Kompressor für Gitarre?

  • Hallo,
    Elektrogitarren sind ziemliche "Dynamik-Monster", falls der Gitarrist nicht nur Ultra-Distortion fahrt, die quasi von vorne herein völlig komprimiert ist. Bei einer knackigen, unverzerrten Rhythmus-Gitarre, vielleicht abgewechselt mit leisen Zupf-Passagen, ist aber alles da, von "ganz leise" bis "ganz laut". Wir haben derzeit zwar Kompressoren auf den Stimmen, sie aber bislang bei den Gitarren nicht eingesetzt. Irgendwie möchte man ja schon den "anspringenden" Sound haben, und nicht wie MP3 klingen.
    Wie sind da eure Erfahrungen? Macht es "gesamtsoundmäßig" Sinn, Kompressor bzw. eventuell Limiter auf die Gitarre zu legen? Wenn ja, habt Ihr Tips für die Einstellungen ?
    Vielen Dank und viele Grüße
    Hermann

  • Hallo Herman,


    ja, es hat Sinn E-Git zu komprimieren. Du steigerst damit die Durchsetzungsfähigkeit und der Mix wird kompakter. Allerdings wären E-Git das letzte, was ich komprimieren würde, wenn die Anzahl der C-Kanäle begrenzt ist, speziell wenn es um High-Gain-Sounds geht, die eh stark komprimiert sind (wie Du ja weißt...). Erst würde ich zunächst Kick/Sn/BS/Voc komprimieren, erst dann stünde die E-Git an.
    Einstellungen hängen stark von den Soundvorstellungen ab. Einen "funky"-Sound erreichst Du mit sehr kurzen Release-Zeiten, wenn Du das Instrument eher im Pegel fixieren möchtest brauchst Du längere Release-Zeiten. Attack nach Geschmack. Ratio-Startpunkt vielleicht bei 1:3. Einfach ausprobieren.


    Gruß,


    Christopher

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat

    Macht es "gesamtsoundmäßig" Sinn, Kompressor bzw. eventuell Limiter auf die Gitarre zu legen?


    Kommt drauf an. Spielt der Gitarrist via DI/Pod ect. direkt auf Deine PA und Du hast am Pult die volle Kontrolle über dessen Lautstärke(n), warum nicht?


    Tönt es dagegen aus einem Halfstack bereits derart selbstbewusst von der Bühne, dass Du den Rest der Kapelle "drumherum" mischen musst, vergiss es!


    Ich persönlich setze Kompressoren live fast nie auf die E-Gitarren, auf Akustische in der Regel immer. Es zeigt sich, dass die E-Sounds meist zu unterschiedlich ausfallen, und nicht alles muss da komprimiert werden. Da sind Vocals, Bass, A-Gitarren und teilweise Snare dringendere Kandidaten, bevor die E-Gitarre an der Reihe ist. Sozusagen feinere Kosmetik, wenn der Mix einigermaßen steht.


    Obwohl - im Digitalpult-Zeitalter ist die Anzahl vorhandener Kompressoren nun wirklich kein Thema mehr. Es spricht also nichts dagegen, in den Gitarrenkanälen die Kompressoren zu aktivieren und anfangs mit zurückgedrehtem Threshold in Habachtstellung verweilen zu lassen.


    Mein Favorit für diesen Job (akustisch wie elektrisch) ist übrigens der SPL Dynamaxx :D .



    es grüßt


    derautor

    Immer schön vorm Soundcheck herverkabeln.....

  • komisch, hatte ich bisher so viel glück?
    bisher hatte ich noch nie die notwendigkeit, e-gitarren (die über mikro/amp abgenommen wurden) zu komprimieren.
    ich hatte immer den eindruck, das mir die amps(meistens röhren) diese arbeit vorzüglich abgenommen haben...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "wora"

    komisch, hatte ich bisher so viel glück?
    bisher hatte ich noch nie die notwendigkeit, e-gitarren (die über mikro/amp abgenommen wurden) zu komprimieren.
    ich hatte immer den eindruck, das mir die amps(meistens röhren) diese arbeit vorzüglich abgenommen haben...


    Aber davon reden doch alle. Wenn es theoretisch nicht nötig ist, kann der Techniker doch selbst entscheiden ob er es versucht oder nicht :)

  • Ich denke, es kommt auf die Spielweise des Gitarristen, den Musikstil und den Gitarrenamp an. In der letzten Zeit stecke ich bei analogen Pulten immer einen Comp auf Gitarren-Insert. Da ich meist zwei Mikros ( Großmembran + dynamic-oldie ) benutze, mache ich einen komprimierten und einen nicht komprimierten Kanal, die ich mir dann mischen kann.

  • Vorne weg, ich komme vom analogmischen im Club-Bereich mit mehr oder weniger bekannten Nands auch mal international auf Tour.
    Deshalb bin ich es gewohnt mit meinen Compressoren zu haushalten. Man hat halt halt immer nur 4- 8 Compressoren zur Verfügung.


    Aber abgesehen davon empfinde ich den übermässigen Einsatz von Comps übertrieben. Es geht ja fast schon in den Bereich des Masteings bei Tonträgern. Alle wollen immer dichteren und kompakteren Sound haben und komprimieren auch noch ganze Gruppen und vielleicht auch noch die Summe.


    Gerade bei Bands die wissen was sie machen lebt die Musik ja auch durch die Dynamik, die geziehlt eingesetzt wird. Wenn ich nun alles komprimiere habe ich einen Teil der künstlerischen Gestaltung unmöglich gemacht. Es kann ruhig mal ganz leise werden um im nächsten Moment wie ein Gewitter los zu stürmen. Natürlich kann man mit einer gezielten Auswahl der Parameter das vermeiden (Threshold / Ratio) aber bei manchen Sachen nutze ich eigendlich nie einen Kompressor und die E-Gitarre gehört da eindeutig dazu.


    Bei den CDs regen sich alle Wissenden zu Recht auf, dass alles tot komprimiert und gelimit ist. Soll das nun auch auf Konzerten so werden?

  • Zitat von "guma"

    Ich denke, es kommt auf die Spielweise des Gitarristen, den Musikstil und den Gitarrenamp an. In der letzten Zeit stecke ich bei analogen Pulten immer einen Comp auf Gitarren-Insert. Da ich meist zwei Mikros ( Großmembran + dynamic-oldie ) benutze, mache ich einen komprimierten und einen nicht komprimierten Kanal, die ich mir dann mischen kann.


    das wäre mir zu viel arbeit... :D:D


    im prinzip sehe ich die sache wie schrumpeln. natürlich habe ich persönlich das glück, überwiegend mit studierten profigitarristen zu arbeiten. die wissen in der regel ganz gut, wie sie ihre dynamik gestalten müssen. und damit komme ich natürlich prima zurecht.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • @ Schrumpeln


    Bin eigentlich völlig Deiner Meinung. In Clusituationen ist es ja sowieso so, dass der Anteil der Gitarre, der direkt von der Bühne kommt, erstens meist groß ist und zweitens zwangsweise "unkomprimiert" ist. ( "", da, wie wora schon sagte, die typische Gitarristensignalkette eigentlich auch schon eine Art Kompressor darstellt ).


    Trotzdem kann ein komprimiertes "Club-PA-Gitarrensignal" eine Art erwünschten Effekt darstellen, welches dem Direktschall aus der Gitarrenanlage beigemischt wird. Das bedeutet nicht unbedingt, dass dann alles totkomprimiert sein muß.

  • Zitat von "wora"

    das wäre mir zu viel arbeit... :D:D


    mir eigentlich auch :D:D:D


    Allerdings habe ich in der letzten Zeit weniger Jobs mit viel Gebläse, Keyboardburgen, mehreren Sängern u.s.w. sondern mache wieder mehr Rock-Jobs mit einfachen Besetzungen. Da kommt man bei den wenigen Kanälen, die man zu "verwalten" hat, schon auf die eine oder andere Idee ........ :D :wink:

  • Ja das ist schon richtig. Man kann den Kompressor ja auch richtig einstellen. :D
    Es ist aber zu beobachten, dass immer öfter die Frage nach Kompressoren auf kommt und die sollen in Gruppen und auch in den Master eingeschliffen werden. Auf digitalpulten, wo eh überall Gates und Kompressoren vorhanden sind wird das wahrscheinlich auch oft so eingesetzt. Nur wenn ich diese Frage stellen muss, dann ist anscheinend nicht genügend Erfahrung und Grundwissen theoretischer Art vorhanden. Der Kompressor wird dann als Allerheilmittel angeswehen um einen "druckvollen" Sound zu machen. Aber Druck ist nur eine Seite der Dynamik und diese kann ohne die andere nicht mehr richtig wirken.
    Mischpultbediener, die wissen was sie machen können gerne auch mal einen Kompressor auch an ungewohnten Stellen einschleifen, aber als Pultbetreuer würde ich einem "Anfänger" keinen Kompressor in meine Summe einschleifen lassen. Das ist dann eine Einzelfallentscheidung.

  • ein problem sehe ich definitiv in der geradezu inflationären anzahl an kompressionsmöglichkeiten in digitalpulten.
    da ist die versuchung sehr gross, alles und jeden "zusammenzustauchen" :?
    natürlich hat niemand was gegen eine vernünftige kompression und letztendlich ist das auch wieder mal reine geschmackssache, aber man muss schon ein bisschen aufpassen das man nicht zu viel des guten macht... summenkompression gibt es bei mir z.b. schon aus prinzip nicht.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Hallo,


    ich denke schon, daß es musikabhängig Sinn gibt. Viel Dynamik hat technisch IMMER das Problem, daß die leisen Stellen in Gefahr laufen, von der restlichen Musik maskiert zu werden. Das kann nun in der einen Musik gut sein, in der anderen schlecht. Das Totkomprimieren eines einzelnen Sounds kann somit musikalisch wertvoll sein. Und ich mache das manchmal gern. Inzwischen schleppe ich deswegen auch schon 10 Compressoren in meinen Analogracks mit mir rum. Das ist ja mit Digital erledigt, wobei ich genau mit dem Klang vieler Digitalcompressoren so meine Nöte habe (Ich finde aber auch einige sehr gut, wehalb ich hier digital auf keinen Fall pauschal verurteilen will).


    Warum übrigens Live so wenige Leute den Mastercompressor nutzen ist mir auch ein Rätsel. Mir sagen ganz viele Fremdtechs immer, daß man das net braucht und fahren anschließend die PA in den Cliplimiter und erklären mir, daß des ja vorher irgendwie nicht gedrückt hat :?::?: und das ist völlig unabhängig von der Größe der PA.
    Na klar: Vorher war es nicht komprimiert! Ich halte also auch Summenkompression meißtens (ist definitv musikabhängig) für musikalisch und klanglich sinnvoll.
    bei CD Aufnahmen wird es natürlich aus bekannten Gründen oft übertrieben.


    Viele Grüße
    Tobias Kammerer

  • Zitat von "tobias kammerer"

    Hallo,
    ich denke schon, daß es musikabhängig Sinn gibt. Viel Dynamik hat technisch IMMER das Problem, daß die leisen Stellen in Gefahr laufen, von der restlichen Musik maskiert zu werden. Das kann nun in der einen Musik gut sein, in der anderen schlecht. Das Totkomprimieren eines einzelnen Sounds kann somit musikalisch wertvoll sein. Und ich mache das manchmal gern. Inzwischen schleppe ich deswegen auch schon 10 Compressoren in meinen Analogracks mit mir rum.


    Wenn man sich mal überlegt was so früher alles "selbst" komprimiert hat bei einem Konzert ist das gar nicht so abwegig. Das fängt beim beliebten SM91 an (man betrachte es einmal in einer Mehrspur-Liveaufnahme im Vergleich z.B. zum gleichzeitig an der Bassdrum positionierten Beta52; oder eine Boogie-Woogie-Klavieraufnahme...), setzt sich mit röhrenbestückten Instrumentenverstärkern fort bis hin zu "heiß" gefahrenen Analogfrontplätzen ("No Yamaha desk please"; die vertragen nämlich nicht so viele rote Lampen auf einmal wie eine XL200...) inkl. FX hart an der Übersteuerungsgrenze.
    Und dann kam ja noch die analog geweichte, knapp dimensionierte PA mit den schweren konventionellen Endstufen. Gut eingerichtet und mit musikalischem Gespür gemischt wirkte das alles wie ein großer - Multibandkompressor :idea: Man nannte es auch "fetter Sound".
    Die Technologie hat sich seitdem rasant geändert, die musikalischen Ausdrucksformen nicht so sehr. Was will ich live bei Rockmusik mit 60dB Nutzdynamik? Und warum kapieren die Hersteller von Gitarren-"Pods" und anderen lautsprecherlosen Klangformern für Saiteninstrumente seit 15 Jahren nicht, daß das eigentliche Geheimnis des E-Gitarrensounds die Interaktion zwischen (komprimierendem) Verstärker, Lautsprecher und Raum ist?
    Da bleibt noch viel Arbeit. Wenns sein muß auch mit Kompressor auf der Gitarre.



    Zitat

    Warum übrigens Live so wenige Leute den Mastercompressor nutzen ist mir auch ein Rätsel. Mir sagen ganz viele Fremdtechs immer, daß man das net braucht und fahren anschließend die PA in den Cliplimiter und erklären mir, daß des ja vorher irgendwie nicht gedrückt hat :?::?: und das ist völlig unabhängig von der Größe der PA.
    Na klar: Vorher war es nicht komprimiert! Ich halte also auch Summenkompression meißtens (ist definitv musikabhängig) für musikalisch und klanglich sinnvoll.


    Das wiederum ist eine Krankheit vieler "von Dichterlesung über Disco bis Death Metal"-Clubinstallationen der letzten Jahre. Amtliches Holz, moderne Endstufen mit Spitzenleistung ohne Ende - aber völlig überzogener Bassbereich und keine Chance noch so was wie Kompression in den (Tief-)Mitten hinzubringen ohne daß die Höhen dir die Ohren wegfräsen (und der Betreiber dir ob der Lautstärke schon beim Soundcheck die rote Karte zeigt). Der eine oder andere Haustechniker hat's inzwischen begriffen und nach Erfahrungswerten angepasste Controllerpresets hinterlegt. Ansonsten bleibt einem bloß, sich über das Fehlen von ordentlichen Multibandkompressoren im Ausgang vieler Digitalpulte zu ärgern und zur Selbsthilfe zu greifen. Kostenlos aber nicht immer zu empfehlen (11. Gebot...) oder praktikabel ist das Masterpasswort für die dbx Driverack-Serie :D Ansonsten haben mir auch schon MDX8000 oder LA Audio 4x4 im Split-Betrieb (ja, das war dann in Mono. Na und?...) gute Dienste geleistet, wenn es trotz Lautstärkebeschränkung ordentlich drücken sollte.

    Economics in eight words: "There ain't no such thing as free lunch."

  • multiband-masterkompressoren kommen bei mir grundsätzlich nicht vor. für meinen geschmack ist das unnötig. ich habe in der regel hervorragende musiker auf der bühne, die ihre instrumente auch hinsichtlich dynamik gut im griff haben. möglicherweise habe ich also einfach nicht die passende kundschaft für soche gerätschaften.
    ich komprimiere auch in den kanälen recht wenig, der rest wird dann vom finger auf dem schieberegler erledigt...


    na ja, egal wie man den ausgewogenen sound erreicht:
    hauptsache die künstler, das publikum und die veranstalter sind zufrieden!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang