Meinung nach bietet IEM sehr viele Vorteile:


    - Die Musiker hören sich und die anderen Instrumente genau so laut, wie sie es wollen. Ohne Kompromisse!
    - weniger Rückkopplungen
    - Da jeder Musiker sich genau hört, macht er weniger Fehler
    - Auf der Bühne wird durch Wedges nicht noch zusätzlich Lärm produziert -> differenzierteres Klangbild fürs Publikum
    - Jeder kann sich frei bewegen und hat immer einen guten Monitorsound.
    - Für das Gehör jeden Fall besser, solange man den Lautstärkeregler richtig bedient ;)
    - IEM ist bei uns auch eine reine Kostenentscheidung gewesen. Für vernünftige Wedges hätten wir mehr bezahlen müssen als für gute Sennheiser InEar-Strecken.
    - für den Transport sehr viel besser als Wedges



    Man muss sich natürlich daran gewöhnen. Dadurch kann es am Anfang ein wenig frustrierend sein.

  • ich finde es schade, das hier nach nur wenigen konstruktiven antworten wieder völlig vom thema weggeführt wird. es spielt doch hier keine rolle ob InEar besser oder schlechter als herkömmliches monitoring ist.



    ich finde die ausgangsfrage jedenfalls sehr interessant.


    etwas aufwändiger wird da der technische aufwand, denn es darf ja auf der InEar strecke nur das signal verbogen werden, das der sänger selbst produziert. am kanal-EQ darf man das nicht machen, denn sonst klingt der sänger auf den anderen monitorstrecken wiederum sehr dünn.
    also muss man den entsprechenden kanal splitten oder aber "Direct Out" aus dem pult auf einen der beiden kanäle des InEar weges und dort dann einen EQ zwischenschalten.


    ich weiss jetzt nicht ob man einen allgemein gültigen frequenzbereich für das phänomen des selbsthörens mit ohrstöpseln definieren kann, aber sicherlich liegt das im bereich bis wenige hundert hertz, die man rausfiltern müsste.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "MarkusZ"

    ... Bitte hier posten wie’s ausgegangen ist! Danke.


    Nochmals "Danke an alle!" für die vielen guten Tipps.


    Die Lösung für uns ist ein neuartiges IEM-System der Fa. Sensaphonics mit Namen 3-D Ambient. (http://sensaphonics.com/prod_3d_ambient.html) Hier sind in die Ohrstöpsel jeweils ein mini-Mikrofon eingebaut, dessen Signal mittels eines Bodypacks dem IEM-Signal zugemischt werden kann. Die Ortung des Sounds ist erstaunlich gut, der Ambient-Sound ist nicht Hifi, was aber für Gesang unwesentlich scheint. Der 3-D Ambient Treiber klingt sehr amtlich (wobei nicht klar ist, inwieweit Prozessierung im Bodypack hier mithilft). Der Sound stellt den UE-10 von Ultimate Ears in Bezug auf Natürlichkeit deutlich in den Schatten. Insgesamt ein recht überzeugendes Komplettsystem zu einem stolzen Preis. Der Sänger kann jetzt sein eigenes Stimm-Signal, das normalerweise von außen in seine Ohren gelangen würde nach gusto zumischen. Da wir zum Glück von Okklusions-Effekten verschont blieben, ist keinerlei zusätzliche Prozessierung im Pult nötig. :)


    Viele Grüße


    Frankie

  • Leider ist es ja oft so, dass kein Feedback mehr kommt, wenn das Problem erstmal gelöst ist. Insofern auch von mir ein Dankeschön für die interessante Rückmeldung.


    Vom Prinzip her entspricht das System ja eigentlich einer (Kunst-)Kopfaufnahme; deshalb überrascht mich der gute Ambiencesound nicht.


    In welcher Preisklasse bewegt sich das denn und wo hast du es gekauft?

  • Zitat


    ... In welcher Preisklasse bewegt sich das denn und wo hast du es gekauft?



    Tja, leider nicht ganz billig. ':(' .


    Es gibt 2 Treiberversionen zu angepeilten US$ 1200 bzw. US$ 1700, wobei der letztere nochmals lauter sein soll und noch mehr Bass erzeugt. Ersterer ist aber für uns bereits völlig ausreichend. Nur den haben wir gehört und im Einsatz. Beide Versionen enthalten bereits die Mikros und werden individuell für das Ohr des Künstlers passgenau gefertigt. Der dazu nötige Ohrabdruck kostete ca. 20-30€. Der zum Betrieb erforderliche Bodypack liegt bei stolzen US$800. Alles zuzüglich Luftfracht, Zoll und USt beim Import nach Europa.


    Wo? Direkt beim Hersteller Sensaphonics.com in USA (den wir über befreundete US Kollegen kennengelernt haben). Wobei die Sachen offiziell wohl noch gar nicht von der Stange verfügbar sind. Es wurden aber dennoch schon etliche US-Acts damit ausgestattet und sind damit getourt.


    Von diesen Acts habe ich bisher kein Feedback gehört. Wir sind bisher (noch?) sehr zufrieden. Der Tragekomfort ist durch das verwendete Siliconmaterial wirklich außergewöhnlich gut. Die (fein)mechanische Verarbeitungsqualität und das Gesamtkonzept scheint mir bei den begutachteten Teilen auf einem ausgereifteren Niveau als bei Ultimate Ears zu sein. Der Klang der Stöpsel (single Treiber) ist wirklich sehr hochwertig und m.E. auch klassiktauglich. Ein Konzertflügel wird über alle Oktaven sehr linear wiedergegeben - was sonst nur der UE-10 ordentlich schafft. Der Sensaphonics hat aber gerade auch in der Räumlichkeit des Klangs eine gute Natürlichkeit, die dem Original nahe kommt. Hier klingt der UE-10 etwas künstlich. Garantie ist -wie bei IEM üblich- nur 1 Jahr! Dies gibt einem schon zu denken, was die Investitionssicherheit von IEM insgesamt anbelangt. Auf eine vergleichbar teuere UPM von Meyersound (etc.) bekomme ich 5 Jahre Garantie!! (klar, die ist nur mono, aber wirklich gut klingend und oft erprobt).


    Naja - schau mer mal! ;)