Aus der Augsburger Allgemeinen:
ZitatAlles anzeigenJunger Mann (19) kann auf Schmerzensgeld hoffen - Gravierende Folgen für Veranstalter möglich
(hogs). Es dürfte eine Entscheidung werden, die bei Konzertveranstaltern und Diskobetreibern Unruhe auslöst: Der heute 19 Jahre alte junge Mann, der den Stadtjugendring(SJR) wegen eines Hörschadens durch zu laute Musik verklagt hat, wird wohl tatsächlich Schmerzensgeld erhalten. Ein medizinisches Gutachten hat ergeben, dass der Tinnitus im Ohr höchstwahrscheinlich von dem Konzert herrührt. Ein Urteil oder ein Vergleich wird in gut einem Monat erwartet.
Es sollte ein lustiger Abend werden für den damals 16 Jahre alten Jugendlichen. Beim x-large-Festival im Juni 2001 stand der 16-Jährige in einem Musikzelt an vorderster Front. Die Musik war sehr laut, die Boxen dröhnten. Kurz danach begannen bei dem Jugendlichen die Beschwerden: Brummen und Pfeifen im Ohr. Der junge Mann ging sofort ins Krankenhaus, wurde auch mit einer Infusionstherapie behandelt. Zuerst nahmen die Ohrgeräusche ab, dann wurde es wieder schlimmer. Bis heute ist der 19-Jährige in seiner Lebensqualität beeinträchtigt durch die quälenden Ohrgeräusche. Er und seine Eltern verklagten den Stadtjugendring als Veranstalter des Jugendfestivals.
Im Zivilprozess bei der 3. Kammer des Landgerichts wurde schnell klar, dass der Fall juristisch nicht so einfach zu bewerten ist. Viele Fragen hat der Vorsitzende Richter Bernd Wurm zu klären: Stammt der Schaden überhaupt von der Veranstaltung? Gab es einen Vorschaden beim 16-Jährigen? Wurden die städtischen Auflagen im Musikzelt eingehalten? Und nicht zuletzt die Frage nach der Eigenverantwortung des Jugendlichen: Hätte er nicht wissen können, dass es gesundheitsschädlich ist, sich längere Zeit vor meterhohen Lautsprechern aufzuhalten? Nach mehr als einem Jahr Prozessdauer neigt sich die Verhandlung jetzt dem Ende entgegen, und zwar einem möglicherweise überraschenden. Richter Wurm neigt dazu, dem jungen Mann ein Schmerzensgeld zukommen zu lassen. Der 16-Jährige habe nach eigenen Worten zum ersten Mal so ein Konzert besucht, konnte also nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen.
Unterstützung für den Kläger kam mit einem medizinischen Gutachten: Dort heißt es zum einen, dass der Gehörschaden mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" auf ein Musikschalltrauma zurückzuführen ist. Zudem nimmt die Expertise den Jugendlichen ein Stück weit aus der Verantwortung. Musik werde, anders als das Rattern eines Presslufthammers, nicht als Lärm empfunden. Obwohl sie wegen höherer "Impuls-Spitzen" gefährlicher fürs Gehör sei, so die Sachverständige. Mit anderen Worten: Der junge Mann muss die laute Musik aus den Boxen nicht als unangenehm oder schädlich empfunden haben. Die Verantwortung liegt also nach derzeitiger Einschätzung von Richter Wurm beim Veranstalter: "Sie haben die Gefahrenquelle geschaffen, sie müssen dafür sorgen, dass so etwas nicht passiert", wandte er sich an den Anwalt des Bayerischen Jugendrings, der den Augsburger Stadtjugendring vertritt. Wurm machte noch ein letztes Vergleichsangebot: Mit 10000 Euro an den 19-Jährigen wäre alles abgegolten. Die Anwältin des Klägers signalisierte Einverständnis. Der Stadtjugendring will den Vorschlag nun in Absprache mit seiner Haftpflichtversicherung prüfen.
Jugendring beteuert Unschuld
Der Anwalt des Stadtjugendrings betonte, der Veranstalter habe alle Auflagen eingehalten, ihn treffe keine Schuld. So sieht es auch SJR-Vorsitzender Raphael Brandmiller. Ein Hörschaden sei nicht vorhersehbar gewesen. Bei einer Entscheidung gegen den Jugendring müssten sämtliche Konzertveranstalter ihre Arbeit sehr gründlich überdenken.
Ja, ja, alle Auflagen eingehalten.... Wenn dem so wäre, würde ein Messprotokoll einer Messung nach DIN 15905 Teil 5 vorliegen und die Klage hätte keine Chance...