Bassrutschen / Rearload sind von vorgestern WARUM?

  • Hi,


    mich würde interessieren, warum Rutschen / Rearloaded-Hörner bei PA offensichtlich kein Thema mehr sind und fast überall auf Ablehnung stoßen. Ich habe mich deshalb durch fast alle Beiträge zum Thema durchgelesen, die die Suchen-Funktion ausspuckt, aber die meisten Threads fangen an mit „einer will ´ne Rutsche bauen“ und laufen dann nur auf „wer tut sich so was heute noch an“ oder „klingt scheiße“ hinaus. Das glaube ich auch alles, aber ein bisschen mehr darüber wüsste ich es schon gerne... :?:


    Ein paar Gedanken habe ich mir auch schon gemacht. Es wäre schön, wenn dazu Anmerkungen oder Korrekturen kommen. Und es gibt sicher noch eine ganze Menge Aspekte, die mir gar nicht erst eingefallen sind, aber wichtiger sind als das, was ich unten aufliste :oops:


    _1_ Rutschen werden mit ihrem nach vorne abgestrahlten Direktschall-Anteil üblicherweise bis in den Grund-/Tief-Mitteltonbereich betrieben. Weil die Tops heute aber tiefer getrennt werden können als früher, braucht das keiner mehr, ein Sub bis 120Hz reicht. Also, weg mit dem Direktschall?


    _2_ Rutschen sind zu groß. -> Das dürfte aber nicht fürs Volumen gelten, sondern eigentlich nur für die Abmessungen der Boxen-Front, die ist in der Summe von Hornmund und Schallwand zur Chassismontage natürlich größer als ein Frontloaded. Das Bruttovolumen sollte sich bei beiden Typen dagegen nicht unterscheiden, da beide auf die gleiche e-Funktion zugreifen. Man kann daher für den Größenvergleich gleiche Werte für Horn-Mund/-hals/-kontur/-länge voraussetzen? Die Druckkammer ist i.d.R. größer wegen der Chassis-Einbautiefe, dafür gibt es keine Rearkammer, das sollt sich also nichts schenken?


    _3_ keine Rearkammer (oder eine quasi unendlich große), da sieht die Membranauslenkung nach der Frequenz bestimmt anders aus, als beim Front-Horn. Wenn ja, wie? Sind die Chassis mechanisch stärker belastet, weil die Rückstellkraft des geschlossenen Volumens fehlt?


    _4_ Phasen-Probleme: das klingt immer wichtig. Sind die ein Problem bei Rutschen? Wie äußert sich das? Beim Hifi-Selbstbau kann man ja fast von einer Rrrrrrutschen-Renaissance in allen Größen bis runter zum 11cm-Bass sprechen, und da wird auf saubere Phasengänge ja normal auch Wert gelegt....?


    _5_ Stacking-Probleme?


    _6_ Sind Horn-taugliche Chassis generell für beide Horn-Typen geeignet, oder gibt es da Unterschiede?


    So, bevor jetzt ihr dran seid, noch eine ketzerische Idee: Statt ein 2x10er-Top wie beim LBP nehme man nur 1x10er, dafür mit „Mini“-Rutsche bis runter zu 80-100Hz unterstützt, drunter wie immer der Sub, ganz normal. Mundfläche so in der Größenordnung von 1000-1200qcm da Freifeld (Ständer, geflogen, Stack). Gesamtgröße der Boxen-Front ist dann zwar auch nicht kleiner als das adäquate Doppel-10er, dafür hat man halt ein Chassis gespart. Und je mehr Tops nebeneinander stehen, desto besser sollte es Untenrum klappen. Eine Schnapsidee? :D


    Gruß FF

  • eigentlich gibts doch noch ne menge rutschen:
    ev mtl1-x
    dap sm-18b
    und noch ein haufen andere ähnliche konstrukte.
    die schimpft man neumodisch hybrid, aber im endeffekt sind das alles mehr oder minder rutschen/backloader/rearloader ...
    mal mehr bassreflex, mal weniger.

  • Hi FF!
    Wir haben noch so einige Rutschen unterschiedlicher Bauweise,
    und natürlich auch Erfahrungen mit den Vor- und Nachteilen von
    den Dingern.
    zu 1
    Rutschen oberhalb von 120 Hz zu betreiben, war schon immer nur dazu
    geeignet, den Ruf von Bassrutschen zu versauen!
    zu 2
    Rutschen sind wirklich sehr groß, sie sind in erster Linie dafür
    konzipiert, alleinstehend akzeptablen Tiefbass abzustrahlen,
    und das können sie wirklich gut, da sie ein sehr großes und
    langes Horn haben.
    zu 3
    Ja, unterhalb der Horn-Grenzfrequenz steigt die Membranauslenkung
    stark an, deshalb mit 30-35 Hz HP betreiben.
    zu 4
    Phasenprobleme nehmen mit steigender Trennfrequenz zu, die
    Direkt- Indirekt Abstrahlung bewirkt hier ihren Teil, und die Druckkammer macht leider auch noch Phasenschweinereien.
    Aber mit Delay (für Top) und Phasenanpassungen bekommt man
    trotzdem recht brauchbare Ergebnisse hin.
    zu 5
    nein, es sei denn, die Treiber sind zu schwach, dann wird der Bass
    zu schwammig, und klingt kraftlos.
    zu 6
    ja, die Luftlast in den großen Hörnern ist sehr hoch, ein starker Antrieb
    ist Voraussetzung für einen dynmischen Klang, besonders, wenn man
    Rutschen im Monobassbetrieb stackt.


    Rutschen sind gut für Musikrichtungen zu gebrauchen, wo es auf
    einen kräftigen Tiefbass ankommt, und sie gehen wirklich laut.
    Wir haben schon auf mehreren Tanzveranstaltungen (der eigentliche Einsatzzweck für Rutschen) Vierer- Monostacks JBL 4520
    (die 15" Doppelrutschen) aufgebaut, der Bass direkt davor ist
    bei Vollgas schon echt heftig.
    Für die meisten VA´s eignen sich jedoch BR´s oder andere Hornkonstruktionen besser, da sie kleiner und einfacher
    zu handhaben sind.

  • Rearload... das Problem ist wohl, dass diese Konstrukte teils sehr klangfärbend sind. Ist dies nicht gewünscht, hat man ein Problem.
    Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte:
    http://members.aol.com/xxbase80a/rutsche.1.15/daten1.html


    Da man wie schon gesagt oft nicht so hoch hinauf muss sind dann andere Bauweisen klar im Vorteil.


    Greets,
    N-Dee

    There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't

  • Danke schon mal für die Antworten.


    Hohe Trennungen sind also tabu für Rutschen, weil es verfärbt oder zu Einbrüchen im Frequenzgang führt - ok, kapiert. Die Messungen der JBL-Rutsche sind ja schon sehr wellig. Oder liegt das daran, dass viele Rutschen nicht mit leistungsfähigen aktuellen Simus wie AJ-Horn entstanden sind, sonder per Hand, also auf veralteten Formeln etc. basieren?


    Denn wie kriegt z.B. der Timmermanns dann sein Mikro-Horn hin? Das läuft als 2-Wege-Konstrukt mit 11cm-Bässli (!) sauber von 70Hz bis zum Hochtöner rauf. Ich habe es zwar selbst noch nicht gehört, es soll aber richtig gut klingen und der Bausatz ist immer noch sehr beliebt, obwohl schon 5-1/2 Jahre alt. Hilft ihm da die Dämpfung des Hornmundes gegen die Phasenprobleme?


    Und nochmal zum Anfang: die Idee mit dem 10er-Rustchen-Top: nach den bisherigen Antworten eher Quatsch, aber beim Timmermanns geht es doch auch?


    Gruß FF

  • Hi


    Ende der 80er hat mein Vater mit einem einem Freund zusammen 2 Rutschen gebaut! Die 18" von Fane sind jetzt noch OK und sie brummen immer noch!


    Ich habe sie nur dann nichtmehr verwendet, da Gewicht und Größe halt transportbedingt schwierig sind... Sie wiegen pro Stück >100kg


    Zuletzt habe ich sie zusammen mit einem Röhrenverstärker (!!!) auf einer Kirmes VA betrieben. Das ganze unter 80Hz und da die liefen Prima.


    Heutzutage lege ich bei solchen Sachen lieber nen Doppel 18er in die Ecke


    Gruß
    Daniel

    Fachkraft in Hamburg...

  • FF: Ich würde sagen, der Frequenzgang ist einfach bauartbedingt so wellig (Auslöschungen und Additionen). Dass manche Konstrukte dieser Bauart dennoch einen recht geraden Frequenzgang haben, wird meiner Meinung nach durch eine stärkere Trennung der Einsatzfrequenzbereiche (kleines Chassis, das im oberen Frequenzbereich arbeitet) sowie ausreichender Däpfung erzielt. Natürlich geht das auf Kosten des Wirkungsgrades, weshalb dies im PA-Bereich nicht als sinnvoll erscheint.


    Greets,
    N-Dee

    There are only 10 types of people in the world: Those who understand binary, and those who don't

  • glaube das deine idee mit dem einzelnen 10er nicht mal so schnaps ist.....


    wichtig wäre da nur die Hornfaltung genauestens zu überlegen (diferenz zwischen längsten und kürzesten weg durch das horn gering halten!!!!!!)


    gut angeordnete schallleitungsbrettchen sind auch für einen guten wellenlauf wichtig.....


    konstruiere so ein ding doch mal versuchsweise....vielleicht bauts mal wer....mal was anderes...

  • Zitat von "FF"

    Danke schon mal für die Antworten.


    Hohe Trennungen sind also tabu für Rutschen, weil es verfärbt oder zu Einbrüchen im Frequenzgang führt - ok, kapiert. Die Messungen der JBL-Rutsche sind ja schon sehr wellig. Oder liegt das daran, dass viele Rutschen nicht mit leistungsfähigen aktuellen Simus wie AJ-Horn entstanden sind, sonder per Hand, also auf veralteten Formeln etc. basieren?


    Das ist bestimmt mit ein Grund, denn in letzter Teit sind einige "unkonventionelle" Rutschen entstanden, die erst durch AjHorn möglich waren. Piclino z.B. Spielt mit einem Vifa-Breitbänder von 50-knapp 20 kHz und das sehr linear. Hab ich mir mal aufgebaut, ist sehr nett :)

    Zitat


    Denn wie kriegt z.B. der Timmermanns dann sein Mikro-Horn hin? Das läuft als 2-Wege-Konstrukt mit 11cm-Bässli (!) sauber von 70Hz bis zum Hochtöner rauf. Ich habe es zwar selbst noch nicht gehört, es soll aber richtig gut klingen und der Bausatz ist immer noch sehr beliebt, obwohl schon 5-1/2 Jahre alt. Hilft ihm da die Dämpfung des Hornmundes gegen die Phasenprobleme?


    Ja, das zum einen und dann die "ungewöhnlichen" Hornkonturen. Das Schöne an AJHorn ist eben, dass es mit dem Strahlungswiederstand rechnet, das machen andere Simus eben nicht.

    Zitat


    Und nochmal zum Anfang: die Idee mit dem 10er-Rustchen-Top: nach den bisherigen Antworten eher Quatsch, aber beim Timmermanns geht es doch auch?


    Ich habe hier AJHorn in der seit vier Tagen veralteteten Version 4.1 (jetzt gibts 5.0) und hab mal rumprobiert mit einem Eminence EM 10-200. Erste Versuche sehen zumindest nicht "unmöglich" aus. Wenn Du einen konkreten Treiber hast,. für den Dich das interessiert, könnte man ja mal was antesten. Werde die Tage bestimmt auf 5.0 updaten, es sind einige interessante Features dazu gekommen:


    - Helmholzresonator im Gehäuse
    - Verschiedene Einbaustellen für den Bass
    - hoffentlich auch PHASEN Analysen, die fehlen jetzt noch
    - erweiterte Frequenzweichenberechnung (bis zu 30 Bauteile jetzt).
    usw..


    Kannst mir die TSP des Treibers, für den Dich das interessiert, ja mal zuschicken.


    Gruß
    Sabbelbacke

  • @ Sabbelbacke


    Die Picolino kenne ich, muss nur den Blick von der Schreibtischplatte ein wenig hochwandern lassen, da hängen sie an der Wand in ihrem schmucken Buche-Vollholz-Gehäuse. Begeistern mich jede Minute neu, die ich sie höre :D


    AJ-Horn bin ich auch immer am überlegen, ob ich es nicht kaufe, so teuer ist es ja nicht. Wobei mich die neuste Version von Hornresponse auch ziehmlich begeistert. Und das bei Freeware!


    Ja, welcher Treiber? Ich habe noch ein Paar EM-10-100 daheim, die sind vom Qtc vielleicht gerade noch niedrig genug, für einen ersten Versuch wollte ich sie auf jeden Fall mal ranziehen. Mit Hornresponse habe ich schon ein paar Simus gemacht, es sah gar nicht so übel aus. Eventuell müsste man ein wenig mit Bedämpfung der Linearisierung auf die Sprünge helfen, die HH-Hörner sind ja auch oft im Mündungsbereich etwas "wattiert". Ich weiss, ist bei PA ein Verbrechen, aber probieren kostet ja nix.


    Leider frisst mir die Uni gerade alle Zeit weg, im günstigsten Fall komme ich in 2-3 Wochen dazu, mich richtig reinzuhängen, wenn es dumm läuft, wird es aber Ende Juli :cry:


    Würde aber gerne auf dein Angebot zurückkomen, wenn es dann soweit ist. TSP kann ich dir jetzt schon mal schicken, wenn du sie nicht eh schon hast vom EM 10-100 (Herstellerdaten)


    fs = 59 Hz
    Re = 7,31 Ohm
    LE = 0,77 mH
    Qes = 0,31
    Qms = 4,51
    Qts = 0,29
    Vas = 69,8 L
    Cms = 0,4054 mm/N
    BL = 12,59
    Mms = 18,0 g
    Rms = 1,4766
    Xmax = 0,9mm (ja leider nur)
    Sd = 350,12 qcm
    Zmax = 114,7 Ohm


    Gruß FF

  • Also, ein bischen rumprobiert hab ich mal. Viel geht da nicht, gerade im Bass kommt man wegen des extrem geringen Hubes nicht so weit. Ein Rearloaded Horn mit 40 Liter Kammer und einem sehr kurzen Stummel von 40 cm (100qm auf 800qm) bringt eine untere Grenzfrequenz von ung. 70 Hz, allerdings ist der Maximalpegel bei 100 Hz schon unter 100dB bei freier Aufhängung. Andere Varianten könnten evtl. noch besser funktionieren, zumal die 40 Liter Rückkammer doch recht groß sind.
    Im Prinzip ist das ja dann eine BR-Konstruktion, nur dass das Rohr eben ein Trichter ist (konischer Verlauf des "Horns"). Resonanzfrequenz liegt entsprechend auch tief. Kürzt man das Horn, geht diese entsprechend hoch, allerdings hat man dann auch eine starke Bassüberhöhung um 100 Hz.
    Kann man denn hier Bilder hochladen?

  • Meine Spielereien mit Hornresponse sahen bisher so aus:
    Halsfläche 200qcm (unter 50% Membranfläche wollte ich wegen Klirr nicht)
    Mundfläche 1200 qcm (wegen 4-Pi-Raum etwas größer gewählt)
    Länge zwischen 80-120cm ausprobiert
    Druckkammer 5 Liter
    exponentielle Form oder hyperbolisch, weiss noch nicht


    Frequenzgang ab 100-120 Hz nutzbar, je nach Länge. Problem ist starke Welligkeit im Frequenzgang, Kammfilter halt. Eventuell zu lösen über Bedämpfung? Oder über internen Helmholtz-Resonator, der auf die erste Senke abgestimmt ist. Nach meinem Empfinden müsste der direkt an die Druckkammer anschließen. Oder muss der an den Hornverlauf ran?


    Besserer Frequenzgang bei Tiefenversatz zwischen Chassis und Hornmund, am ausgeglichesten bei Versatz um halbe Hornlänge. Ich weiss nur nicht, wie man das in eine saubere Realform bringen kann... Kann man das Gehäuse demensprechend tief machen, und den Hornmund auf einer oder beiden Seitenflächen hinten platzieren? Bei einseitiger Platzierung könnte man zumindest noch 2 Tops nebeneinanderstellen, ein rechtes und ein linkes eben.


    Bilder kannst du einstellen als URL-Link auf eine Webpage. Wie es genau geht, weiss ich auch nicht, da ich es auch noch nie gemacht habe bzw. keine eigene Seite betreibe.


    Gruß FF


    PS: Du scheinst ja gerade mächtig Spaß mit AJ-Horn zu haben :D