Gehörschäden vermeiden

  • Hallo,


    eine allgemeine Frage an die Beruflichen Tontechniker,.


    Das Gehör ist ja fast euer wichtigstes Organ beim Arbeiten. Wenn ihr aber viele Veranstaltungen habt, in Discos, auf Partys etc, seid ihr ständig hohen Pegeln ausgesetzt, teils über 85db. Habt ihr keine Sorgen, dass euer Gehört schlechter wird oder tragt ihr auch Ohrschützer?


    Oder geht ihr nach den Regel mit den Ruhepausen? Also mind. Doppelte bis dreifacher Zeit der ausgesetzten Lautstärke nur Ruhe.


    Gerade bei lauteren Veranstaltungen um die 100db tun die Höhen einfach nur weh, was macht ihr dagegen, oder seid ihr schon abgestumpft? =O

  • die höhen tun bei 00db nur dann weh, wenn die box schlecht ist.

    ich habe gerne immer micky mäuse auf paraden trucks getragen. vor 2 jahren habe ich mal ein audio gramm machen lassen und das war ok. hier gibt es aber einen eintrag wo es um hörgeräte geht.

    Wieso tun 100db. Nur bei schlechtem Boxen weh? Im Endeffekt geben gute Boxen die gleiche Energie raus wie schlechte oder etwa nicht?

  • Verzerrungen. Da fangen die Ohren bei hohem Pegel an zu bluten.

    ist es dann schädlicher oder nimmt man es als nur unangenehmer war?



    Und wieso fährt man überhaupt so hohe Pegel wenn es schadet sondern geht nicht ein paar dB runter, das würde das Gehör enorm entlasten.

  • frag das publikum


    die technischen richtlinien sind ja eindutig und reden beußt verletzt bz überschritten.

    8o


    Hab mal beim Hamburger Kirchentag dem Soundcheck auf der großen Bühne am Hafen mit einem Gospelchor gehört. Der ganze Platz fast menschenleer. Da haben die Jungs am FOH erst mal ein wenig mit Mucke getestet. Klang absolut sauber - nur hat man selbst beim Brüllen sein eigenes Wort nicht verstanden. Für mich war das definitiv ein Lehrstück was verzerrungsfreien Sound angeht (da hing ja auch einiges an Holz) - so unangestrengt und kein bischen nervig klang das. Den Pegel hatte ich dabei allerdings völlig unterschätzt.


    Wenn die das in der Lautstärker durchgehend so gefahren hätten, wäre das nicht im Rahmen der DIN 15905-5 gewesen und auch die Peak-Werte wurden vermutlich in dem Moment nicht eingehalten (ich stand fast 50m vor der Bühne, das war sicher nicht der Platz mit dem höchsten Pegel). Letztendlich ist es den Ohren völlig egal, ob sie verzerrungsfrei überlastet wurden.


    In meiner eigenen Mix-Praxis lange vor den Vorgaben der DIN 15905-5 habe ich mich immer auf eine Art "inneren Limiter" verlassen: Druckvoll, aber nicht unangenehm laut. Als ich dann später messen konnte, habe ich erfreut festgestellt, dass ich mit meinem Empfinden etwa im Bereich der heute zulässigen Werte gelandet wäre. Zugegeben - ich hab fast nie mit extrem lauten Truppen zu tun gehabt.


    Bei manchen Konzerten, die ich als Gast besucht hatte, stand das Publikum allerdings direkt bis vor dem PA-Stack. Zu sehen, wie sich die Leute da die Ohren weggeschossen haben, war schon beim Zusehen einfach schmerzhaft (da gab's noch keine Abstands-Gebote oder verpflichtende Pegelmessungen). Ein wenig Vernunft hätte es aber auch getan.

  • stand das Publikum allerdings direkt bis vor dem PA-Stack

    Kleine Anekdote: Als ich noch in München wohnte und in diversen Clubs gearbeitet habe, gab es eine Person die bei wirklichem JEDEM Konzert mit seinem Bier in der Hand am linken PA-Turm stand... Wir nannten ihn "Mr. Betonohr". An seinem Gehörschaden ist er wohl nicht verstorben... RIP

  • Ich fand es nicht beeindrucken laut, bis ich versucht habe, das meinem Nachbarn mitzuteilen.

    Genauso erging es mir auch ein paar Male.
    Interessant finde ich noch immer den Aspekt, dass unglaublich viele Menschen "laut" beinahe zwingend mit Klirr verbinden und eine sauber spielende - selbst sacklaute - Anlage nicht als besonders laut wahrnehmen.
    Alleine im letzten Jahr hatte ich mehrere Situationen, wo Menschen zu mir kamen um mir mitzuteilen, dass es eigentlich noch bissi mehr Dampf haben dürfte - bis sie gemerkt haben, wie laut sie mich ansprechen müssen, um mir das zu erzählen... Und da war ich sogar noch kommod im völlig legalen Rahmen 8)

    Druckvoll, aber nicht unangenehm laut.

    Bei mir neben der oft zumindest zeitweise mal gemessenen Werte auch der "Limiter"-Maßstab, der eigentlich sehr gut passt :thumbup:

  • Kleine Anekdote: Als ich noch in München wohnte und in diversen Clubs gearbeitet habe, gab es eine Person die bei wirklichem JEDEM Konzert mit seinem Bier in der Hand am linken PA-Turm stand... Wir nannten ihn "Mr. Betonohr". An seinem Gehörschaden ist er wohl nicht verstorben... RIP

    Schön, dass hier noch jemand "Betonohr" kennt. Leider viel zu früh verstorben. Er war wirklich auf jedem Konzert das auch nur irgendwie in Richtung Punk, Hardcore etc. ging, und das nicht nur in München, sondern eigentlich überall. Stoisch saß immer mehr im Mitteltonhorn als vor diesem...

    Viele Grüße,
    Fux

  • Meine Methode ist eine möglichst passende Dimensionierung der PA. Ich versuche wo es geht die Topteile zu Fliegen und für den Nahbereich mit deutlich leiseren Fills zu arbeiten. Sollte dies nicht möglich sein einfach mit vielen kleinen Lautsprechern und Delaylines arbeiten. Das entspannt die Lage oft erheblich

  • Ich trage grundsätzlich Ohrstöpsel.

    Bei Disco meist durchgehend, ausser ich drücke mal Licht und bin in Stimmung für ein paar coole Lieder....


    Bei Band-Mucke habe ich beim Soundcheck und bei wichtigen Liedern die Stöpsel raus...

    Ist halt so ein bisschen Abhängig von der Veranstaltung...


    Im allgemeinen Mische ich aber auch gerne Wohlfühlpegel und muss nicht wie manche Kollegen schon 120db beim Einlass aus den Boxen prügeln.. Man kann das auch geschickt machen, langsam steigern, Gröhl-Lieder laut... Schmusemucke wieder leiser...


    an PA muss ich sagen, dass ich mit unseren Coda Audio Klamotten keine Probleme mit Ohrfiepen habe. Der Hochtöner spielt klirrfrei. Probleme habe ich selbst noch nie mit Fiepen gehabt bei meiner PA, sondern nur wenn man auf irgendwelchen Rotze-Schützenfesten vom Dorf-DJ ne alte zusammengeschusterte PA um die Ohren gehauhen bekommt.

  • Ohrstöpsel als Tonmann finde ich immer bissi schwierig. Zumindest ich persönlich komme da nicht so unverfälscht klar, wie ich das gern hätte.
    Bei zum Glück ganz seltenen VA, wo auf der Bühne jeder gegen jeden kämpft und man vergeblich um Einsicht und Disziplin gebeten hat, so dass man vorne dann eben drüber muss und es selbst schon nicht mehr nett findet, dann eben mit Gehörschutz...

    Im allgemeinen Mische ich aber auch gerne Wohlfühlpegel und muss nicht wie manche Kollegen schon 120db beim Einlass aus den Boxen prügeln.. Man kann das auch geschickt machen, langsam steigern, Gröhl-Lieder laut... Schmusemucke wieder leiser...

    Normal genau dieser Ansatz :thumbup:
    Ich versuche mich immer wieder unauffällig zurückzunehmen, um wieder Raum fürs eh mal wieder lauter werden zu schaffen...

  • Vielen Dank für Eure Meinungen, Einsichten. Ich befinde mich überwiegend auf Dorffesten, und dort sind überwiegend die Schrillen Boxen. War auch mal überrascht bei einer Bühne, welche hochwertiges Material verwenden, meinte es wäre gar nicht so laut bis ich mit jemanden Erzählen wollte. Bin noch jung, und werde jetzt auch mehr Ohrenstöpsel tragen. Die paar Stunden in den Clubs, die ich verbracht habe, sind mal zu vernachlässigen.

  • Hatte das Problem einer deutlich zu lauten Bühne am WE nach längerer Zeit auch mal wieder. Teilweise lag es auch am Veranstaltungsort, fast nur Beton und Mauern (mit einer allernotwendigsten Dosis Molton als Backdrop und noch ein bisschen an den Wänden) vertragen sich mit hartem Rock nicht gut. Zumindest ein Deckensegel würde dringend benötigt. In der Front waren auf jeder Seite zwei Tops in V-Form als Kammfilterarray aufgehangen ... konnte man an dem Tag nicht mehr ändern - die fahren das wohl seit vielen Jahren so, da sind jede Woche VA, unglaublich.


    Das Ganze hat dann so angefangen, erstmal echt fiese, harte Akustik, zunächst vom Schlagzeug - darauf hin wollte der Basser seinen Amp so laut drehen, und meinte, er braucht das, weil die Drums so laut sind ... so geht das dann los, mit dem jeder gegen jeden.


    Gespräche mit der Band haben zunächst geholfen. Als die Show dann los ging, hatte sich der Basser aber trotzdem wieder lauter gemacht, so dass ich ihn auf der Front erstmal komplett runter nehmen konnte ... arrrh! Zum riesengroßen Glück war es sehr voll und das hat in dieser Bunker-Halle deutlich mehr geholfen, als ich befürchtet hatte - tatsächlich auch mit dem Kammfilterarray. Ein Kommentar aus dem Publikum "Hey, Dich kenn ich gar nicht, wollte grade mal gucken, wer am Mischpult ist, weil normalerweise ist hier kein guter Sound" hat mich ein Stück weit entschädigt. Da freu ich mich grade immer noch drüber, Danke dafür. Trotzdem hatte ich mich den ganzen Abend eigentlich mehr als Schadensbegrenzer gefühlt und es war eine enorme Gratwanderung.


    Die Band gibt es seit 25 Jahren, hatte die allerdings erst wenige male und das OpenAir natürlich ohne Probleme.


    Nunja worauf ich eigentlich hinaus wollte: Mögliche Ansätze die helfen können, zur Lösung/Entschärfung zu lauter Bühnen teils erheblich beizutragen (jenseits der Disziplinierung der Band):


    1. Schlagzeug - absorbierende Aufsteller um das Schlagzeug herum. Dahinter, seitlich, darüber (Segel) ... Notfalls Mikrostative in T-Form stellen (die können behangen werden). Für's Publikum ist das optisch nicht dramatisch, die freuen sich über besseren Sound. Auch Absorberwürfel vor dem Schlagzeug helfen, die Bühne akustisch aufzuräumen. Von da ausgehend brauchen sich alle anderen schon mal nicht mehr so laut, hurra!


    2. Alle Instrumente und Amps möglichst aus der unmittelbarer Nähe von Grenzflächen weg. Schlagzeug nicht an der Wand - wenn irgend möglich da weg und wenn es nur ein paar cm sind. Ecke ist ganz schlecht. Bassamp genau so, weg von der Wand, raus aus der Ecke. Je nach Größe auch vom Boden weg, Gitarren-Amps genau so: Stuhl, Hocker, Podest ... auch ein Drumriser hilft akustisch ...


    3. Nicht selten könnten Basser am Amp die Tiefbässe noch absenken oder/und sich mehr höhere Anteile geben, ohne dass der Band Sound leiden würde, im Gegenteil. Dadurch erhalten sie mehr Kontur/Integrität/Schärfe/Durchzeichnung in akustisch undurchsichtiger Bühnensituation, so können sie sich selbst als Individuum, ihr Spiel im allgemeinen Mulm viel besser wahrnehmen und müssen diesen Mangel nicht mit höherer Lautstärke kompensieren. Ausserdem könnte man dem Basser als Kompromiss für leiseren Amp mehr Bass auf dem Monitor geben und dann bei Punkt 4 weiter machen:


    4. Monitore: Monitore vertragen sehr oft eine Bassabsenkung ohne dass die Musiker das als beeinträchtigend empfinden. Im Gegenteil brauchen diese um sich wahrzunehmen vor allem die höheren Frequenzanteile - also grade die tieferen Frequenzen, die nur umso mehr Mulm von der Bühne ins Publikum bringen, sind auf Monitoren oft echt weder wichtig noch vorteilhaft.


    5. So also da gibt es sicher noch weitere Punkte. Auf jeden Fall ist den Bühnensound aufgeräumt zu halten schon mal eine Voraussetzung dafür, dass der Ingenieur gar nicht erst in die Versuchung kommt, die Front so weit hoch zu schrauben - zumindest nicht aus dem Grund, dass eine zu laute, indirekte, mulmige Bühne überstrahlt werden müsste.


    Dass das Gefühl von Druck und Schub erst durch zerrenden Sound oder LS entsteht kann ich nicht bestätigen. Da lässt sich für mich bei klarer Wiedergabe viel mittels sensibler Kompression und Parallel-Kompression, Side-Chaining, EQ etc. erreichen. Leider werden das vor allem die Kollegen sein, welche hier NICHT lesen, denen man das beibringen müsste. ;)

    audio-liebe

    Einmal editiert, zuletzt von rajo ()