Tote bei Love Parade

  • ibkoeppen:


    In diesem Zusammenhang empfehle ich gerne das Buch "Gefahrenabwehr bei Großveranstaltungen" von Hanno Peter und Klaus Marer (ja, der mit dem Algorithmus).


    In dieser Größenordnung haben auf jeden Fall die BOS (Behörden und Organe mit Sicherheitsaufgaben = Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste, THW...) einen gemeinsamen Stab mit sonstigen beteiligten Behörden (Ordnungsamt, Gewerbeaufsicht, Stadtwerke, Energieversorger...), in dem auch Vertreter des Veranstalters und der von ihm beauftragten Firmen (Security) eingebunden sind. Dieser Führungsstab steht in direktem räumlichen und organisatorischen Kontakt mit der / den Leitstellen (Polizei, Rettungsdienst, Security, Orga-Team...).


    Ich denke, man darf auf jeden Fall davon ausgehen, dass das auch bei der LoPa der Fall war, siehe Aussage in der PK des Innenministeriums, dass die Polizei direkte Absprachen mit der Einsatzleitung der Security getroffen hat.


    MfG Tobias Zw.
    - manchmal am falschen Ende der Funkverbindung Leitstelle-Einsatzort... -


    Nachtrag: In diesem Zusammenhang ist nicht die Existenz eines solchen Stabes der Knackpunkt, sondern die stringente Trennung der Aufgabenbereiche: Tatsächlich ist ausserhalb des Veranstaltungsgeländes z. B. die Polizei / Ordnungsbehörden erst mal "Chef im Ring", innerhalb der Versammlungsstätte (also in diesem Falle innerhalb der Umzäunung), auf dem Veranstaltungsgelände ist die Sicherheit erst Mal alleiniges Problem des Veranstalters. Die Landespolizei ist nun mal nicht direkt ein Security-Dienst...

  • Zitat von "marce"

    Und den Thread hier schließen


    Warum sollte man das hier schließen?
    Jeder der aufmerksam die Presse verfolgt (und 1+1 kombinieren kann) weiß bereits jetzt schon wer an der Sache Schuld ist.
    Ganz nebenbei kann dieser Thread auch als Beispiel für den Größenwahn einiger Leute herhalten.
    Ich erinnere noch an die Ankündigungen des feinen Herrn, als er vor laufenden Kameras lächelnd von über 1 Millionen Besuchern sprach, und aktuell rudert die komplette Korona einschließlich Konsorte Sauerland auf etwa 150.000 Besucher zurück!?
    Was denn nun - 150.000 oder 1 Millionen?
    Daran sieht man schon was man von denen halten muss. Deppentheater!


    http://www.youtube.com/watch?v=DloSDzByYG4
    Bei 1:50 quatscht er von 1 Millionen.........sonst nur blablabla...
    Danke Thomas Bug für dieses erstklassige Interwiew!

  • Tobias Zw.


    nach einem gemeinsamen Stab klingen die bisherigen Verlautbarungen in meinen Ohren nicht.
    "Absprachen" klingt m.E. eher nach einigen Handy-Telefonaten zwichen Tür und Angel, vorher natürlich einige gemeinsame Sitzungen in der Stadtverwaltung, die aber nicht im Konsens der Beteiligten verlassen wurden...


    In der Presse werden jetzt viele Fotos aus den Polizei-Hubschraubern gezeigt, welche einen guten Überblick bieten.
    Diese hätte der genannte Stab in Echtzeit haben müssen...


    Auch was Prof. Schreckenberg sagte von "...wollten nicht mit mir kooperieren..." klingt nach organisatorisch mächtig Sand im Getriebe...
    (wie man es auch immer von diesen Katastrophenfilmen aus Hollywood kennt, aber dort gibt es dann wenigstens immer ein hübsches Hightech-Lagezentrum, und in der Not übernimmt der Präsident, der früher Kampfflieger war, den Befehl..................)


    Michael

  • Nun, in Unkenntnis der tatsächlichen Hintergründe spare ich mir da jede Mutmaßung - weiß aber aus eigener Erfahrung, dass bereits bei deutlich kleineren "Lagen" der komplette Stab mit Hintergrunddienst und Führungsorganisation in Aktion tritt. Alles andere ist nicht vorstellbar. In wieweit da im Katastrophenfall die Kommunikation mit Externen klappt, steht auf einem anderen Blatt.


    Jeder im Bereich des Katastrophenschutzes weiss, dass die erste Phase in der Katastrophenhilfe die "Chaosphase" ist, von daher sollte man das nicht in der Retrospektive übermäßig negativ bewerten. Ich lese ja auch, was die Kollegen der Rettungsdienste in den einschlägigen Foren so schreiben, und da muss die Organisation sensationell gut geklappt haben, auch was Nachalarmierung und Bereitstellung von Reserven anging.


    MfG Tobias Zw.

  • Mal ne andere Frage. Auf den Bildern sieht es so aus, als wäre noch Platz auf dem Veranstaltungsgelände. Allerdings rechnet die VStättV ja mit 2 Personen / qm, und es gehen ja auch 4 Personen / qm. Es könnte also sein, das das Gelände entsprechend der VStättV schon voll war, es aber von außen nicht so ausgesehen hat.


    Meine Frage: Kenn jemand ein verlässliches System, mit dessen Hilfe es möglich wäre, die Anzahl der Besucher ungefähr zu bestimmen, auch wenn mehrere Kontrollstellen eingebunden sind? Sowas wie vernetzte Drehkreuze o.ä? Gib's sowas auch sinnvoll mobil?


    Tomy

    SIM II Operator and Dante Level I-II-III (alles sogar zweimal :)
    Jugendschwimmabzeichen, Rettungsschwimmabzeichen in Bronze
    Meine kommerziellen Softwareprodukte SATlive und LevelCheck

  • Zitat von "marce"

    vielleicht sollte man sich lieber wieder auf Fakten reduzieren und pseudo-persönliche Anfeindungen und Schuldzuweisungen unterlassen.


    Und den Thread hier schließen - ich denke nicht, daß hier noch relevantes bisher nicht gesagtes hier gesagt wird.

    ich bitte zu tiefst um Entschuldigung, dass ich kein Herdentier bin :wink:

  • Zitat von "TomyN"

    Meine Frage: Kenn jemand ein verlässliches System, mit dessen Hilfe es möglich wäre, die Anzahl der Besucher ungefähr zu bestimmen, auch wenn mehrere Kontrollstellen eingebunden sind? Sowas wie vernetzte Drehkreuze o.ä?


    Richtig geiles System, mobil, kostengünstig und variabel skalierbar: Security-Mitarbeiter mit Zähluhren in der Hand und Funkverbindung zu ihrer Führung... so kenne ich das und es funktioniert. Setzt natürlich genügend Mitarbeiter voraus.


    MfG Tobias Zw.

  • Ein Programmhinweis:


    Die "Lieblingssendung" des PA Forums (Stichwort Internetpranger...) zdf.reporter nimmt sich heute auch des Themas an.


    ZDF, 21.00h
    zdf.reporter
    "Katastrophe von Duisburg - Was andere Veranstalter daraus lernen müssen"



    Ich bin sehr gespannt auf die Darstellung und ob für den Normalzuschauer deutlich wird, das in Duisburg ein Großteil "unserer" Vorgaben (VStättV, Flugwegbreiten, Beschilderung etc.) vom Bauamt/Ordnungsamt vermutlich einfach aufgehoben wurden.



    ibkoeppen
    Laut PK vom NRW Innenminister gab es Verbindungsbeamte bei Security, Veranstalter & Co, so das zwischen den einzelnen Stäben auf jeden Fall kommuniziert werden konnte. Anscheinend gab es allerdings auf Seiten der Veranstalter-Infrastruktur große Kommunikationsprobleme, so das zum Beispiel die Aktion "Zugangsschleusen sperren" nicht umgesetzt werden konnte.


    Wir alle wissen: Auch bei wesentlich kleineren Geschichten ist die Kommunikation beim Job das A und O. Wenn beim kleinen Festival Bühne, Monitor und Bühne nicht miteinander reden können, sind Probleme fast vorprogrammiert, bei der Gala ist es genauso, wenn man nicht weiß, was Küche und Service gerade vorhaben...
    Vielleicht hat sich der Veranstalter auf Handys und PMR-Funk verlassen, dann wundert mich das Kommunikationsproblem überhaupt nicht.



    Mit so großen Veranstaltungen habe ich zum Glück nichts am Hut, aber mein gesunder Menschenverstand sagt mir, das die strikte Trennung der einzelnen Bereiche (Veranstalter vs Polizei; Veranstaltungsgelände vs. Innenstadt-Bereich) genau der richtige Weg ist, nur so läßt sich Kompetenzgerangel vermeiden. Wie sollte das sonst auch aussehen? Der Orga-Chef erteilt der Polizei Anweisungen für Strassensperren? Der Polizei-Einsatzleiter organisiert die Ordner auf dem Festivalgelände?


    Das kann nur funktionieren, wenn Bereiche und Kompetenzen ganz klar abgesprochen sind und jeder seinen "Kasten sauber hält". Natürlich gibt es auch Entscheidungen, die auf höherer Ebene koordiniert werden müssen, wenn mehrere Bereiche betroffen sind und genau dafür gibt es ja die Verbindungsbeamten.

    Die Wahrscheinlichkeit des Geschehens steht im umgekehrten Verhältnis zum Wunsch. (Murphy)

  • Zitat von "Tobias"


    Vielleicht hat sich der Veranstalter auf Handys und PMR-Funk verlassen, dann wundert mich das Kommunikationsproblem überhaupt nicht.


    Nach Aussage vor Ort befindlicher hatten die gestellten Securities überhaupt kein Kommunikationsmittel, die Pol ihre alten Analog-Funken mit reihenweise Funklöchern und geht-im-Tunnel-gar-nicht, das Handynetz war zusammengebrochen.
    Das einzige, was ging, war der Funk von den Sanis.

  • Ja, es gibt verlässliche, genaue und mit moderner Technik arbeitender Zählsysteme: http://www.nvlhoch2.de/


    das System funktioniert erstaunlich gut. Der größte Fehler des Systems: es kostet extra-Geld. Die Zählung per Klickern ist in höchstem Maße ungenau. Das ist schon in mittleren Hallen schlecht. Außerdem haben die Ordnungskräft bei so einem Streß wie geschehen, anderes zu tun...

    -> Arbeitssicherheit, Koordination Arbeitssicherheit auf Großveranstaltungen

    -> Sicherheitskonzepte

    -> Schulungen

  • Hier hat jemand versucht, die Ereignisse chronologisch sinnvoll zu ordnen:


    http://loveparade2010doku.wordpress.com/


    Eine ganz andere Frage: Da es sich bei dem Platz um eine Versammlungsstätte zu handeln scheint, wie sieht es da mit der Meisterplicht aus? Wer gibt sich für eine solche Konzeption her? (Die im Vorfeld von verschiedenen Seiten heftigst kritisiert wurde)


    Woher kam der politische Druck? Ist so etwas nachvollziehbar?

  • eben kam der Meyer Newsletter:


    Zitat

    als erstes möchte ich im Namen von Meyer Sound unser tief empfundenes Beileid und unsere Anteilnahme den Familien und Freunden der Opfer der diesjährigen Love Parade in Duisburg aussprechen und hoffe auf eine baldige Genesung der Verletzten.


    kein Wort ueber die Technik -> RESPEKT, das zeugt von Kondolenz, imo

  • Ich mach jetzt mal hier zu.


    Nicht deswegen, weil ich nicht möchte, dass dieses Thema hier diskutiert wird, sondern weil ich möchte, dass es richtig hier diskutiert wird.


    Das Unglück in Duisburg - und das möchte ich jetzt mal mit der gebotenen Zurückhaltung formulieren - könnte dadurch begünstigt worden sein, dass Personen über Dinge entschieden haben, von denen sie nichts verstehen, dass Entscheidungen getroffen worden sind, ohne die dafür nötigen Fakten zu kennen. Und was passiert hier? Es äußern sich Veranstaltungstechniker zu juristischen Fragen, es erfolgen Schuldzuweisungen, ohne dass die Fakten auf dem Tisch liegen.


    Das Thema ist wichtig, es wird die Sicherheitskonzepte und deren Genehmigung mindestens der nächsten zehn Jahre beeinflussen. Von daher sollten wir uns darum kümmern - aber wir sollten uns auf das beschränken, was wir können.


    Ich richte gleich mal ein Unterbrett "Love Parade 2010" ein, in dem ich Euch einlade, Detailfragen zu diskutieren und Informationen zusammenzutragen. Damit dabei nicht alle Aspete wild durcheinander fliegen, soll es für jede Detailfrage einen eigenen Thread geben - darum auch ein eigenes Brett.


    Und: Es geht nicht darum, einen "Schuldigen" zu finden - das ist und bleibt Aufgabe der Justiz. Sondern es geht darum, dass sich "so etwas" (auch ein bis zwei Nummern kleiner) nicht wiederholt - denn das ist unser Job.

    Bitte keine fachlichen Fragen per PM - Inhaber von dBmess