Bühnenhöhe und Absturzsicherung - jetzt mal Fakten bitte!

  • So Leute, wie im Disco-Podest thread angedeutet habe ich folgendes Problem:


    Eine Bühne die von Besuchern (laut definition MVStättV) betreten wird
    Ist ganz klar Teil der versammlungsstätte, da findet diese Anwendung.


    Bisher ging ich davon aus, das eine Bühne die nur von eingewiesenem Personal betreten wird
    Nach BGVc1 zu bewerten ist.


    Das finde ich auch wieder im "Praxisleitfaden Versammlungsstättenverordnung (ISBN 383341520-7)
    Dort steht in den Anmerkungen zu Paragraph 11 MVStättV:


    "Da die MVStättV primär dem besucherschutz dient, kann dies sinnvollerweise nicht auf
    die spielorte und Szenenflächen übertragen werden."


    Über dritte wurde mir jetzt gesagt das stimme so nicht, die Info kommt angeblich von einem Ludger Klaus, der wohl Experte ist.


    Da ich bei sowas gerne Gewissheit habe, woher kommt die Annahme im Praxisleitfaden? Gibt es dazu Gesetzestexte oder Urteile zum nachlesen irgendwo?


    Denn wenn nicht müßte ich davon ausgehen das dir Bühne Teil der Versammlungsstätte ist, und somit auch dessen regeln für abschrankungen gelten.


    Wer kann mir ( und damit bestimmt auch anderen) Klarheit bringen?

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

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  • Hallo wertes Forum,


    nach langem Mitlesen habe ich mich nun auch registriert und möchte direkt zur Tat schreiten.


    Zu Herrn Ludger Klaus: er kennt die MVStättV vermutlich auswendig. Er ist Ingenieur (Diplom und Master) für Veranstaltungstechnik, betreibt entsprechend ein Ingenieursbüro in Berlin und ist auch Dozent an der Beuth HS, wo ich das Vergnügen mit ihm hatte. (Ich bin ebenfalls Absolvent) Auch wenn er manchmal seine ganz eigenen Ansichten hat, so hat er auf jeden Fall Ahnung und Erfahrung. über seine Aussage zu dem §11 möchte ich mich jetzt aber nicht äussern, denn ich kenne die genauen Zusammenhänge seiner Aussage dazu nicht.


    Was kann man aber allgemein zu dem Paragraphen sagen? In der Begründung zur MVStättV steht folgendes:
    "§11 […] ergänzt die Bestimmungen des § 38 MBO 2002. § 38 Abs. 1 Nr. 1 MBO 2002 schreibt grundsätzlich die Umwehrung von begehbaren Flächen mit mehr als 1 m Höhe über angrenzenden Flächen vor; lediglich die Seiten, die aus Gründen der Nutzung offen bleiben müssen, sind nicht zu umwehren. Bei Bühnen ist dies die zum Zuschauer zugewandte Seite."


    Es geht also auch um Bühnen, aber eben nicht nur. Vor allem geht es aber um Zuschauerflächen.


    Die Ausführung der Abschrankung wird dann noch weiter ausgeführt, siehe Absatz 2 und 4 sowie die Begründung. In dieser wird auch die DIN 1055 erwähnt mit dem Hinweis, das die dort angenommene Lastannahme (Anpralllast) zu gering ist. Es wird weiterhin die DIN EN 13200-1 erwähnt, welche detailliertere Annahmen trifft, aber zum Zeitpunkt der Begründung jedoch noch im Entwurf war. (Ich habe hier die Fassung vom Juni 2005 mit Änderungen vom Februar 2010)
    Weiterer wichtiger Satz in der Begründung zum §11 Abs. 4:


    "In den nur den Beschäftigten der Versammlungsstätte zugänglichen Bereichen, wie der Bühne, reichen die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen insbesondere der GUV 6.15 (=VBG 70 = BGV C1) aus."




    Nun kommt hier von Karel Noon aber etwas ins Spiel, was als sehr sehr sehr kritisch zu erachten ist: Besucher betreten die Bühne.
    Bevor ich mich jetzt aber dazu äussere, wären ein paar weitere Infos notwendig. Warum betreten Besucher die Bühne und was tun sie da? Werden die Besucher eingewiesen? Sind noch Mitarbeiter auf der Bühne? etc. etc. etc.
    Pauschal kann man das Problem nicht beantworten.

    Viele Grüsse,
    Mario Henkel

  • Also mir geht es um die Situation Bühne + Personal, eindeutig ohne Besucher.


    Denn mit Besuchern ist die Sache ja klar geregelt.
    Ich dachte ohne eben auch, deswegen hat mich diese an mich heran getragene Aussage verwundert. Kann sein das die in einem falschen zusammenhang stand, wir kommen aber dank der Antwort von Nasi der Sache näher, er verweist auf die Begründung zur MVStättV,
    Dazu noch folgende fragen:


    Welche rechtliche Legitimität hat die Begründung? Ist die fester Bestandteil? Also kann ich mich im Zweifelsfall (Rechtsstreit ) darauf verlassen und mich damit absichern?
    Es geht nicht um einen konkreten fall, nur Theorie und wissenserweiterung.




    Zu dem letzten nur der Hinweis, die MVStättV ist da eindeutig, egal warum, wie lange oder weswegen Besucher auf der Bühne sind, sie sind und bleiben Besucher. Und somit gelten die regeln für zuschauerbereiche, also MVStättV


    Ich gehe jetzt erstmal die begründung lesen, danke Nasi :wink:

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  • Zitat von "Karel Noon"


    Dazu noch folgende Frage: der zitierte Satz ist Teil der Begründung zu Paragraph 11 Absatz 4, kann ich diesen dann auch für andere Absätze des gleichen Paragrafen übertragen? Also um meine ursprungsfrage zu klären müsste ich ihn auf Absatz eins anwenden, dort steht er aber nicht!?!


    Geht es nicht bliebe die Bühne nach wie vor ein allgemein zum betreten bestimmter Bereich einer Versammlungsstätte, und wäre mit einer absturzsicherung zu Versehen, egal wie hoch, oder?

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  • Nur eine kurze Antwort, ich muss gleich einen Abbau machen:


    Zitat von "Karel Noon"


    Zu dem letzten nur der Hinweis, die MVStättV ist da eindeutig, egal warum, wie lange oder weswegen Besucher auf der Bühne sind, sie sind und bleiben Besucher. Und somit gelten die regeln für zuschauerbereiche, also MVStättV


    In dem Moment, wo Besucher sich auf die Bühne begeben, fallen sie auch unter den Versicherungsschutz der BG! Sie werden in dem Moment nämlich zu Akteuren, Darstellern, was-auch-immer. Daher ist ja auch die Einweisung etc. notwendig.
    (so entsinne ich mich an die Vorlesung bei Herrn Klaus)



    Die Begründung wird - ebenso wie die MVStättV - von der ARGEBAU Fachkommission Bauaufsicht herausgegeben.

    Viele Grüsse,
    Mario Henkel

  • Zitat von "Karel Noon"

    […]


    Selbstverständlich gehört die Bühne zur Versammlungsstätte und somit auch zum Geltungsbereich der MVStättV.


    Zitat von "Karel Noon"


    Der Arbeitsschutz stellt naturgemäß "geringere" Anforderungen, da es um den Schutz eingewiesener und qualifizierter Personen geht. Wenn du auf Arbeit eine Maschine bedienst, nimmst du sie erst einmal in Augenschein, ob sie auch in Ordnung ist. Wenn du als Besucher ein Theater betrittst fragst du aber eher selten an der Kasse nach aktuellen Prüfzertifikaten...



    Sind jetzt eigtl. noch Fragen offen? Ich steige gerade nicht mehr ganz durch :roll:

    Viele Grüsse,
    Mario Henkel

  • Jetzt habe ich mehrfach die Frage, die diversen Antworten und die Erwiderungen darauf gelesen und verstehe die Problematik nicht, da es keine gibt. Das einzige Problem ist das bunte Durcheinanderwürfeln von Rechtsquellen und mangelhaftes Lesen.


    Bühne in Versammlungsstätte: Bühne ist Bühne und dort befinden sich zunächst Mitarbeiter und Künstler = Thema Arbeitsschutz = BGV C1 §6, Abs. 1 und 2.


    Auf Bühne sollen Besucher als Mitwirkende = Arbeitsschutz = BGV C1, § 17, Abs. 2 und DA zu § 17, Abs. 2.


    Auf Bühne sollen Besucher, die NICHT Mitwirkende sind, weil die Bühne z.B. als Tanzfläcjhe dienen soll = Sonderbauverordnung (SBauVO NRW) da wir über NRW sprechen. Dort § 11. Also Abschrankung. Wo ist denn bloss das Problem???


    Dazu brauche ich noch nicht mal Kommentare, sondern da reicht (für NRW) die SBauVO, die Erläuterungen zur VStättVO-NRW, und die BGV C1.

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  • simonstpauli: weil es hier erstmal egal ist ob in dem jeweiligen Land jetzt 20, 40 oder 60 cm heraus kommen. Es geht mir um das klären der Grunsätzlichen Frage: Wann zählt welche Vorschrift.


    Meine Antworten wieder mal in Rot bzw. Blau:



    Also meine Ursprungsfrage ist geklärt, und es verhält sich so wie ich es immer gekannt habe.
    Jetzt können wir hier gerne noch sehen ob der zweite von Falco genannte Punkt "Besucher als Mitwirkende" so rechtens ist, oder ob man den aufgrund des von mir zitierten Satzes komplett streichen kann?!


    Dann blieben nur die beiden deutlich voneinander getrennten Optionen:
    Ohne Besucher = BGVC1
    Mit Besucher (egal ob mitwirkend oder nicht) = MVStättVO



    Edit: Orthografie ist nicht meine Stärke, daher mal eine kleine Korrektur :wink:

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  • Nun hat sich keiner mehr hier verewigt, da gebe ich nochmal, hoffentlich erhellend und abschließend ein bisschen Info.


    In dem zweiten Fall mit "mitwirkenden Zuschauern" können wir unterschiedlicher Meinung über die heranzuziehenden Rechtsquellen oder die genauen Bezeichnungen sein. Für mich ist das Schutzziel entscheidend und das ist der Schutz von Menschen. In dem Augenblick, in dem ich Besucher auf der Bühne/Szenenfläche zulasse, kann ich schlecht ein Geländer oder Fangnetz aufziehen. Daher sollte der Besucher eine kurze Einweisung bekommen: "Achtung. Da vorne ist die Bühnenkante. Absturzgefahr!" Sollte ein Mucker einen Besucher auf die Bühne holen, ist er derjenige, der auf seinen Gast/Fan aufpassen sollte.


    Alles gut jetzt?

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  • Zitat von "falcocgn"

    Nun hat sich keiner mehr hier verewigt, da gebe ich nochmal, hoffentlich erhellend und abschließend ein bisschen Info.


    In dem zweiten Fall mit "mitwirkenden Zuschauern" können wir unterschiedlicher Meinung über die heranzuziehenden Rechtsquellen oder die genauen Bezeichnungen sein. Für mich ist das Schutzziel entscheidend und das ist der Schutz von Menschen. In dem Augenblick, in dem ich Besucher auf der Bühne/Szenenfläche zulasse, kann ich schlecht ein Geländer oder Fangnetz aufziehen. Daher sollte der Besucher eine kurze Einweisung bekommen: "Achtung. Da vorne ist die Bühnenkante. Absturzgefahr!" Sollte ein Mucker einen Besucher auf die Bühne holen, ist er derjenige, der auf seinen Gast/Fan aufpassen sollte.


    Alles gut jetzt?


    Ich sehe das ähnlich.


    Wenn ein Besucher kurzfristig auf die Bühne geholt wird, ist es meines Erachtens unpraktisch, die Bauart der Bühne zu verändern, z.B. durch eine Abschrankung nach vorne. Diese könnte ja direkt nachdem der Besucher die Bühne verlassen hat, wieder abgebaut werden. Und beim nächsten wieder aufgebaut. Daher würde ich auch den entsprechenden Besucher zum Mitwirkenden deklarieren.


    Fall 3, Bühne als Tanzpodest ausschließlich für Besucher: Besucher sind und bleiben Besucher. Wer sollte hier auch eine Einweisung machen?


    Schwierig wird es für mich in Grenzfällen, z.B.:
    Band holt 30 Besucher auf die Bühne zum Zwecke des gemeinsamen Feierns. Die Einweisung eines jeden einzelnen Besuchers ist hier nicht mehr gewährleistet, die Musiker können auch nicht mehr auf jeden Einzelnen aufpassen. Ich kenne Musiker, die haben es schwer genug, auf sich selbst aufzupassen, ein Mal musste ein Fotograf, der zufällig relativ mittig im Bühnengraben stand, einen Sänger vor einer schweren Rückenverletzung bewahren (Sänger sprang vom Schlagzeugpodest und direkt weiter von der Bühne Richtung Absperrung. Der zweite Teil war unbeabsichtigt.)

  • Eine Band, die gerne mal das halbe Publikum nach oben holt, sollte ganz klar und deutlich auf die möglichen Folgen ihres Handelns hingewiesen werden. Es sind ja immer dieselben, wenigen Vögel, die sowas toll und cool finden. Lass die mal eine Haftungsübernahme unterschreiben...

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  • Zitat von "falcocgn"

    Eine Band, die gerne mal das halbe Publikum nach oben holt, sollte ganz klar und deutlich auf die möglichen Folgen ihres Handelns hingewiesen werden. Es sind ja immer dieselben, wenigen Vögel, die sowas toll und cool finden. Lass die mal eine Haftungsübernahme unterschreiben...


    Das passt zwar nicht zum Thema, aber ebenso schlimm die Bands, die Konzertanimation so cool finden: und jetzt setzen sich alle mal hin. Alle hinsetzen, auch ihr da hinten...
    Ergebnis: Platzbedarf pro Person verdoppelt.

    Burkhard Strelow
    Sicherheitsfachplaner für Versammlungsstätten (Vabeg / TÜV SGS)
    Fachkraft für Arbeitssicherheit
    Brandschutzbeauftragter


    Heideweg 2 / 02953 Bad Muskau / 0179-9478749
    http://www.bs-kult.de

  • Hallo erst mal,


    ich habe gerade Aktuell das Problem, bei uns im Haus wird bei einer Faschings Veranstaltung im Wechsel auf der Bühne etwas vorgeführt und dann wieder die Bühne zum Tanz frei gegeben. Der Verein hat sich die Lösung einfallen lassen, sie bauen eine Treppe in der ganzen Bühnenbreite, nach 11 Abs.1 Steht da:


    Zitat

    (1) Flächen, die im Allgemeinen zum Begehen bestimmt sind und unmittelbar an mehr als 20 cm tiefer liegende Flächen angrenzen, sind mit Abschrankungen zu umwehren, soweit sie nicht durch Stufengänge oder Rampen mit der tiefer liegenden Fläche verbunden sind.


    ist das so richtig, was haltet ihr davon?


    LG Ebbe

  • Ja, was Du vermutest ist richtig. Bühne für Aufführung und Musik = eingewiesene Personen = kein Geländer, weil szenisch bedingt. Bühne als Tanzfläche und von Besuchern begangen/betanzt = Absturzgefahr und somit Geländer an den Absturzkanten Pflicht. Zur Treppe bitte die Arbeitsstättenrichtlinien beachten ASR A1.8, Punkt 4.5
    (10) Treppen müssen:
    - einen Handlauf haben,
    - an beiden Seiten Handläufe haben, wenn die Stufenbreite mehr als 1,5 m beträgt und zusätzlich
    - Zwischenhandläufe haben, mit denen die Stufenbreite in zwei Breitenabschnitte unterteilt wird, wenn sie mehr als 4,0 m beträgt.

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