Da denkt natürlich keiner der engagierten Jungunternehmer daran, der gerade sein Hobby etwas professionalisiert und ein Gewerbe anmeldet: Ab jetzt ist er nicht mehr wohl behüteter "Verbraucher" im Sinne des BGB, sondern knallharter "Kaufmann" im Sinne des HGB
Was anfangs so leicht ist und wenig kostet, entpuppt sich in den Jahren danach als schwerwiegende Entscheidung. Wer nicht gerade Jura studiert oder einen kaufmännischen Beruf erlernt hat, der hat vermutlich weiterhin die Einstellung, daß "man" ihm schon sagen wird, was er machen muss oder nicht. Angefangen vom Finanzamt über die IHK, Künstlerkasse, Gema bis hin zur Berufsgenossenschaft und ja auch das Bundesamt für Güterverkehr...
Dem ist eben nicht so. Als Selbstständiger muss man sich eben selbst um alles kümmern. Und da man meist schlecht weiß, was man nicht weiß, ist das eben gar nicht so leicht.
Aus diesem Grund wäre es vielleicht mal interessant, wenn hier die "alten Hasen" die ein oder andere Erfahrung an die gewerblichen Newcomer weitergeben können.
Anlass zu diesem Thema gab wieder ein Vorfall, den ich regelmässig bei Bekannten/Kollegen/Kunden beobachten kann: Der laxe Umgang mit der Steuererklärung und die nicht zeitnah geführte Buchhaltung.
Wenn man als Einsteiger wenig Umsätze hat, das ganze auch nur mal nebenbei betreibt, dann leuchtet es vielen nicht ein, warum sie einmal einen Steuerberater nehmen sollen und warum sie dann auch noch monatliche Auswertungen benötigen.
In den ersten Jahren mag das noch alles gut gehen, doch wenn mal ein erfolgreiches Jahr kommt, dann kommt das böse Erwachen.
Eine kleine Geschichte:
Kleinunternehmer XY hat seit einigen Jahren ein Gewerbe nebenbei. Er ist sonst anderweitig angestellt, hin- und wieder vermietet er Partymaterialien und spielt DJ. Einmal im Jahr macht er seine Einnahme-Überschusserklärung und seine Steuererklärung. Das ganze ist ihm eher ein rotes Tuch, denn mit Formularen, Steuergesetzen und Buchhaltung hat er es nicht so.
Dem Finanzamt ist es aber auch relativ egal, denn unser Kleinunternehmer ist für sie eigentlich ein Angestellter, dessen Arbeitgeber zahlt monatlich die Lohnsteuer. Das Kleingewerbe hat in den ersten Jahren auch nur Verluste, insofern bedeutet eine Steuererklärung immer eine kleine Steuerrückerstattung, da man ja bekanntlich die Verluste aus dem Gewerbe mit den Einkünften aus "nichtselbständiger Tätigkeit" ausgleichen kann.
Ähnlich sieht es mit der Umsatzsteuer aus. Da immer fleissig gekauft wird, dürfte zeitweise die Rückerstattung der Umsatzsteuer über die Vereinnahmte MWSt. liegen.
Meist sagt das Finanzamt dann auch nichts, wenn die Steuererklärung überfällig ist, weil es für die überlasteten Behörden so gesehen "Peanuts" sind.
Besagter Kleinunternehmer hat also nun vor einigen Wochen nach einigen Mahnungen seine Steuererklärung 2008 abgegeben. Da seine Geschäfte in diesem Jahr schon ganz ordentlich gelaufen sind und die gröbsten Investitionen getätigt bzw. Abschreibungen ausgelaufen sind, stellt sich zum ersten Mal ein kleiner Gewinn von 10.000,- EUR ein.
Von diesem Gewinn hat er dann natürlich einen Teil wieder investiert, einen Teil entnommen und verbraucht.
Jetzt kam aber - wie erwartet, wenn man weiß, wie das abläuft - der Hammer:
Das Finanzamt errechnet eine Steuernachzahlung für 2008 von rund 3.000,- EUR. Bei Nebenerwerblern kommt der Gewinn natürlich aus der Steuerprogression gesehen "oben drauf" auf seine anderen Einkünfte (Lohn). Der Steueranteil ist also nicht gerade knapp.
Weil er seine Steuererklärung zu spät abgegeben hat, kommen also hier noch Versäumniszuschläge und Verzugszinsen drauf. Gleichzeitig ergibt sich aus der Umsatzsteuer auch erstmals eine Zahlungsverpflichtung von rund 1000,- EUR, ebenfalls verbunden mit Versäumniszuschlägen und Zinsen. Gleichzeitig kommt der Hinweis, daß man eigentlich verpflichtet gewesen wäre, die Umsatzsteuer ab einem gewissen Umsatz monatlich abzurechnen (und zu bezahlen).
Der Kleinunternehmer muss also für 2008 zusammen fast 5.000,- EUR nachbezahlen. Doch das genügt dem Finanzamt natürlich nicht. Es werden Vorauszahlungen fällig und zwar auf Basis der letzten Zahlen, also 2008. So muss er also für 2009 ebenfalls 5.000,- EUR und bis zum 3. Quartal 2010 noch rund 3.700,- EUR bezahlen. Und zwar sofort!
Gesamtsumme also rund 13.000,- EUR
Da unser Kleinunternehmer weder reich geerbt, noch einen lukrativen Hauptjob hat und auch sein Gewerbe immer so auf plusminus Null auf dem Konto läuft, sieht er sich außerstande, dies Summe sofort aufzubringen.
Er telefoniert etwas mit dem Finanzamt, nimmt sich vor, einen Steuerberater aufzusuchen und verdrängt dann das Thema kurzzeitig, denn sein Hauptjob und seine Jobs in der Veranstaltungstechnik halten ihn zu 110% auf Trab.
Bis er sich umsieht, hat er eine Mahnung vom Finanzamt auf dem Tisch. Er telefoniert wieder mit dem Finanzamt, denkt sich, daß der Steuerberater dann schon alles klären wird, überweist noch alles was er so zusammenkratzen kann (2.000,-) an das Finanzamt und ist wieder so im Stress, daß er das Thema wieder verdrängt.
Nun kommt die Androhung der Vollstreckung. Wird nicht innerhalb 1 Woche bezahlt, wird vollstreckt. Das bedeutet Kontopfändung, vollstreckbarer Titel, Eintrag in das Schuldnerverzeichnis und das ganze Programm.
Der Steuerberater konnte aber noch eine Reduzierung der Vorauszahlung erreichen und eine Ratenzahlungsvereinbarung.
Fazit: hätte sich besagter Kleinunternehmer sorgfältig kaufmännisch gehandelt, rechtzeitig Steuererklärungen abgegeben, und monatlich abgerechnet, dann wäre das alles nicht passiert. Er hätte damals das Geld nicht komplett für Investitionen und Privatentnahmen verwendet, sondern mittels Vorauszahlungen regelmässig dem Finanzamt gegeben, was dem Staat gehört.
Nun aber ist seine Existenz gefährdet und überweist monatlich noch den letzten Cent. Würde ein Zwischenfall/Unfall noch Kapital erzwingen, ist der Konkurs unabwendbar.
Also: frühzeitig steuerliche Beratung einholen und lieber eine monatliche Buchhaltung machen lassen, auch wenn der Umsatz das noch nicht erfordert.
Und: Für Existenzgründer gibt es Grundlagenseminare bei der IHK oder ähnlichen Einrichtungen. Ein gewisses Grundverständnis in der deutschen Gesetzgebung und im Steuerwesen ist für einen Gewerbetreibenden unerlässlich.
Vielleicht regt diese kleine Geschichte ja den ein oder anderen zum Nachdenken an....
Vielleicht hat auch noch jemand anders andere wertvolle Tipps für "Start-Ups"...