Na, dann oute ich mich mal: ich mag Graphic EQ. Gerne das gelinkte Pärchen im Digipult; wenn da nichts geht, dann eben extern. Am liebsten ist mir natürlich, wenn ich ihn nicht benutzen muss – passiert aber nicht so oft. Deshalb hat einer da zu sein. Punkt.
Einziger Grund: ich bin als Tonmann einfach zu schlecht.
Ich sehe ein: so gut wie alle hier schreibenden Kollegen arbeiten ausschließlich auf perfekten Shows. Jede einzelne mit mehrwöchiger Vorbereitungszeit. Sorgfältigste Simulationen und Konzipierung/ Zusammenstellung der idealen Beschallungsanlage. Aufopfernd betreut von den absoluten Cracks der Systemtechszene. Budget? Über Geld spricht man nicht, das hat man. Zwei bis drei Aufbautage, und noch einer zum Einmessen. Klar, dass jeder die dazugehörigen Programme spielend aus dem Eff Eff beherrscht und die angezeigten Zahlen/ Bildchen/ Graphen stets fehlerfrei zu interpretieren weiß. Und eventuelle Probleme augenblicklich mit Hilfe von ein, zwei perfekt in f/ q/ Anhebung/ Absenkung gesetzten Filtern geradezu spielerisch leicht ausmerzt. In Venues mit Idealakustik, unabhängig von Publikums – Füllstand und Bühnenlärm. Mit ganz genau vorhersehbarem Programmmaterial und absolut formschwankungsfreien Musikern/ Backlinern/ Mikrofonierern auf der Bühne.
Absolut einleuchtend, das. Deshalb klingt’s ja heutzutage auch auf praktisch allen Konzerten so großartig.
Fast. Bei meinen (jedenfalls den meisten) ist das nicht so. Da lauern fiese Blechhallenakustiken, die im Leerzustand jedweden EQ – Versuch absurd erscheinen lassen. Wo gelangweilte/ unterbezahlte/ überforderte Kistenspediteure ihre ¾ - defekten Altlastenstapel abgekippt haben. Oder hochengagierte Jungunternehmer und - fachkräfte ihre allerneuesten wertigen, hoffnungslos unterdimensionierten Markenschätze vorführen/ ausprobieren wollen (fast noch schlimmer). Die dabei leider häufig der englischen Sprache genau so wenig mächtig sind wie der fachgerechten Installation ihrer Kostbarkeiten. Macht aber nichts; mein Tourbus oder Shuttle kommt eh erst an, wenn die Veranstaltung längst läuft. Systemcontroller? Hoffentlich gibt’s keinen; die Gefahr, dass jemand am Herstellersetup rumgepfuscht hat ist einfach zu groß.
Laufen muss die Sache aber trotzdem. Ohne Zeit für Analysen, Messprotokolle, Gedanken über Filtercharakteristiken, Phasenlagen oder gar Änderungen am Systemsetup. Mit etwas Glück reicht’s für einmal kurz ins SM58 husten beim Changeover. Und los.
Wenn jetzt was sägt/ näselt/ wummert/ dröhnt/ sonst wie nervt, dann muss das beim ersten Song weg. Da ist keine Zeit für Spielchen am 8 –fach parametrischen oder auf dem Laptop. Da gehören 31 Fader hin, mit denen man das Gröbste im Schnellverfahren ausprobieren und bei Bedarf mal eben platt machen kann. Mehr braucht’s jetzt nicht – und mehr kann ich in der Situation auch gar nicht schnell genug bedienen.
Siehe oben. :roll:
Mit freundlichem Gruß
BillBo
(der bis Ende des Jahres wieder auf knapp 250 Livejobs rumdilettiert haben wird)