extreme Kompression aktueller Dancefloorlala

  • Wir hatten gestern das Vergnügen etwa 3 Stunden Aftershowparty nach einer Kappensitzung in einer Turnhalle beiwohnen zu dürfen. Gehen ging nicht, da PA ja noch lief.
    Was mir aufgefallen ist, und was ich mich schon lange frage: warum werden soundtechnisch eigentlich gut aufgemachte Disconummern im Refrain so extremst übel überkomprimiert? Damit meine ich nicht die maximale Kompression damit's im Autoradio laut klingt, sondern den Schwachsinn die Lala im Takt der Bassdrum gegen -20dB zusammenzupressen?
    Ich kenne leider die Titel nicht um hier ein paar Beispiele zu verlinken - aber so etwas habe ich schon öfter gehört. Mir fällt dazu namentlich höchstens dieses Manfred Mann Remake '(i came) for you' von den "Disco Boys" ein. Das ist genau so ein Bullshit wie zig andere Nummern dieser Stilart!
    Wer kann mir erklären was dieser Blödsinn zu bedeuten hat? Das klingt ja als wäre die PA so dermaßen überbraten, als ob der PA-Limiter auf's schlimmste zudrehen müsste. Und das bei Halbgas!
    Lächerliche Produzenten....Kindergarten :evil:

  • Ist uns auch schon mehrfach aufgefallen. Wird wohl sein damit es auf dem MP3 Müll Player auch noch "klingt"....

  • Hi,



    +1 / "I Like"



    geht gar nicht. Ich hab hier auch einige Nummern für Garde und Umzug zusammengschnitten und dachte zunaechst, dass ich irgendwo falsch gepegelt habe. Es wird wohl inzwischen als Stilmittel verwendet ... Wie mein Vater schon immer sagte: "Was man nicht verbergen kann muss man betonen!" :D




    VG bemi

  • Diese, meist im Techno/Dancefloor Stil gemachten Dinger klingen eigentlich ganz gut - solange nur die Strophe läuft. Dann kommt ja immer die Bridge...man könne meinen "jetzt geht gleich aber was" - und dann kommt nur noch Müll im Refrain! Immer das gleiche Strickmuster.
    Das gehört zweifelsfrei zum Stil dieser Lieder - ich frage mich aber allen ernstes wer das gut finden soll? Das soll wohl einen ∞:1 Brickwall-Limiter imitieren, der das ach so bombastisch aufgemachte Liedgut in der Disco als nicht zu bändigende Bassattacke darstellen möchte, die das installierte PA an seinen soundtechnischen Grenzen erscheinen lassen soll! Dem ist aber nicht so, und daher ist es doppelt albern die Mucke so zusammengestaucht auf CD zu bannen.
    Die Discobesucher und Handyteens wissen eh nicht wie ein Limiter klingt, und das der Sound im Refrain so wackelt empfinden die nicht als "laut" sondern als toll (meinen zumindest die Produzenten)!
    Was bin ich doch froh so selten Konservenmusik laut machen zu müssen, dass ist echt nicht meine Welt :D

  • Digga - das ist krasses Sounddesign, da hast du Hippiespacken voll ma keine Schekung! Das flashed derbst und geht steil!!! Läuft!


    Aber - das ist ja nichts Neues! Luca Anzilotti (u.A. Co-Producer von Snap, ...) hat irgendwann in den 80ern schon postuliert, dass es nicht auf den Sound, sondern auf einen rappenden Schwarzen und eine agile Blondine ankäme - und fertig ist der Hit.


    Bisweilen treibe ich mich ja im Dienst auf verschiedenen Veranstaltungen rum, auf denen der ausschließlich elektrischen Tanzmusik gefrönt wird - und ich gebe zu, es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass da nichts kaputt ist, sondern dass der DJ der Meinung ist, dass das so klingen muss. "Sound" eben - und wenn man mal ehrlich ist, dann war und ist das mit den Metallern und der Gitarre, den Trashern und Death-Metal Freaks mit dem "Growling" (ich nenns nicht Gesang) und ein paar anderen Strategen aus dem Live-Business auch nicht anders. Dazu kommt eben im aktuellen Tagesgeschäft, dass du dich durch irgendwas abheben musst - weil automatisch alles ein Hit ist, sobald es vorliegt, respektive im Radio gespielt wird. Dieser David Guetta bringt irgendwas raus und es wird beim allerersten Radioeinsatz bereits als "Hit" angekündigt. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, da musste man sich dieses Attribut erarbeiten. Da aber nun alles irgendwie sofort schon Hit ist, braucht man (oft mangels kreativen Potentials) einfach etwas, was plakativ und drastisch ist... und auf der Suche nach dem Vehikel hat eben irgendwann mal jemand den Threshold am Kompressor zu weit nach links gedreht... Das gibt sich auch wieder, es ist auch irgendwann aus der Mode gekommen, Platten von Hand hin und her zu drehen oder die Kickdrum wie eine Trommel Omo klingen zu lassen (zum Glück, weil wer braucht denn schon so eine Kick wie aus den 80ern???). Hör dir – falls du es WIRKLICH willst – mal verschiedene Technospezialisten an (Namen sind Schall und Rauch – daher sind sie mir entfallen), da wird Dynamik ausschließlich durch 0 oder 100% Pegel am Regler gemacht, es gibt keine Zwischenstadien mehr.


    Aber – zum Glück – wird das irgendwann auch wieder anders…

    Kein Applaus für Scheiße!

  • Dieser Kunstgriff ist aber schon einige Jahre alt. Ich kann mich erinnern, dass ich vor zwei, drei Jahren das zum ersten Mal beim Autofahren mit einem Titel bemerkte. Zwischendurch habe ich wirklich hartes Brett im KFZ, um gute Laune zu kriegen. Dann kam mal so ein Titel über den Äther, und mein erster Gedanke war damals: uih, da ist was kaputt! Jetzt hat's dir entweder wirklich die Opel-Serienpappen in der Autotür durchgeballert, oder die Endstufe hinten im Radio sendet gleich Rauchzeichen durch den Luftschacht der Mittelkonsole. Erstmal leiser gedreht, Effekt blieb. Die Ansagemaus später klang aber ganz normal.


    Nachdem sich das wiederholte, recherchierte ich das damals im Netz und kriegte klar, dass das wohl stilbildendes Element der künstlerischen Wertschöpfung sein soll. Es hat allerdings bei mir dazu geführt, dass ich mir mit der Zeit sowas nicht mehr anhören konnte. Dieses enorme Gepumpe (manche Produzenten verquicken den Brickwall auch noch mit einem wabernden Bandpass, der hin- und hergeschoben wird, dann klingt es ganz wild) macht mich bekloppt in der Birne. Beim Autofahren kann ich es gar nicht mehr ertragen und schalte dann um auf Antenne Niederrhein oder WDR4, wo sowas nicht läuft... :)


    Ich finde es grauenvoll.

  • Zitat

    aber so etwas habe ich schon öfter gehört. Mir fällt dazu namentlich höchstens dieses Manfred Mann Remake '(i came) for you' von den "Disco Boys" ein. Das ist genau so ein Bullshit wie zig andere Nummern dieser Stilart!


    Naja, das ist ein Stilmittel, das man nicht mögen muss, aber durchaus kann. Ich z.B. finde z.B. genau dieses Remake äusserst gelungen, und die Nummer mit der Bassdrum sehr geil umgesetzt ... und macht imho auf einer großen PA RICHTIG Spaß !! Vielleicht also durchaus eher eine Frage der musikalischen Vorlieben ... das hier die "ältere" Fraktion jammert ist dann natürlich vorprogrammiert .. ;-)) ... aber mal unter uns, ighr klingt wie eure eigenen Eltern, fällt euch das nicht auf ... :lol:


    DAs einzige, was ich daran nervig finde, das wenn so etwas "Spezielles" eigesetzt wird, man diesen Effekt mindestens ein Jahr lang in jedem ähnlichen Stück dieses Genres findet ... was sich dann leider ziemlich schnell "abnutzt" ... kann sich noch einer an die Vocoderstimme bei Cher erinnern, das wirft bis heute noch seine Schatten .... :D:D:D


    Das Einzige, was mich an heutigen Produktionen nervt, ist das Mastering heutzutage sehr stark auf kleine Lautsprecher, Kopfhörer, Handys etc. zugeschnitten ist ... was bei hohen Lautstärken dazu führt, das man ständig mit dem EQ ausgleichen muss, sonst wird das einfach zu aggressiv ... übrigens ein wunderbares Betätigungsfeld für moderne dynamische EQ´s, um wenigstens in DJ Sets bei Veranstaltungen mal eine kleine Kaffeepause hinterm Pult machen zu können ... :wink:

  • Ja nun, was solls denn? Es muss uns nicht gefallen, es muss nur unser Equipment auf dei Veranstaltung bringen, also den Leuten gefallen. Jeder Stil hat doch seine Eigenarten. Bei den houselastigen Dancesachen sinds eben pumpende Kompressoren, bei Grindcore sinds Grunzer anstatt Sänger, bei Minimal Techno sinds extrem monotone Arrangements, bei denen dann die kleinste Veränderung zur Extase bei den Zuhörern führt. Auch die erfolgreichen Saufschlager von den Mallorca-Hartz IV-Sängern haben ihre feste Machart, die immermal vereinzelt von neuen Einflüssen durchbrochen wird und bei Erfolg danach in fast jeder anderen Produktion aus diesem Genre zu finden sind. Bei Dieter Bohlen hört man auch seit dreißig Jahren, wenn er oder einer seiner Leute die Hand im Spiel hatte. Was solls also?


    Den Anfang dieses Stilmittels sehe ich persönlich bei One more Time von Daft Punk. Anfangs fand ichs auch nervig, aber ich habe mich dran gewöhnt.

  • Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, meine aber, dass das Kompressorenpumpen mit "Eric Prydz - Call on me" gross in Mode kam. Zumindest hier bei uns habe ich das Gefühl. http://www.youtube.com/watch?v=L_fCqg92qks


    Ich finde die genannten Passagen "anstrengend" für das Ohr. Irgendwie habe ich das Gefühl, das Gehirn versuche dem Effekt entegegen zu steuern und ihn zu korrigieren.


    Allerdings fand ich den Hype mit den verzerrten Stimmen à la "Cher - believe" oder "Eiffel 65 - Blue" viel schlimmer!

    Der Ton macht die Musik.

  • Jessas, nu’ seid mal nicht so kleinlich. Daft Punk? Wild pumpenden Kompressorquatsch gab’s schon auf Led Zeppelin I; da waren irgendwelche Houseplaybackproduzentenjüngelchen noch nicht mal in Planung.
    Übermäßiger Drogenkonsum hat noch in jeder Generation für ästhetisch gewöhnungsbedürftigen Arbeitsoutput gesorgt.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Die Unart hat mich schon mehrfach veranlasst nach besseren Aufnahmen zu suchen bzw. zu prüfen, ob ich nicht versehentlich eine mp3 mit Bitrate nahe der Raumtemperatur erwischt habe oder tatsächlich etwas kaputt ist. ( hört sich nicht wesentlich anders an.)
    Fakt ist, das Musik, insbesondere sogenannte U-Musik, immer auch Auflehnung und Abgrenzung gegenüber der Elterngeneration ist.
    In diesem Sinne habe ich mich wohl ( als Konsument) aus dieser Ziergruppe verabschiedet.
    Als DJ? Ich sag's mal so: Wenn das Steak lecker ist, schert es mich nicht, ob der Kellner Vegetarier ist. :D

    Beste Grüße


    Jochen

  • Ob die Misch- oder Hörgewohnheiten wirklich manifestierter Generationskonflikt oder einfach nur eine vorübergehende Modeerscheinung sind, muß die Zukunft zeigen.
    In den 70-ern gabs auch schon Dancefloorlala, die ich nicht mochte. Für mich persönlich sehe ich da keinen Generationskonflikt, sondern lediglich einen Geschmackskonflikt.


    Es gibt reichlich junge Musiker... sowohl welche, die geschmackvoll neue Musik machen, die mich neugierig macht als auch welche, die genauso geschmacklos agieren wie ihre Eltern. :roll: :D

  • Tja, die Kids sind halt schon mit einfachen Sachen wie komprimieren, verzerren usw. zu begeistern.
    Viele Ältere schwimmen da aber auch gerne mit. Der Sound von einigen Produktionen ist einfach zum ko... erbrechen.
    Aber wer sich von einem Michel Teló - Ai Se Eu Te Pego begeistern lässt, hat es nicht anderes verdient.
    (Unglaublich, wie oft die Nummer auf Karneval letzten Samstag gewünscht wurde. Ich frage mich nur warum, am Text kanns nicht liegen.
    Hier ein Link zur deutschen Übersetzung: http://www.songtextemania.com/…songtext_michel_telo.html)

    MfG Heini


    (Lasst euch von dem DJ nicht verwirren. ;))