Analoger 31Band EQ am Digitalpult - Insert oder einschleifen

  • Na, dann oute ich mich mal: ich mag Graphic EQ. Gerne das gelinkte Pärchen im Digipult; wenn da nichts geht, dann eben extern. Am liebsten ist mir natürlich, wenn ich ihn nicht benutzen muss – passiert aber nicht so oft. Deshalb hat einer da zu sein. Punkt.


    Einziger Grund: ich bin als Tonmann einfach zu schlecht.


    Ich sehe ein: so gut wie alle hier schreibenden Kollegen arbeiten ausschließlich auf perfekten Shows. Jede einzelne mit mehrwöchiger Vorbereitungszeit. Sorgfältigste Simulationen und Konzipierung/ Zusammenstellung der idealen Beschallungsanlage. Aufopfernd betreut von den absoluten Cracks der Systemtechszene. Budget? Über Geld spricht man nicht, das hat man. Zwei bis drei Aufbautage, und noch einer zum Einmessen. Klar, dass jeder die dazugehörigen Programme spielend aus dem Eff Eff beherrscht und die angezeigten Zahlen/ Bildchen/ Graphen stets fehlerfrei zu interpretieren weiß. Und eventuelle Probleme augenblicklich mit Hilfe von ein, zwei perfekt in f/ q/ Anhebung/ Absenkung gesetzten Filtern geradezu spielerisch leicht ausmerzt. In Venues mit Idealakustik, unabhängig von Publikums – Füllstand und Bühnenlärm. Mit ganz genau vorhersehbarem Programmmaterial und absolut formschwankungsfreien Musikern/ Backlinern/ Mikrofonierern auf der Bühne.
    Absolut einleuchtend, das. Deshalb klingt’s ja heutzutage auch auf praktisch allen Konzerten so großartig.


    Fast. Bei meinen (jedenfalls den meisten) ist das nicht so. Da lauern fiese Blechhallenakustiken, die im Leerzustand jedweden EQ – Versuch absurd erscheinen lassen. Wo gelangweilte/ unterbezahlte/ überforderte Kistenspediteure ihre ¾ - defekten Altlastenstapel abgekippt haben. Oder hochengagierte Jungunternehmer und - fachkräfte ihre allerneuesten wertigen, hoffnungslos unterdimensionierten Markenschätze vorführen/ ausprobieren wollen (fast noch schlimmer). Die dabei leider häufig der englischen Sprache genau so wenig mächtig sind wie der fachgerechten Installation ihrer Kostbarkeiten. Macht aber nichts; mein Tourbus oder Shuttle kommt eh erst an, wenn die Veranstaltung längst läuft. Systemcontroller? Hoffentlich gibt’s keinen; die Gefahr, dass jemand am Herstellersetup rumgepfuscht hat ist einfach zu groß.
    Laufen muss die Sache aber trotzdem. Ohne Zeit für Analysen, Messprotokolle, Gedanken über Filtercharakteristiken, Phasenlagen oder gar Änderungen am Systemsetup. Mit etwas Glück reicht’s für einmal kurz ins SM58 husten beim Changeover. Und los.
    Wenn jetzt was sägt/ näselt/ wummert/ dröhnt/ sonst wie nervt, dann muss das beim ersten Song weg. Da ist keine Zeit für Spielchen am 8 –fach parametrischen oder auf dem Laptop. Da gehören 31 Fader hin, mit denen man das Gröbste im Schnellverfahren ausprobieren und bei Bedarf mal eben platt machen kann. Mehr braucht’s jetzt nicht – und mehr kann ich in der Situation auch gar nicht schnell genug bedienen.
    Siehe oben. :roll:


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo
    (der bis Ende des Jahres wieder auf knapp 250 Livejobs rumdilettiert haben wird)

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:
    Was, nur 250?? :D
    Naja, am Anfang ist es schwer, genug Jobs zu bekommen :D:D:D:D


    Im Ernst, ich denke, man muß unterscheiden zwischen der Angefragten 01v96 Liga, da verwende ich definitiv keinen.
    Mir sind trotzdem parametrische deutliche lieber.
    Speziell am FOH.


    Die von Dir aufgezählten Gründe sind für Festivalbetrieb voll einleuchtend.
    Aber Du mußt auch zwischen den verschiedenen Arten von Jobs unterscheiden.


    Wer mit einer Band fix ( mit eigenen Pulten und Boxen ) unterwegs ist oder Gala macht etc wird anders arbeiten, als Du gerade von der Festivalsituation beschrieben hast.


    Aber auch so allgemein, ich kenn einen Monitor, der macht genau bei einem 58er bei 900 Hz Probleme.
    Da kann man sich überlegen, ob man die 800 voll zieht, oder die 1K.
    beide treffen die Frequenz nur am Rande und man muß schon ziemlich ziehen, in dem fall nehme ich gerne einen parametrischen Notch dazu

    Amp und Boxen Brett _ Die Vuvuzela des Forums


    Ganz großer Fan des " Themen als gelesen markieren " Buttons

  • Zitat von "billbo"

    Und eventuelle Probleme augenblicklich mit Hilfe von ein, zwei perfekt in f/ q/ Anhebung/ Absenkung gesetzten Filtern geradezu spielerisch leicht ausmerzt.


    Wo liegt der große Unterschied beim Parametrischen? Du hast eine nervige Frequenz und mit deiner Erfahrung kannst du auch einschätzen in welchem Bereich die liegt, evtl. liegst du auch mal ein oder zwei daneben. Du bedienst evtl. also drei Fader ins Minus um dem Herr zu werden. Beim Parametrischen ist doch eigentlich nur der Unterschied das die Filtergüte nicht fix ist, meist ist die aber im Grund zu Breit aber wenn ich die Frequenz ungefähr habe, den Gain absenke bin ich genau so weit wie am GEQ, nur das ich später noch die Möglichkeit habe präziser zu werden wenn Zeit und Lust ist.
    Ich bin immer wieder überrascht wie alten Hasen wie du so was so persönlich nehmen, es verbietet dir doch niemand deinen GEQ, es geht doch hier weit mehr darum ob diese Zusatzoption zu einem Digitalpult überhaupt sein muss.

    In meinem Lexikon fehlt das Wort unmöglich!


    ASR Computer & PA Technik
    André Ruhnau
    Rosenstr.6
    78598 Königsheim

  • ein Punkt, der mMn. auch für die 31er spricht: Ich sehe, was EQt wird / wurde.


    Bei einem parametrischen sehe ich Werte, aber keine Kurven - das ist je nach "Gefühl" min. eine Abtraktionsebene mehr...

  • Du, Kracky?
    Wenn ich irgendjemandem irgendwas persönlich nehme, dann sieht das anders aus. :roll:


    Ja, ich mag den 31Bänder. Als Zusatzoption fürs Grobe. Als bequemes Werkzeug für den Echtzeitzugriff. Und ich nutze ihn in der Praxis öfter, als mir das anhand theoretischer Betrachtungen lieb ist.
    Interessanter Weise sehen das die Digitalpulthersteller bzw. deren Kunden offenbar genauso. Ich kenne keine namhafte Kiste, deren Faderoberfläche nicht mit einem, max. zwei Tastern zum Graphic EQ verwandelbar ist. Nur wegen mir machen die das bestimmt nicht.


    Und ja, ich arbeite gerne und sorgfältig mit Vollparametrik im Master. Wenn ich Zeit dafür habe. Ich weiß, was das ist. Und selbstverständlich sind mir auch andere Arbeitsweisen vertraut als die auf Schweinefestivals. :D
    Bei einer gängigen Vierbandklangregelung à la M7 & Co bereite ich die beiden mittleren normalerweise präzise und schmalbandig auf die beiden auffälligsten Raumresonanzen vor – für den Fall, dass die später auch bei voller Halle noch relevant sind und deshalb u. U. gezogen werden müssen. Das obere und untere Band gerne erst mal als Kuhschwanz mit Eckfrequenzen 500Hz und 5kHz o. ä. Könnte ja sein, dass die volle Halle unerwartet total zum Mumpfen neigt oder auf einmal die ganzen Obertöne, die man beim Check noch für unerlässlich hielt, sich als unnatürlich spitz und übertrieben herausstellen; dann kann das die schnellste Möglichkeit sein für eine generelle Korrektur (meiner eigenen Fehleinschätzung vom Nachmittag).
    Und 16x Vollparametrik im Ausgang (wenn man etwa bei einer PM5 die Matrix benutzt) sind eine mächtige Waffe. Mit der man allerdings auch mächtig viel Unsinn anstellen kann, noch weit mehr als mit dem klassischen 31Bänder; das sollte man stets im Hinterkopf behalten.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat von "marce"

    ein Punkt, der mMn. auch für die 31er spricht: Ich sehe, was EQt wird / wurde.


    Bei einem parametrischen sehe ich Werte, aber keine Kurven - das ist je nach "Gefühl" min. eine Abtraktionsebene mehr...


    Es ist kaum etwas weniger wysiwyg als ein graphischer EQ. :D

  • ... Und was mir zum Thema Tourmischer und graphischer EQ am heutigen Konzertabend noch einfällt:
    Zu den lebenden Fossilen unter den Boxen gehört die F2. Von dieser Tröte hört man oberhalb einer gewissen Lautstärke nur noch den 2445. Da hilft auch der schönste "graphische" EQ nix. :lol: 8) :lol:

  • Haha und gerade die digitalen grafischen leiden ja auch nicht an den technischen Fehlern ihrer analogen Vorbilder. Die Fehler der Geräte mögen bei vielen Jobs nichts ausmachen. Aber wenn ich an einem EQ 1000 HZ 2 db rausziehe dann meinte ich nicht 1100 HZ um 1 DB. Und beim EQ im Rack darunter dann 850 um 4. Und das ist leider bei vielen der grafischen der Fall. Da liegen so Dinge wie Varicurve oder Lake und selbst der grafische im Yamaha Pult schon viel besser im Rennen. Wenigstens stimmt was drauf steht.
    Ob wir nun wirklich gutes Material brauchen oder nicht muss jeder selber fuer sich entscheiden. Aber gerade bei den beiden wichtigsten Punkten im System, der Summe?
    Ich hab leider nie den Luxus auf perfekten Gigs zu arbeiten. Meist eher das Gegenteil. Von daher habe ich eben gerne einen EQ der auch macht was er soll und nicht einen der mir noch mehr Steine in den Weg legt!
    Wenn ich jetzt so ein Ding auch noch 2 mal durch die AD DA Wandlung jage, die Latzenz noch unnötig erhöhe dann sollte sich das wenigstens lohnen und es nicht einfach noch schlimmer machen als es schon ist.
    Das hat fuer mich bildlich sowas vom Miniersatzreifen am Ferrari auf dem Hockenheim Ring!
    Geht super aber das Rennen ist quasi schon verloren bevor der Startschuss gefallen ist!

    Practice, Practice, Practice

  • Gert, da bin ich fast versucht zu antworten: wenn ich erst mal im Nahkampfmodus bin :D ist es mir ziemlich egal, ob das technisch alles zu Tausendundeinprozent richtig ist, was ich da gerade veranstalte. Da zählt nur das Ergebnis. Und entscheiden tut allein das Ohr.


    Aber natürlich hast Du recht: die Präzision der digitalen Emulation (und damit der wichtige Gleichlauf zwischen L/ R) eines Graphischen liegt um Welten über derjenigen eines angejahrten DN 360 mit schon im Neuzustand +/-10% Toleranz – Kondensatoren in den Terzfiltern. Wobei manch einem Strategen ja nicht mal auffällt, wenn der eine oder andere davon aufgrund verwarzten Faders überhaupt keine Funktion mehr zeigt... :roll:
    Und außerdem liegt der Digipult – EQ einladend schön beschriftet und beleuchtet ("bedien mich!") in Arbeits – und Augenhöhe. Und nicht wie früher im Halbdunkel 10cm unterhalb des Knies schräg hinterm Easytilt - Fuß, mit 2, 3, 4 abgebrochenen Fadern und unvermeidlichem Wackelkontakt im Bypassrelais. Schon allein das zählt.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Der Uli wusste das alles schon viel früher, und hat mir (also ich noch mit 01V und Co unterwegs war) extra das hier gebaut-->


    http://www.behringer.com/DE/Products/DEQ1024.aspx


    Genau das richtige für den "Combat Audio" Einsatz. Aus dem Pult digital raus-->in den DEQ1024 digital rein-->digital in den PA Controller (alternativ über den Analog out des EQs aufs MuCo).
    Damit das Aufspüren von Quengel-Frequenzen noch schneller geht, gibt es auch keine getrennte Ansteuerung von linker und rechter Seite.
    Beim ersten Song mit zwei Händen beherzt zugegriffen und man kommt einem brauchbaren Sound schnell nahe.
    Das einzige Problem was das dieses Gerät hat, ist der Markennamen.
    Aber es ist die adäquate Antwort auf ein Stadtfestprogramm, das in meiner Region oftmals wie folgt aussieht:


    12-16 Uhr: Das Grauen (Modeschau für Dicke, Verlosung, Ansprachen, Tanzgruppen...)
    16-17 Uhr: Musikschul-BigBand
    17-19 Uhr: Musikschul-RockBand
    19-22 Uhr: Achtköpfige CoverBand


    Was fehlt? Richtig, Umbau und LineCheck muss so schnell gemacht werden, dass man in der Zeit zurückreist, weil es im Ablaufplan nicht vorgesehen ist.


    Zweit schnellste/beste Lösung für mich, ist ein vollparametrischer EQ, den man mit Maus bedienen kann.
    Mein Favourit:
    http://www.youtube.com/watch?v=f9WdaU6HxzM


    LG
    WW


    PS: Nein, ich sach nicht SAC... 8)

  • Zitat von "billbo"

    wenn ich erst mal im Nahkampfmodus bin ist es mir ziemlich egal, ob das technisch alles zu Tausendundeinprozent richtig ist, was ich da gerade veranstalte. Da zählt nur das Ergebnis. Und entscheiden tut allein das Ohr.


    Ganz genau so sehe ich das auch. Im Nahkampfmode schaue ich kurz über die Signalkette und schalte alles was ich nicht brauche erstmal aus. Da gehört der grafische dann auch dazu. Wenn es richtig bitter ist mache ich das lieber im Kanal. Dann muss ich nur einmal drehen.
    Ich finde immer je schlimmer der Gig ist desto weniger Klötze muss ich mir ans Bein binden. Sinkgewichte sind was fuer Taucher!

    Practice, Practice, Practice

  • Bypass war/ ist sehr häufig die beste Option als Vorgruppenmischer bei "absolutem EQ – Berührungsverbot". War ja durchaus mal Mode; aber DAS konnte einem schon 1980 wirklich niemand ernsthaft verwehren.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Angeregt durch diese Diskussion hab ich einmal überlegt (das kommt schon mal vor).
    Mir sind als Betreuer von bereitgestellten Anlagen und FOH / Monitorplätzen bisher Techniker von grottenschlechten Nachwuchsbands über gute bis sehr gute Coverpartien und anerkannten Musicalorchestern und Musikanten wie Gipsy Kings und Seal ans Pult gestellt worden.
    (Da waren bemerkenswert gute aber auch schlechte Leute dabei)
    Solange wir analoge Pulte aufgestellt hatten wurde der PA-GEQ auch immer gerne genutzt
    Seit wir Digipulte aufstellen obschon sie immer noch vorhanden wären, nur halt im Pult, nicht mehr.
    Das Ergebnis ist seither aber auch nicht schlechter oder besser geworden.
    Dazu sei noch gesagt, daß alle Systeme immer Controllergesteuert waren.

    - Alex -