Anlagendimensionierung anhand von Personenzahlen - Watt-Pax

  • Hallo!


    Immer mehr Shops (Musicstore usw.) und auch production-partner geben eine Art Richtwert für richtige Dimensionierung von PA-Material. Es bewegt sich zwischen 4-6W pro Person. Liest man hier allerdings im Forum was so für Technik zwischen 500-1000 Leute empfohlen wird, sind dass in etwa die 10-20W pro Person. Woher kommt diese Diskrepanz?


    Aus der Praxis stellen wir im Schnitt 4-6 1KW Bässe auf 2 1KW Horntops für eine 500er Zeltdisko. Wenn ich mir jetzt vorstelle, die gleiche Mukke mit 3KW zu fahren, unvorstellbar. Das sind ja max. 2 Subs und 2 12-1er Tops für das gesamte Zelt.


    Dann dazu diese Aussage:


    "Mittlere Mobildisco für Zeltfeste


    Personenzahl: 500 bis 2.000


    Bei einer Leistung von 4 bis 6 Watt pro Person kommt man also auch hier auf 2.000 Watt, wenn nicht sogar mehr. Ein kräftiger Bassbereich ist wichtig, und eine gute Durchsetzung vonnöten. Es gilt also darauf zu achten, dass sich Leistung und Klang dementsprechend durchsetzen."


    Dazu schreibt ein Kollege folgendes:
    "Reinhardt Seubert 17. Oktober 2015
    Die 4 bis 6 Watt pro Zuhörer nutzt man, so habe ich es nach fast 50-jähriger Musikertätigkeit erlebt, bei relaativ gepflegten Festen (z.B.) Gala, nie aus. Meist wundert man sich, mit welchen geringen Leistungen man auskommt, was natürlich auch den Grund hat, dass sich viele von zu lauter Tanzmusik gestört fühlen, also man einen gesunden Mittelweg finden muss. In Erlangen auf der Bergkirchweih, einem bekannten und beliebten Volksfest, werden seit 20 Jahren die Endstufen der Bands auf. ca. 87 db limitiert. Oft ist das singende Publikum lauter als die Band. Mittlerweile stört es keinen mehr."


    Sind wir alle völlig zu laut?
    Stimmen diese Angaben zur Dimensionierung hinten und vorne nicht?
    Geht das alles völlig an der Realität vorbei?

  • Watt/Pax ist eine sehr ungenaue Kenngröße, sie lässt wichtige andere Faktoren außer Acht, wie z.B.


    - Wirkungsgrad
    - Richtwirkung
    - Frequenzgang
    - Pegelverteilung im Raum


    Und überhaupt wäre diese Spezifikation nur in einem sehr engen Korridor von Zuschauerzahlen sinnvoll.


    Unter dem Strich ist sie also überhaupt nicht sinnvoll.

  • Wie simonstpauli bereits sagte hat Watt/Pax keine wirkliche Aussagekraft um PA-Anlagen im allgemeinen zu vergleichen (von billig bis teuer)


    ABER! Gegenüber dem Endkunden der eine Anlage mieten will, ist es die einzige Größe mit dem er etwas anfangen kann. Grade Kleinvermietung im Bereich Hochzeiten oder Geburtstage wo denn nur ein DJ steht zur Tanzflächen Beschallung, wird man immer gefragt welches Paket der Kunde buchen soll. Paket steht hier halt für den Technikinhalt (Boxen, Licht + 6 Std DJ Pauschale).


    Versucht man nun dem Kunden zu erklären das es von der Raumgröße und der Raumbeschaffenheit abhängt, wie groß die Anlage dimensioniert sein sollte, bekommt man nur ahnungslose Blicke zurück. Also habe ich mich dazu entschlossen Personen "Grenzwerte" hinzuzuschrieben, die sich jedoch überschneiden. Also z.b. 30-100, 50 - 150 oder 80 - 200 Personen.


    Dann kann ich den Kunden immer noch beraten, anhand von weiteren Infos und ggf. seiner Geldbörse welche Anlage für ihn am besten passt. Da meine Zahlen sehr konservativ sind, geht dem Kunden ggf. beim Angebotsvergleich auch hier und da ein Licht auf. Denn es gibt andere Hochzeits-DJs die eine RCF ART 410 (10", 1") Box ohne Subwoofer Erweiterung für 500-800 Personen fürs gleiche Geld anbieten.


    Übertragen wir das auf größere Veranstaltungen, welche einfach geplant werden können; sprich wir haben ne Bühne, wo rechts/link nen Boxenstapel hin soll, keine Delayline und keine perfekte Ausleuchtung des gesamten Platzes/Raumes; dann ist die Watt Größe auf dem Angebot diejenige die als einziges für einen Vergleich mit der Konkurrenz herangeführt werden kann. Bezogen auf Kunden die keine Ahnung von der Technik haben (Marke, Produkt, etc)


    Grundsätzlich finde ich diese Praxis gar nicht so verkehrt. Unter der Annahme das der Kunde nur bei seriösen Anbietern Angebote einholt, bedeutet dies das jeder dieser Anbieter ein "amtliches" Soundsystem besitzt. Wenn wir diese Soundsysteme als Profis vergleichen, stellen wir fest, das jedes dieser Systeme ähnliche Wirkungsgrade hat und damit ein Wattvergleich und sogar Mietpreisvergleich möglich wird. Denn auch der Mietpreis steht in Korrelation zur Leistung bei "amtlichen" Systemen.


    Natürlich gibts dann Verleiher die nicht so serios sind und dem Kunden haufenweise 12"/1,4" Boxen anbieten statt nem Horn oder LA... aber solche Qualitätsunterschiede kann man selbst mit anderen technischen Faktoren nicht "vergleichen" ohne ein gewisses technisches Basiswissen zu haben.


    Ergo bleibt dem Kunden nur das Vertrauen auf den Dienstleister.


    Fazit: Es ist ein guter Richtwert, der in der Praxis als ganz grobe Richtung genutzt werden kann.

    Live Dabei - Eventtechnik aus 59457 Werl.

    Audio-Zenit XP/ND, RCF TT, Coda N-RAY, Shure QLXD, Sennheiser EW500, AT IEM 3000, Chamsys MQ500, GLP X4, Cameo Z300

  • Wenn's unbedingt 'ne einfache Zahl sein soll - gebt doch einfach die akustische Leistung der Radauschachteln an.
    Das spart auch jede Menge Nullen. :)


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Hat im Kleinen schon weitestgehend mit der Stilrichtung zu tun.
    Auch bei 'ner Hochzeit. Hat einfach dort mit dem Alter & Zusammensetzung des Publikums und der daraus resultierenden Musikrichtung zu tun. "Moderne" Schlager brauchen halt locker das Doppelte an Bass, als wie alte.
    Zum Oktoberfest wiederum ist die Musik generell extrem leise.

    Wir haben z.b. Hardstyle (Techno) im großen Zirkuszelt gemacht.
    So 150kW AmpPower für vielleicht 5000 Leute. Doppel18er hochkannt über die ganze nutzbare Breite + 12er LA was die Höhe hergibt.
    Sind 30 Watt pro Nase -20% Headroom.
    Das ist wirklich bösekrank laut; aber in der Szene so üblich.


    Mich würde eher mal interessieren; wie sowas bei Stadionkonzerten (in Einbeziehung der Stilrichtung) mit größer 50000 Zuhörern pro (Lautsprecher-) Weg ausgerechnet wird.
    Macht sicher heutzutage eine (Hersteller-) Software, aber wie sind die (einprogrammierten) Grundlagen?

    Never stop a running System

  • Zitat von "madmax"

    ...Mich würde eher mal interessieren; wie sowas bei Stadionkonzerten (in Einbeziehung der Stilrichtung) mit größer 50000 Zuhörern pro (Lautsprecher-) Weg ausgerechnet wird.
    Macht sicher heutzutage eine (Hersteller-) Software, aber wie sind die (einprogrammierten) Grundlagen?


    Ich finde ja den Ansatz von L'Acoustics ganz gut. Also, wie man in Soundvision eine Beschallung planen kann. Abdeckung mit SPL unter Berücksichtigung des Frequenzganges, daraus resultiert das benötigte System in Typ und Anzahl, wenn einzelne Komponenten (z.B. Nearfills) pegelmäßig nicht mitkommen, mahnt die Software eine Revision an. Am Ende bekommt man das Amp-Setup mit Headroom-Angabe.

  • Klar, der Wirkungsgrad ist sehr entscheidend - ich gehe dabei von Standardmaterial aus, also z.B. PL-Audio, Seeburg, RCF - also keine Chinakübel oder Reiskocher. Bei einer Hochzeit komme ich mit den 6W pro Gast bei üblichen Wirkungsgrad und gemittelt über das gesamte Frequenzband für eine gehobene Lautstärke auf der 30-40qm Tanzfläche aus.


    Bei einem Zelt, 15x30m, mit einer 10x15m Tanzfläche komme ich da einfach nicht hin - nicht im Ansatz. Sind wir zu basslastig geworden?

  • Zitat von "blade11"

    Klar, der Wirkungsgrad ist sehr entscheidend - ich gehe dabei von Standardmaterial aus, also z.B. PL-Audio, Seeburg, RCF - also keine Chinakübel oder Reiskocher. Bei einer Hochzeit komme ich mit den 6W pro Gast bei üblichen Wirkungsgrad und gemittelt über das gesamte Frequenzband für eine gehobene Lautstärke auf der 30-40qm Tanzfläche aus.


    Bei einem Zelt, 15x30m, mit einer 10x15m Tanzfläche komme ich da einfach nicht hin - nicht im Ansatz. Sind wir zu basslastig geworden?


    In einem Zelt brauchst Du ja auch architekturbedingt mehr Leistung im Bass-Bereich, ohne mehr Leistung auf den Gast zu bekommen.

  • Zitat von "blade11"

    Wenn ich mir jetzt vorstelle, die gleiche Mukke mit 3KW zu fahren, unvorstellbar. Das sind ja max. 2 Subs und 2 12-1er Tops für das gesamte Zelt.


    Ein Beispiel:


    4x C4 Top 800W
    4x C4 Sub 800W
    2x B2 1200W
    Summe 2,8KW


    Damit geht eine 500er Zeltdisko vielleicht nicht "auf die Fresse" laut, ist aber in jedem Fall "vorstellbar".
    Vergiss die Watt! (Reden wir eigentlich von AmpW oder BoxW??)


    Grüße

  • Ich habe weder kleine noch große System jemals nach dieser Leistungsformel dimensioniert.


    Dass Strombedarfe ermittelt und angegeben werden müssen, ist Standart.


    Bisher musste ich nur ein mal eine Gesamt-Ausgangsleistung ermitteln und zwar für eine Pressemitteilung der Produktion.


    Leistung pro Kanal x Anzahl Kanäle x Anzahl Amps


    ...und dann...
    ungläubige Blicke auf den Taschenrechner. :D

    ...Holz ist braun!

  • hihi :)

    Live Dabei - Eventtechnik aus 59457 Werl.

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  • Zitat

    Bisher musste ich nur ein mal eine Gesamt-Ausgangsleistung ermitteln und zwar für eine Pressemitteilung der Produktion.

    :D Sehr schön. Und selbst da muss man aufpassen, ob's eher für die Greenpeace- Homepage oder für einen Bericht in der RWE- Hauspostille passen soll.


    In den 70ern gab's hier bei uns in der Gegend mal einen (u.a.) Beschaller von dem böse Zungen sagten, er würde seine PAs nach Kubikmetern vermieten. Und wer heute noch seine Beschallungsdienstleistungen nach Wattangaben vermarkten muss macht definitiv etwas falsch. Das ist eher was für den Schulhof oder Car- Audio.


    Letzteres bringt mich auf eine Idee: gibt’s eigentlich schon eine Software, mit deren Hilfe sich bei Bedarf (Erstellung des Produktdatenblattes/ Leistungsermittlung auf der Pressekonferenz/ neugierige Fragen interessierter Passanten oder Lokalredakteure) automatisch hohe Wattzahlen vortäuschen lassen?
    Synergien nutzen!


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Ich wäre dafür dass zusätzlich zur Leistung noch die dabei entstehenden Emissionen angegeben werden müssen - dazu, in den Geräten integriert, ein automatisiertes Warnsystem das sich sofort meldet wenn diese nicht mit den Richtwerten übereinstimmen, damit keine externe Messung mehr gemacht werden muss.


    Zur Technologieumsetzung kann man mal bei der KFZ-Branche anfragen - die haben ja Erfahrung damit... :D

    ...zunehmend Gefallen an Ignorieren-Funktionen findend.

  • Zitat von "billbo"

    Letzteres bringt mich auf eine Idee: gibt’s eigentlich schon eine Software, mit deren Hilfe sich bei Bedarf (Erstellung des Produktdatenblattes/ Leistungsermittlung auf der Pressekonferenz/ neugierige Fragen interessierter Passanten oder Lokalredakteure) automatisch hohe Wattzahlen vortäuschen lassen?
    Synergien nutzen!


    direkt auf der box? so wie die umklappbaren nummernschildern im james-bond-auto? das sollte ja wohl umsetzbar sein.

  • Zitat

    Leistung pro Kanal x Anzahl Kanäle x Anzahl Amps


    ...und dann...
    ungläubige Blicke auf den Taschenrechner.


    Glaub ich gerne, denn hier wird nach Erfassung aller Kanäle nochmal mit der Anzahl Amps multipliziert!


    Richtiger wäre wohl
    Leistung pro Kanal x Anzahl der Kanäle je Amp x Anzahl Amps
    oder
    Leistung pro Kanal x Anzahl Kanäle
    solang alle Kanäle gleiche Leistung haben und gleiche Impedanz sehen. Aber egal, für die Presse solls eh nur gut aussehen.


    Interessanter finde ich die Verschiebung zu höheren Leistungen heutzutage. Ist sicher auf andere Musik- wie Transportanforderungen sowie andere Grundsysteme (heute oft Direktstrahler/BR statt durchweg Hornladung anno dazumal) zurückzuführen.

  • Vor einigen Tagen habe ich so ein aktives mini- 'Soundbar' für den PC- Bildschirm gekauft. Das wird über USB gespeist und hat gem. Herstellerangabe: "P.M.P.O – 1200 Watt." :D
    Mit vier Stück davon als Vierpunktbeschallung bin ich dann für 500 Pax und 'normale Zeltdisco' also locker auf der sicheren Seite. Richtig?


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."


  • Das zeigt recht eindrucksvoll das Problem.


    2 x Pl audio b18sub 2400Watt
    2 x Pl audio f12 1400Watt


    Damit ne Zeltdisco zu fahren, quasi nicht möglich.


    Täuscht das, oder werden die boxen Watt immer mehr, der eigentliche Spl bleibt aber auf ähnlichem Niveau (vergleich c4sub mit b18sub)?

  • Zitat von "billbo"

    Vor einigen Tagen habe ich so ein aktives mini- 'Soundbar' für den PC- Bildschirm gekauft. Das wird über USB gespeist und hat gem. Herstellerangabe: "P.M.P.O – 1200 Watt." :D
    Mit vier Stück davon als Vierpunktbeschallung bin ich dann für 500 Pax und 'normale Zeltdisco' also locker auf der sicheren Seite. Richtig?


    Moin! Korrekterweise musst du die Kurz-Vor-Kaputt-Leistung deiner USB Boxen mit der Kurz-Vor-Kaputt-Leistung einer anerkannten PA Endstufe vergleichen. Da hinter 1200 Watt KVKL meistens nur 10 Watt RMS stehen, wären das bei einem 4 Kanal Amp mit 4x2kw an 4 Ohm ca. 960.000 Watt KVKL.


    Du kannst also deinen Kunden demnächst sagen, das du hier eine 1 Million Watt KVKL Anlage hingestellt hast :)

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  • USB 2.0 ist spezifiziert mit 5V/ 500mA. Du musst bzgl. RMS- Ausgangsleistung also noch einmal von vorne rechnen. :wink:


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Na gut dan sind es eben 2-4 Millionen KVKL Watt :)


    <ironie> Ich wollte ja nicht gleich übertreiben. </ironie>

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