Zurück zu analogen Pulten?

  • Das ist sehr ehrenhaft. Denn auch der muß sich zwischendurch ja mal ausgiebig satt essen, damit er in Sachen Arbeitswilligkeit nicht irgendwann mal zu schwächeln anfängt. (Ich weiß nicht, wie vielen LS9 Monitor“männern“ ich schon beigebracht habe, wie man den Masterfader zum Monitormaster macht.... ich kann das inzwischen in allen Sprachen.... grrrrr!)


    Bei all dem mal wieder der langweilige Hinweis: die Zeit arbeitet gegen uns. Eine Tatsache, die von Analogfans (zu denen ich mich nach wie vor ebenfalls zähle) immer noch viel zu gerne verdrängt wird. Bis zum nächsten korrosionsbedingten Aussetzer punktgenau an der entscheidenden Balladen - Pianissimostelle.


    ‚Pflege und Wartung‘ kann eine entspannende Aufgabe für regnerische Nachmittage sein. Jedenfalls wenn es sich darum handelt, einmal im Jahr ein Firmwareupdate aufzuspielen und anschließend auszuprobieren, was die Kiste jetzt alles besser kann als vorher. Zehntausend mechanische Schalt – und Steckkontakte auf 400 Kilo schweren zwei Quadratmetern upzudaten empfindet man dagegen schnell als wesentlich unerquicklicher; zumal wenn man insgeheim weiß, dass dauerhafter Erfolg mehr als fraglich ist.


    Mir sind in diesem Jahr schon ein paar schöne, große Analogplätze begegnet. Die dort streng genommen so eigentlich nicht mehr hätten stehen dürfen. Aber nun, sie waren halt weitgehend lila und fingen mit ‚H‘ an. Man muß verzeihen können.


    Die wichtigsten Tugenden des wahren Fans sind seit je her Duldsamkeit und Nachsicht.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat von "rockline"

    ...Alles unter diesem Typ funktioniert super - aber möchte von den big boys nicht immer benutzt werden. Keine Ahnung warum, ich könnte sogar alles auffem 01V laut kriegen. Es hängt nach wie vor mit dem Ego verbunden mit der Bequemlichkeit neues zu begreifen zusammen - kann der Bauer nicht schwimmen liegt es an der Badehose...


    nun bin ich aber ein bisschen enttäuscht.
    geht es mittlerweile wirklich nur noch darum, irgendwas einfach "laut zu kriegen"? sorry, aber dafür würde auch ein billigster rackmischer genügen, dazu brauch ich nicht mal ein 01V...


    als das PM5 auf den markt kam, konnte ich mich nicht dafür erwärmen. das geht mir auch heute noch so. ich habe auf dem teil mittlerweile satte 5 oder 7 gigs gemischt, ich werde damit einfach nicht warm.
    als das M7CL kurz nach dem PM5 auf den markt kam, hab ich mich sofort damit angefreundet. ich denke für mich liegt es sehr an der bedienung, ob ich ein pult gut finden kann oder nicht.
    das M7 begegnet mir tatsächlich wesentlich öfter als das PM5...
    und als dann das LS9 kam, hab ich fast heulkrämpfe bekommen, als ich das erste mal dran stand. das teil ist ohne gründliche vorbereitung zuhause schlicht unbrauchbar, weil schrecklich langsam zu editieren! das hat nix mit prinzipieller verweigerungshaltung zu tun, das ist eine reale kritik... LS9 ist ein notnagel für den schmalen geldbeutel, nicht mehr und nicht weniger. allein die tatsache, wie oft dieses pult hier schon erwähnt wurde lässt mich befürchen, das ich es noch deutlich öfter vor die nase bekommen werde als mir lieb ist.


    und auch wenn der ein oder andere jetzt heulkrämpfe bekommt:
    ich bin der meinung, das unsere branche in den letzten jahren ein paar rückschritte in sachen sound gemacht hat. für meine ohren sind gute analogpulte klanglich immer noch angenehmer als die meisten digitalpulte. ihr dürft jetzt gerne über mich herfallen, aber ich bin ganz fest dieser meinung und lasse sie mir nicht so einfach nehmen :wink: erst vor wenigen wochen habe ich mit einem sehr geschätzten musiker eine bekannteren hessischen band darüber gesprochen. er sagte mir, das sie seit dem einsatz der digitalen monitortische einen breiigen mampfsound auf der bühne haben, die lautstärke wäre seither ein gutes stück nach oben gegangen. mit den analogtischen hätte man einfach mehr durchsichtigkeit gehabt.
    und das ist ganz genau meine beobachtung. ich will jetzt nicht sagen, das man auf PM5 oder M7 nicht auch nen guten sound hinbekommt. da hab ich ja selber schon die erfahrung gemacht das das gehen kann. aber es ist einfach schwieriger zu erreichen als mit guten analogpulten.
    ich habe es schon an anderer stelle erwähnt: ich lebe für die musik, mir ist meine eigene und die leistung der technik sehr wichtig, auch der klang. letzteres war für mich der ausschlaggebende punkt, warum ich mich wieder von meinem 01V96 getrennt habe. vom reinen dienstleistergedanken entferne ich mich hier und da, das gebe ich zu. ich sehe mich als teil der kunst, als mitmusiker... und genau dafür werde ich schliesslich auch gebucht.


    der run auf die digitalpulte wurde doch vor allem durch die reinen verleiher gestartet, für die das "alles drin"-argument sehr wichtig war. wie die teile klingen war da absolut zweitrangig, hauptsache keine zusätzlichen cases mehr...
    vor wenigen jahren hatte man ja auch keine grosse auswahl, da galt noch: "kauf das hier - oder bleib analog"!


    ich finde es jedenfalls positiv, wenn auf "schnellwechsel-festivals" wieder analoge pulte stehen. wie bereits mehrfach erwähnt kommt damit fast jeder zurecht.


    und was das thema wartung angeht:
    in wenigen jahren wird es auch schlecht gewartete digitalpulte mit grossen problemen geben, versprochen!

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat von "wora"

    allein die tatsache, wie oft dieses pult hier schon erwähnt wurde lässt mich befürchen, das ich es noch deutlich öfter vor die nase bekommen werde als mir lieb ist.



    LOL - das erinnert mich an mein Erlebnis vom letzten Wochenende zurueck: Laute Band mit Analogpultforderung im Rider. Da Festival gabs ein M7, vorher mit den Tecs abgeklaert und von ihnen abgesegnet. Hinterher alle gluecklich. Auf die Frage, ob der Bandtech denn nicht einen Stick zur Speicherung der Show am Mann haette, breites Grinsen: "Ja, super Idee, dann hab ich das auch fuer die M7". Dann die Ueberraschung: viele LS9 Files auf dem Stick ... ;)




    VG bemi

  • Nein, allerdings stelle ich mir das so vor, und hoffe, dass eine Sache in Zukunft verhindert wird:


    Ein großer Teil der Fehler, die die Pulte machen werden, werden sich so äussern, dass der Betrieb von Halbleichen, so wie wir ihn im Analogen kennen, nicht möglich ist.

  • Der Mensch neigt dazu das wahr zu nehmen, was er wahrnehmen möchte. Und er versucht gerne, zufällig gemachte singuläre Erfahrungen zu allgemeingültigen Regeln zu erklären. Gerade Letzteres eine Schwäche, die ich auch an mir immer wieder beobachten kann – meistens leider ein wenig spät.
    Nüchtern und mit Abstand betrachtet habe ich als Mischer auf LS9 schon richtig klasse Arbeit abgeliefert, und andertags auf H3000 nebst allem Pipapo echten Murks verzapf – äh, lediglich ein diskussionswürdiges Ergebnis erzielt. Das gilt natürlich umgekehrt ebenso.
    Trotzdem ist mir in der Festival – Foh – Situation ein Analogplatz in Topzustand immer noch am liebsten. Wenn ich ihn nicht transportieren/ aufbauen/ abbauen muss. Aber die Topzustanderlebnisse werden leider zunehmend seltener.


    Selbstverständlich altern auch Digitalpulte. Aber anders. Die paar Bedienelemente hat man relativ gut unter Kontrolle und bei Bedarf leicht ausgetauscht. Der Rest ist Pokerspiel: er läuft, so lange er läuft. Und eines Tages dann plötzlich nicht mehr. Digital eben.
    Analogschlachschiffe fallen dagegen portionsweise aus. Man kann sie im Prinzip ewig benutzen – wenn man den maximalen Headroom von Anfang an konsequent auszureitzen weiß, wenn man weiß, welchen Kanal man besser überspringt, wo man bei Bedarf mit der flachen Hand draufschlagen muss, welchen Schalter man lieber nicht mehr anfassen sollte, auf welchen Insert man besser verzichtet.... Nur, Spaß macht das dann irgendwann garantiert nicht mehr.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo


    P.S.: ah, da war Guma schneller.

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat von "guma"

    Ein großer Teil der Fehler, die die Pulte machen werden, werden sich so äussern, dass der Betrieb von Halbleichen, so wie wir ihn im Analogen kennen, nicht möglich ist.


    Was andersherum heißt: kriegt so ein Gerät auf der Baustelle mal die Pimpernelles, ist Havariebetrieb auf Halbmast (wie Billy es sagte... mal einen Channelstrip überspringen oder bei wackeligem Masterbus halt einen Matrixout zur PA-Ansteuerung hernehmen) gar nicht mehr möglich. Steigt so ein Digitisch aus, ist die Kirmes gefeiert und man kann einpacken - es sei denn, da ist noch ein zweites Exemplar im Truck. Einer der vielen Gründe, warum ich nach wie vor alles mit 24er- und 32er-Konzertpulten mache und kein einziges Digitalpult besitze. Abgesehen davon kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen, dass ich damit effizient und zügig genug arbeiten könnte live. Ich würde mich auch nach guter Einarbeitung (die ich sicher nicht scheuen würde) einfach überhaupt nicht wohl fühlen.


    Ansonsten ist den Kollegen hier im Thread nur beizupflichten - ich habe mit analog nach wie vor überhaupt keine Probleme. Dass man das Thema Funktionsfähigkeit überhaupt ansprechen muss, befremdet mich allerdings schon etwas. Wenn ich irgendwo einen FOH und eine Beschallung hinbaue, dann hat das einwandfrei zu funktionieren. Ich habe recht viel mit eher gehobenem Anspruch im Bereich akustische und Folkmusik zu tun, und ich würde mich in Grund und Boden schämen, wenn das Pult nicht gescheit funktionierte oder sowas! Ein kaputtes Kabel kommt immer mal vor, aber dafür habe ich kistenweise Material mit. Das große Zeug allerdings muss schon im technisch einwandfreien Zustand sein, das steht völlig außer Frage. Auch abgerocktes Material ist no-go! Es kann nicht immer alles taufrisch aussehen, das ist klar. Ich habe in den Sommerferien jetzt aber auch noch den 32er-Tisch vor mir, der an mehreren Tagen komplett demontiert wird. Platinen- und Faderreinigung, Frontplattenwäsche und Knöpfe saubermachen. Dabei wird auch genau nachgeschaut, ob irgendetwas nicht richtig funktioniert. Das gehört zum Job dazu und ist Bestandteil der Dienstleistung!

  • Zitat

    Der Rest ist Pokerspiel: er läuft, so lange er läuft. Und eines Tages dann plötzlich nicht mehr. Digital eben.
    Analogschlachschiffe fallen dagegen portionsweise aus.


    Zitat

    Steigt so ein Digitisch aus, ist die Kirmes gefeiert und man kann einpacken - es sei denn, da ist noch ein zweites Exemplar im Truck.


    dem ist nicht ganz so. ich hatte ganz am anfang der m7 historie einen ausfall von einem 8er block. das ist zwar schon eine beträchtliche anzahl von kanälen, aber nicht das ganze pult.
    aufgefallen beim ersten check. also war genug zeit ein anderes pult zu besorgen. da zu der zeit die m7 noch nicht ganz so verbreitet waren, war das dann ein crest x8. das ging dann auch irgendwie.
    wenns kein ersatz gegeben hätte, hätte ich halt was mit 8 kanälen weniger improvisieren müssen. wäre auch gegangen.

    ich bin mir sicher - früher war alles besser!

  • wora, es ist glaube ich auch einfach viel "Gefühlsdusselei" dabei, was gefällt und was nicht, und was man schlußendlich hört (fühlt) mir gefällt das PM5DRH z.B. ausnehmend gut, das M7 geht so, LS9 gerne für kleine Sachen, aber nicht wenn es richtig schnell gehen muss.


    Wer sich an einem Analogplatz viel wohler fühlt, für den wird es auch besser klingen ;) und umgekehrt genau so. Deswegen verstehe ich auch, das bei kleineren Festivals auch noch viel Analog steht, die Schnittmenge ist wahrscheinlich noch größer. Fragt sich nur, WIE LANGE das noch so ist, ich denke in 2-3 Jahren sind die Digitalpulte, was Bedienung angeht, noch einmal eine ganze Ecke weiter, durch LS9/ilive etc. mehr Tonleute an digital gewöhnt, und das letzte PM4000 den finalen Qxidationstod gestorben ...


    @billibo


    irgendwie ist es ja schon bitter, wenn selbst ein H3000 langsam nur noch als Zweit & Notpult angesehen wird, aber es passiert. Was du mit den langsame sterbenden Pulten beschreibst stimmt zwar, aber irgendwie macht das auch keinen Spaß... so ein großes Pult mit 3 fehlenden Kanalzügen, notdürftig mit Gaffa abgeklebt, und überall diese Markierungen mit den Kreuzen ...


    Hier noch ein einschlägiges Photo, hatte es schon einmal irgendwo gepostet, ich hatte eigentlich ein PM5DRH vorgesehen, die waren aber alle unterwegs und es war nur noch der "Lagerhüter" H3000 da .. waren ja auch nur die Vorbands, der Hauptact hatte dann wieder ein gescheites Pult ... :wink: .. aber ich habe es knapp überlebt ... :D:D


  • Zitat von "Audiowerk"

    ... Abgesehen davon kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen, dass ich damit effizient und zügig genug arbeiten könnte live. Ich würde mich auch nach guter Einarbeitung (die ich sicher nicht scheuen würde) einfach überhaupt nicht wohl fühlen...


    na, warum so verallgemeinernd? du stäubst dich also von innen heraus, das kann natürlich nicht funktionieren. aber glaub mir, auch digipulte können spass machen! man muss nur das richtige finden, das zu einem passt.


    Zitat von "Audiowerk"

    ...Dass man das Thema Funktionsfähigkeit überhaupt ansprechen muss, befremdet mich allerdings schon etwas. Wenn ich irgendwo einen FOH und eine Beschallung hinbaue, dann hat das einwandfrei zu funktionieren. ... Das gehört zum Job dazu und ist Bestandteil der Dienstleistung!


    sehe ich im prinzip genau so, aber die realität zeigt leider, das es eben nicht alle dienstleister so sehen. es gibt sogar die, denen die funktion ihrer geräte offenbar scheissegal zu sein scheint...


    was den ausfall von pulten angeht: natürlich kann da mal was passieren, es gibt keine 100%ige garantie. auch sehr teure analoge pulte in lila sind kein garant für ewige funktion und zuverlässigkeit. aber wie bereits beschrieben wurde findet das absterben von analogen pulten in der regel häppchenweise statt. bei digipulten kann man sich da nicht so ganz sicher sein.
    es gibt hier aber auch einen vorteil bei digital: da wesentlich weniger schalter und knöpfe verbaut werden müssen, können diese von weit höherer qualität sein als die bei analogpulten. dies minimiert wiederum die wahrscheinlichkeit eines partiellen ausfalls. und wenn doch mal der knopf für die 48V ausgefallen ist, dann kann man das am daneben stehenden laptop schalten...

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang

  • Zitat

    so ein großes Pult mit 3 fehlenden Kanalzügen, notdürftig mit Gaffa abgeklebt, und überall diese Markierungen mit den Kreuzen ...


    Schön, wenn's denn wenigstens markiert ist. Ungleich mühseliger, wenn man sich die Ü-Eier während des Linechecks erst noch selbst zusammensuchen muss.


    Zitat

    dem ist nicht ganz so. ich hatte ganz am anfang der m7 historie einen ausfall von einem 8er block. das ist zwar schon eine beträchtliche anzahl von kanälen, aber nicht das ganze pult.


    Oh, das lässt ja hoffen. Bisher kannte ich das eher als Standardfeature einer 'legendären' Produktreihe aus Kidderminster.
    Obwohl – auch Yamaha hatte da ja lange Zeit etwas Schönes im Angebot. Fing auch mit 'M' an.


    Zitat

    da wesentlich weniger schalter und knöpfe verbaut werden müssen, können diese von weit höherer qualität sein als die bei analogpulten.


    Das ist mir, ehrlich gesagt, noch nicht Konjunktiv genug...:D


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Prinzipiell haben beide Pultkonzepte zu 80% die gleichen Probleme:
    Mechanik ist ziemlich gleich: Busleitungen können sich lösen, Fader verschmutzen
    (dann kratzt es zwar bei Digital nicht, aber "Random" -Einstellungen - s. FX-Return-Potis beim alten 01v - sind auch nicht viel schöner), Schalter bekommen Kontaktprobleme (bessere bei Digi-Pulten??? :roll: ), Anschlüsse oxidieren/verschleißen, Preamps, analoge Ausgangs-Treiber u.s.w.
    PSU-Ausfälle - wenn auch eher selten - sind generell ein Problem; Lüfter müssen mal gereinigt und irgendwann ersetzt werden.
    Bis hierhin erscheint es als Märchen, dass Digi-Pulte Vorteile hätten...
    Dann gibt es aber Dinge, die analoge Pulte (bis auf wenige Ausnahmen) nicht betreffen: Probleme beim Hochfahren, Ausfall von CPU und DSP-Processoren (wenn auch nur extrem selten - dann aber unabänderlicher Totalausfall!), Probleme mit Displays/Touchscreens (gar nicht selten!), Probleme mit Datentransfer (--> USB-Ports!!). Digi-Pulte sollten regelmässig upgedated werden, Analogtische kennen diese Prozedur nicht.


    Es kommt also überhaupt nur auf allgemeine Verarbeitungsqualität an. Damit ließe sich zumindest endlich der enorme Preisunterschied zwischen M7 + PM5 erklären, und auch warum ein iLiveT so unglaublich günstig ist.
    Solange aber nur noch über Ausstattungs-Schlacht verkauft wird wäre ist es nicht weiter verwunderlich, wenn mangelnde allgemeine Qualitätsparameter in ein paar Jahren für einige Digital-Billigheimer sehr teure + lange Zwangspausen beim autorisierten Service bedeuten (und nicht an verregneten Nachmittagen im Lager...).


    Natürlich gibt es Langzeiterfahrungen über Digital-Pulte. Die werden schließlich seit den 80erm benutzt, wenn auch primär im Broadcast/Theater/Studio-Bereich.
    Im Ergebnis zeigt sich: Wartung ist unterschiedlich aber unterm Strich gleich intensiv, rein Investitionstechnisch lässt sich noch annehmen, dass große Analogpulte auch nach 20 Jahren nicht veraltet sein müssen, dagegen sind 20 Jahre Alte Digi-Pulte technisch z.T. extremst veraltet. Das wird sich in 20 Jahren auch nicht geändert haben, selbst wenn dann noch wenige altersschwache (teuer generalüberholte) PM5 oder M7 irgendwo ihren Dienst verrichten.

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat

    Prinzipiell haben beide Pultkonzepte zu 80% die gleichen Probleme:


    Entschuldige, aber das ist definitiv falsch.
    In einer großen Analogkonsole durchläuft jedes Audiosignal zig oder gar hunderte von mechanischen (und damit potentiell fehler – und alterungsanfälligen) Kontaktstellen (Buchsen/ Schalter/ Potis/ Steckkontakte), bis es am Ende hoffentlich in irgendeiner Form wieder an einem Ausgang anliegt. Da hat es schon aus rein statistischen Gründen relativ schlechte Chancen. Lediglich Fader sind auch bei analogen Pulten mit guten VCA – Konzepten unkritisch, da das Signal damit überhaupt nicht in Berührung kommt.
    Im Digipult sind das stattdessen im Idealfall genau 2: die Eingangsbuchse und der Master Ausgang. Dazwischen arbeitet ein Computer, auf den Du mit ein paar mehr oder weniger hochwertigen Bedienelementen Einfluss nehmen kannst, falls Du das möchtest. Sollten da welche von ausfallen, ist das zwar ärgerlich aber zunächst nicht weiter tragisch – für fast alle gibt es eine Ausweich – Eingabelösung.
    Fällt hingegen aus irgendeinem Grund der Computer aus, ist Feierabend.


    Daher müsste Dein Eingangssatz korrekt lauten: prinzipiell haben beide Pultkonzepte zu 95% völlig unterschiedliche Probleme.


    Die Gemeinsamkeiten enden quasi mit dem Netzkabel.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • Zitat

    Entschuldige, aber das ist definitiv falsch.


    Nein, das ist nicht im geringsten falsch.
    Ich glaube Du hast meinen Ansatz nicht wirklich verstanden. Es geht nicht darum, wie der Signalfluss eines Pults aussieht, sondern vielmehr ist wichtig, wo tatsächlich die Fehler auftreten. Und das sind primär alle mechanischen oder hitze relevanten Teile: Buchsen, Schalter, Potis, Fader, Kontaktstellen, Platinen - sowie PSU. Dies haben mehr oder weniger erstmal ALLE Pulte.
    Defekte OP-Amps usw. gibt es zwar auch, aber auch solche arbeiten - wenn ich in weniger Mengen - in einem Digi-Pult (Analoge Input/Output-Stufen). Und die meisten elektrischen Bauelemente, mit Ausnahme von Elkos unterliegen zudem keiner kritischen Alterung.
    Natürlich kann man sich z.B. die Preamps durchschießen, aber das geht auch Digital, wie ich an einem 01v erleben durfte.
    Natürlich Altern nach und nach diverse EQ/Aux-Potis, die ein Digipult in dieser Form nicht hat, dafür hat es vielleicht EINEN SATZ Endlos-Encoder, die noch schneller verschleißen können und dann ggf. die Bedienung des ganzen Pultes behindern. Natürlich sind die schneller zu fixen, aber das muss dann auch sofort passieren.


    Ich verstehe wirklich nicht, wie Du zu einem solch abwegigen Schluss kommst:

    Zitat

    Die Gemeinsamkeiten enden quasi mit dem Netzkabel.


    Das ist schön catchy, hat aber mit der Realität überhaupt nichts zu tun.

    "Just because you believe something doesn't make it true."

  • Zitat von "billbo"

    In einer großen Analogkonsole durchläuft jedes Audiosignal zig oder gar hunderte von mechanischen (und damit potentiell fehler – und alterungsanfälligen) Kontaktstellen (Buchsen/ Schalter/ Potis/ Steckkontakte), bis es am Ende hoffentlich in irgendeiner Form wieder an einem Ausgang anliegt. Da hat es schon aus rein statistischen Gründen relativ schlechte Chancen. Lediglich Fader sind auch bei analogen Pulten mit guten VCA – Konzepten unkritisch, da das Signal damit überhaupt nicht in Berührung kommt.
    Im Digipult sind das stattdessen im Idealfall genau 2: die Eingangsbuchse und der Master Ausgang.


    Fakt ist doch, dass es im Grunde egal ist, ob das Audiosignal ein oxidations- oder dreckbedintes Knacken aufweist, oder ob das bei einem "digitalen" Steuerungssignal der Fall ist. Ersteres ist schnell gefunden und man kann es oftmals wenigstens wegignorieren - zumindest während der ersten Auftreten. Zweiteres kann aber ganz schnell unkontrollierte Effekte haben, da Fader/Enkoder und Knöppekes meist nicht nur EINE Funktion haben und damit an anderer Stelle wieder die gleiche Fehlerursache zu anderen Syptomen führt.


    Zumindest da wäre für mich in der Zukunft eine Begründung für vermehrtes Auftauchen von Analogschlachtschiffen auf mittleren Festivals: Dreck und Sonneneinstrahlung vertragen diese eben genauso schlecht, aber die Folgen sind vermutlich harmloser. Heuer dürfte das aber noch nicht nennenswert verbreitet sein.


    Was die Ausfälle in meiner bisherigen Computerpraxis angeht: die sind deutlich abrupter gewesen, als mir lieb ist. Zumal am Anfang immer indifferente Diagnosen aufgrund unterschiedlichster Fehler zustande kamen. War das jetzt ein Bug, eine Fehlbedienung, ein externer Fehler (Spannungsschwankung etc.) oder ein Hardwareausfall. Die Schrecksekunde verdirbt einem doch jegliche Objektivität diesbezüglich. Die Analogausfälle hat man ja über die Jahre vorhersehen, überspielen und lieben gelernt, sodass sie heute kaum noch erschrecken. Lediglich verärgern...


    Die Zukunft sehe ich aber weiterhin entspannt: Digital bleibt im Vormarsch, wenngleich die Zukunft nicht ausschliesslich digital ist. Eher Sektoren und Anwendungsbezogen. Ausfälle wird es überall geben - sowohl im Analogen, als auch im Digitalen. Man wird mit beiden ähnlich umgehen können. Der grosse Vorteil der moderneren Technik: sie überlebt sich selbst viel schneller - Pulte werden also früher in Clubs enden, wo schon heute die sterbenden Pulte stehen.
    Somit bleiben die Fehler dort, wo sie auch jetzt schon sind. :wink:


    Der Tonmann an sich (die Tonfrau natürlich auch) bleibt hingegen so, wie er jetzt schon ist: angespannt, hellwach und immer auf der Hut. Die ersten bösen Gerüchte über Pultprobleme werden weiterhin zum schnellen Niedergang desjenigen Mixersterns führen. Dafür ist die Tonlerszene zu gut vernetzt und hört jeden Furz...

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Zitat von "christopher hafer"

    Ich verstehe wirklich nicht, wie Du zu einem solch abwegigen Schluss kommst:


    Das ist schön catchy, hat aber mit der Realität überhaupt nichts zu tun.


    Der Kollege Billbo hat natürlich auch Recht. Ein Digitalpult schliesst einige der verbreitetsten Fehlerquellen von Vornherein aus.
    Insertbuchsen adé, ciao Busverkabelung, adieu großflächige Staubfänger aus vielen schlecht reinigbaren Potireihen. Kleine Pulte werden beim Transport weniger mechanisch belastet; selbst die Neigung der Mischer, schnell noch einen kleinen mitgebrachten Gimmick auf den (unbenutzten) Potis abzulegen verschwindet mit PM5, M7, Vi6 & Co.


    Und wenn doch ein Bedienelement ausfällt: wozu gibt es die externe Steuerung per Klappkomputer? Könnte den bitte mal jemand schnell booten?
    Früher, ja früher hatte man IMMER mindestens ein Havarienetzteil dabei.
    Heutzutage? Immer öfter Fehlanzeige.
    Und Morgen eine Havarie-CPU?


    Die Gemeinsamkeiten enden vor dem Kabel. Genauer: vor dem Pult - bei demjenigen, der wiedermal die Kastanien aus dem Feuer holen muss. Und das seid und bleibt nunmal ihr, liebe Kollegen. :(

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Zitat

    Ich glaube Du hast meinen Ansatz nicht wirklich verstanden.


    Deinen Ansatz glaube ich verstanden zu haben, und weiß ihn auch zu interpretieren: Du magst digitale Livepulte nicht besonders und tust das von Zeit zu Zeit gerne kund. Das ist in Ordnung und sei Dir unbenommen. Vielleicht haben wir da sogar etwas gemeinsam: auch ich bin kein ausgesprochener Digitalpultfan, und werde vermutlich auch keiner mehr werden.


    In der Sache ging’s zuletzt um das unterschiedliche Altern von Analog – und Digipulten, bis hin zu deren Unbrauchbarwerden. Erstere sterben, im Wesentlichen bedingt durch Korrosions – und Abnutzungsvorgänge in und an mechanischen Bauteilen, einen langsamen, sich häppchenweise offenbarenden Tod. Da die Problemstellen in Mehrheit direkt im Signalfluss liegen, sind die Auswirkungen der meisten dieser Fehler unmittelbar erfahr – und hörbar (es gibt auch weniger offensichtliche Effekte, wie etwa die allmähliche Verschlechterung des Fremdspannungsabstandes, bedingt durch Alterung gesteckter/ gecrimpter/ schlecht verschraubter Masseverbindungen). Es ist dabei schwer festzulegen, ab wann das Gerät ‚unbrauchbar‘ ist. Wenn EIN Schalter nicht mehr zuverlässig funktioniert? Wenn KEIN Schalter mehr zuverlässig funktioniert?
    Der graue Bereich dazwischen ist riesig. Jedes fabrikneue Analogschiff hat irgendwo einen Schaltkontakt oder eine Insertbuchse, der oder die von Anfang an nicht einhundertprozentig sicher arbeitet; es deshalb als ‚defekt‘ zu bezeichnen wäre unbillig. Und aus jeder noch so abgerockten Punkkellermöhre kriegt man mit dem nötigen Pegel und unter Benutzung ausgewählter Kanäle und der geballten Faust noch irgendwie ein Signal; dabei wäre es indes mehr als verwegen, in dem Zusammenhang an die Worte ‚in Ordnung‘ oder ‚brauchbar‘ auch nur zu denken.
    Dieser Prozess ist vorhersehbar, bei normaler Nutzung unausweichlich, und wäre unter bestimmten Voraussetzungen (Kenntnis über genaue Einsatz – und/ oder Lagerbedingungen) sogar berechenbar. In der wirtschaftlichen Praxis wird das Gerät spätestens dann als verbraucht gelten, wenn der Aufwand für seine Erhaltung den möglichen Nutzen durch Einsatz oder Vermietung übersteigt.
    Dabei hast Du in einem Punkt Recht: da Analogpulttechnik vom Aufbau/ von der Bedienung/ von den Features her seit geraumer Zeit im Prinzip ausgereizt ist, wäre ein solches Gerät wohl noch auf unabsehbare Zeit nutzbar – gäbe es die beschriebene Alterungsproblematik nicht.


    Ein Digipult bleibt von dieser zentralen Achillesferse analoger Signalbearbeitung zeitlebens weitestgehend unberührt. Zum Einen gibt es keinen Signalfluss, der durch eine Unzahl banaler Alterungsprobleme unterbrochen oder gestört werden könnte; Nullen und Einsen in Halbleitern kennen keine Übergangswiderstände durch wachsende Oxydschichten. Zum Zweiten haben hier Bedien -/ Eingabeelemente keine unmittelbare Berührung mit dem Signal; sie steuern lediglich den signalverarbeitenden Rechner. Eine etwaige tatsächliche oder sich abzeichnende Havarie eines dieser Bauteile (auch die unterliegen natürlich der Alterung) ist daher zwar lästig, im Regelfall aber erst einmal unhörbar, und seine Funktion darüber hinaus in den meisten Fällen durch die eines alternativen Bedienelementes vorübergehend ersetzbar. Zum Dritten bemisst sich der Wert eines Digitalpultes, ganz anders als der seines analogen Pendants, nur zu einem relativ geringen Teil an seinen wenigen potentiell störanfälligen Mechanikbauteilen, die sich daher bei Bedarf mit vertretbarem Aufwand leicht ersetzen lassen – wichtige Komponenten (Scrollrad, ...) gegebenenfalls sogar regelmäßig.
    Der Ausfall eines Digitalpultes wird daher, wenn überhaupt, irgendwann plötzlich erfolgen; aufgrund oder infolge eines externen, nicht vorhersehbaren und höchstwahrscheinlich nicht ursächlich im Pult zu suchenden Ereignisses. Dies in völligem Unterschied zur Analogwelt; weder die Ursachen noch die Auswirkungen sind auch nur ansatzweise vergleichbar.
    Seine wirtschaftliche Lebensdauer ist selbstverständlich dennoch begrenzt. Derzeit vor Allem dadurch, dass die Entwicklungsgeschichte digitaler LIVE – Pulte gerade erst begonnen hat und sich Grenzen des technisch sinnvoll Machbaren bisher eher bei den Nutzern als bei den Geräten abzeichnen.


    Und natürlich kann bei beiden das Netzteil („thermisch beanspruchtes Bauteil“) hops gehen. Aber darum geht es nicht.


    Einen schönen Abend noch.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • zurück zu analogen Pulten? ich würde hier gerne mal eher ketzerisch sagen, streichelt alle noch einmal euere "Konsolen", wenn ich mir den Studiobereich ansehe, und z.B. Pulte wie das Digidesign Venue ...


    In 10 Jahren (spätestens) sitzen wir vor zwei Bildschirmen, einem Rechner, ein paar Faderboards und ein paar Drehgebern für EW/Dynamics/Busse etc. ... wie die Studioingenieure und wie die Lichtler heute schon . Ein paar A/D und D/A Wandler, fertig ist der Lack.


    keine Insertbuchsen, keine Busflachstecker, keine kratzenden Fader. Für mich persönlich eine durchaus reizvolle Aussicht. man hat dann noch die Wahl zwischen 3-4 verschiedenen Softwareoberflächen (Apple LiveLogic, Steinberg Stagebase, Ableton Live), und kann sich den Rest der Komponenten selber zusammenstellen.


    Und die Hands freut es auch ...

  • Hmmm... Ich weiss nicht, ob ich das schon mal geschreiben habe, aber weils gerade passt: ich hatte mal ein unschönes Erlebniss mit einem in die Jahre gekommenen Yamaha 02R. Ich war gebucht um die Proben von einem Theaterprojekt tontechnisch zu betreuen. Ein Woche lang funktionierte alles problemlos, dann plötzlich aus heiterem Himmel digitaler Krach aus allen Lautsprechern (und zwar volles Rohr :shock: ). Ich reflexartig alle Fader runter, natürlich ohne Erfolg. Eine gefühlte Ewigkeit auf der Rückseite des Pultes nach dem Haupschalter gesucht, und endlich ruhe. Nachher Ratlosigkeit... was war los? Software Absturtz? Hardware Fehler? Äusserer Einfluss (Spannungsschwankung o.ä.)? Also mal alle Endstufen zurückgedreht, Pult angeschaltet funktioniert wieder Tiptop. Nächsten Tag wieder selber Vorfall. Es hat sich dann herausgestellt, dass es anscheinend ein Kontaktproblem im Pult war (ob Lötstelle oder Steckverbindung, weiss ich nicht), es lies sich nämlich durch Klopfen auf das Gehäuse provozieren. Soviel zu: Digitalpulte sind immun gegen Kontaktprobleme. Im Prinzip reicht ein falsch übertragenes Bit für den Super-GAU. Bei einem Analog Pult hätte der gleiche Fehler verm. höchstens zu einen Knacken geführt. Man stelle sich vor, wenn da eine Gross-PA im 5-stelligem Watt Bereich daranhinge. Das wünsch' ich meinem ärgsten Feind nicht.


    Ich fühl mich schon wohler an einem Analogpult, da kann man im Notfall immer noch was improvisieren. Allerdings Theater auf einem Analogpult kann ich mir auch nicht mehr vorstellen.

  • Zitat von "databass.ch"

    Man stelle sich vor, wenn da eine Gross-PA im 5-stelligem Watt Bereich daranhinge.


    Jo man, an jedes digitale gehört ein Not Aus Schalter.

    so long Jim