Rechnung/Mahnverfahren - Wenn der Endkunde nicht Zahlt. Eure Erfahrungen/Vorgehen

  • Hallo in die Runde!


    Ich habe jetzt schon öfters bei mir, aber auch Kollegen erlebt, dass die Zahlung der Rechnung an den Endkunden scheitert bzw. sich bis ins Unendliche in die Länge zieht. Sprich: man selbst wird vom Full-Service-Dienstleister XY als Meister/Operator/Veranstaltungstechniker gebucht und schreibt an diese die Rechnung. Firma XY wiederum schreibt dem Endkunde/Veranstalter/Agentur eine eigene Rechnung.


    Nun tritt der Fall auf, dass der Endkunde/Veranstalter/Agentur nicht oder nur teils die Rechnung von XY begleicht. Das hat zur Folge, dass manche Auftraggeber (nicht alle, der Großteil streckt es vor) einen vertrösten und erst ihr Geld eintreiben wollen, bevor sie die Rechnung ihrer Externen bezahlten.


    Wie handhabt ihr das? Klar ist es verständlich, dass der Auftraggeber seinem Kunden ebenfalls hinterher rennt, jedoch müssen wir alle schauen, wie wir unsere Ausgaben bestreiten. Ich selbst suche vorher immer das Gespräch und verlängere ggf. die Zahlungsfrist, wenn der Kunde sonst immer zuverlässig war und man schon viel zusammen gearbeitet hat.

    Jedoch nervt es mich mittlerweile einfach nur noch...


    Wie geht ihr das an? Klassisches Mahnverfahren und im Ernstfall Anwalt/Inkasso oder dem Kunde entgegen entgegen kommen, da er selbst ja noch um sein Geld kämpft und für den Zahlungsausfall des Endkunden nichts kann. Und wie lange setzt ihr eure persönlichen Fristen, bis es zum Mahnverfahren kommt? In meinen Kreisen scheiden sich die Geister. Von guter Kundenbindung und Entgegenkommen bis hin zum sofortigen eiskalten Mahnverfahren + Klage ist alles dabei. Der Anwalt rät natürlich sofort zur Mahnung ;)


    Aus Interesse: was setzt ihr so an zusätzlichen für Mahnung und Verzugszinsen etc an? Bei mir sind es 40€ (im B2b) und 9% (Rechnungsbetrag x (Basiszinssatz + 9 %) x Verzugstage / 365*)


    Freue mich auf die Diskussion! corn*

  • hell&dunkel

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Ich liebe dieses Thema...

    In den vielen Jahren, die ich das nun machen, hat sich eine Methode als wirksam herausgestellt. Sie beruht auf den Erkenntnissen des berühmten Philosophen Killmistross und lässt sich in einfache Worte kleiden: Don't coop with asholes!


    Ich sortiere solche "Kunden" im Idealfall schon vorher aus. Dafür kennt man sich untereinander und tauscht sich aus. Was aber tatsächlich auch nicht vor allen Klogriffen schützt. Und dann kommt es eben darauf an, wie der betreffende Kollege damit umgeht. Jeder kann mal einen Engpass haben - aber dann erwarte ich eine offen Kommunikation! Anruf genügt, kein großes Palaver nötig - aber ich will angerufen werden! Und ich will keinen Bullshit hören.

    Bei "Großen", die bewusste die Regeln eines ordentlichen Handels ignorieren - eben die vollständige Zahlung zum genannten Termin - bitte ich beim ersten Mal um ein Gespräch mit dem Ziel, die Geschichte für die Zukunft einvernehmlich zu regeln. Keine Frage, sowas kann Jobs kosten - aber das macht eben auch wieder Kapazitäten frei.

    Ansonsten: Zahlungsziel (in der Regel 10 Tage) um drei Tage überschritten ergibt eine Erinnerung - unter Kollegen per Telefon, gegenüber den "Großen" mit weniger persönlicher Bindung per Mail mit Frist sieben Tagen. Danach geht das Ganze direkt zum Inkasso - das ist bei mir Bestandteil der Betriebsrechtsschutz.

    Ja, das kann Jobs kosten, macht aber im Gegenzug entspannter als andersrum.

    Kein Applaus für Scheiße!

  • Tja es gibt eben keine Ehre mehr sein eigenes Unglück nicht auf andere zu verlagern. Nie wäre ich auf die Idee gekommen Leistungen die andere erbracht haben nicht zu bezahlen. Auch wenn ich auf die Rechnung sitzen blieb, wurden immer andere bezahlt.


    Aber das war schon früher so und es ist ein Merkmal das etwas in der Kalkulation und später in den zu Verfügung stehenden Geldmitteln nicht stimmt.

  • Das unternehmerische Risiko von Full-Service-Firma xy sollte nicht zu deinem gemacht werden. Für die spätere Zahlung des Endkunden kannst du als Dienstleister Nix und es ist auch nicht dein Problem. Du kannst es natürlich zu deinem Problem machen, in dem Du mit xy sprichst, aber auch da sollte es eine Deadline nach zwei Wochen oder so geben. Geht der Endkunde in Insolvenz oder ihm wird ne Ratenzahlung über (fiktive) 10 Jahre eingeräumt, dann wirst du weder vorher gefragt, noch darf das dein Problem sein.


    Also meines Erachtens ist der beste Weg mit den jeweiligen Leuten zu reden. Gibt es einen Grund für dich zu warten (kann auch subjektiv sein) dann wird gewartet. Gibt es keinen oder kommen immer wieder lustige Storys, dann muss eben das volle Programm durchgezogen werden - und das besser früher als später, denn sonst wird bei einem evtl. Insolvenzverfahren (von xy) deine Argumentation bei einer Anfechtungsklage immer schwächer.


    Und wenn man am Ende den Kunden verliert, dann ist das vielleicht besser als wenn man immer einen Sockel unbezahlter Forderungen vor sich her schiebt und neue Aufträge ausführt.


    Je nach Umsatz könntest du auch Factoring in Betracht ziehen.


    Sollte es wirklich zur Beitreibung kommen, macht es auch Sinn direkt Vollgas zu geben.

    Das Bankkonto ist dir von den letzten Rechnungen bekannt. Evtl. Stammkunden vielleicht von deinen Einsätzen (Forderungspfändungen), evtl. Außenlager vielleicht auch (Sachpfändung) und welches Material vermutlich nicht mehr im Leasing ist evtl auch, wenn es Side schon länger begegnet bei Jobs (Umgehung der Drittrechte Problematik). Und wenn garnix mehr geht, geht noch immer der Paragraph 17 (insbesondere Absatz 2) der Insolvenzordnung und es kommt ein Mitspieler hinzu oder eine Vollzahlung um dich zu einer Erledigungserklärung zu bewegen.

    Hier solltest du aber vorher mal evtl. Anfechtungsansprüche überschlagen, die der Verwalter evtl. gegen Dich geltend machen könnte….

  • Sprich: man selbst wird vom Full-Service-Dienstleister XY als Meister/Operator/Veranstaltungstechniker gebucht und schreibt an diese die Rechnung

    Wir reden hier also "nur" um eine Dienstleistung ohne viel an Materialkosten. Um welche Summen reden wir denn da und wieviele Tage? Wenn das keine Tour über mehrere Wochen ist und der Tagessatz sich irgendwo bei 500€ bewegt, dann sollte jeder der sich zu Recht Full-Service Dienstleister nennt in der Lage sein, sowas nach Joberledigung zeitnah begleichen zu können! Oder muss halt selbst überlegen wie das Geld bei ihm beikommt oder er eine passende Kreditlinie erhält. Für den geschilderten Fall, bemühen sich alle guten Firmen derzeit doch eher um überpünktliche Bezahlung, einfach weil sie weiterhin gute Leute brauchen und es doch eher Personalengpässe gibt?!


    Und ja ich hatte auch mal welche ,wo es gedauert hat und das Finanzposter knappt war - das waren schlechte Buchhalter aber daher menschlich keine Arschlöcher. Sobald Geld da war, wurden alle Menschen bezahlt und dann erst alle anderen Banken und Lieferanten. Und wo VAs wegen Corona ausgefallen sind wurde sich darum gekümmert und man bekam Monate später kommentarlos: Ich bekomme vom Veranstalter jetzt Ausfallentschädigung, schreib mir 2/3 deiner nie geleisteten Stunden auf und einen Tag später war die Kohle da. Da war das Vertrauen da und wurde halt nie enttäuscht.


    Kurzum: Reden, gutes Bauchgefül, wenn es nervt sich die Frage stellen warum/was ist ertragbar? Und lernen nein zu sagen oder Vorkasse fordern. Man hört zwar mal von Firmen die das uncool finden und eingeschnappt nie wieder anfragen, aber das spricht sich rum und meistens sind alle froh für diese keine Handschlag mehr zu machen. Kein Techniker den ich kenne trauert denen nach und wetten: Da ist die Insolvenz auch nie weit.

  • Ich erlebe das inzwischen auch vermehrt, dass Zahlungsziele unkommentiert verstreichen.

    Ich habe da im wesentlichen drei Handlungsvarianten, die hier auch schon genannt wurden:

    1. Mir wird die Situation erklärt, ich halte die Erklärung für plausibel und wir finden zusammen eine Lösung
    2. Ich erinnere einmal freundlich und danach wird die Forderung direkt beglichen
    3. Ich werde vertröstet, bekomme fadenscheinige Ausreden zu hören und dergleichen. In diesem Fall kommt abhängig von der Höhe des offenen Betrages meistens auch direkt „Vollgas“. Denn dann legt die Gegenseite offenbar keinen Wert auf die Möglichkeiten 1. und 2. - und wenn der Kluge immer nachgibt, passiert irgendwann nur noch, was der Dumme will.
  • es ist ganz einfach: meistens lohnen sich gerichtliche verfahren nur dazu, das du hinterher was hast um es an die wand zu hängen.

    wenn ein kunde, egal wer, nicht pünktlich bezahlt und sich nicht selbständig meldet, sollte auch nicht mehr verarztet werden. das mal was passieren kann kommt überall mal vor. sich dann aber nicht zu melden ist dann das was es sinnfrei macht.

  • Das dumme Problem ist man muss zunächst wissen ob überhaupt was zu holen ist. Dazu kann man den Service von Auskunftskarteien bedienen, das berechtigte Interesse ist mit dem Verzug ja gegeben.


    Dann kann man aufgrund dieser Auskünfte die Lage zunächst bewerten. Wie ich oben schon erwähnte deuten solche Probleme immer auf miserable Finanzielle Verhältnisse. Das von der Hand in den Mund Prinzip. Richtige Unternehmer haben Rücklagen die sich aus Eigenkapital oder Kreditlinien zusammensetzen. Man kann einfach keine Aufträge mehr auslösen wenn schon klar ist das die Rechnung nicht bezahlen kann.


    Es gibt auch noch einige die Behaupten die Forderung strittig ist um sich mehr Zeit zu verschaffen und die Forderung zu kürzen. Gegen den Mahnbescheid kann man Widerspruch einlegen und dann muss die Sache möglicherweise vor Gericht geklärt werden. Ausgang ungewiss...


    Manchmal hilft es einfach zu drohen einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn man zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Kunden hat. Insolvenzverschleppung ist ein Straftatbestand...


    Dann muss jener seine Finanzellen Verhältnisse darlegen, bei Verweigerung kann man Erzwingungshaft beantragen.

  • Wenn das Geld so knapp sitzt, dass mich mein Kunde erst bezahlen kann, wenn sein Kunde zahlt, dann fände ich es fair dass bei der Buchung zu wissen. Je nach Vertrauensverhältnis kann ich mich drauf einlassen oder nicht. Ansonsten sollte es nicht zu meinen Problem werden, ob der Kunde meines Kunden zahlt oder nicht.


    Wenn jemand chronisch nicht oder nur nach viel Aufwand zahlt, dann möchte ich für diesen Kunden nicht arbeiten. So verliert ein Dienstleister aber auch schnell die guten Techs.


    Wie ich mit Spätzahlern umgehe: Bislang hat eine freundliche Erinnerungsemail gereicht. In der Regel an die Rechnungsabteilung, mit meinem Ansprechpartner in Kopie.

  • Nun das blöde ist das es bei Veranstaltern insbesondere Festivals genau so läuft. Nie ist soviel kapital vorhanden die Veranstaltung vorzufinanzieren. Teilweise liegen die Risiken über 50% und mit Vorverkauf des nächsten Jahres wird das Defizit finanziert.

  • Hast Du auf die Buchung nicht reagiert und gedacht "rutsch mir den Buckel runter", oder hast Du zugesagt und bist dann nicht hin?


    Letzteres halte ich für rechtlich problematisch.


    Ich habe vor vielen Jahren mal bei einem problematischen Kunden Vorkasse bei Eintreffen auf das Angebot geschrieben. Das nahm dieser erst ernst nachdem ich nicht aus dem Auto gestiegen bin und zum Palawer vor Ort gesagt habe das ich auch einfach wieder heim fahren kann.


    Ansonsten habe ich die Probleme zum Glück fast nie.


    Grüße Wolf

  • Also das war in den 80ern. Da war das alles noch etwas wilder. Eine Auftragsbestätigung gab es von mir nie. Ich habe nicht explizit zugesagt oder abgesagt. Ich habe den Job am Telefon zur Kenntnis genommen. Die Tatsache das er nie nach einem Preis gefragt hat kam noch dazu.

    Dann hätte ich gesagt, Gage vom letzten mal plus Gage von diesem mal im Vorraus und ich komme.

    Das er meine Kenntnisnahme als Zusage aufgefasst hat war genau der Punkt wo ich dachte.


    Assumption is the mother of all f**kups!

    Practice, Practice, Practice

  • Mit einem Haftbefehl wurde bei mir auch schon mal ein Schuldner gesucht, eigentlich schrieb ich die vierstellige Summe schon ab und zu meiner Überraschung zahlte jener dann doch. Vermutlich war ich dann mehr Wert wie andere, die bösen Erfahrungen musste ich mir dann von anderen anhören.

  • Danke für die Diskussion!


    Bei Stammkunden sehe ich am wenigsten das Problem. Die meisten haben genug Ehre, um ihre Leute in solchen Fällen zu bezahlen, auch wenn dann selbst nichts mehr hängen bleibt. Da warte ich auch gerne etwas länger oder komme preislich entgegen. Aber das sind dann schon die, die man auch privat gerne mal im Lager auf ein Käffchen besucht <3


    Es sind vor allem die Kunden, mit denen man Erstaufträge abfertigt, die einen den letzten Nerv kosten können. Vor allem wenn Technik und Crew hoch professionell und die Qualität der Veranstaltungen sehr hoch sind, geht man eigentlich nicht von so einer unverschämten Zahlungsmoral aus. Ich für meinen Teil suche immer das Gespräch und versuche mit den Kunden zusammen eine Lösung zu finden. Klappt i.d.R auch.

    Ich wünsche mir manchmal wirklich eine Blacklist von all den schwarzen Schafen mit fragwürdiger Zahlungsmoral oder sehr moralisch verwerflichen Kunden (zB. wie bei uns eine Bude, die die NPD ausstattet). Die gibt es bisher eher nur in den lokalen Netzwerken.


    Mein letzter Fall war aber auch echt speziell:

    Problem wie oben beschrieben. Wochenlang dem Kunden hinterher gerannt, der dann irgendwann nicht mehr geantwortet hat. Dann nach der Mahnung kam plötzlich eine Mail, dass die Rechnung schon beglichen wurde. Nur blöd, dass das Geld erst einen Tag darauf ankam und dann war es nur die Hälfte... Kannste dir nicht ausmalen... :rolleyes: