Warum klingen Festival Mitschnitte IMMER bescheiden?

  • Das kommt darauf an wie man das definiert.
    Das Live anders klingt als Studioproduktionen sollte doch klar sein.
    Zudem werden bei Live mitschnitten verschiedene Ton Konzepte der Aufzeichnungen durchgeführt.


    Bist du neu in der Branche ?!? :roll: :roll: :roll:


    :wink: Schotte

  • Vielleicht hat's ja damit zu tun, dass man in 6 Wochen Studio ein bisschen mehr gebacken kriegt als in 6 Minuten Linecheck beim Changeover?


    Ich darf mich Schotte anschließen: hast du schon mal auf einem Festival gearbeitet? :lol:


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Nuja ich weiß schon wie es da zugeht, aber da steht ein Ü-Wagen da sitzen teure Profis vor noch teurerer Technik und die bekommen gerade mal das als Ergebnis hin?
    Oder ist das ein spezieller TV Mix der gerade so auf billigen Fernsehpappen klingt aber nicht auf meinen Genelecs?
    Da klingt jeder Zoom Stereomitschnitt aus dem FOH Pult besser :-/


    Ich bin ja kein Tonler, daher die Frage ...

  • Zitat von "julian knödler"

    Nuja ich weiß schon wie es da zugeht, aber da steht ein Ü-Wagen da sitzen teure Profis vor noch teurerer Technik und die bekommen gerade mal das als Ergebnis hin?


    Die ganze Technik ändert nix dran dass a) die akustischen Bedingungen auf einer Festivalbühne sehr besch...en sind (Reflektierende Planen, Lärm von Generatoren oder Nachbarbühnen, rappelnde Teile an Rollrisern...), b) die Changeoverzeiten es so gut wie nie erlauben Mikrofone und Monitore wirklich optimal zu positionieren und c) auch die Performance der Musiker selbst unter dem Stress und der ungewohnten Monitorsituation leidet.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • Hallo,


    wenn Rundfunk, TV und Konsorten nicht die "Hauptdurchführenden" sind und selber nicht Abmikrofonieren oder sich nen Multikore Mehrkanal Split ziehen zum später Re-Mastern bekommen die meist nen cleanen Stereo Summen Mix oder so zugespielt.
    Der "Raumklanganteil" wird dann da teilweise mit extra Mikros "zugebastelt". :wink:
    Das ne Master Summe so ganz OHNE PA-Klanganteil und direktem Raumklangerlebniß halt anders klingt als ne Studioproduktion is wohl so.
    Zudem haben 99,8% aller User Zuhause überhaupt keine Abhöre die technisch und klanglich überhaupt in der Lage wäre wirklich großartige Live Mitschnitte Originalgetreu in den Abhörraum zu projizieren. :wink:


    :) Schotte

  • Die Fragen bei sowas sind doch wirklich:


    - welchem Zweck dient der Mitschnitt
    - welche Signale kriegt der Mitschnitt-Dienst/Ü-Wagen
    - wieviel Zeit hat er bevor es "losgeht" sich mit diesen Kanälen zu befassen
    - wie sind allgemein die Bedingung auf/um die Bühne
    - welche Fähigkeiten/Ambitionen hat der Mensch am Broadcast-Pult bzw. in der Post in Sachen "Rock/Pop Sound"



    niggles:


    Also viel besser können die akustischen Bedingungen auf einer halbwegs ausgewachsenen, ordentlich und professionell ausgestatteten Open Air Bühne doch wirklich kaum sein...

  • hmmm... ich habe mir die verschiedenen soundbeispiele jetzt mal angehört.
    und ganz ehrlich, mir ist jetzt nicht ganz klar, was an den letzten beispielen so viel besser sein soll als an den ersten?
    mal abgesehen von der hübschen blondine... oder an den gated reverbs auf den drums?
    aber vielleicht liegt hier ja das geheimnis? :roll:


    letztendlich sind das alles unperfekte livemitschnitte. aber live ist nun mal oft nicht 100% perfekt, vor allem wenn der FOH mal wieder neben der bühne stehen musste, oder wenn man wie bereits erwähnt keinen soundchek haben konnte... :lol:

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Die Studio-Aufnahme hat Overdubs/Samples, viel mehr Effekte und Sounding. Selbst die besten Mics ändern nichts daran, daß die Musiker live was anderes machen (müssen) als in der Konserve und es alleine schon deshalb niemals so klingen kann wie die Aufnahme aus dem Studio. Wer das nicht raushört, sollte mal etwas das Gehör schulen.

    You probably have the right hammer, you've just got to stop hitting your thumb.

  • Also in Festival-Ü-Wagen möchte ich nicht (mehr) sitzen:
    Die meisten Bands kommen mit eigenen Pulten und Mikrofonen und selbst Linechecks finden oft nur noch rudimentär (und ohne PA) statt.
    Woher soll ich im Ü-Wagen eine Vorstellung davon bekommen, wie die Gains aussehen und wie die Instrumente wirklich klingen (sollen), um ab Minute 1 einen sendefähigen Mix herzustellen?
    Von Effektauswahl, kurzfristigen Patchänderungen usw. ganz zu schweigen.
    Und dieser Mix landet dann im Netz...


    Ich biete den Ü-Wagen immer einen Pre-PA-EQ-Mix an, entweder als Referenz oder zusammen mit deren Audience-Mics als Endprodukt.
    Zusätzlich läuft bei mir ein "TV-Mix" mit, der auch in kleineren Locations einen annehmbaren Pre-Fade-Mix bietet (Stichwort Backline-Anteil).
    Auch Effekte hab ich schon getrennt geschickt.

  • Bei allem Respekt, aber ich muss dem Threadstarter recht geben.


    Richtig ist, das für einen Komplettmix meist die Zeit fehlt und die Abhöre in die Ü-Wagen meist für Rock´n´Roll Suboptimal ist, aber wofür gibts Kopfhörer...


    Dennoch fällt auch mir immer wieder auf das der Ton oft nicht einmal im Ansatz die Liveatmosphäre transportiert.


    Das angeführte Beispiel von Julian ist zudem ein extrem schlechtes, da das ganze hier im Zelt spielt und offensichtlich nur der Livemix, oder die Ambience übertragen wurde. Das ganze klingt sehr schmutzig und verwaschen. Da sind die Aufnahmen von Julian selber tatsächlich um längen besser.


    Was mich bei solchen Übertragungen immer am meisten stört ist der ungehemmte Einsatz eines Summenkompressors, der das ganze wohl "Sendefähig" machen soll, aber leider jegliche Dynamik raubt...


    Wie z.b. bei den schon sehr guten Übertragungen von Wacken, hier fühle ich mich genötigt meinen Subwoofer um 10-12 db anzuheben damit da überhaupt so etwas wie ein "Bumm" erkennbar wird...
    Und ja ich habs auch mal direkt über die Fernsehlautsprecher versucht, weil ich auch dachte das es vielleicht hierfür "optimiert" wurde...
    Ist aber gleichfalls als nicht ausreichend zu bewerten.


    Das was ich mir aber durchaus vorstellen kann ist, dass dies so gewollt ist. Denn wer bezahlt denn noch den teuren Eintritt wenn man ein phantastisches Konzerterlebnis zu Hause auf dem Sofa beim Kühlen Bierchen und Chips genießen kann :D


    Fakt ist: es geht, es gibt Beispiele die es zeigen. da wären z.B. die Fanta4 beim RaR - ich glaube 2014, oder die Übertragung der Trauerfeier von Michael Jackson - das war nahezu Perfekt :-D, oder auch Florence and the Machine auf dem Hurrican - noch nicht Perfekt, aber nah dran ;)


    Perfekt muss es ja auch gar nicht sein, es ist Live - aber zumindest schön ;)
    Denn am schönsten isset doch wenn et schön is...


    Gruß
    toadie

    Physik kann man nicht überlisten

  • Zitat von "toadie"


    Das was ich mir aber durchaus vorstellen kann ist, dass dies so gewollt ist. Denn wer bezahlt denn noch den teuren Eintritt wenn man ein phantastisches Konzerterlebnis zu Hause auf dem Sofa beim Kühlen Bierchen und Chips genießen kann :D


    Genau das ist es was ich auch vermute und noch hoffe bestätigt zu bekommen ... traue mich sogar wetten, dass der Mann im Ü-Wagen nen super Ton macht, der Sender das dann aber wieder vermatscht.

  • Was mir in letzter Zeit immer stärker auffällt, ist der unglaublich hohe Anteil von Ambience bei allen möglichen Aufzeichnungen/Übertragungen - ob bei der (heute mittag kurz reingezappt) Moderation des BuViSoCo (Elton hatte bei seinem Bericht aus dem Irgendwas-Room den gleichen Hallensound wie Raab als Bühnenmoderator, von daher schliesse ich ungewolltes Übersprechen klar aus) oder diverse Festivalmitschnitte im Radio: läuft beim Autofahren mal ein cooler Song vom Festival XY und ich drehe etwas lauter auf, zerreisst es mir beim Applaus regelrecht den Schädel.


    Wenn das bei den Produzenten die Auffassung von "Live-Feeling" ist, sehe ich für die nähere Zukunft schwarz in Punkto "akustisch überzeugende Live-Übertragung".


    An der Stelle kann ich übrigens auch die Argumente "kurze Umbauzeiten, eigene Bandtechnik, etc." nicht gelten lassen, da der Ambience-Anteil in den Händen des Ü-Technikers und nicht des Beschallers liegt.
    Die sonstige Mixqualtät lasse ich bewusst jetzt einmal aussen vor - bei den allermeisten Konzerten weiss ich schliesslich auch nicht wie's vor Ort live klingt (und wie es bei Zimmerlautstärke klingen würde -> subjektive Wahrnehmung durch Lautheitsempfinden).

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • Viele Aspekte wurden ja hier schon genannt, ich möchte auch noch meine 2 Cent reinwerfen:


    1. Die Tonregie in einem Fernseh-Ü-Wagen ist oft - sagen wir mal - dem Stellenwert des Tons im Fernsehen angemessen. Was beim Radio einen kompletten Ü-Wagen füllt, ist beim Fernsehen ein Kabuff. Allein die Abhör-Situation, aber auch die Anzahl der Kanäle im Direktzugriff leidet darunter sehr.


    Ich war mal Zeuge eines Wettmischens bei einem Jazzfestival, Radio gegen Fernsehen, trotz begrenzter Möglichkeiten hat der Fernseh-Kollege (nach meinem Geschmacksurteil) nur knapp verloren. Also möglich ist es trotzdem. Im Übrigen waren beide Mixe ziemlich gut. Bei der Ausstrahlung klang es dann etwas platter, da wurde noch mal kräftig nachgearbeitet im Sender.


    2. Die Richtlinien für einen Radio-Mix bzw. einen Fernseh-Mix sind deutlich anders als die bei einer Studio-Produktion.


    3. Ich habe schon richtig gute Radio-Mixe gehört, sowohl direkt auf 2-Spur live gemischt (fast immer bei Eigenproduktionen, bei denen der Ingenieur auch ziemlich genau weiß, was passiert), als auch als Mehrspurmitschnitt mit Mix im Studio. Ich habe da aber auch meine Favoriten, der eine ist leider schon lange in Rente.


    4. Von einem Standard-Festival würde ich keinen Mitschnitt hören wollen, vielleicht mal die eine oder andere Band, aber im Großen und Ganzen werden dort Festival-Sets gespielt. Nicht die beste Voraussetzung für Mix-Feinschmeckerei.

  • Mann sollte auch immer bedenken der, der da sitzt kennt wohl möglich die Band nicht, er kennt höchst wahrscheinlich auch nicht jedes Original Stück der Band so gut das er eine Vorstellung davon hat wie das klingen soll. Ist im Endeffekt ein Fremdmischer Job und da muss man einfach auch mal eingestehen das nicht alles so rüber kommt wie es könnte oder sollte.

    In meinem Lexikon fehlt das Wort unmöglich!


    ASR Computer & PA Technik
    André Ruhnau
    Rosenstr.6
    78598 Königsheim

  • Zitat von "Kracky"

    Mann sollte auch immer bedenken der, der da sitzt kennt wohl möglich die Band nicht, er kennt höchst wahrscheinlich auch nicht jedes Original Stück der Band so gut das er eine Vorstellung davon hat wie das klingen soll. Ist im Endeffekt ein Fremdmischer Job und da muss man einfach auch mal eingestehen das nicht alles so rüber kommt wie es könnte oder sollte.


    +1!


    ich habe auch schon bands beim SWR gemischt, auf der bühne wurden die signale für den sender gesplittet.
    der mix, der dann im radio kam, hatte so gut wie keine effekte und unterstützte die songs auch nicht so, wie ich das live gemacht hatte. aber es war ein sehr sauberer mix, sehr ausgewogen und ohne ecken und kanten. ok, die stimme war vielleicht ein bisschen zu weit vorne... alles in allem war das ergebnis aber wirklich gut für einen mischer, der die band nicht kennt. jedenfalls viel besser als irgendwelche fernsehmixe vor 20 jahren, bei denen man elektrische gitarren und snare nur über das gesangsmikrofon hören konnte 8)


    genau so muss man das sehen, da steckt sicher kein böser wille dahinter, schon gar keine strategischen überlegungen, ob livemixe besser klingen sollten oder nicht. es ist einfach ein mix von einem kollegen, der die band nicht kennt.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "Kracky"

    Mann sollte auch immer bedenken der, der da sitzt kennt wohl möglich die Band nicht, er kennt höchst wahrscheinlich auch nicht jedes Original Stück der Band so gut das er eine Vorstellung davon hat wie das klingen soll. Ist im Endeffekt ein Fremdmischer Job und da muss man einfach auch mal eingestehen das nicht alles so rüber kommt wie es könnte oder sollte.


    Jain.


    Ich habe es nicht nur ein Mal erlebt, daß der Bandtechniker im Ü-Wagen verschwunden ist und dem lokalen FOH-Mann den Mix für das Publikum überlassen hat. Das ist eine Frage der Prioritäten.


    Wenn ich selbst erfahre, daß ein Ü-Wagen-Mix erstellt wird, ist das Mindeste ein Plausch mit der Besatzung, bei dem ich alle relevanten Informationen weitergebe.

  • Daran anknüpfend noch eine Anmerkung zu (ziemlich unsinnigen) Vergleichen mit 'Zoom'- Mitschnitten etc: letztere sind fast immer Zufallsergebnisse. Vielleicht unter 10.000 Fahrkarten der eine 'Goldene Schuss', bei dem rein zufällig alles gepasst hat – akustische Gegebenheiten, Positionierung des Aufnahmegerätes bzw. der Mikros, Nachhallzeiten des Venues, Spielfreude der Band, Tagesform von Systemer und Band- Livetonler, Reaktionen des Publikums, Schalldruck am Aufnahmeort und Regelzeiten des Dynamikbegrenzers des Aufnahmegerätes. Das dann auszuwählen, ggfs. nachzubearbeiten und anschließend ins Netz zu stellen unter dem Motto "Haha, so einfach ist die Sache eigentlich!" bedeutet... ... genau rein gar nichts, denn es fehlt dabei jegliche Möglichkeit der Nachvollziehbarkeit oder gar Reproduzierbarkeit.
    Der Kollege im Ü- Wagen hat da ganz andere Probleme. Zunächst sitzt er vermutlich hauptsächlich deshalb dort, weil das so in seinem Dienstplan steht. Darüber hinaus hat er höchstwahrscheinlich wenig Beziehung zu dem, was da abläuft; kennt weder die Szene näher noch gar die Gestalten, die da auf der Bühne Töne produzieren. Vielleicht interessiert er sich ja eher für klassische Klavierkonzerte als für Rock/ Pop/ Techno? Möglichkeiten zum Auswählen/ Vergleichen, für etwaige Proben oder gar zu Nachbesserungen hat er auch keine; zumindest bei größeren Angelegenheiten (egal ob RaR, Night of the Proms oder Wacken) geht so was heute fast immer zumindest in Teilen live und direkt über den Sender. Und wie's das Publikum vor der Bühne oder in FOH – Nähe erlebt/ empfindet bekommt er ebenfalls nicht mit.
    Alles in allem also so ziemlich die Summe aller ungünstigen Faktoren wenn's darum geht, wirklich spezifisch 'Sound' machen zu wollen – auf der Habenseite stehen dagegen lediglich der bequeme Ledersessel und die Ümobil- Klimaanlage. Trotzdem kann und wird er in Echtzeit zuverlässig ein zumindest dokumentarisch verwertbares Ergebnis abliefern; genau so wie letztes WE vom Klassik- Open Air, Mittwoch vom Bundesligaspiel, und nächsten Montag von der Ansprache des Oppositionsführers auf der Großdemo hinterm alten Stahlwerk.
    Und genau das unterscheidet seine Arbeit vom Zufallsprodukt aus Zoom & Co mit Aufbereitung an der heimischen Audio- Playstation. :wink:


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."