Arbeitszeit als Selbstständiger nachweisen

  • Hallo,

    ab September starte ich nebengewerblich als Freelaner in der VT Branche. Der erste Job wird möglichweise eine mehrtätige Fernsehproduktion sein.

    Es wurde schon ein Tagessatz festgemacht mit der Ansage dass die Arbeitszeit idR nur 8h am Tag beträg. Daher möchte ich im Angebot schreiben, dass dieser Tagessatz für auch nur für 8h gilt und jede weitere Stunde mit X € abgerechnet wird zzgl evtl Nachtzuschlag.


    Jetzt stelle ich mir die Frage, wie ich die zusätzlichen Stunden nachweisen soll, wenn sie denn entstanden sind. Damit später niemand die Rechnung anfechtet im Sinne von "du warst doch garnicht so lange da". Gibt es da branchenübliche Vorgehensweisen? Mir fallen zwei Möglichkeiten ein:

    1. Vor Ort den Vertreter des Auftraggebers, Produktionsleiter oder wen auch immer schriftlich ein kurzes Schriftstück unterschreiben lassen (rechtlich sicherer)

    2. Am Ende des Tages eine WhatsApp an den Auftraggeber mit den Zeiten und der Bitte um kurze Bestätigung durch "ok" oder :thumbup:(möglicherweise unzureichend)


    Ich bin mir sicher dass das niemand in der Branche so macht und vielleicht mache ich mir auch einfach nur zu viele Gedanken. Da ich die Firmen und Leute aber noch nicht wirklich kenne möchte ich am Anfang aber vorsichtig und rechlich abgesichert sein.


    LG

  • Auftraggeber, die meinen sie müssten Arbeitszeit (= erbrachte Leistung) wegdiskutieren, werden in Zukunft nicht weiter bedient. Fertig.

    Ich weiss auch nicht, wann ich das letzte Mal einem Handwerker oder dem Autoschrauber einen Arbeitsnachweis unterschreiben sollte. Bei (unselbstständigen) Hands hingegen ist das an der Tagesordnung.


    Ich kann mich ebenfalls nicht erinnern, wann ich deswegen mal Stress hatte. Da gibt‘s eher so Dinge wie Zahlungsverzug, Spesendiskussionen (km, Verpflegung) oder wenn man Reisezeit verrechnet (was mancherorts wohl noch unüblich ist).

    Freelancer für Audio Beschallung/Recording seit 2003 - Alle Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung/Erfahrung als von Herstellern & Vertrieben unabhängiger Tonmensch wieder

  • wenn du dir da schon nicht sicher bist, bzw. ein mulmiges Gefühl hast, dann lass die Finger von dem Job.

    alternativ würde ich mal andere Freelancer fragen, wie sich der kunde bei denen verhalten hat.

    was spricht denn auch dagegen, ein kleines Foto mit dem handy zu machen, wann man gekommen ist und wann man gegangen ist?

    wenn du vor Gericht ziehen mußt, ist es erfahrungsgemäß billiger, auf das geld zu verzichten und nicht mehr für den kunden zu arbeiten. du kannst ja auch immer mit einer Abrechnung auftauchen am nächsten tag und dir diese abzeichnen lassen. gibt es da Probleme, stellst du eben die Arbeit ein, bis das ding unterzeichnet ist.

  • Hi Natha


    Frag doch einfach Deinen Auftraggeber wie sie es denn gerne hätten.


    Für mich persönlich

    Notmalerweise notiere ich meine Stunden in meinem Kalendar und rechne nachher dementsprechend ab. Wer einen Nachweise will muss halt die Kollegen fragen, als Einzelunternehmerin sehe ich keinen Bedarf für Stundenzettel o.ä. Aber wenn ich unsicher wäre würde ich einfach fragen, wie ich das sonst auch in allem anderen mache.

  • Auch wenn ich es selbst nicht mag vom Thema abzuweichen, kaum einer darüber reden will:


    Wenn Du so ran gehst und dich an den ein oder anderen Vorschlag hältst der hier gemacht wurde startest Du einen Tätigkeit als


    Scheinselbstständiger

    ...Holz ist braun!

  • Begriffsklärung: Scheinselbstständig ist man, wenn man unter Bedingugen arbeitet, wie sie normalerweise ein Unternehmer hat.


    Einige Kriterien aus dem Startbeitrag bzw. von oben, die eindeutig für Scheinselbständigkeit sprechen:

    -es wird eine Arbeitszeit vereinbart 8h. Das entspricht der normalen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers. Der Auftraggeber gibt folglich die Arbeitszeit vor. Der Freiberufler ist nicht frei in Ort und Zeitraum der Leistungserbringung. Das unternehmerische Risiko (wie lange braucht die Firma für eine zur erbringende Leistung) liegt beim Auftraggeber bzw. Arbeitgeber und nicht beim Selbständigen

    -wer Stundenzettel abgibt ist Scheinselbständig

    -ein Tarivvertrag gilt für Angestellte


    Sicher ein komplexes Thema, das selbst Anwälte nicht bis ins Detail zu 100% fixieren können. Deshalb gibt es ja auch immer wieder Verfahren, die sich sehr lange hin ziehen und dann gerichtlich geklärt werden müssen, wobei das dann mindestens für den Auftraggeber schnell existenzbedohend werden kann.


    Eine weitere Frage, die ich selbst sogar schon bei einer Kontrolle erlebt habe:


    -Wenn Sie krankheitsbedingt ausfallen, was passiert dann und wer sorgt für Ersatz?

    Kann ja mal jeder für sich selbst beantworten. "Ich sage ab" ist leider eine schlechte Antwort.

    ...Holz ist braun!

  • Eine weitere Frage, die ich selbst sogar schon bei einer Kontrolle erlebt habe:


    -Wenn Sie krankheitsbedingt ausfallen, was passiert dann und wer sorgt für Ersatz?

    Kann ja mal jeder für sich selbst beantworten. "Ich sage ab" ist leider eine schlechte Antwort.

    Komischerweise kommen die ganzen Handwerksfirmen/Einmannbetriebe auf der Baustelle bei uns damit durch... :cursing::cursing::cursing:

    Der Bau wird schon irgendwann mal fertig werden - oder so ähnlich.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Das ist aber im Bezug auf Scheinselbständigkeit komplett anders zu betrachten:

    -bei der Handwerksfirma arbeiten in der Regel Angestellte.

    -Der Einmannbetrieb liefert dann zu seiner Arbeitsleistung in der Regel auch noch Waren oder auf irgend eine andere Weise ein fertiges Produkt und unterscheidet sich damit vom Angestellten.

    ...Holz ist braun!

  • Der Einmannbetrieb liefert [...] auch noch Waren oder auf irgend eine andere Weise ein fertiges Produkt [...]

    ...du hast lange keine Baustelle mehr gehabt... :cursing::cursing::cursing:Kotz*

    Häuslebauen war schon immer aufreibend - aber aktuell ist es unbefriedigend. :thumbdown:

    Entweder Personal oder Baumaterial - mindestens eines glänzt durch Abwesenheit.



    (...ich hatte mich aber beim Eingangspost auch als allererstes nach Scheinselbstständigkeit gefragt - zumindest, da es eine größere Produktion zu sein scheint.)

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Hallo und danke schonmal für die Antworten.

    wenn du dir da schon nicht sicher bist, bzw. ein mulmiges Gefühl hast, dann lass die Finger von dem Job.

    Es ist nicht so, dass ich ein mulmiges Gefühl ggü diesem Auftraggeber habe (kenne die ja noch nicht). Ich habe mir generell über das Thema Gedanken gemacht und wollte hier nachfragen, ob es in der Branche übliche Vorgehensweisen gibt oder schlechte Erfahrungen diesbezüglich.


    -es wird eine Arbeitszeit vereinbart 8h. Das entspricht der normalen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers. Der Auftraggeber gibt folglich die Arbeitszeit vor. Der Freiberufler ist nicht frei in Ort und Zeitraum der Leistungserbringung. Das unternehmerische Risiko (wie lange braucht die Firma für eine zur erbringende Leistung) liegt beim Auftraggeber bzw. Arbeitgeber und nicht beim Selbständigen

    Die meisten VTs beziehen ihre Tagessätze doch auch nur auf 9 oder 10h und alles was darüber ist wird extra abgerechnet. Die 8h kommen hier zustande weil für Dinge wie Auf- und Abbau wahrscheinlich nur eine Schicht geplant ist (es arbeiten ja auch Angestellte dort).

    Freiheit in Ort und Zeit ist schon wegen der Art der Tätigkeit (Veranstaltungen) nicht gegeben.

    Viel mehr Kriterien für Scheinselbstständigkeit werden hier sicher nicht zutreffen.

  • Die meisten VTs beziehen ihre Tagessätze doch auch nur auf 9 oder 10h und alles was darüber ist wird extra abgerechnet

    Sich darauf zu beziehen, was andere machen, interessiert am Ende nicht.

    Die 8h kommen hier zustande weil für Dinge wie Auf- und Abbau wahrscheinlich nur eine Schicht geplant ist (es arbeiten ja auch Angestellte dort).

    Du schreibst jetzt selbst, dass Du zu diesen Bedingungen arbeitest, weil es die gleichen sind, die die Angestellten haben. Damit sagst Du schon selbst, dass scheinselbstständigkeit vorliegt.

    Freiheit in Ort und Zeit ist schon wegen der Art der Tätigkeit (Veranstaltungen) nicht gegeben.

    Das ist ein Kriterium, das sich bei uns natürlich schon grundsätzlich schon schweer erfüllen lässt. Heißt aber nicht, dass Du damit raus bist. Es ist nach meinem Verständnis aber schon ein Unterschied, ob Du einfach nur 8h arbeitest oder als selbsständiger/Firma eine Arbeitsleistung verkauftst. Dann trägst Du nämlich ein unternehmerisches Risiko. Wenn Du ein gewisses Pensum (z.B. Aufbau von 20 Lautsprechern) verkaufst, ist es Dein Problem, ob Du 6 oder 10 Stunden brauchst, auch wenn es vielleicht einen definierten Fertigstellungsstellungszeitpunkt (Soundcheck) gibt.


    An der Stelle möchte ich auch nicht mehr weiter machen, auch weil ich natürlich ausdrücklich keine Rechtsberatung machen kann und will.


    Auch wenn es verlockend ist, rate ich Dir gut alles Aspekte zu überdenken.

    ...Holz ist braun!

  • Die Grenzen sind mitunter schon etwas fließend. Ich muß mich mit dem Thema im Alltag nicht rumschlagen, haber aber ein paar Gedanken / Fragen dazu:


    wenn ich für einen Gig gebucht wird mir hoffentlich mein Auftraggeber weitergeben, was sie mit ihrem Auftraggeber für Zeiten abgemacht haben (wenn nicht dann frage ich nach) - meine unternehmerische Freiheit kann natürlich sein dass ich zum LKW entladen nicht erscheine, aber ob ich dann wieder gebucht werde ist eine andere Sache… Wer gibt nun die Arbeitszeit vor? Ich weil ich mich entscheide dass ich mich an Absprachen halte oder mein Auftraggeber der mir die Zeiten ansagt?


    Ein Anwalt entscheidet ja auch nicht selber, um wieviel Uhr das Gerichtsverfahren angängt oder wielange die Verhandlung dauert…


    Wenn ich für mich Stunden aufschreibe, weil ich mit meinem Auftraggeber bestimmte Tarife vereinbart habe und mich nicht um hart erarbeitetes Einkommen bringen will ist das auch meine unternehmerische Entscheidung, oder nicht? Wenn der Auftraggeber diesen Zettel unbedingt sehen will um - was auch immer - das ist deren Entscheidung. Ich mach das in erster Linie für mich.


    Und ich glaube darum geht es hier auch. Ein Newbie fragt sich natürlich: was ist wenn der Auftraggeber mir nicht glaubt? Wie kann ich einen Streit umgehen?


    Und klar, vielleicht ist dies nach dt Recht eine scheinselbstständige Arbeit.

    Aber wären danach nicht fast alle längerfristigen Gigs unselbstständige Arbeit, wie zB eine Theatersaison?

  • Hallo,

    ab September starte ich nebengewerblich als Freelaner in der VT Branche. Der erste Job wird möglichweise eine mehrtätige Fernsehproduktion sein.

    Im "Kernbereich" (Licht, Ton, Kamera, Set) oder als lokaler Mitarbeiter des örtlichen Beschallers/Bühnenbauers?

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."