Ich hatte vor langer Zeit angekündigt so eine Hoellstern Endstufe für euch zu messen. Ich habe selber keine, und konnte dennoch letzte Woche Bekanntschaft mit diesem Verstärker zu Messzwecken machen. Seitens des Herstellers und Vertrieb wird so eine Messaktion nicht gerne gesehen. Warum weiß ich nicht - aber ich sage es gleich vorweg: mit dem Gerät muss sich niemand verstecken! Da es nirgendwo in Publikationen, oder sonstigen Medien irgendeine Art der neutralen Beurteilung des Verstärkers gibt, wollen wir die Gelegenheit nutzen und das Gerät näher betrachten.
Es handelt sich um einen 2HE Verstärker mit 12kg Gewicht und nur 290mm Einbautiefe. Ein DSP ist eingebaut, wurde jedoch seitens des Besitzers vorab auf "Flat" gestellt. Eine erste Messung der Minuspole von den Lautsprecheranschlüssen zeigt keine gemeinsame Masse. Das deutet auf ein Brückenkonzept hin. Aus Zeit und Motivationsmangel hatte ich die nähere Inspizierung des Innenlebens vermieden. So wie es scheint gibt's dort auch nicht viel zu sehen: zwei größere Kühlkörper quer durch die Kiste verbergen eh den Blick auf Details ohne hier großartig was zu demontieren. Ist ja auch nicht so wichtig.
Es gibt zwei DIP Schalter mit denen die Betriebsart eingestellt wird. Eingestellt war der Modus "On/ON" - was laut Datenblatt folgende Ausgangsleistungen ermöglicht:
Out 1: 5kW an 2 Ohm / Out 2: 5kW an 2 Ohm / Out 3: 2,5kW an 4 Ohm / Out 4: 2,5kW an 4 Ohm.
Dabei wird der Betrieb an Schukosteckdose zugesichert. Weiterhin ist eine aktive PFC eingebaut, sowie ein Strommanagement.
Natürlich sind solche Ausgangsleistungen aus einem Schuko mit 16A und rund 3,7kW Leistung nicht uneingeschränkt machbar, daher sagt das Datenblatt folgerichtig am Ende auch noch was über "measured with practice-oriented burst signals". Das bedarf eigentlich keiner großen Diskussion, und ist heute üblicher Standard. Über die Länge der Burstsignale schweigt sich das PDF vom Hersteller aus. Das macht jetzt auch nichts aus, wir messen ebenfalls mit kurzen Burst's, und schauen was dabei rauskommt?!
Vielleicht noch der Hinweis das Hoellstern die maximale Ausgangsamplitude mit 145Vpeak angibt. Das ist nicht der Effektivwert, mit dem man gemeinhin die Ausgangsleistung an Impedanz XY berechnet. Bei 145Vpeak wäre demnach der Effektivwert 102 Volt!
Der Test fand an einem mit 32A abgesicherten 230VAC Anschluss statt. Gemessen wurde mit einem Picotech 3425 4-Kanal Oszilloskop mit Differenzeingängen. Das Signal kommt aus dem Werkstattrechner über ein RME FF400, und wird mit WinAudio MLS von Dr.Jordan generiert. Lastwiderstände sind 8 x 2 Ohm/je 2,5kW nebst Patchfeld zur Impedanzwahl. Frequenzgang und THD habe ich mit einem NTi FX-100 gemessen.
Legen wir mal los:
Wir fangen an und messen als erstes mit 2 x 4 Ohm und einem 1kHz Burst von insgesamt 30 Millisekunden Länge. Aber ich erfasse die Messwerte nur innerhalb der ersten drei Perioden (also 3ms), und wir schauen uns zuerst auch nur den Kanal A an:
Erster Eindruck sind die Oberwellen. Dazu gleich mehr. Doch was macht die Power? Wir sehen mit allem drum und dran etwa mehr als 300Vss, woraus uns die Messsoftware knapp 110V Effektivwert ausrechnet. Das sind 2 x 3025 Watt! Mehr als angegeben.
Das ganze sieht aber nicht wirklich propper aus, zudem zeigt die Endstufe bei dieser Aussteuerung "clip" auf der Frontplatten LED, was uns als Erfassungsmaß für die Leistungsbestimmung gelten soll. Die Hoellstern 14.4 DSP ist eine PWM Endstufe, wodurch sich auch die etwas breit aussehenden Signalformen erklären. Im Clipbereich sieht man zudem noch deutlich die Betriebsspannungsgrenzen.
Wir zoomen das mal kurz:
Da wo die Dächer vom Sinus sind ist Ende der Aussteuerung. Mehr geht nicht, und die Endstufe begrenzt deutlich. Auf der auf- und absteigenden Flanke der Sinusschwingung sehen wir die Modulation aus dem PWM Steuerkreis (bei der Hoellstern rund 450kHz). Daher sehen die Messkurvenlinien "so breit" aus. Das ist normal bei PWM Endstufen!
Wir nehmen zur besseren Übersicht einen Hilfstrick zur Hand, und lassen das Messprogramm mit einem Tiefpass filtern.
Das sieht dann so aus:
Das ist wesentlich gefälliger, und zeigt zudem die Arbeit des Limiters mit einem gewissen "Softclip" Charakter.
Weiter geht es mit dem gleichen 1kHz Burst Signal - aber diesmal an 2 x 2 Ohm Belastung. Hier direkt mit Tiefpassfilterung gezeigt:
Effektivwert hier ist 104V, was beachtliche 2 x 5400 Watt bedeutet! Ich erinnere aber noch einmal: die Messerfassungsdauer ist nur ein paar Millisekunden (8,5ms).
Das ist sehr ordentlich und unterstreicht was im Datenblatt steht.
Da die 14.4-DSP eine 4-Kanal Endstufe ist, und auch noch für den Betrieb an 2 x 2 Ohm und 2 x 4 Ohm "auf einmal" gedacht ist, testen wir das in nachfolgender Messung:
Auch hier wieder bei aktivierter Tiefpassfilterung und einer Messfrequenz von 1kHz gezeigt, sehen wir pro Kanal rund 103V effektiv innerhalb der 8ms währenden Erfassungsdauer. Das heißt im Klartext: 2 x 5300 Watt an 2 Ohm und 2 x 2650 Watt an 4 Ohm - gleichzeitig! Aber wir beachten auch die Signaldächer - die Aussteuerungsgrenze ist definitiv erreicht. Nichtsdestotrotz - die Datenblattwerte sind nachvollziehbar.
Um einen Eindruck davon zu bekommen was bei längeren Impulsen und tieferen Frequenzen möglich ist, stellen wir unser Testsignal auf 60Hz und 100ms um. Belastet wird mit 2 x 2 Ohm, und wir erhalten nun 2 x 90Veff bei etwa 85ms Messerfassungsdauer, was einer Ausgangsleistung von 2 x 4050 Watt entspricht:
(hier mal ohne Tiefpassfilterung)
An 2 x 4 Ohm waren bei 60Hz/100ms übrigens 2 x 99Veff zu holen, was 2 x 2450 Watt entsprechen.
Bei diesen vielen Testsequenzen war das analoge Amperemeter der Stromunterverteilung immer wieder ein "Hingucker". Man darf sich jetzt nichts vormachen: auch wenn das Datenblatt von einem kompromisslosen Einsatz an einem 16er Schuko spricht, so erreichte der Zeiger in den kurzen Burstphasen jedesmal Vollanschlag. Bei den 100ms Burst's war schon so etwas wie ein "ich hab's bemerkt" Effekt der Endstufe zu sehen, wobei der Stromzeiger nach einem deutlichen Vollausschlag auf moderate Werte unter 16A wanderte.
Um das Verhalten der Stromaufnahme genauer zu analysieren, habe ich mit der Peaktech Stromzange die Stromaufnahme aufgezeichnet:
Die gelbe Kurve ist der Strom aus dem Netz. Die Endstufe wurde in der Messung vierkanalig ausgesteuert, mit 2 x 2 Ohm und 2 x 4 Ohm. Ich kann nur vier Kanäle zeitgleich messen, daher ist ein Ausgangskanal der 14.4-DSP in der Grafik nicht dargestellt. Unser Augenmerk gilt aber der besonderen Art der Stromschwingung, die hier nämlich das Paradebeispiel einer aktiven PFC zeigt. Die Stromaufnahme ist eine Sinusnachbildung - deutlicher kann man das nicht zeigen. Ich muss erwähnen das auch diese Grafik mit einem Tiefpassfilter "geschönt" ist. Das Konstrukt aus PFC, Schaltnetzteil und 4-Kanal PWM Endstufe "lebt" gewaltig, und produziert und sendet eine Menge Oberwellen, die wir auf dem Diagramm nicht sehen wollen.
In der praktischen Beurteilung kann ich sagen, dass die Hoellstern 14.4-DSP einen moderaten Umgang mit der Stromaufnahme zeigt. Der Powerfactor war bei hohen Aussteuerungen bei etwa 0,9 zu messen, was fast schon einem ohmschen Verbraucher entspricht.
Bleibt noch der Frequenzgang zu erwähnen, der einen leichten Rolloff ab 20kHz zeigt, und nicht den sonst typischen Anstieg zu hohen Frequenzen anderer PWM Konstruktionen:
Der THD bei der hier gewählten (sehr niedrigen Aussteuerung ~40Watt/4Ohm) Pegelstruktur ist ebenfalls einwandfrei. Es ist möglich, dass bei 8 Ohm Last der Frequenzgang nach oben (bedingt durch die geringere Belastung der Ausgangsfilter der Endstufe) etwas ausgedehnter ist. Der Hersteller spezifiziert 20Hz - 20kHz bei +/- 0,5dB.
Um zu sehen wie sich das Klirrspektrum der Endstufe bei 2 Ohm und 2800 Watt zusammensetzt, habe ich noch eine 1kHz Messung gemacht:
Man erkennt schon das mehr ungradzahlige Harmonische das Bild prägen, was aber bei einer PWM Endstufe andersrum (mehr harmonische Verzerrungen) nicht typisch ist.
Jetzt werden einige sicher die echten "Männermessungen mit Sinus volles Programm" vermissen. Doch dazu möchte ich an die Herstellersichtweise erinnern (wo ja auch nur mit Burst gemessen wird), und auf der anderen Seite auf die Rücksicht um das Leihgerät mit entsprechender Vorsicht während der Messungen hinweisen. Es hätte ja niemandem etwas gebracht, wenn die Endstufe dabei hops gegangen wäre.
Um dennoch subjektiv dazu etwas anzumerken: langanhaltende Signale regelt die Endstufe auf wesentlich geringere Ausgangssleistungen zurück. Die Endstufe reduziert ihre Stromaufnahme auf ungefähr 16A, wobei dann natürlich in Summe nicht mehr als 3700 Watt (abzüglich Verlustleistung) insgesamt verfügbar sein sollten.
Soweit erst mal.