Wie sollte ein FOH zum Lernen aussehen ?

  • Zitat

    Wir alle (oder der größte Teil) haben analog gelernt und das sind die Basics auf denen wir aufbauen, aber ist das noch die Wirklichkeit eines jungen Tonings?


    Ohne jeden Zweifel. Wer sich professionell mit Tontechnik befassen will kommt einfach nicht drumrum.
    Aber ich halte es auch für unrealistisch anzunehmen, "Digitallerner" kämen aus Analog nicht klar. Das einzige was die vielleicht noch lernen müssten wäre ihren Arsch zu bewegen um z.B. Sideracks zu verkabeln (auch das MUSS gelernt werden!).
    Nur ist eben Digital für den Anfang viel zu komplex um Strukturen zu durchschauen. Und um diesen Anfang geht es doch hier. Digital ist immer der zweite Schritt. Auch noch in zehn Jahren, denn jeder macht seine ersten Schritte auf (alten) Kleinmixern. Früher war das vielleicht eine Mitec1602, in Zukunft vielleicht eine abgerockte GL2200 die in Schule/Proberaum vollstaubt.


    Am Ende ist es dann jedoch auch völlig egal, denn es geht weniger darum, Technik zu erklären als darum, ein Gespür für die Tätigkeit des "Mischens" zu vermitteln. Daran scheitern Prinzipbedingt die meisten Lehrer wie Schüler: An mangelnder Musikalität.
    Und immer mehr Funktionen und immer mehr (Nachwuchs-)Tekkis, die Featureverliebt auf ihre (Computer-)Displays starren verschlimmern dieses Problem eher.

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat von "oTon"

    ... für mich persönlich ist ja ein Digitalpult übersichtlicher, und ich denke für den Großteil der "Neuen" wohl (zwangsweise) auch.


    ... allerdings sehe ich bei einem analogen Pult auf einen Blick ALLE Kanäle und deren Einstellungen ... und kann bei Problemen schneller gezielt eingreifen. Gerade die kleineren (und erschwinglichen) Digitalpulte sind da doch ein wenig unübersichtlicher.


    Bei Studioaufnahmen ist mir sowas egal ... aber bei einem Livejob mit Deppen auf der Bühne ? :wink:


    Zitat von "Christopher Hafer"

    Das einzige was die vielleicht noch lernen müssten wäre ihren Arsch zu bewegen um z.B. Sideracks zu verkabeln (auch das MUSS gelernt werden!).


    Wer (schon im Kindesalter) nur am Bildschirm hockt und "die Welt entdeckt", landet früher oder später in der Ergotherapie.


    Neueste Hirnforschungen haben ergeben, daß sowas (Nintendo, Fernsehen, Computer) die Hirnentwicklung bei Kindern massiv und irreparabel (konkret: die Bildung von Synapsen, auf die alles weitere Wissen aufbaut !) beeinträchtigt.
    Bereits 1 Stunde mehr Fernsehen am Tag (im Alter von 3 jahren) entscheidet viele Jahre später zwischen Abi oder Hauptschulabschluß* !


    Virtuelle Realitäten haben keine (echte) räumliche Tiefe, können nicht angefaßt werden (keine tastbare Form, Oberfläche) und führen zu einer Verarmung der Sinneswahrnehmungen. Junge Erwachsene, die nur noch in der digitalen "Realität" arbeiten müssen, sind eigentlich total arme Schweine**. :?


    * Quelle: "Vorsicht Bildschirm", Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, März 2006


    **Und in 50 Jahren sehen Tontechniker dann so aus, wie die durch "Spice" (de-) generierten Navigatoren in "Der Wüstenplanet". :D

  • um die situation einmal aus einem anderen blickwinkel zu betrachten:
    ich habe ganz am anfang einmal den signalfluss an einem soundcraft spirit eines kollegen erklaert bekommen.


    danach habe ich aber ziemlich lange nur mit einem 01v gelernt. sobald man den signalfluss verstanden hat, ist es imho egal, ob man nun an einem gl2200 oder an einem 01v seine ersten schritte macht.
    allerdings muss ich gestehen, dass man eq-kurven einer anderen person (viel zu) gut im hinterkopf behaelt :). das gilt allerdings auch fuer zahlen, die man irgendwann einmal gelesen hat (bei welcher frequenz hole ich mir jetzt mehr attack...?). nachteilig finde ich beim 01v dann einzig die (meiner meinung nach) sehr schlechten effekte.


    kompressoren und gates wuerde ich nicht als so wichtig einstufen, sondern eher spaeter erlernen lassen.


    lg andreas

  • Zitat von "Christopher Hafer"

    Ohne jeden Zweifel. Wer sich professionell mit Tontechnik befassen will kommt einfach nicht drumrum.
    Nur ist eben Digital für den Anfang viel zu komplex um Strukturen zu durchschauen. Und um diesen Anfang geht es doch hier. Digital ist immer der zweite Schritt. Auch noch in zehn Jahren, denn jeder macht seine ersten Schritte auf (alten) Kleinmixern. Früher war das vielleicht eine Mitec1602, in Zukunft vielleicht eine abgerockte GL2200 die in Schule/Proberaum vollstaubt.


    Genau das bestreite ich. Viele meiner Studenten aus dem Recordingbereich haben noch NIE Berührung mit analogem Equipment gehabt und leben rein für ihren Rechner ... und sie werden höchstwahrscheinlich nie mehr in ihrem Leben an einem analogen Pult sitzen ... und trotzdem machen viele von ihnen professionelle Produktionen ... hier ist analog komplett tot. Und ich denke wirklich (klar kann ich mich irren) das das in ein paar Jahren auch im Beschallungsbereich so sein wird.


    Zitat von "Christopher Hafer"

    Am Ende ist es dann jedoch auch völlig egal, denn es geht weniger darum, Technik zu erklären als darum, ein Gespür für die Tätigkeit des "Mischens" zu vermitteln. Daran scheitern Prinzipbedingt die meisten Lehrer wie Schüler: An mangelnder Musikalität.
    Und immer mehr Funktionen und immer mehr (Nachwuchs-)Tekkis, die Featureverliebt auf ihre (Computer-)Displays starren verschlimmern dieses Problem eher.


    Sorry, aber das ist doch echt Midlife Crisis Gejammer ... die jungen Kollegen sind genau so musikalisch oder unmusikalisch wie wir auch, das hat doch nichts mit Displays oder Technik zu tun !!!

  • Zitat

    Sorry, aber das ist doch echt Midlife Crisis Gejammer ... die jungen Kollegen sind genau so musikalisch oder unmusikalisch wie wir auch, das hat doch nichts mit Displays oder Technik zu tun !!!


    Ganz sicher ist das kein Gejammer, weil das schon allein mein Alter nicht hergibt.
    Es ging mir eben nicht darum, dass junge Kollegen unmusikalischer seien, sondern um den wunden Punkt wie man essentielle musikalische Fähigkeiten - Hören lernen - vermitteln soll, wenn der Schwerpunkt nur auf immer komplexerer (Digital) Technik liegt.
    Diese ganzen Technik-Basics, die Bedienung usw. sind nur der erste Schritt, das Handwerkszeug. Was man später aus diesem Wissen macht ist viel wichtiger.
    Und da ist es vermutlich auch nicht hilfreich, wenn immer mehr bunte Displays oder auch echte Hindernisse (z.B. Computerstress) vom Wesentlichen ablenken.


    Wer das Ausblendet und wieder nur analog vs. digital argumentiert (um dann zum x-ten Mal seine persönliche Vorliebe mitzuteilen), der hat eventuell Defizite in der didaktischen Bewertung.


    Das lässt sich auch Analog zur Studioszene sehen:
    Die immer neuen immer mehr Möglichkeiten moderner DAWs verlangsamen tendentiell den Produktionablauf, weil man sich gerade als Einsteiger schnell in der Fülle der Optionen verrennen kann - früher war der Track fertig, wenn alle Spuren voll und gemischt waren.
    Eine Konzentration auf das Wesentliche, die Musik, nicht die Produktionsmittel.

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat von "oTon"


    Genau das bestreite ich. Viele meiner Studenten aus dem Recordingbereich haben noch NIE Berührung mit analogem Equipment gehabt und leben rein für ihren Rechner ... und sie werden höchstwahrscheinlich nie mehr in ihrem Leben an einem analogen Pult sitzen ... und trotzdem machen viele von ihnen professionelle Produktionen ... hier ist analog komplett tot. Und ich denke wirklich (klar kann ich mich irren) das das in ein paar Jahren auch im Beschallungsbereich so sein wird.


    Na so weit wollen wir es nicht kommen lassen. Die "analoge" Technik hat viele Vorteile wie z.B. Visualität und erfüllt jede Beschallungsaufgabe nicht schlechter als digitale. Warum sollte sie einfach so verschwinden ? Nur weil es gerade sehr "in" ist dass alles schön farbig leuchtet und einen Display hat ?


    Die analoge Technik hat den Vorteil der Redundanz, größerer Robustheit und besserer Reparierbarkeit im Fehlerfall, was auch nicht zu vernachlässigen ist. Wenn mir ein digitales Pult ausfällt, dann macht es meistens entweder ganz oder gar nicht. Wenn mir ein Kanal oder einzelnes Gate oder Kompressor etc. ausfällt, ist es immer noch ersetzbar.

  • Zitat von "Christopher Hafer"


    Es ging mir eben nicht darum, dass junge Kollegen unmusikalischer seien, sondern um den wunden Punkt wie man essentielle musikalische Fähigkeiten - Hören lernen - vermitteln soll, wenn der Schwerpunkt nur auf immer komplexerer (Digital) Technik liegt.
    Diese ganzen Technik-Basics, die Bedienung usw. sind nur der erste Schritt, das Handwerkszeug. Was man später aus diesem Wissen macht ist viel wichtiger.
    Und da ist es vermutlich auch nicht hilfreich, wenn immer mehr bunte Displays oder auch echte Hindernisse (z.B. Computerstress) vom Wesentlichen ablenken.


    Das Problem ist wohl, das die Technik für DICH komplexer ist, weil du einen anderen Hintergrund hast. Und genau da liegt der Fehler, ein 20 jährigen hat da eine ganz andere Herangehensweise.


    Noch einmal, Musikalität hat nichts mit Displays zu tun ... auch wenn du es nicht glauben magst.



    Zitat von "Christopher Hafer"

    Die immer neuen immer mehr Möglichkeiten moderner DAWs verlangsamen tendentiell den Produktionablauf, weil man sich gerade als Einsteiger schnell in der Fülle der Optionen verrennen kann - früher war der Track fertig, wenn alle Spuren voll und gemischt waren.
    Eine Konzentration auf das Wesentliche, die Musik, nicht die Produktionsmittel.


    Also, jetzt kurz OT, aber DAW´s haben die extrem kurzen Produktionszeiten erst möglich gemacht ... und ein Laptop mit DAW Software ist das wesentlichste & einfachste zum Produzieren ... 100 mal einfacher und direkter als ein grosses Produktionsstudio.

  • Zitat von "Igor Linowski"


    Na so weit wollen wir es nicht kommen lassen. Die "analoge" Technik hat viele Vorteile wie z.B. Visualität und erfüllt jede Beschallungsaufgabe nicht schlechter als digitale. Warum sollte sie einfach so verschwinden ? Nur weil es gerade sehr "in" ist dass alles schön farbig leuchtet und einen Display hat ?


    ich sehe das so ... wir Beschaller sind ziemliche "Dinosaurier" ... schau dich doch mal um deinen FOH Platz um, z.B. hinter/über dich zum Licht. Und wir machen gerade alle den Umbruch mit, der vielleicht deshalb so schnell geht, weil wir so lange geschlafen haben.


    Und wenn es um Ausbildung geht, sollte man solche Entwicklungen abschätzen, sonst ist die Hälfte schnell umsonst gelernt. ich habe in meiner Ausbildung noch Bandschnitt gelernt, da kamen gerade die ersten digitalen Schnittsysteme auf. Wir haben das gesehen, die Möglichkeiten begriffen, aber die Ausbilder bestanden darauf, weil man kann es bestimmt noch lange brauchen .... ich habe es nie wieder gebraucht.


    Es wäre übrigens klasse, wenn hier sich mal ein paar Jüngere outen würden, wie sie es denn gelernt haben bzw. lernen.

  • Zitat von "oTon"


    Es wäre übrigens klasse, wenn hier sich mal ein paar Jüngere outen würden, wie sie es denn gelernt haben bzw. lernen.


    Also ich gehöre zu der jüngeren Generation. Alles was ich bisher gelernt habe war analog und konservativ. Aber ich mach das nicht als Ausbildungsberuf.

  • @ oTon:
    Schön, dass du so passende Vergleiche heranziehst, aber im Gegensatz zum Lichtie oder dem Digitalschnitt hat der Tonler echte Nachteile durch den Umstieg. Das hat auch nix mit Dinosaurier zu tun, da das Handwerkszeug erst jetzt so langsam "funktionabel" wird.
    Und das ist ein weiterer Punkt, warum Digital IMHO nicht am Anfang stehen sollte: die Entwicklung ist nicht abgeschlossen...
    Denk mal 3 Jahre zurück: Welche Digitaltische mit welchen Oberflächen waren damals nutzbar? Wie sieht das heute aus ?? Wie lange dauert die Ausbildung???


    Und im übrigen: wo führen dich deine digitalen Produktionstechniken denn überspitzt hin?? Der Synthie sollte doch schon vor Jahrzehnten alle anderen Instrumente ersetzen, später dann der Computer. Streichen wir also den FoH der Zukunft komplett, um nurnoch ein Summensignal (+ ein paar Vocals) von der "Bühne" zu mixen?


    Bis auch das letzte Einsteigerkleinstpult die Analogebene verlässt fliesst noch etliches an Wasser die Trave runter.

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Ich versuch mich da mal echt mit meiner Meinung rauszuhalten.


    Der Tread geht eh schon wieder pro/contra Digital.


    Da sind die Fronten viel zu verhärtet und es gibt viele Analoguser, die einfach vehement gegen eine Umstellung auf digital sind.


    Igor Linowsky hat geschrieben:

    Zitat

    Die analoge Technik hat den Vorteil der Redundanz, größerer Robustheit und besserer Reparierbarkeit im Fehlerfall,


    Bitte erklären



    Und sonst würde es mehr Sinn machen, wieder zum Thema zurück zu kommen

    Amp und Boxen Brett _ Die Vuvuzela des Forums


    Ganz großer Fan des " Themen als gelesen markieren " Buttons

  • Also ...


    Anfängerkurs:


    Analog - kleines 16-er Pult mit ein paar Aux, und EQ mit einem semiparametrischen Band, ein Hallgerät, ein Kompressor, ein Gate.


    Digital - Rechner mit Cubase oder Logic drauf, kleines Interface mit Mikroeingang.


    --> Signale vorbereitet aus dem Rechner & Mikro



    Fortgeschrittenenkurs:


    Analog: Mittelklassepult mit kleinem kompletten Siderack, 2x Parametrik, SummenEQ


    Digital: M7CL o.Ä. & Laptop


    --> Signale von Musikern/Band

  • Zitat von "oTon"

    Noch einmal, Musikalität hat nichts mit Displays zu tun ... auch wenn du es nicht glauben magst.


    Es spielt schon eine Rolle, ob man die Welt (egal ob Musik oder ferne Länder) am Bildschirm (reduziert auf eine zweidimenionale optische Wahrnehmung) oder räumlich visuell, räumlich hörend (mit den eigenen Ohren) UND zum Anfassen entdeckt.


    Mir schwant, daß die Herangehensweise (d.h. mit welchen Tools - in diesem Fall virtuelle ...) schon zu einer anderen Wahrnehmung von Musik führt, die auch Auswirkungen auf die Arbeit selbst hat. Der Stellenwert der Musik sinkt ... der Stellenwert der technischen Gadgets steigt.


    Wenn heute ein "Popstar" den Ton nicht trifft, läßt sich sowas (der Technik sein Dank") beheben. Weiter so ! :?


    Mich beschäftigen diese Themen (zumal ich selbst Kinder habe) schon länger ... aber den meisten hier werden solche Gedanken eher unbequem sein. Die musikalische (!!) Qualität ist in den letzten 20 Jahren nicht besser geworden ... der kommerzielle Wahn (und Anzahl der Produktionen) hat dagegen dramatisch zugenommen. Der gleiche Trend ist auch im Freizeit- und Komsumverhalten (technisches Spielzeug, welches meist überflüssig ist) erkennbar.


    Mal zum Nachdenken: Der durchschnittliche IQ in Deutschland stieg Anfang des vergangenen jahrhunderts stetig an (ca. um drei Punkte ... zwischen 1953 und 1981 sogar um 17 Punkte ... und damals gab es noch keine Handys mit mp3-Player und computerisierte Arbeitsplätze :wink: ).


    Seit Mitte der 90er seigt der IQ nicht mehr, sondern sinkt um durchschnittlich 2 Punkte pro Jahr (Untersuchungen der Universität Erlangen durch Siegfried Lehrl) !


    Wer jetzt an PISA denkt ... :roll:

  • ...ich setze jetzt zum dritten mal an, schau'n obs diesmal was wird:


    also, ich bin kein Profi, aber schon seit vielen Jahren zumindest semiprofessionell im Musikbuisness unterwegs. Zumeist als Musiker.
    Tontechnik hat mich schon immer sehr interessiert, ich hab viel gelesen, bei Festivals mitgearbeitet und meine eigene Band (3 Leute, insgesamt 3 Stimmen und 2 akustische Gitarren) mit einem kleinen Yamaha (ohne parametrische Mitten) von der Bühne aus gemischt.


    Und dann hab ich mir vor 2 Jahren ein 01V96 gekauft, ohne zu wissen auf was ich mich einlasse, ich habe die Digitaltechnik einfach spannend gefunden, und mir schien die Möglichkeit ein Setting zu speichern und wieder abzurufen was praktisches.


    Und es kam alles ganz anders: ich hab zuerst das ganze Handbuch gelesen, und hab versucht alles zu verstehen, plötzlich mutierten Begriffe wie Routing, Patchen usw. zu konkreten Funktionen, die auch einsetzbar waren. Ich hab auch ein bissl was aufgenommen und genau das getan, was ein Vorredner beschrieben hat: ich hab daheim in Ruhe mit Gates, Kompressoren und Effekten herumprobiert, stundenlang nur mit einer Bassdrum oder Stimme...und ich hab unendlich viel gelernt.


    Und seit einiger Zeit mische ich auch einige Bands, bisher immer nur mit dem 01V96, aber ich lerne bei jedem Gig was dazu und probiere was aus (ich entzerre z.B. die PA mit meinem 4Band EQ, sicher noch nicht optimal, aber immerhin).


    Langer Rede, kurzer Sinn: ohne die Möglichkeiten die mir dieses Pult geboten hat, wäre ich nicht so weit gekommen, ich hätte immer noch eine sehr vage Vorstellung davon, was eine Vollparametrik ist oder wie man Effekte vernünftig routet, und zwar nicht, weil das 01V vom Prinzip her digital läuft, sondern weil ich mir nie ein adäquates analoges Pult mit entsprechendem Outboard zugelegt hätte, und zwar vor allem aus Praxis-und Platzgründen.


    Soviel von einem spätberufenen HKS zu dem Thema, aber von uns gibts halt auch viele und wir freuen uns, wenn wir was lernen.
    lg.max.


    Edith sagt, ich soll meine Texte, wenn sie so lang sind, übersichtlicher gestalten...

  • Hallo,


    Zitat von "klauston"

    I
    Igor Linowsky hat geschrieben:


    Bitte erklären


    ich bin zwar nicht der Igor und arbeite auch nicht mit Digitalpulten (nur mal von weitem betrachtet), aber ich versuche es trotzdem.
    Zunächst sollte man feststellen, wieviele Rechner ein Digitalpult hat. Zunächst sicher einen für die Anzeige und einen Bedienrechner.


    Fällt einer der beiden aus, ist es im wesentlichen schon vorbei. Zu diesen beiden Fehlern gibt es nichts Vergleichbares bei Analogpulten.


    Reparierbarkeit: ist bei Analogmixern nicht wirklich kompliziert, selbst Aussetzfehler lassen sich finden und beheben. Wie äußern sich z.B. sporadische Speicherfehler? Oder Fehler in der Software? Nach heutigem Erkenntnisstand ist es nicht möglich, 100% fehlerfreie Software zu erzeugen.


    Robustheit: Ich las hier schon öfters von Abstürzen / Einfrieren der wunderneuen Digitaltechnik. Das ist mir von keinem Analoggerät bekannt.


    MfG


    DirkB

  • ich möchte nochmal etwas von der Seite vorher aufgreifen:


    Zitat

    Es wäre übrigens klasse, wenn hier sich mal ein paar Jüngere outen würden, wie sie es denn gelernt haben bzw. lernen.


    Ich habe vor ca. 3 Jahren -ganz klassisch- auf einem einfachen, analogen Pult mit 8 Kanälen und "richtiger" Band davor (also kein Mehrspurrecorder) gelernt. Erstmal Mikros ausrichten, dann Gain einstellen, dann ein bisschen EQ. AUX/Monitor erstmal gar nicht.
    Ein bisschen Hall vom pultinternen Effektgerät auf den Gesang war noch das digitalste an der ganzen Sache.


    Irgendwann später kam dann mal ein Kompressor dazu, und mal ein Gate für die Bassdrum (alles analog!).


    Und erst vor ein paar Monaten habe ich (nachdem ich verschiedene ANALOGE Pulte unter den Fingern hatte) mich mal mit dem LS9 beschäftigt. Ohne die analogen Vorkenntnisse über Signalfluss usw. hätte ich das gar nicht verstanden, allein schon weil die Elemente auf dem Bildschirm ja nicht wirklich die "logische" Reihenfolge haben wie beim analogen Pult.
    Deshalb würde ich sagen, wenn man den analogen Signalverlauf nicht kennt, versteht man den Unterschied zwischen Pre- und Post-EQ beim Insert z. B. erstmal nicht. Und ich finde, dass alles lässt sich am analogen Pult viel einfacher erklären als am digitalen.


    Natürlich muss (oder eher sollte) heute ein "Lehrling" (egal, ob das nun ein echter Auszubildender oder irgendwer anderes interessiertes ist) auch digital lernen, aber ich bin auch der Meinung dass vorher analoge Kenntnisse gehören, und dass man sich erst, wenn die verstanden sind, in die Welt der Nullen und Einsen begeben sollte.


    gruß
    gylo

    ... kann man da nich was löten ? ;)

  • Zitat von "DirkB"

    Nach heutigem Erkenntnisstand ist es nicht möglich, 100% fehlerfreie Software zu erzeugen.


    .. das gilt nicht nur für Digitalkonsolen, sondern schon bei digitalen Lautsprechercontrollern (z.B. die ersten Firmware-Versionen vom Minidrive :) ).
    Und bei Veranstaltungen mit heikler Spannungsversorgung arbeiten Endstufen und analoge Pulte meistens relativ stressfrei ... allerdings kann passieren, daß Keyboards und digitale FXs plötzlich ein Eigenleben entwickeln (was natürlich mit Konstanthaltern vermieden werden kann ... sofern man welche dabei hat. Neugierige Frage: Wieviele User von Digitalpulten haben bei Zeltjobs eigentlich einen Spannungskonstanthalter im Rack ??. :wink: ).

  • und auch wenn ich schonmal was geschrieben habe, nochmal meinen Senf dazu.
    Ich bin ein Haptiker. Wenn ich mir was kaufe, lese ich die Bedienungsanleitung und fingere gleichzeitig an dem Gerät rum. Manches muss ich mal getippt, gesteckt, verkabelt, bestromt ... haben, damit`s in mein Hirn geht. Daher finde ich die Anfänge mit einem klitzekleinen Analogpult als Basis das Richtige.
    Ich kann mir dann in diversen FX oder Digipulten das Routing vorstellen, wenn ich das auch schon mal analog gemacht habe.
    Vielleicht können das jüngere Menschen sich schneller oder einfacher vorstellen als ich.


    Wenn man aber die gesamte Diskussion anschaut kommt man eigentlich nur zu einem Schluss: Das Setup muss so sein, dass die Seminarteilnehmer danach schlauer sind als davor. Wie sie schlauer werden, hängt auch direkt von den Seminarteilnehmern ab. Wenn da ein Haptiker dabei ist, muss ers machen, wenn ein Theoretiker dabei ist, reicht ihm vieles erklärt und wenn ein Philosoph dabei ist, kann er sich die Analog/Digital-Streiterei zu Gemüte führen.


    Die wirklichen Lernerfolge habe ich doch wo ganz anders gemacht. Meine Basics sind die:
    - richtig Mikrofonieren oder Abnehmen ist der Beginn einer guten Signalkette
    - Aufstellung der Band, dass sie sich sieht und hört fördert Signaltrennung, Spielspaß, Erfolg des Auftritts
    - systematisches Vorgehen beim Verkabeln mit Strom und der Signalwege erleichtert die oft notwendige Fehlersuche
    - Kenntnisse der einfachen Sachen (symmetrisch, unsymmetrisch, Doppelerdung, Rückkopplung, Einstreuungen) helfen, Signale gut zum Pult und wieder zurück zum Amp zu bekommen.


    Erst dann kann man sich überlegen, was man mit den Signalen anstellt.
    Bei einem Einsteigerkurs erwarte ich, die Basics vermittelt und gezeigt zu bekommen. Dann noch erklären, wie man Frequenzen und Panorama dazu einsetzt, den Mix transparent zu bekommen. Wenn man sich um Hall, Compressoren, Gates, Parametrik kümmern kann, heißt das doch nur, dass man entweder anders gar nicht die Güte der Signale hinbekommt oder (schon) nichts anderes mehr zu tun hat. Bei Nachwuchsbands erlebe ich mich am Pult eher als Arrangeur, der entscheiden darf/muss, welche der 3 gleichzeitig (versuchend, das gleiche zu spielen) sägenden Bratgitarren denn nun am wenigsten verstimmt und am straightesten spielt (Beispiel). Da habe ich keine Zeit, am 1/2 Metern des Delayraumes oder dem letzten dB des Gates rumzuspielen.


    HTH
    Carsten