richtiges Verhalten bei Gewitter

  • Moin,


    Hami, danke für Deine ausführliche Schilderung. Deine Erlebnisse sind bezeichnend für den Stand der Umsetzung der VstättVO. Man schreibt einen Esel vor, lässt ihn ohne Sinn und Verstand vor alle rumstehenden Karren spannen, und hofft, daß er irgendwo was zu fressen findet. Wenn dann was schiefgeht soll er noch selbst "hüh" schreien, um dann alle Karren aus dem Dreck zu ziehen.


    Wie schön, daß Betreiber keinerlei Befähigung nachweisen müssen. Die natürliche Befähigung, Zwangslagen technischer Dienstleister schamlos auszunutzen, haben sie allerdings. So wird der finanziell abhängige Meister VT eines technischen Gewerks stillschweigend zum VVT des Betreibers der Versammlungsstätte. Jeder Richter würde sich totlachen, aber die Fälle wo Richter sowas vorgetragen bekommen sind nunmal kein Witz mehr. "Wo waren Sie als die Bühne einstürzte?", "Ich habe auftragsgemäß das Mischpult festgehalten"... ...Einen Meisterbetrieb beauftragen genügt nicht ;)


    Der Betreiber ist und bleibt verantwortlich!


    Dabei steht klar in der VstättVO wer für die Position des vorgeschriebenen, in direkter Zusammenarbeit mit dem Betreiber die Veranstaltung leitenden VVT zuständig ist, und damit ist auch dessen Unabhängigkeit von den Gewerken festgeschrieben. Der Irrtum entsteht durch eine ungeschickte Formulierung: "müssen mit der Versammlungsstätte und deren Einrichtungen vertraut sein" - dafür genügt jedoch eindeutig der Befähigungsnachweis Meister VT, der muß (und darf ;) ) eben gerade nicht alles selbst gebaut haben, um z.B. Baubücher lesen zu können, oder die Funktion einer Notfalldurchsage-Anlage überprüfen zu können. Letzteres für den Fall, daß sich der Betreiber z.B. für einen Abbruch im Rahmen seines Sicherheitskonzepts entscheiden muß...


    Viele Grüße,


    Bernd

    ----------------------------[---[--[-[IIIIIII]---------


    ich bezahle nicht fürs hinhören, ich baue Beschallungsanlagen


    Das SD12 Fliegetop ist bei gleicher Endstufe um durchgehend 3 dB lauter
    als "vorbekannte" 12"/1" Bauweisen.


    Der Bass CB18S ist der Beste

  • Bleibt noch die sog. "Garantenpflicht" nach §13 StGB.


    Ist jemand für ein Thema sachkundig und gibt das zu erkennen, so dürfen alle Umstehenden davon ausgehen, dass jener sobald er Kenntnis über eine Gefahrenlage erhält auch eingreift; er handelt sonst fahrlässig. Kommen Personen zu Schaden macht sich dieser "Wissende" der [fahrlässigen] Körperverletzung durch Unterlassung schuldig... ob es ausreicht, die Sachkunde erkennen zu geben oder ob man z.B. vertragliche Pflichten zur Sachkunde übernommen hat (die sog. Ingerenz) ist zwischen Juristen immer wieder strittig.


    Bezogen auf das Thema: Ist ein Meister VT vor Ort und als solcher gebucht, so muss er auch vor allen Gefahren warnen, die er aufgrund seiner Sachkunde erkennt. Tut er das nicht und kommt jemand zu Schaden, so ist trifft ihn die Schuld durch Unterlassung - und diese wird genauso gewertet, als habe er den Schaden direkt verursacht.
    Die Juristen werden dann darüber streiten, ob er zur Begutachtung hätte beauftragt sein müssen - oder ob er als Wissender auch ohne Beauftragung zum "Verantwortlichen" hätte einschreiten müssen.

  • soweit ich weiss soll man zelte bei wind schliessen.
    das erhöht die steifigkeit der konstruktion und verhindert, das sich das zelt regelrecht aufbläht und so dem wind noch mehr widerstand entgegensetzt.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "jörg lenz"

    Bleibt noch die sog. "Garantenpflicht" nach §13 StGB.


    Ist jemand für ein Thema sachkundig und gibt das zu erkennen, so dürfen alle Umstehenden davon ausgehen, dass jener sobald er Kenntnis über eine Gefahrenlage erhält auch eingreift; er handelt sonst fahrlässig. Kommen Personen zu Schaden macht sich dieser "Wissende" der [fahrlässigen] Körperverletzung durch Unterlassung schuldig... ob es ausreicht, die Sachkunde erkennen zu geben oder ob man z.B. vertragliche Pflichten zur Sachkunde übernommen hat (die sog. Ingerenz) ist zwischen Juristen immer wieder strittig.


    Bezogen auf das Thema: Ist ein Meister VT vor Ort und als solcher gebucht, so muss er auch vor allen Gefahren warnen, die er aufgrund seiner Sachkunde erkennt. Tut er das nicht und kommt jemand zu Schaden, so ist trifft ihn die Schuld durch Unterlassung - und diese wird genauso gewertet, als habe er den Schaden direkt verursacht.
    Die Juristen werden dann darüber streiten, ob er zur Begutachtung hätte beauftragt sein müssen - oder ob er als Wissender auch ohne Beauftragung zum "Verantwortlichen" hätte einschreiten müssen.


    Sehr interessantes Thema, gibt es hierfür Präzendenzfälle oder evtl. sogar ein Urteil in unserer Branche?

  • Das mit dieser Garantenpflicht wird immer wieder mal erwähnt, ist jedoch ein völliger Blödsinn.


    Dann müßten 10 % der Besucher von Veranstaltungen eigentlich jede 5. Veranstaltung abbrechen, dann nach hause gehen und im Nachhinein wäre das richtig und keiner trägt den finanziellen Schaden??


    Sorry, das haben wir schon oft diskutiert und das ist Humbug

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  • Das sehe ich ähnlich. Gehen ein Hobbytontechniker, ein Elektriker, ein freiwilliger Feuerwehrmann, ein ehemaliger Rettungssani und ein angehender Baustatiker gemeinsam auf ein Konzert...


    Trotzdem: wenn es dazu schon Urteile gibt, sicher interessant!


    Zu den Zelten: genau genommen müssen diese erst geräumt werden, dann verschlossen. Dadurch verringert sich deutlich die Windangriffsfläche und wenn es noch heftiger wird, ist niemand mehr im Zelt gefährdet. Übrogens sollten Bierwagen auch möglichst schnell "entpersonalisiert" werden, da hier wirklich schon mehrere in Flammen aufgegangen sind.


    In Deutschland gibt es für jedes Detail Regeln. Es wäre wirklich sehr wünschenswert, wenn sich auch jemand mal an dieses heikle Thema ranwagt.


    Derzeit gibt es Bestrebungen Einzelner, als Schnittstelle eine Art "Sachkundigen für Veranstaltungssicherheit" auf die Beine zu stellen. Also nicht bezogen auf eine Versammlungsstätte, sondern auf die Veranstaltung selbst. Für Meister mit mehreren Jahren Berufserfahrung. Gibt es Neuigkeiten zu diesem Thema, melde ich mich.

  • Zitat von "Hami"

    ...In Deutschland gibt es für jedes Detail Regeln. Es wäre wirklich sehr wünschenswert, wenn sich auch jemand mal an dieses heikle Thema ranwagt....


    siehe diese textstelle aus dem link von andi.bt:


    Zitat von "wora"


    klasse!


    dort steht zu lesen:


    ...


    eine art "leitfaden" wäre sicher hilfreich. und darin sollte auch stehen, nach welchen gesichtspunkten eine VA abgebrochen werden sollte/darf/muss. denn egal ob meister oder nicht, schliesslich sind wir alle keine wetterfrösche.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Eines muß auch klar sein, wer meint eine VA einfach abbrechen zu können, der sollte darauf vorbereitet sein, das im Nachhinein durchaus Zivilklagen über finanzielle Ausfälle kommen können wenn nichts passiert ist.


    Also sollte nur der abbrechen, der diese Positionen wirklich hat, und nicht jemand der sich gerade wichtig fühlt.


    Diese Positionen gibt es ja, die das müßen.
    Sofern sie vor Ort sind....


    Aber wenn ich Gefahr für mein Leben sehe, dann habe ich schon auch das Recht, die Bühne zu verlassen.
    Wenn ich merke, das ein Gewitter einen Kilometer weg ist dann bleib ich auf keiner Bühne mehr, für kein Geld der Welt

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  • nun ja, der natürliche reflex der meisten leute ist eben, sich auf der bühne oder im zelt vor dem regen schützen zu wollen.
    es dürfte in manchen fällen sicher schwierig sein, den leuten klarzumachen das sie jetzt in den regen raus müssen.
    aber das ist schon wieder ein neues thema. 8)

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "wora"

    es dürfte in manchen fällen sicher schwierig sein, den leuten klarzumachen das sie jetzt in den regen raus müssen.


    Es ist UNMÖGLICH Menschen in Europa dazu zu bewegen sich in den Regen zu stellen solange es eine Alternativ dazu gibt und sei sie noch so fragwürdig. Das ist regional Erziehungstenor.: Wenns regnet muss man sich unterstellen damit man nicht naß wird. Das haben wir alle mal gelernt. Der Tatsache zum Trotz dass der Mensch von Natur aus wasserdicht ist und eben nicht sofort schaden nimmt wenn in ein Tropfen trifft. Ganz im Gegenteil zu einem Blitz. Eigentlich weiß das auch jeder Mensch, aber... "Mama hat gesagt...."


    Ein Zelt mit vielen Menschen, mitten in einem Gewittersturm zu räumen halte ich für absolut utopisch. Selbst wenn die Hälfte des Zeltes einstürzt heißt das nur das sich umso mehr Menschen in der noch verblieben Hälfte drängeln. Da werden die letzten 200000Jahre Evolution plötzlich vergessen und das Individuum wird wieder zum Herdentier.


    Das sollte bedacht sein wenn es darum geht im Rahmen eines Sicherheitskonzeptes Evaluierungsräume zu definieren.


    Möglicherweise für machen unerwartet, aber die Könige des Crowd-Management sitzen in Saudi Arabien und haben rund um die Wallfahrtstätten von Mecka Erfahrungen und Werkzeuge gesammelt die die hiesigen Verantwortlichen direkt zu blutigen Amateuren degradieren. Da lohnt sich mal zu googlen.


    Ich hab am WE erleben dürfen wie einige sehr kompetente Menschen (die es natürlich auch hierzulande gibt!) diesbezüglich sehr viel, sehr richtig gemacht haben. Das geht schon auch.


    Gruß, Michel

  • Nachdem Klaus ja den Falco Gig am Donauinselfest erwähnt hat.
    Ich waar heuer mit meiner Tochter dort und in einem Changeover hat der Modertor auf der Hauptbühne erwähnt, es könne sein, daß man das nachfolgende Konzert eventuell wegen aufziehender Gewitter kurz unterbrechen werden müsse.


    Wie ich finde eine gute Sache, alle Besucher (und das waren nicht wenige) wussten, daß es zu einem Abbruch kommen könnte.
    Ich war einmal auf einem wesemtlich kleineren Festival wo buchstäblich aus heiterem Himmel unvorstellbare Regenmassen und Windboeen auftauchten, da war das Publikum ziemlich irritiert und wollte zum Teil auch gar nicht verstehen, daß die Musik jetzt vorbei ist (und da war das Dach vom linken Sidewing schon weggeflogen)

    - Alex -

  • Zitat von "Hami"

    Das sehe ich ähnlich. Gehen ein Hobbytontechniker, ein Elektriker, ein freiwilliger Feuerwehrmann, ein ehemaliger Rettungssani und ein angehender Baustatiker gemeinsam auf ein Konzert...


    Ist der Elektriker nicht Gast, sondern als Elektriker auf dem Festival - die Voraussetzung für die bereist erwähnte Ingerenz also gegeben - so muss er auch dann vor dem offenen Draht den er sieht warnen, den nicht er gelegt hat, den er aber sieht. Einleuchtend.


    Ist der Feuerwehmann kein Gast sondern bei der Brandwache in Abschnitt A, so muss er auch bei einer Gefahrensituation in B eingreifen, wenn er dort nicht eingeteilt ist, sobald er davon Kenntnis hat. Auch einleuchtend.


    Übertragbar auf den Rettungssani - spätestens hier haben wir eine Fülle von Urteilen - und auch den VT.


    Weder Polemik noch Unwissenheit schützen da vor Strafe, am Ende des Tages. Das zeigt die Bandbreite der Temen, in der echte und unechte Unterlassung geurteilt wird: http://dejure.org/dienste/lex/StGB/13/1.html

  • Zitat von "Loloverde"


    Soll das Bierzelt geschlossen werden oder so weit wie möglich aufgemacht? Was mindert die Windlast?


    Man sollte; wie beim Haus auch, jedes Loch zumachen.
    Das hat mit den entstehenden Druckverhältnissen innen und außen zu tun.
    Wie genau sich das verhält, weiß ich aber auch nicht. Physik eben.


    Wobei das Zumachen beim Bierzelt generell schwierig ist, weil überall Lücken sind. Aber auch wegen Panik und so.
    Hab mal erlebt, (von außen) wie's ein großes Zelt komplett 10cm aus den Nägeln gehoben hat. Da vor dem Sturm eine mords Hitze war, hatte der Veranstalter die 4 großen Giebel-Dreiecke ausgebaut....
    Auch wird davon berichtet; das bei Häusern mit offenen Fenstern die Dachziegel explosionsartig davongeflogen sind.


    Man kann also offensichtlich viel falsch machen.

    Never stop a running System

  • Moin,


    @ jörg lenz: das ist aber eine sehr freie Interpretation des § 13 StGB.


    @ Zelte: was ein Zelt bauartbedingt aushält, und wie es dafür aufgebaut werden muß, steht im Baubuch. Soweit ich weiß müssen Zelte, wie feststehende Bauten auch, den ortsüblichen Bemessungslasten für Wind und Wetter standhalten. Erleichterungen gibts allenfalls bei Schneelasten. Hat man also ein Zelt gewählt, welches den für feste Bauten ortsüblichen Lastannahmen entspricht, UND hat den Aufbau nach Baubuch überprüft, dann braucht man garnicht nachdenken. Es ist dann so sicher wie die Nagelbinder-Großbaracke des örtlichen Supermarktes. Die Vorschriften respektieren also bei Zelten das natürliche menschliche Verhalten.


    Beim Pukkelpop hat mindestens ein riesiges Giebeldach-Bierzelt standgehalten, so MUß das sein.


    @ Blitzschutz: realistisch finde ich z.B. Giebeldach-Bierzelte an jedem Fuß mit einem Staberder zu versehen, insbesondere wenn das Zelt nicht an jedem Fuß mit dem Boden vernagelt werden muß. Diese Maßnahme reduziert die Schrittspannung, und das Risiko einer Blitzablösung auf umstehende Gäste.



    Schwierig wird es bei Bühnen/Dächern, denn da gibts Erleichterungen der Lastannahmen, wenn die Bühne bei Schlechtwetter außer Betrieb genommen werden kann.
    Diesem Wahnsinn sollte schnellstens ein amtlicher Riegel vorgeschoben werden. Denn während der Außerbetriebnahme befindet sich zumindest das Bühnenpersonal bereits in großer Gefahr. In vielen Fällen ist die rechtzeitige Außerbetriebnahme schlicht technisch unmöglich.


    Grüße,


    Bernd

    ----------------------------[---[--[-[IIIIIII]---------


    ich bezahle nicht fürs hinhören, ich baue Beschallungsanlagen


    Das SD12 Fliegetop ist bei gleicher Endstufe um durchgehend 3 dB lauter
    als "vorbekannte" 12"/1" Bauweisen.


    Der Bass CB18S ist der Beste


  • Darüber müssen wir glaube ich nicht diskutieren, wenn jemand in Ausübung seines Jobs irgendwo etwas sieht und nicht meldet dann ist er dafür auch zur Verantwortung zu ziehen. Ich hab meine Frage nach einem Urteil oder ähnlichem eigentlich auf die Situation als Gast bezogen.

  • Eine etwas müßige Diskussion. Wer meldet sich hinterher freiwillig und sagt "war zwar nicht mein Bereich, hab ich aber trotzdem gesehen und hatte aber keine richtige Lust was zu unternehmen"?
    Hier gehts doch eigentlich um das vorbeugen. Und da ist eigentlich der wichtigste Punkt sich vorher mal Gedanken dazu zu machen und das auch vorher mit den Beteiligten mal zu besprechen. Damit hat man den Hauptteil dann schon getan. Es gibt ich's schlimmeres als unvorbereitet in eine solche Situation zu geraten.