Konstanz der Richtcharakteristik von Großmembranmikros

  • Zitat von "wora"

    ich schlage mal vor die haarspaltereien aussen vor zu lassen und sich statt dessen wieder auf die ursprüngliche, weil interessante, frage zu konzentieren.


    Daher hab ich noch einen Satz hinzugefügt (siehe letzte Zeile meines letzen Postings). :)


    Fazit: Das Merkmal "Großmembran" wirkt sich erst bei höheren Frequenzen spürbarer aus.

  • Zitat

    ABER das KM-86 ist möglicherweise kein Doppelmembran-, sondern ein Doppelkapselmikrofon (steht so auch in der Beschreibung), wofür auch der größere Korb sprechen würde.


    Schon richtig, das KM86 ist sogar definitiv ein Mikrofon mit zwei Kapseln - eine absolute Sonderlösung, die sich aus gutem Grund (s.o.) nicht durchgesetzt hat. Das ändert aber nichts am Prinzip der zwei entgegengesetzten Nieren-Systeme, und somit rechtfertigt es auch keine prinzipielle Unterscheidung in Doppelnieren/Doppelmembran-Systeme, weil ja immer zwei Nieren verwendet werden.
    Noch begründet dies in irgendeiner Form Deine Theorie, dass in erster Linie ein DM-Aufbau für mangelnde Richtcharakteristik verantwortlich sein soll und nicht die Membran/Kapselgröße, auch wenn einzelne Typen die Du nennst ausreißen.


    Vielleicht noch Ergänzend: Doppelmembran-Systeme haben in der Tat Nachteile, wenn es um die damit realisierbaren Richtcharakteristika geht, die NICHT Niere sind, unabhängig von der Membrangröße.


    wora

    Zitat

    ich schlage mal vor die haarspaltereien aussen vor zu lassen und sich statt dessen wieder auf die ursprüngliche, weil interessante, frage zu konzentieren.
    wie war die nochmal?


    "Konstanz der Richtcharakteristik von Großmembranmikros"
    Die Frage, ob GM-Mikros mit Doppelmembran diese Konstanz mehr oder weniger haben gehört offenbar dazu.


    Nachtrag:

    Zitat

    Also gibt es Doppelkapsel- und Doppelmembranmikros. :wink:
    Daher nochmal meine These: Die Aufweitung in Stellung Niere bei tiefen Frequenzen ist primär ein Merkmal von Doppelmembrankapseln.


    Es ist zwecklos... :?

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat von "christopher hafer"

    Schon richtig, das KM86 ist sogar definitiv ein Mikrofon mit zwei Kapseln - eine absolute Sonderlösung, die sich aus gutem Grund (s.o.) nicht durchgesetzt hat.


    Schön, daß wir uns jetzt einig sind, daß es Doppelkapsel- UND Doppelmembranmikros gibt. :D


    Zitat von "christopher hafer"

    Noch begründet dies in irgendeiner Form Deine Theorie, dass in erster Linie ein DM-Aufbau für mangelnde Richtcharakteristik verantwortlich sein soll und nicht die Membran/Kapselgröße, auch wenn einzelne Typen die Du nennst ausreißen.


    Es betrifft nicht "einzelne Typen", sondern ich habe sehr viele "Außreißer" gefunden.
    Ich denke, daß einige Kollegen es einfach nicht "wahrhaben" wollen, daß DM und nicht GM ursächlich für einige Phänomene im Richtverhalten ist.


    Zitat von "christopher hafer"

    Doppelmembran-Systeme haben in der Tat Nachteile, wenn es um die damit realisierbaren Richtcharakteristika geht, die NICHT Niere sind, unabhängig von der Membrangröße.


    Und nicht vergessen: Bei Doppelmembranmikros (auch mit kleinen Membranen) wird das Richtverhalten bei tiefen Frequenzen kugelförmiger - bei Doppelkapselmikros (oder "reinen" Nierenmikros) NICHT !


    Schau dir die Richtdiagramme an, es ist sooooo offensichtlich (... und ein DM in Stellung "Niere" verhält sich mit seinen zwei Membranen akustisch einfach anders als ein "reines" Nierenmikro mit EINER Membran, oder nicht ?). :wink:

  • Zitat

    Schön, daß wir uns jetzt einig sind, daß es Doppelkapsel- UND Doppelmembranmikros gibt.


    Solange Du jedes Wort zweimal umdrehst werden wir uns nicht einig, solange Du Jörg Wuttkes' Argumentation nicht verstehen willst werden wir uns auch nicht einig.


    Vielleicht einigen wir uns so:
    Fakt ist: Man sollte nicht nur die Kapsel(größe) alleine betrachten, sondern auch den ganzen mechanischen Aufbau des Mikrofon-Körpers.

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat von "christopher hafer"

    ...
    Vielleicht einigen wir uns so:
    Fakt ist: Man sollte nicht nur die Kapsel(größe) alleine betrachten, sondern auch den ganzen mechanischen Aufbau des Mikrofon-Körpers.


    na, das ist doch mal ein vernünftiger vorschlag.


    und was lernen wir draus?
    mikrofonbau ist eine schwierige abwägung, welche kompromisse man eingehen möchte... also genau wie bei lautsprechern auch.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "christopher hafer"

    ... solange Du Jörg Wuttkes' Argumentation nicht verstehen willst werden wir uns auch nicht einig.


    Ich verstehe das schon recht gut - hier nochmal die etwas umstrittene Argumentation:

    Zitat

    Wuttke, Jörg: "Das Mikrofon zwischen Physik und Emotion" Vortrag, 20. TMT 1998 S. 11


    ......Physikalisch betrachtet haben Großmembranmikrofone wenig Vorteile aber einige Nachteile. Der charakteristischste Nachteil ist eine höhere Frequenzabhängigkeit des Richtdiagramms als bei Kleinmembranmikrofonen. Das führt immer zu einer klanglichen Verfärbung, die jedoch als "Sound" willkommen sein kann. Eine Richtcharakteristik, die sich bei tiefen Frequenzen zur Kugel aufweitet, bewirkt manchmal einen Klangeindruck, der mit "Wärme" beschrieben wird.


    Die ersten 3 Sätze moniere ich auch nicht.
    Aber dann wird der Eindruck erweckt, daß die Aufweitung zur Kugel ein Folge des Kapseldurchmessers ist. Dies ist aus meiner Sicht falsch und irreführend. Der größere Kapseldurchmesser wirkt sich erst bei höheren Frequenzen aus. Er wirft hier also Doppelmembran und Großmembran "in einen Topf". :wink:


    Zitat von "christopher hafer"

    Vielleicht einigen wir uns so:
    Fakt ist: Man sollte nicht nur die Kapsel (größe) alleine betrachten, sondern auch den ganzen mechanischen Aufbau des Mikrofon-Körpers.


    Aber gerne: Der größere Kapseldurchmesser wirkt sich bei höheren Frequenzen aus (was ja nicht neu ist) ... und "der ganze mechanische Aufbau" (wozu auch das Prinzip "Doppelmembran" gehört) macht u.a. auch bei tiefen Frequenzen Probleme (Beispiel: Aufweitung bei "Niere" zu "kugelförmig" ...).


    Dann haben wir ja die ursächlichen Zusammenhänge endlich beieinander gebracht. :D

  • Hier der versprochene Expertenbeitrag. Vielen Dank an Christian, der sich für uns so viel Mühe gemacht hat:


    Hallo Gunther,


    nachdem mich alle Erklaerungsversuche nicht so recht zufriedengestellt haben, hier mein eigener (ganz einfacher, eigentlich nur Punkt 3.2.1, der Rest ist Vorgeplaenkel und Gedankenexperiment).


    1.) Vergiss einfach die Kugel und Acht Additionen


    2.) Vergiss einfach die Art der Abstimmung der Membran (fest oder schlaff, d.h. mit hoch oder niedig abgestimmter Eigenresonanz); diese Abstimmung hat naemlich nur auf den Frequenzgang einen Einfluss (Kugel = hoch abgestimmt -> federgehemmte Auslenkung, Acht =tief abgestimmt->massegehemmte Auslenkung), ansonsten haette die Acht einen mit 6dB/Oktave zu tiefen Frequenzen hin abfallenden Frequenzgang. Auf die Richtcharackteristik hat diese Abstimmung aber gar keinen Einfluss.


    3.) Ich mag gerne Grenzwertbetrachtungen (lim->0 oder lim->inf.), dann werden die Modelle meistens ziemlich einfach.


    3.1) Betrachten wir einmal eine Kleinmembrannierenkapsel mit einer Membran und rueckwaertigem Schalleinlass und setzen diese einem statischen Gleichdruck aus (lim(f)->0Hz!). Die Membran erfaehrt von beiden Seiten die gleiche Kraft und wird daher gar nicht ausgelenkt, folglich liefert sie kein Ausgangssignal.


    3.2) Diese Grenzwertbetrachtung wenden wir nun auf das Grossmembran Doppelkapselmikrofon an: Hier wird das Laufzeitglied der jeweiligen Membran durch die abgewandte Membran und feine Bohrungen gebildet (ich mag den Begriff Laufzeitglied nicht so gerne, im Grunde genommen ist es eher ein daempfender Stoemungswiderstand, der den auf die Membranrüeckseite eintreffenden Schall soweit daempft, dass sich eine Richtcharackteristik ergibt.


    Die Richtcharakteristik der Doppelmembrankapsel wird ueber die an die rueckwaertige Membran angelegte Polarisationsspannung erzeugt: Ist diese genau so hoch wie die der vorderen Membran ergibt sich Kugelcharakteristik, ist sie umgekehrt polarisiert, loeschen sich für aus 90 Grad eintreffen Schall erzeugten Signale genau aus, da auf beide Membran exakt die gleiche Kraft wirkt, diese aber Spannungen mit umgekehrten Vorzeichen erzeugen.


    Fuer die Nierencharakteristik wird die rueckwaertige Membran gar nicht polarisiert, sondern wirkt als Passivmembran (und 'Laufzeitglied', da sie ja schalldurchlaessig ist.


    3.2.1) Jetzt kommt das Eigentliche: Was passiert bei 0Hz?


    - Die Kapsel ist nach meinem Modell nun ein druckdichter 'Behaelter' (von feinen Kapillaroeffnungen einmal abesehen, die interessieren mich hier aber nicht).
    - Beide Membranen werden gleichmaessig ausgelenkt (das ist der eigentliche Unterschied!).


    - Eine der beiden Membranen ist polarisiert und erzeugt daher durch ihre statische Auslenkung eine Ausgangsspannung, diese ist genau halb so gross wie die statische Ausgangsspannung bei Polarisierung beider Membranen.


    3.2.1) Gedankenexperiment:


    Was wuerde passieren, wenn man die ruekseitige Membran mit einer dichten Platte verschliesst.


    ( Anmerkung von GUMA: Das träfe wohl dann mit Ausnahme der Kapillaren auch für TLM 103, C214, also "Einzelmembran-Großmembran" zu )


    - Die vordere Membran wuerde doppelt so stark ausgelenkt da der Druck (p) gleichbleibt aber da p=f/A (Druck (p) gleich Kraft (f) durch Flaeche (A) ) konstant ist sich bei halber Membranflaeche (A) die Kraft (f) und damit auch die Auslenkung verdoppeln muss (beim Druckempfaenger ist die Membranauslenkung federgehemmt, s.o.), verdoppelt sich die Ausgangsspannung genauso wie bei offener Doppelmembrankapsel mit Polarisierung beider Membranen.


    4.) Ergebnis:


    Das bedeutet, dass die Rueckwaertsdaempfung der Doppelmembrankapsel in Stellung Niere zu tiefen Frequenzen nur bis auf -6dB gegenueber der rueckwaertigen Empfindlichkeit des Druckempfaengers zunimmt! Dann ist die Rueckwaertsdaempfung sogar hier noch geringer als die einer breiten Niere (-10dB )


    noch ein Nachtrag: Bei 0Hz hat die Empfindlichkeit des Mikrofons um 6dB, die Richtcharackteristik ist aber dennoch Kugel.


    Ich nehme daher an, dass das Mikrofon einen in Stellung Niere zu tiefen Frequenzen hin bis auf -6dB abnehmende Empfindlichkeit hat und sich bei 0Hz die rueckwaertige und frontale Empfindlichkeit gleichen, also keine breite Niere, sondern sogar eine Kugel ensteht.


    Dies alles ist natuerlich ziemlich akademisch, da kein Mensch die Mikrofonempfindlichkeit bei 0Hz messen kann und es sowieso ein Trittschallfilter hat, das unterhalb 20Hz alle Signale abfiltert.



    Christian Langen
    Leitung Entwicklung
    Head of R&D


    Schoeps Mikrofone
    Schalltechnik Dr.-Ing. Schoeps GmbH
    Spitalstr. 20


    76227 Karlsruhe - Germany

  • Zitat

    Diese Grenzwertbetrachtung wenden wir nun auf das Grossmembran Doppelkapselmikrofon an ...


    ... eine Überlegung, die generell - d.h. auch für Kleinmembran Doppelkapseln - gilt !


    Zitat

    Das bedeutet, dass die Rueckwaertsdaempfung der Doppelmembrankapsel in Stellung Niere zu tiefen Frequenzen nur bis auf -6dB gegenueber der rueckwaertigen Empfindlichkeit des Druckempfaengers zunimmt! Dann ist die Rueckwaertsdaempfung sogar hier noch geringer als die einer breiten Niere (-10dB).


    Bei Messungen (um 100 Hz ... d.h. nicht wie im Modell "um" 0 Hz) von Doppelmembranmikros ist die Rückwärtsdämpfung in Stellung "breite Niere" (im Mittel -7 dB gegenüber Kugel) geringer als in Stellung "Niere" (im Mittel -12 dB gegenüber Kugel), was aber insgesamt den Einfluß von Doppelmembrankapseln auf die Rückwärtsdämpfung in Stellung "Niere" klar bestätigt.


    Für die Rückwärtsdämpfung bei "breite Niere" scheint das Modell des Kollegen offenbar noch einen "Zinken" zu haben (ggf. Vorzeichenfehler bei der rückwärtigen Membran ?).


    @Gunther
    Danke für deine Mühe. :)

  • Mensch Gunther ... ich wollte nur eure Diskussion etwas auflockern .... und ich muss gestehen, die Erklärung von Christian Langen leuchtet mir ein, und ist doch relativ verständlich ... eine Sache die ich schon immer an ihm gemocht habe. ich weiss nicht wie viele Samstage im Rockshop mit ihm über Digitalpulte & Digitalmikrofone philosophiert habe ... und was Schoeps anders macht als andere ... ein faszinierender Nerd, der Herr Langen.


    Und jetzt zurück zum Thema, ich verstehe zwar nur die Hälfte (höchstens), aber es bleibt spannend.

  • die erklärung von herrn Langen liest sich schlüssig.
    mit den "0Hz" hatte ich auch so meine probleme, denn ich bin doch mehr der praktiker :D



    guma:
    richte christian doch mal bitte nen gruss von mir aus. ich hab ihn leider schon lange nicht mehr getroffen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang