gerichtliche Schritte bei zahlungsunwilligen Kunden??

  • Zitat von "mringhoff"

    Wenn man also so alle 3-5 Jahre seinen Schuldner mit dem Gerichtsvollzieher beglückt - was eben die großen Firmen so gut wie nicht machen...

    weil sie den Typ erstmal selber bezahlen müssen für den Fall daß er nichts erreicht hat. Der kleine Haken an uneinbringlichen Forderungen ist der daß Anwalt & Co ihre Gagen immer bekommen. Das hemmt doch sehr, vor allem bei geringen Forderungen.

    die Feuerzeuge der Gäste sind kleine Sterne die am Himmel unseres Alltags weiterleuchten.

  • Wenn man für Durchführung der Vollstreckung direkt den Gerichtsvollzieher beauftragt und keinen Anwalt dazwischen schaltet, dann ist das gar nicht so teuer.
    Eine erfolglose Vollstreckung kostet so rund 20,- EUR
    Das Risiko sollte es einem doch wert sein oder?

  • Um mit ein paar Irrmeinungen / Ängsten aufzuräumen - betrifft immerhin meinen Job:


    1. Daten vom Einwohnermeldeamt bekommt man nicht ohne weiteres. Es muss ein rechtliches Interesse dargelegt werden. Anwälte kommen schneller an die Auskunft (z.B. über online-Zugänge). Das Einwohnermeldeamt speichert nur die letzte aktuelle und dann die nächste gemeldete Adresse. Insofern sind zT mehrere Anfragen notwendig, bis ein Wohnort aktuell ist. Findige Schuldner melden sich ins europäische Ausland ab (so weit Niederlassungsfreiheit in der EU gilt, handhaben viele Ämter den Nachweis des neuen Wohnort sehr lax).


    2. So weit es um Forderungen von mehr als 500 € geht, lohnt der Anwalt aus meiner Sicht. Immerhin nimmt er dem Auftraggeber den ganzen Schriftkram, EMA-Ermittlungen, Gerichtsschriftverkehr etc. ab. Außerdem ist der Anwalt von Gesetzes wegen verpflichtet, vor der Annahme des Mandats über die voraussehbaren Kosten aufzuklären. Das Berufsbild des Anwalts wird sowieso immer mehr zu einem Berufsbild des Rechtsdienstleisters - und ein solcher wird um Transparenz für den Kunden bemüht sein.


    3. Nicht korrekt ist, dass der Anwalt für zwei Schreiben jeweils einzeln abrechnet - bzw. dies darf. Die Anwaltsgebühren werden nach dem Gegenstandswert berechnet. Ob ich außergerichtlich den Gegner 1x oder 10x anschreibe, führt immer nur zu dem Anfall eines Gebührentatbestandes. Dieser kann wohl im Berechnungsfaktor variieren, worüber ich den Kunden vor dem Erreichen dieser Aufwertung aber natürlich aufkläre.


    4. Strafanzeige ist bei säumigen Schuldnern oft ein stumpfes Schwert. Ein relativ sicherer Fall des Betrugs liegt zumeist nur dann vor, wenn vor Auftragserteilung die eV abgegeben wurde, der Schuldner also zum Zeitpunkt der Bestellung schon wusste, dass er nicht zahlen kann.


    5. Das Gerichtliche Mahnverfahren hat folgenden Ablauf:
    a. Antragstellung Mahnbescheid; 2-wöchige Widerspruchsfrist des Schuldners, bei Widerspruch Abgabeantrag des Gläubigers und Durchführung des streitigen Verfahrens.
    b. nach zwei Wochen ohne Widerspruch Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides. Dieser ist einem für vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil gleichgestellt und kann nach Erlass zur Zwangsvollstreckung genutzt werden. Der Schuldner hat gegen den VB widerum eine zweiwöchige Einspruchsfrist. Bei Einspruch bleibt die vorläufige Vollstreckbarkeit bestehen.
    c. Ein Einspruch wird dann als Widerspruch behandelt, wenn der Gläubiger keinen korrekten oder rechtzeitigen Antrag auf Erlass Vollstreckungsbescheid gestellt hat oder in sonstigen speziellen Konstellationen (die hier zu weit gehen würden).
    >>> auch im Mahnverfahren können Fallen für den Gläubiger lauern.


    Insofern keine Angst vorm Recht!

    Bernd Schiele
    (Rechtsanwalt mit kleiner Technikerseele und Eventrecht als Job & Hobby)
    Sofern ich in meinen Beiträgen zu rechtlichen Fragen Stellung nehme, handelt es sich um allgemeine Diskussion, NICHT um Rechtsberatung!

  • Zitat von "attorney"

    Um mit ein paar Irrmeinungen / Ängsten aufzuräumen - betrifft immerhin meinen Job:
    4. Strafanzeige ist bei säumigen Schuldnern oft ein stumpfes Schwert. Ein relativ sicherer Fall des Betrugs liegt zumeist nur dann vor, wenn vor Auftragserteilung die eV abgegeben wurde, der Schuldner also zum Zeitpunkt der Bestellung schon wusste, dass er nicht zahlen kann.



    Vielen Dánk, das war sehr ausführlich und hilfreich!


    Punkt 4 trifft definitiv zu. Er wusste das er nicht zahlen kann!


    Was aber mache ich, wenn ich die Anschrift des Betroffenen nicht kenne, und die REchnungsanschrift nicht mehr gültig ist?

    Viel Hilft Viel

  • Steht doch bei 1)
    notfalls halt warten bis er sich wieder irgendwo neu beim Einwohnermeldeamt meldet.
    Strafanzeige kann man auch ohne Wohnort stellen - muss die Staatsanwaltschaft halt ermitteln

    Biete: Zeitrafferaufnahmen, z.B. vom Konzert oder Bühnenaufbau
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  • Zitat von "Philou"


    Punkt 4 trifft definitiv zu. Er wusste das er nicht zahlen kann!


    Achtung: Die Rechtsprechung knüpft die definitive Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit daran, dass die eidesstattliche Versicherung (alt: Offenbarungseid) abgegeben wurde.


    Ansonsten müssen schon sehr eindeutige Hinweise für den Staatsanwalt vorliegen.


    Zudem - und gut: In letzter Zeit habe ich immer öfter Fälle, in denen die Staatsanwalt eine Einstellung des Verfahrens anbietet gegen die Auflage, dass die Schulden bezahlt werden - DAS nenne ich "Zahlungsmotivation". In den Fällen kommt oft sehr schnell das Geld. Die meisten zahlen dann lieber den Auftraggeber als eine Geldstrafe mit zusätzlicher Eintragung im Führungszeugnis... :D

    Bernd Schiele
    (Rechtsanwalt mit kleiner Technikerseele und Eventrecht als Job & Hobby)
    Sofern ich in meinen Beiträgen zu rechtlichen Fragen Stellung nehme, handelt es sich um allgemeine Diskussion, NICHT um Rechtsberatung!

  • Mal ein etwas anderes Thema:


    Um den "Inkassovorgang" zu "sabotieren", könnte doch ein Kunde den Mahnbescheid einach nicht annehmen und er würde somit nicht wirksam ?


    und was wäre wenn z.B. wenn nach Absenden des Mahnbescheides das Geld auf dem Konto eintrifft ?

  • Als kleine allgemeine Ergänzung: Als zugestellt gilt auch z.B. ein Fax, wenn es ordnungsgemäß lt. Journal abgeschickt wurde. Ebenso eine eMail, inzwischen auch SMS.
    Die Nachricht muss lediglich in den "Machtbereich" des Empfängers kommen.
    Ebenfalls wenn die Ehefrau soetwas überbringen soll.


    Dazu kann ich nur das BGB empfehlen - da steht soetwas sehr deutlich drin.
    Mir hat es echt geholfen, dass ich mich mal hingesetzt hab, und die pdf vom BGB durchgeschaut hab.
    (Falls die jemand braucht, hab die pdf noch ;))

  • 1. Zustellung erfolgt nach den Regelungen der ZPO. Der Gerichtsvollzieher oder die von ihm beauftragte Zustellperson (z.B. Post) können dann z.B. den MB sowohl in den Briefkasten einwerfen, dem Schuldner persönlich zustellen oder sogar vor der Wohnung niederlegen. Sofern eine Adresse bekannt ist und diese dem Schuldner zugeordnet werden kann, ist eine Zustellung fast immer möglich.


    2. Als vielleicht allgemein interessierende Antwort auf eine PN:
    Die Höhe der Verzugszinsen gegenüber Privatpersonen beträgt 5% über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB (5% + derzeit 3,62% = 8,62%).
    Die Höhe der Verzugszinsen gegenüber Gewerbetreibenden und Kaufleuten beträgt 8% über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB (8% + derzeit 3,62% = 11,62%).


    3. Auch für die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheides muss die ladungsfähige Adresse des Schuldners bekannt sein. Es gehört zur Aufgabe des Gläubigers, den Schuldner ausfindig zu machen (mittels Einwohnermeldeamt etc.). Ansonsten wird der MB nicht zugestellt.


    4. Der Mahnbescheid verursacht Kosten (Gerichtskosten, Zustellkosten, Anwaltskosten). Diese sind als Verzugsschaden iSd § 286 BGB ersatzfähig. Aus diesem Grunde muss unbedingt vorher der Schuldner in Verzug gesetzt werden (üblicherweise 2 oder 3 Mahnungen, wobei im Sinne des BGB auch schon eine Mahnung - die auch zugegangen ist - ausreichen würde). Sofern vorher nicht gemahnt wird, kann der Schuldner ein so genanntes sofortiges Anerkenntnis abgeben. Dann gilt § 93 ZPO, der bestimmt, dass in diesem Falle der Gläubiger die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Insofern immer vorher mahnen, am besten mittels Telefax mit Übertragungsbericht.

    Bernd Schiele
    (Rechtsanwalt mit kleiner Technikerseele und Eventrecht als Job & Hobby)
    Sofern ich in meinen Beiträgen zu rechtlichen Fragen Stellung nehme, handelt es sich um allgemeine Diskussion, NICHT um Rechtsberatung!

  • Zitat von "Dienervt"


    Um den "Inkassovorgang" zu "sabotieren", könnte doch ein Kunde den Mahnbescheid einach nicht annehmen und er würde somit nicht wirksam ?


    Wie ja schon erwähnt, spielt das für die Wirksamkeit des Mahnbescheids keine Rolle.
    Vielmehr freut es einen Gläubiger sogar, wenn der Mahnbescheid wieder zurückkommt (solange das nicht wegen "unbekannt verzogen" ist), denn dann braucht man auch keinen Widerspruch zu erwarten.
    Das Vogel-Strauss-Prinzip wird leider von vielen Schuldnern angewendet, doch damit wird das alles nur schlimmer (und teurer).


    Zitat von "Dienervt"

    und was wäre wenn z.B. wenn nach Absenden des Mahnbescheides das Geld auf dem Konto eintrifft ?


    Dann ist ja alles gut. Wichtig ist nur, daß dem Mahnbescheid widersprochen wird. Was noch kommen kann ist, daß der Gläubiger noch seine verauslagten Kosten haben möchte...

  • Zitat von "attorney"

    ...Aus diesem Grunde muss unbedingt vorher der Schuldner in Verzug gesetzt werden


    Habe ich da etwas falsches gelernt?
    Wenn auf der Rechnung ein Zahlungsziel in Form eines Datums* angegeben ist, befindet sich der Schuldner nach Ablauf der Frist automatisch im Verzug.

    Zitat von "BGB §286"

    (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
    1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist.


    Armin


    *Beispiel: "Zahlbar bis xx.xx.20xx"
    Nicht: "Zahlbar innerhalb 14 Tagen..."

    Hier befindet sich i.d.R. die Signatur

  • Die 30-Tages-Frist wird da etwas falsch verstanden. Bei Verbrauchern muss auf diese Folge ausdrücklich hingewiesen werden. Bei gewerblichen Verbrauchern muss bei unklarem Rechnungszugang zumindest die Gegenleistung erbracht sein. Es gehört aus meiner Sicht aber einmal zum guten Ton, vor einem MB zu mahnen, zudem räumt es ggf. erhebliche Rechtsunsicherheit aus - ein Brief (Rechnung) kann plausibel verloren gehen, bei Rechnung und zwei/drei Mahnungen glaubt das dem Schuldner keiner mehr. Die Beweislast für den Verzug trägt zudem der Gläubiger.


    § 286 BGB:
    (1) ...
    (2) ...
    (3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

    Bernd Schiele
    (Rechtsanwalt mit kleiner Technikerseele und Eventrecht als Job & Hobby)
    Sofern ich in meinen Beiträgen zu rechtlichen Fragen Stellung nehme, handelt es sich um allgemeine Diskussion, NICHT um Rechtsberatung!

  • Ich würde gerne mal eine ganz altes Zahlungsmittel ins Spiel bringen:


    - den Wechsel


    wenn ich hier nicht falsch liege (Korrektur und Ergänzung erwünscht) kann bei nicht Einlösung den Wechsel zum Protest einreichen, was zu einen Vollstreckungsbescheidt führt.


    Vorteil des Wechsels: es wird eine Zahlungsfrist vereinbart, das Zahlungversprechen ist absolut bindend, Einspruch nicht mehr möglich. Das ist was anderes wie ein Scheck.
    Man kann Wechsel bei seiner Hausbank auch beleihen (daher der Diskontsatz)
    Man kann Wechsel auch weiter reichen z.B. an Lieferranten. Dieses dürfete aber schwer sein da heute nicht mehr üblich.


    Nachteil: relativ Hohe Kosten bei der Bank (ca 30EUR / Wechsel)


    Wechsel gibt es als Vordrucke z.B. von Zweckform.

  • ...und sie machen das auch nur erstens bei relativ großen Summen und nur in der Wechsellaufzeit. Entspricht also einer relativ kurzen Kreditlinie...


    Den Diskontsatz bekommt man auch nur, wenn der Wechsel "diskontfähig" ist, sprich alle formalen Voraussetzungen erfüllt sind und das sind viele und sehr pingelige. Sonst kann ihn die Bank nicht weiterreichen und sich mit dem Diskontsatz refinanzieren.
    Das ganze Hin- und Her lässt sich die Bank mit entsprechenden Gebühren wieder bezahlen.


    Bei einem Betrag von 5.000,- EUR und einer Laufzeit von einem Monat kommt ein Kontokorrentkredit immer noch preiswerter.

  • Zitat von "ADMIN"

    Wenn die Hausbank ausreichendes Vertrauen in die Zahlungsbähigkeit des Bezogenen hat...


    Das hat nichts mit der Zahlungsfähigkeit des Bezogenen sondern mit deiner Eigenen zu tun :)


    Für das Beleihen von Wechseln muss man mit seiner Hausbank einen Kreditvertrag anschließen, lediglich die Konditionen sind / waren günstiger. Es lohnt auch nur wenn die Beträge größer werden (min 5 Stellig)


    Ich sehe den Vorteil im schnelle Inkasso, habe da aber keine eigenen Erfahrungen.