Desmag Artikel "Selbstständige sollen mehr zahlen!"

  • An sich ist der Ablauf nichts Neues.
    Für selbstständige Handwerksmeister gilt die Regelung, das sie eine bestimmte Zeit lang (18 Jahre) Beiträge in die RV gezahlt haben müssen (>> Basisversorgung), bis sie sich auf Antrag von der Versicherungspflicht freistellen lassen können.
    Insofern stellt die Gesetzesinitiative lediglich einen Schritt in die versorgungsrechtliche Gleichstellung der Selbstständigen dar und ist vollinhaltlich zu begrüssen.
    Sollte das Individualeinkommen nicht für eine angemessene Altersversorgung ausreichen, so steht jedem die Aufnahme einer Tätigkeit als beitragspflichtiger Angestellter offen.

  • Bei uns in Österreich ist das völlig normal, das wir in die Staatliche Pensionsversicherung im Rahmen der Sozialversicherung einzahlen.
    Zwangsweise quasi, aber ich finde, das hat nicht nur Nachteile.....

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  • Aus der Diskussion halte ich mich grundsätzlich raus, aber:


    Person 1 verdient wenig, ist angestellt, zahlt regelmäßig in die Renterversicherung ein, bekommt bei Erreichen des Rentenalters eine kleine Rente, sagen wir mal 1000 Euro (Betrag spielt hier keine Rolle, nur exemplarisch).


    Person 2 ist selbstständig, verdient wenig, meldet sich aber nicht arbeitslos. Zahlt aber auch keine Beiträge in die Rentenversicherung.
    Im Rentenalter bekommt Person keine Rente, aber Sozialhilfe, die fast (oder) genau so hoch ist wie die Rente von Person 1.


    Person 3 ist selbständig, verdient einigermaßen, leistet minimale Altervorsorge und bekommt im Alter ne Rente wie Person 1 (bzw. Person 2).


    Person 4 verdient Geld ohne Ende, verjubelt alles, keine Altersvorsorge, Rente(Geld) wie Personen 1-3 ?


    Person 5 muss zwangsweise einen Betrag für Minimalrente zahlen, macht sich mal wirklich Gedanken zum Thema, sichert etwas mehr ab und hat sogar ne brauchbare Rente.


    Vermutlich will der Staat nur ne Beteiligung von denen, die auf die Sozialleistungen später spekulieren, wenn sich nicht durch Selbständigkeit reich geworden sein sollten. Leider gibt es davon immer mehr.


    Mal sehen wo die Reise hingeht.
    Vielleicht denkt der ein oder andere mal drüber nach ob er/sie mir der Selbständigkeit wirklich was verdient.


    VG,

  • Von Gleichstellung kann keine Rede sein.


    Ich vergleiche mal einen Azubi mit einem Jung-Selbständigen:


    Der Azubi verdient irgendwann mal mehr als 500 Euro -> er zahlt anteilig in Kranken- und Rentenversicherung


    Der junge Selbständige verdient mehr als 500 Euro -> er zahlt Mindestsätze für Kranken- und Rentenversicherung, die natürlich pauschal berechnet werden. Damit darf er noch draufzahlen, weil die Mindestsätze sein Einkommen locker übersteigen.


    Dazu kommt, daß Kapitalerträge aus der Rentenversicherungspflicht ausgenommen sind, unter dem Strich heisst das, daß wir alle Reichen aus der Zahlungsplicht in die Sozialsysteme weitgehend entlassen, alle nicht-ganz-Armen schröpfen. So kann es auf Dauer nicht laufen.


    Ich erwarte, daß es einfach mal weniger Gründer geben wird und mehr Hartz-4-Empfänger. Das wiederum wird die Bilanzproblematik der Sozialsysteme zusätzlich verschärfen.


    Grundsätzlich finde ich es gut, wenn jeder gleichgestellt in die Sozialsysteme einzahlt und damit das gleiche Recht auf Auszahlungen erhält.


    Vielleicht sollten wir und mal das Schweizer System genauer anschauen.

  • Ja da werden einige dann merken das Ihr Traumberuf eigentlich doch nur Hobby ist. Das ist ja nur fuer die schlimm die sich immer überall reindumpen.
    Jeder der das vernünftig macht hat ja jetzt schon eine Rente etc am Start und hat sich bereits daran gewöhnt das sowas Geld kostet. Diese Massnahme ist gegen die ganzen Leute gerichtet die nie einzahlen und dann später allen auf der Tasche liegen. Es ist schlicht kein Geld mehr da fuer den Sozialstaat wie wir Ihn gewohnt sind.
    Bei den heutigen Gagen und Gepflogenheiten geht es das sicher einigen an den Kragen. Das Freiberuflerprinzip ist ja nur so beliebt wie es fuer die Verleiher und Agenturen billiger und bequemer ist! Der Staat will mehr Kollegen in Festanstellung, mit Urlaub, Krankenkasse, Rente usw. So wie sich das gehört! Das geht nur wenn man das andere Model unattraktiv macht. Das ist noch lange nicht alles! Da kommen sicher noch Sachen wie Steuereinzug beim Kunden ( Vorrauskasse etc).

    Practice, Practice, Practice

  • Ich mußte als kleiner "krauter" zwei Tage drüber nachdenken, und habe nicht unterzeichnet, grundsätzlich finde ich eine verpflichtung
    zum "selbstschutz§ gut, wie genau die ausgestalltung dann aussieht... da gibt es dann wieder die ganze bandbreite von geht gar nicht bis richtig so.


    solange ich freie wahl habe wo ich mich versichere, super, das ich mich versichere darf pflicht sein.

    Privater Account mit meiner persönlichen Meinung.

    Sollte es ein Problem mit meiner Neutralität zu einem Thema geben mache ich das im Beitrag kenntlich. :thumbup:

    http://www.noon.ruhr


    Application Support Engineer - HK Audio

  • ich hab grundsätzlich auch nichts gegen eine Pflichtversicherung - solange ich nicht mehr Einzahle als fest Angestellte bei gleichem Einkommen bzw. dann auch entsprechend mehr Rente bekomm - gerne! Noch besser wäre es natürlich wenn ich mir raussuchen kann wo ich mich versichern lassen will. Also ob Privat oder Gesetzlich und zu welchen Konditionen, etc.

  • Absolut richtig ist: Die Versicherungspflicht muss her.
    Da führt kein Weg dran vorbei.


    Eine Versicherungspflicht, die einem Freiberufler monatlich 350-450€ pauschal auferlegt wird, bedeutet für Viele wahrscheinlich das Aus.
    Ich bin der Meinung, dass wir in unserer Branche zwar viel zu niedrige Tagessätze haben - aber trotzdem relativ gut darstehen, verglichen
    mit Musikern, Künstlern, oder auch schlicht frisch ausgelernte Leute, die nun am Anfang auf jeden Cent angewiesen sind.
    Da sind diese 350-450€ schätzungsweise ein Drittel des Einkommens, wenn überhaupt.


    Die Höhe der ausgezahlten Rente richtet sich ja seit jeher nach dem Einkommen, bzw der Höhe und die Dauer der Einzahlungen.
    Warum sollte nun ein Freiberufler eine -Pauschale- bezahlen, wenn ihm kein -Absolutes- Ergebnis dafür geboten wird, sondern ein Relatives.
    Das geht nicht auf und wird auf kurz oder lang dazu führen, dass die (ich sage mal vorsichtig) Schlechtverdiener anderweitig Unterstützung
    brauchen, oder sich umorientieren müssen.


    Das Bedarf auf jeden Fall einer gründlichen Diskussion; aber damit das passiert müssen über 50.000 Stimmen der Petition beitreten.
    Es reicht ja prinzipiell eine Pflicht zur Versicherung - das klappt bei den Krankenversicherungen ja auch ganz gut ohne die gesetzlichen Kassen,
    und über Höhe/Ertrag der einzelnen Versicherungen sollte man dann, wie bei Kranken-, Unfall-, Arbeitsunfähigkeitsversicherungen SELBST entscheiden. Ohne Pauschalblödsinn. :)

    MonEngineer InFlames|KoRn|Toto|Trivium|SteelPanther

  • Naja schon richtig Patrick, Nur ist es doch schon so das gerade in der Freiberuflerwelt ( Und hier meine ich auch Versicherungsdoedel und Kurierfahrer) es sehr viele gibt die eben nur das absolute Minimum wenn überhaupt einzahlen. Es ist in Deutschland relativ einfach keine Krankenversicherung zu haben. Du musst nur mal drei Monate nicht zahlen dann fliegst Du raus. Und dann bist Du unversichert.
    Es gibt soviele Leute die Ihre Steuern nicht im Griff haben und viele die gar nicht an die Zukunft denken.
    350 oder 400 Fix finde ich völlig ok. Das zahlt ja schon meine Schwester Teilzeit in der Bäckerei. Die Zusatzversicherungen müssen dann etwas umgestrickt werden und die Tagesgage muss dann etwas steigen ( Würde eh mal Zeit). Das dabei einige Kollegen auf der Strecke bleiben ist klar. Aber diese Kollegen haben vorher ja schon völlig unrealistisch kalkuliert und haben eigentlich uns allen mit Ihren Preisen nur geschadet. Da hält sich mein Mitgefühl in Grenzen. Und unsere Kunden fangen vielleicht mal an Ihren Auszubeutenden nach der Lehre fest einzustellen.
    Bis 400 Euro find ich schon ok. Das sind netto 4 Tagessätze. Da zahlt jeder meiner Bekannten in Festanstellung deutlich mehr!

    Practice, Practice, Practice

  • wenn man sich den zugrundeliegenden (und in dem oben verlinkten Artikel erwähnten) Text mal genauer durchliest -
    http://www.bmas.de/DE/Themen/R…te.html#doc69238bodyText7


    steht da im wesentlichen nur, dass man eine Verpflichtung zumindest für eine Basisversorgung
    für Selbständige einführen will.


    Für Unternehmensgründer sind Sonderregelungen und gesonderte Bezahlmodelle vorgesehen,
    für Leute zwischen 30 und 50 mit existierender Vorsorge sind Sonderregelungen vorgesehen,
    für Leute über 50 Jahre und geringfügig beschäftigte unter 400 EUR fällt das Thema komplett raus.


    Damit bleiben effektiv als Betroffene übrig:
    - Leute unter 30, die bisher keine Vorsorge aus eigenem Antrieb geschaffen haben
    - Leute zwischen 30 und 50, die bisher keine Vorsorge aus eigenem Antrieb geschaffen haben
    Das ist in beiden Fällen natürlich unerfreulich (weil man plötzlich selber Kohle auspacken soll),
    und gleichzeitig überflüssig sich drüber aufzuregen, weil in meinen Augen mit dem Beginn des Arbeitslebens
    auch der Beginn der Rücklagenbildung hätte stattfinden sollte.
    (was ja bei jedem Angestellten ohne Federlesen passiert -
    da wird der Schweinehund gar nicht erst gefordert, sondern die Kohle direkt eingezogen)


    Die soziale Hängematte ist inzwischen ziemlich durchgesessen,
    und wird das Prinzip "ich hätte dann auch gerne was von der Suppe an der ich nie mitgekocht habe"
    nicht auf Dauer halten.


    Im Idealfall geht mit der Geschichte endlich mal ein Reinigungsprozeß der Branche vonstatten,
    und es gibt die Chance die längst fälligen Anpasungen der Tagessätze durchzusetzen.


    Auf der anderen Seite ist es vielleicht gerade in unserer Branche endlich ein Anreiz für die nachfolgende Generation
    nicht der Verlockung des schnellen (schmalen) Geldes zu verfallen. Keine Ahnung wie viele Leute ich kenne
    die der "Faszination Stagehand" die Ausbildung, Studium und damit den "Plan B" geopfert haben.


    450 Taler durch zwanzig Arbeitstage abzüglich der Anteile die von der Steuer abgesetzt werden können
    sind jetzt nominal kein Betrag der bei ordentlichem Geschäftsbetrieb nicht zu schultern wäre.
    Das Geld ist ja nicht weg, sondern wird später wieder ausgezahlt,
    auch wenn es dann bedauerlicherweise vermutlich nix mehr wert ist...

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  • Skyper, Du hast es schön zusammengefasst.


    Die Problempunkte liegen hier:


    1. der Pauschalbetrag, wie schon bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Es gibt keine Möglichkeit, in der Selbständigkeit zu wachsen, man muß gleich "richtig" verdienen. Bei Angestellten ist das anders. Man stelle sich vor, ein Azubi soll von seinem Gehalt 400 Euro Renten- und 300 Euro Krankenversicherungsbeitrag bezahlen. Das passt einfach nicht.


    2. Die Möglichkeit der Befreiung bei eigener Vorsorge: Hier können sich genau die von der Versicherungspflicht befreien lassen, die potentiell hohe Beiträge zahlen würden. Das läuft m.M.n. dem Zweck dieser Idee (Selbständige am System zu beteiligen, und zwar sowohl auf der Einzahlungs- wie auf der Auszahlungsseite) extrem zuwider. Das selbe Problem hat ja die Krankenversicherung. Die Systeme sind als Solidargemeinschaft geplant worden, es gibt aber de facto keine Solidargemeinschaft, weil der überwiegende Anteil der Gutverdiener nicht in das System einzahlen.


    Wenn man denn schon das System auf breitere Beine stellen will, dann doch konsequent, ALLE (also auch Beamte) zahlen ein, für ALLE Einkommensarten (also auch Kapitalerträge), dann kann wahrscheinlich sogar der Beitrag sinken, im Moment hat die Rentenversicherung etwas über 70% Deckung, der Rest kommt als Zuschuß vom Bund.


    Was auch denkbar wäre: eine Degression bei den Beiträgen, also über der Beitragsbemessungsgrenze keinen Cut machen sondern den Beitrag sehr moderat weiter erhöhen. Ich denke, daß das Viele im Sinne einer Solidargemeinschaft verstehen und mittragen würden.


    De Facto ist das eingezahlte Geld weg, das Rentensystem lebt von der Hand in den Mund, es wird sofort an die Rentner ausgezahlt.

  • das fängt noch viel früher an - wo muss man denn als Selbstständiger seine Kalkulation ansetzen? reichen 2.500 EUR netto? oder überlebt man schon mit 2.000? oder müssen es gar 4.000 sein? Wie muss man seine Auslastung und seine Tagessätze in der Kalkulation ansetzen?


    Alles Fragen die unsere Branche sehr speziell machen - und keiner der eine wirkliche Antwort darauf geben kann...

  • Zitat von "andi.bt"

    das fängt noch viel früher an - wo muss man denn als Selbstständiger seine Kalkulation ansetzen?


    Genau das ist das Problem für den Sozialstaat wie wir Ihn kennen. Der will gar keine Selbstständigen.
    Die wollen Festangestellte mit normalen Bedingungen. Das ist dann gerecht und gewollt. Man kann sich dann eben nur Selbständig machen wenn man das entsprechende Auftragsvolumen hat. Und ehrlich gesagt genau so sollte es auch sein.
    Wenn ich ein neues Geschäft aufmache brauche ich auch gute Ideen und entsprechend Kapital. Einfach nur noch einen Laden aufmachen reicht dort auch nicht. Der alleinige Wusch selbstständiger Techniker sein zu wollen ist eben nicht genug. Im Handwerk muss man da auch bestimmte Regeln erfüllen.

    Practice, Practice, Practice

  • Zitat von "andi.bt"

    das fängt noch viel früher an - wo muss man denn als Selbstständiger seine Kalkulation ansetzen? reichen 2.500 EUR netto? oder überlebt man schon mit 2.000? oder müssen es gar 4.000 sein? Wie muss man seine Auslastung und seine Tagessätze in der Kalkulation ansetzen?


    Klar hat jeder eigene Vorstellungen und Lebensumstände,
    ich habe mich aus eigenem Interesse gerade mal
    ein bisschen mit dem Taschenrechner hingesetzt.


    So schwer ist die Überlegung gar nicht.
    Als Faustregel würde ich das was Du in einem Angestelltenverhältnis netto erwarten würdest mindestens mal zwei nehmen.


    Du kannst die Nummer ja mal für eine Einzelperson grob aufschlüsseln,
    sobald da ein Lebenspartner und/oder Kinder dazukommen
    sind einige Posten allerdings nochmal deutlich stärker zu gewichten...


    Signifikant unter 1000 EUR monatlich wird man auch mit bescheidenem Lebensstil nicht wegkommen,
    die einfach so regelmäßig vom Konto fallen. Da sind Miet- und Beitragssteigerungen noch nicht mit drin,
    das ändert sich in 30-40 Jahren Berufsleben ja durchaus noch.


    - Miete
    - Strom/Gas/Wasser/Fernwärme
    - Krankenversicherung
    - (Betriebs)Haftpflicht
    - Unfallversicherung
    - Berufsunfähigkeit
    - KFZ-Steuer
    - minimale Altersvorsorge
    - Sprit/Fahrkarten, damit man wenigstens zum Job kommt wenn man nicht mit dem Rad fahren kann
    - Telefon und Internet, Handy


    Damit man nicht den Fensterkitt knabbern muss und nackig durchs Leben läuft
    wird man realistisch nochmal 300-500 Taler monatlich mindestens veranschlagen müssen,
    Partner und Kinder nicht eingerechnet, da kommt dann nochmal erheblich was dazu.


    Dazu dann regelmäßig und nach belieben oder technischer Notwendigkeit:
    - KFZ und Kraftstoff, da gehen die Meinungen ja stark auseinander welchen Jahrgang und Erhaltungszustand der fahrbare Untersatz haben soll,
    ferner wie stark man vom Auto abhängt. Was Leute in der Stadt mit der Miete drauflegen zahlt man von außerhalb vermutlich mit dem Sprit...
    - größere Wohnung / ggf. Raten fürs Eigenheim
    - Rentenversicherung/Vorsorge für einen (zumindest auf dem Papier) würdigen Standard (wie es in 30 Jahren mit der Kohle aussieht will ich lieber nicht wissen)
    - Bausparer, Lebensversicherung, Aktienfonds oder sonstiges
    - Rechtschutz


    Machen wir pauschal nochmal 250 EUR, da wir sehr sparsam sind und im Alter keine Reichtümer erwarten.


    Weiterhin Ausgaben für geschäftliche Zwecke,
    z.B. Werkzeug und PSA, Arbeitsklamotten,
    ggf. Transportkosten für Gepäck und Tools,
    Fortbildungen, Scheine und Zettel sowie
    Briefmarken, Druckerpapier, Leitzordner,
    gelegentlich einen halbwegs aktuellen Rechner
    und den Steuerberater


    macht in Summe bestimmt 100 EUR/Monat, vermutlich mehr.


    Ferner persönliche Bedürfnisse wie Mitgliedsbeiträge im Sportverein,
    gelegentlich in den Urlaub fahren, ein paar Freunde zum Grillabend einladen,
    ins Kino gehen und vielleicht mal eine neue Digitalkamera oder ein Fernsteuerauto anschaffen,
    Geburtstagsgeschenke für die Nichte, Hundefutter und einen Gleitschirm
    oder Tauchkurs kaufen können. Selbst wenn ich meine neue Schlagbohrmaschine
    auf die Firma kaufe muss das Geld erst mal verdient werden,
    egal ob ich am Ende nur im privaten Bastelkeller Löcher in die Wand mache.
    Man ist ja auch noch Mensch, und lebt nicht nur um zu arbeiten -
    und spekuliert noch auf das eine oder andere Jahrzeht bevor der Sensenmann die Kiste aufklappt.


    Da wir bescheiden sind nehmen wir mal 150 EUR je Monat als persönlichen Luxus,
    und wenn die fünf Euro am Tag nur für zwei Bier am Abend in der Kneipe sind.


    Zu dieser Summe addiere man dann als Daumengröße 30% Steuern,
    und ist halbwegs in der Realität angekommen wie viele bezahlte Tage der Monat regelmßig bereithalten sollte.
    Macht grob 1000 + 300 + 250 + 100 + 150 = 1800 EUR * 1,3 = 2340 EUR Umsatz netto.


    Dazu wird man die Tagessätze nochmal deutlich korrigieren müssen, je nachdem wie hoch der Prozentsatz
    an Lade- und Reisetagen sind die oft geringer bezahlt werden, ferner muss man real betrachten,
    dass beispielsweise nach einer Nachtschicht am nächsten Tag kein Job ausgeführt werden kann,
    zumindest wenn man nicht mehr 20 ist. Oder zwei Jobs überschneiden sich so ungünstig,
    dass man effektiv immer ein paar Leertage hinnehmen muss, die man nicht mehr gefüllt bekommt.



    Ferner würde ich dringend empfehlen nochmal mindestens einen mittleren 4-stelligen bis 5-stelligen Betrag als "Spielgeld"
    dauerhaft und in stetem Zugriff geparkt zu halten - wenigstens drei Nettogehälter sollte man imho schon auf der hohen Kante haben.
    Entweder weil ich kurzfristig ein neues Auto kaufen muss, weil ich aus irgendeinem Grund mal acht Hotelübernachtungen vorstrecken muss,
    weil ich JETZT ein Flugticket brauche oder weil ich mir beim Spaghettikochen die Hand verbrüht habe und
    für drei Wochen mit dicker Bandage nicht mal mehr die Maus auf dem Schreibtisch bewegen kann.
    Dann fällt blöderweise noch ein größerer Job aus, oder ein TL entschließt sich mein Gesicht nicht mehr sehen zu wollen,
    und ich muss erst mal wieder Klinken putzen. Oder mein Auftraggeber hat grade Liquiditätsprobleme,
    und ich warte zwei Monate auf die letzte dicke Rechnung, egal ob gerechtfertigt oder nicht.
    Oder einem Auftraggeber bricht der wichtigste Kunde weg, und plötzlich gibt es keine Jobs mehr für mich.
    Und genau dann kommt noch das Finanzamt ums Eck...
    Ich weiss nicht wie es den Kollegen geht, aber bestimmt hat der eine oder andere hier auch mal eine vierstellige Summe
    in den Wind schmeißen müssen, weil irgendwer mit der Kohle durchgebrannt ist -
    oder einer das Toolcase oder ein paar Mikros gezockt hat. Damit sollte man im Zweifel
    betriebswirtschaftlich klarkommen können.


    Wenn man nicht direkt mit Fettpolster startet und sich seine Reserve über vielleicht drei Jahre aufbaut -
    lassen wir es der einfachen Rechnung wegen mal 5400 EUR sein -
    dann sind das in der Startphase nochmal 150 Euro * 1,3 = 195 EUR zusätzlich im Monat die reinkommen sollten.


    Macht in der Summe für den Start also 2340 + 195 = 2535 EUR zu versteuerndes Einkommen,
    also knapp 30.000 Taler im Jahr als erstrebenswertes Minimum.
    (auf Dauer sollten da vermutlich eher nochmal 50-100% drauf damit es realistisch Sinn macht)


    Wohlgemerkt sind das Zahlen für eine einzeln lebende Person und einen gemäßigten bis bescheidenen Lebensstil.
    Da ist noch nicht die Leasingrate für den neuen Wagen drin, die Wohnung ohne Dachterasse und
    der Kühlschrank nicht mit Schampus und Kaviar gefüllt. Von den neuen Schuhen der Freundin
    oder dem Taufkleid des Patenkindes ganz zu schweigen.


    Wenn ich mir da die Stundensätze mancher Helfer anschaue frage ich mich schon wie das gehen soll.
    Erschwerend kommt hinzu dass es inzwischen zwar oft Mindestbuchungsdauern (z.B. 6 Stunden) gibt,
    die Kollegen aber oftmals dann auch nicht länger auf der Baustelle behalten werden.
    Sechs mal bescheidener Stundensatz ist in Summe dann immer noch ein bescheidener Betrag für einen komplett
    blockierten Tag.



    Edit sagt: die Berechnung des "Spielgeldes" war mit zwei statt der geschriebenen drei Jahre kalkuliert - Fehler behoben.

    CatCore - die vielseitigen Adapterlösungen von XLR auf Cat für Mobile Anwendungen, Rental und Installation: http://catcore.eu


    Nächste Messe: PLASA Leeds am 14. und 15. Mai, Stand R-C10

    Einmal editiert, zuletzt von skyper ()

  • Zitat von "mellotron"

    Dieser Beitrag sollte oben festgepinnt werden und jedem angehenden VT-Azubi in die Hand gedrückt werden. Vielen Dank!


    Der dir dann vermutlich ganz schlau vorrechnet, dass er mit einem Tagessatz von 120€ und 30 Tagen im Monat ja einen Umsatz von 3600€ schaffen kann.


    Zitat von "simonstpauli"

    1. der Pauschalbetrag, wie schon bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Es gibt keine Möglichkeit, in der Selbständigkeit zu wachsen, man muß gleich "richtig" verdienen. Bei Angestellten ist das anders. Man stelle sich vor, ein Azubi soll von seinem Gehalt 400 Euro Renten- und 300 Euro Krankenversicherungsbeitrag bezahlen. Das passt einfach nicht.


    Zitat

    Die besondere Situation von Selbstständigen wird durch Möglichkeiten zur flexiblen Beitragszahlung und durch Beitragsfreiheit in der Existenzgründungsphase berücksichtigt. Durch Erleichterungen in der Einstiegsphase sollen Unternehmensgründungen nicht gefährdet werden.


    Eine Phase des Hineinwachsens soll den Unternehmern schon gegeben werden. Ob nun ausreichend lang oder nicht steht allerdings nicht da.

    Daniel Heide
    Lange Reihe 4
    99755 Hohenstein


    Lass dir von Keinem imponieren der sagt: "Das mache ich schon seit 20 Jahren so!" Man kann etwas auch 20 Jahre lang falsch machen.
    Bildung ist meistens kostenlos, manchmal auch umsonst!