Ist Stereo Pflicht...?

  • Zitat von "zegi"

    ...
    Lustig ist ja auch, dass z.B. im Heimkino Bereich die sog. Soundbars auf dem Markt sind. Das sind so kleine Balken (ca. 1m breit und ca. 20cm hoch), von denen sogar "Surroundsound" versprochen wird!


    Ich hab' zwar noch nie so ein Teil gehört, aber wäre schon auch spannend, ob sich so ein Konzept auch auf PA übertragen liesse. Wenn sogar Surround möglich wäre, müsste Stereo ja ganz simpel sein :wink:


    diese "surround" genannten klangeffekte haben mit dem realen surround natürlich nicht sehr viel zu tun. kann man sich ja denken, denn ob ein signal wirklich von hinten kommt oder nur per effekt irgendwie diffus in den raum geschossen wird ist schon ein deutlicher unterschied.
    ob eine solche phasenverschiebelösung für beschallungszwecke sinnvoll wäre, darüber liesse sich sicher herrlich streiten.
    vor allem geht es dabei darum, dass auch hier nur die leute in der mitte davon profitieren können, denn um den effekt wahrzunehmen muss man ja zwingend beide lautsprecherseiten in zumindest ähnlicher lautstärke hören. wie sich die phasenspielereien ausserhalb des "sweetspot" verhalten kann ich nicht sagen. ich habs noch nie probiert.
    ich bleibe da doch lieber bei "normalem stereo" bzw. "mono" und könnte mir sowas allenfalls mal als besonderen effekt vorstellen.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Howdy


    Ich greif das Thema nochmal auf:


    Zitat von "jogi"



    Selbst wenn dieses Bild so stimmern würde (und im Zweifel halte ich mich eher an Bob ;) ), hören ca 15% komplett falsch, wenn man stark panned. Man kann jetzt sagen, daß da eh nur die besoffenen sind, aber man kann auch sagen, daß dies die richtig teuren Plätze mit den VIPs sind. Je nach Veranstaltung.
    Es ist sicher so, das man im rosa Bereich noch die Instrumente von der anderen Seite orten kann, nur kommen diese bedeutend leiser an. Und was bringt dann das Monstersolo, wenn es im Gesamtsound schwimmt? Was bringt das treibende Standtom-Intro wenn es für ein drittel des Saales ein entferntes Indianergetrommel ist?


    Was mich aber letztes Jahr als Babysitter oft den Kopf schütteln lies, war dieser Stereoreflex. Es wird bei 50% der Mischer (mittlere Liga) immer gleich im Panorama verteilt. Auch in Situationen in denen kein einziger Gast ein Stereobild haben kann.


    Gruß
    Rainer

  • Zitat von "Loloverde"


    Es ist sicher so, das man im rosa Bereich noch die Instrumente von der anderen Seite orten kann, nur kommen diese bedeutend leiser an. Und was bringt dann das Monstersolo, wenn es im Gesamtsound schwimmt? Was bringt das treibende Standtom-Intro wenn es für ein drittel des Saales ein entferntes Indianergetrommel ist?


    Was mich aber letztes Jahr als Babysitter oft den Kopf schütteln lies, war dieser Stereoreflex. Es wird bei 50% der Mischer (mittlere Liga) immer gleich im Panorama verteilt. Auch in Situationen in denen kein einziger Gast ein Stereobild haben kann.


    Gruß
    Rainer


    Hallo,


    ja das ist denke ich auch der Streit der bleibt. Ein Stereoreflex ist natürlich sicher Unsinn. Immer was gleich zu machen in unterschiedlichen Situationen, kann wohl nicht zum besten Ergebnis führen. Ich bin eben der Meinung, dass ein willkürliches schlechtes Stereo (erzeugt durch Panning, nicht durch den versuch einer echten Stereoübertragung) besser ist als ein Mono. Die Ausrücke hier klingen aus meiner Sicht auch etwas überzogen. Ich möchte deswegen nochmal an ein reales Orchester erinnern: Wenn ich z.B. ganz links vorne sitze, klingen die Pauken hinten rechts auch nicht nach einem entfernten Buschtrommeln. Die sind auch nicht näher als die rechte Box einer PA. Oder wenn ich ganz rechts sitze, klingt die Flöte ganz links auch nicht wie von den Alpen herunter gespielt. Beides geht auch nicht im Arrangement unter, selbst wenn alle anderen mitspielen und die Flöte gerade Solo hat. Es geht erst dann unter, wenn der gesamte Mix zu dicht wird (schlechtes Arrangement und oder schlechter Sound) und somit die Frequenzbänder des Solisten zu stark maskiert werden.


    Jetzt könnte ich natürlich eine ganz fiese, provokative These aufstellen:


    Wer besser mono mischt, mischt zu schlecht für Stereo!
    Gemein gell - und sicher nicht ganz ernst gemeint, aber eventuell ein Anstoß zum Nachdenken.


    Viele Grüße
    Tobias Kammerer

  • Zitat von "tobias kammerer"


    Ich möchte deswegen nochmal an ein reales Orchester erinnern: Wenn ich z.B. ganz links vorne sitze, klingen die Pauken hinten rechts auch nicht nach einem entfernten Buschtrommeln. Die sind auch nicht näher als die rechte Box einer PA. Oder wenn ich ganz rechts sitze, klingt die Flöte ganz links auch nicht wie von den Alpen herunter gespielt. Beides geht auch nicht im Arrangement unter, selbst wenn alle anderen mitspielen und die Flöte gerade Solo hat.


    Auch so bleibt der entscheidende Faktor Hörraum unberücksichtigt. Das hat schon seinen Grund, das Orchester gerade da hinzusetzen.

    Zitat von "tobias kammerer"


    Wer besser mono mischt, mischt zu schlecht für Stereo!


    Besser mono für die Ohren vom Auditorium, als Stereo für das Ego vom Tonkutscher.

  • Zitat von "tobias kammerer"

    Ich möchte deswegen nochmal an ein reales Orchester erinnern: Wenn ich z.B. ganz links vorne sitze, klingen die Pauken hinten rechts auch nicht nach einem entfernten Buschtrommeln. Die sind auch nicht näher als die rechte Box einer PA. Oder wenn ich ganz rechts sitze, klingt die Flöte ganz links auch nicht wie von den Alpen herunter gespielt. Beides geht auch nicht im Arrangement unter, selbst wenn alle anderen mitspielen und die Flöte gerade Solo hat.


    ok - und wie machst du die Pauken "hinten links" mit einer Stereo PA?




    Die Pauken haben live zu mir, egal wo ich bin, _eine_ Richtung und _eine_ Laufzeit. Die Flöte hat _eine_ andere Richtung und _eine_ andere Laufzeit. Deshalb kann ich Pauke und Flöte zusammen stereo hören, egal wo im Saal ich mich befinde. Überall anders aber überall stereo und vermutlich sogar überall gut - gute Saalakustik vorausgesetzt, die natürlich dann noch andere "Richtungen" dazu bastelt, aus denen das Signal aber immer später eintifft. Hinten und vorn kann ich unterscheiden, da sich Direkt- und Diffusschall pegelmäßig und v.a. richtungs- und laufzeitmäßig unterscheiden.



    Bei einer Stereo PA habe ich aber immer nur genau 2 Richtungen (ok, Backline - oder in meinem Fall Natursound - macht auch noch was, also viele Richtungen) und gleichzeitig viele Laufzeiten (des Direktsignals!).




    Ich mische auch gerne stereo, weiss aber, dass das - wie alles in unserem Business - kompromissbehaftet ist. Einfacher Test: stell dich auf Achse zwischen L/R, gehe 1m nach links und du wirst feststellen, dass du bewusst nur noch links hörst (ausser die Sachen, die pegelmässig extrem(!) rechts sind). Oder, anderer Versuch: Monosignal über L/R wiedergeben, 1m aus der Achse gehen, andere Seite so laut machen, dass beide Seiten wahrgenommen werden; das sind ruckzuck 10dB!



    M.E. ist das Hauptproblem bei der Übertragung: es gibt keine diskrete Richtungen mehr. Das ist mit Itensitätsstereofonie nicht machbar bzw. nur genau da machbar wo die Laufzeiten gleich sind. Für Laufzeiten und somit Richtungen gehen für unser Gehör nunmal weit vor Pegel.



    Ganz klar lässt sich das Gehör da schon etwas bescheissen wenn man künstliche Räume einsetzt (und diese stereo überträgt).

  • Zitat von "bemi"


    Ich mische auch gerne stereo, weiss aber, dass das - wie alles in unserem Business - kompromissbehaftet ist. Einfacher Test: stell dich auf Achse zwischen L/R, gehe 1m nach links und du wirst feststellen, dass du bewusst nur noch links hörst (ausser die Sachen, die pegelmässig extrem(!) rechts sind). Oder, anderer Versuch: Monosignal über L/R wiedergeben, 1m aus der Achse gehen, andere Seite so laut machen, dass beide Seiten wahrgenommen werden; das sind ruckzuck 10dB!


    M.E. ist das Hauptproblem bei der Übertragung: es gibt keine diskrete Richtungen mehr. Das ist mit Itensitätsstereofonie nicht machbar bzw. nur genau da machbar wo die Laufzeiten gleich sind. Für Laufzeiten und somit Richtungen gehen für unser Gehör nunmal weit vor Pegel.


    Ganz klar lässt sich das Gehör da schon etwas bescheissen wenn man künstliche Räume einsetzt (und diese stereo überträgt).


    Hier haben wir sehr ähnliche Ansichten.
    Ich finde, je klarer einem die physikalischen Bedingungen sind, desto gezielter kann man sich in den Kompromissen bewegen.


    Viele Grüße
    Tobias

  • Die Ansichten differieren hier erheblich. Die Gründe sind aber nicht technischer Natur, sondern eher im Dilemma Authentizität <-> Durchhörbarkeit zu suchen.


    Ebenso provokativ: Stereomischer mischen für sich, Monomischer für alle Zuhörer.



    MfG
    DirkB


  • Gute Antwort! :D

  • Ein Beitrag der etwas anderen Art zu dieser Diskussion rund um die Stereotauglichkeit von LR-Anordnungen:
    Ich habe 2013 meine Bachelorarbeit über die Unterschiede Wellenfeldsynthese - konventionelles LR-System geschrieben. Schwerpunkt war dabei der Einsatz als Live-Beschallungssystem. Dabei sind auch Hörversuche durchgeführt worden, einer davon zum Thema Ortung.
    Grundsetup war links und rechts an der Position der schwarzen Kästen eine 5er Banane eines amtlichen Line-Arrays (2x 10") für einen Saal mit etwa 20x16 Metern.
    Über diese Anlage wurden kurze Impulsfolgen mit 4 Sekunden länge als Schallstimuli geschickt, durch Intensitätsstereofonie auf Links - Mitte - Rechts über die Bühne verteilt.
    Im Saal waren 9 Hörpositionen verteilt fest gelegt, jeder der 9 Probanden hat jede Hörposition besucht, die Reihenfolge der Positionen war für jeden Hörer eine unterschiedliche und auch die Reihenfolge der angespielten Richtungen wurde variiert.
    Raumakustik war sehr gut, große Flächen der Decke und der Wand mit Absorbern bedämpft.
    Plan der Hörerpositionen bzw. der Position der Schallquellen:



    Danach wurden die Fragebogen ausgewertet, und ein Diagramm erstellt:

    Von Interesse sind jetzt nur die roten Balken des konventionellen Systems:
    Man bedenke dass nur drei Wahlmöglichkeiten bestanden, 33% richtig geortet bedeutet also absolutes Rätselraten und Glückstreffer! Man sieht nicht nur dass die seitlichen Bereiche ziemlich schlecht abgeschnitten haben, sondern auch dass die Ortung des konventionellen Systems allgemein eher mies ist!
    In der Realität verbessert sich der Wert durch andere Faktoren:
    -längere Tonsignale die dabei örtlich relativ konstant bleiben
    -vor allem aber die Verknüpfung mit optischen Reizen. Das Gehirn verbindet eine akustisch wahrgenommene Schallquelle sehr schnell mit dem entsprechenden optischen Reiz. Der Versuch wurde ohne optische Reizen durchgeführt, die Bühne war bis auf die Wiedergabegeräte leer.


    Das ist jetzt nur die Wiedergabe-Wahrnehmungsseite. Wie sich diese Ergebnisse durch Mikrofonierungstechniken optimieren lassen ist eine andere Frage…
    Die wichtigste Frage sollte lauten: wie bekomme ich die akustisch wahrgenommene Schallquelle für möglichst viele Zuhörer an die Position des entsprechenden Musikers? Dann ergeben sich nämlich noch einige andere hörpsychologisch sehr schöne Effekte!

  • Hallo beat bauer,


    danke für die Bilder. An den Hörpositionen B, E, H sieht es etwas besser aus. Das trifft dann aber offenbar auch die Plätze, bei denen in der weiter vorn von mir verlinkten Zeichnung die beste Ortung markiert ist.



    MfG
    DirkB

  • Interessant wäre noch gewesen, das ganze mehr oder weniger dezent mit Licht zu unterstützen. Ich wage nämlich zu behaupten, dass bei mehreren zur Auswahl stehenden Schallquellen diejenige tendenziell stärker wahrgenommen wird, die stärker "im Scheinwerferlicht" steht. Irgendwo muss ja die Bauernregel, dass man den, den man nicht mehr lauter machen kann, wenigstens heller machen soll, herkommen.

    Harvard'sches Gesetz für Tierversuche: "Unter sorgfältigst kontrollierten, dokumentierten und jederzeit reproduzierbaren Laborbedingungen verhalten sich Versuchstiere immer so, wie es ihnen gerade passt."


  • Könntest du bitte noch etwas ausformulieren? Waren die Probanden blind bei dem Test? Was genau mussten sie ankreuzen? Wo sie die Schallquelle vermuten? Oder wo im Stereobild sie die Quelle einordnen würden?



    BTT: Wie sähe das aus, wenn man zu Testzwecken auf einer 15m breiten Bühne alle 3m ein Top hinstellen würde, aus dem tatsächlich ein eigenständiges Signal käme? Wäre die Ortbarkeit signifikant besser, als wenn man die gleichen Signale mittels Panorama auf L und R mit zwei Tops verteilt?

    Der Ton macht die Musik.

  • Zitat von &quot;Jeremy&quot;

    Interessant wäre noch gewesen, das ganze mehr oder weniger dezent mit Licht zu unterstützen. Ich wage nämlich zu behaupten, dass bei mehreren zur Auswahl stehenden Schallquellen diejenige tendenziell stärker wahrgenommen wird, die stärker "im Scheinwerferlicht" steht. Irgendwo muss ja die Bauernregel, dass man den, den man nicht mehr lauter machen kann, wenigstens heller machen soll, herkommen.


    das wäre allerdings wieder ein ganz anderes thema

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Jeremy:
    Wie schon geschrieben, das ganze fand ohne optische "Anker" statt. d.h. ohne irgendeine Art von Licht. Die Bühne wurde bewusst möglichst leer gelassen.
    Mit optischen Anker auf der Bühne wäre das Ergebnis anders gewesen, wie sehr anders wage ich nicht zu beurteilen. Aber die Wahrnehmung wäre zu den optischen Ankern hin gewandert, ziemlich sicher.
    zegi:
    Die Probanden waren nicht blind, sie mussten die aktuelle Nummer (von 1-27) die auf einem Monitor mittig der Bühnenkante angezeigt wurde, in jenes der vorgegebenen 6 Felder eintragen in dem sie die Schallquelle lokalisierten. 27 weil wir jede Quellposition drei mal angespielt haben, nie zwei mal hintereinander und zufallsmäßig vertauscht.
    Die Lokalisation durch einzelne Lautsprecher ist besser. Das eingebaute WFS-System hatte über der Bühne alle 2 Meter ein kleines Array hängen. Da wir die vorderen Quellen 4-6 nur wenig hinter dem Lautsprecherband angeordnet haben kam das Signal aus nur einem Lautsprecher. Bei den hinteren Quellpositionen (Quelle 1-3) dürfte der Algorithmus mehrere Lautsprecher zur Wiedergabe verwendet haben. Die Werte findest du als blaue Balken im Diagramm, sie sind alle signifikant besser als die der konventionellen PA.
    sven:
    aktuell noch nicht, kommt bestimmt noch :)
    @ Dirk:
    Ja im mittleren Bereich ist es besser, aber interessanterweise immer noch nicht wirklich zuverlässig gut. Da spielte auch die Raumakustik eine Rolle, durch den unsymmetrischen Raum wurde die mittlere Schallquelle von mittleren Hörpositionen aus eher links vermutet.

  • Ich habe es gerade wieder ausprobiert, Stereo angefangen, bei E-Piano und Schlagzeug fast 100% Mono aufgehört
    Grund: Die Toms waren schön im Saal verteilt, aber nur auf 5% der Hörplätze gleich laut zu hören. Dito der Diskant vom Piano. Bei Effekt-Sounds ist Stereo okay.