Der Musiker - Was zum nachdenken

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    "Erfolg besteht darin, dass man genau die Fähigkeiten hat, die im Moment gefragt sind."
    "Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu sparen."
    Henry Ford

  • Heißt auch irgendwie:
    Nehmt ein Milo her, streicht's braun und macht ein chinesisches Logo dran.
    Wer würde zur Messe groß lange zum hören stehenbleiben?

    Never stop a running System

  • Zitat von "R880"

    Naja, es geht ja darum, dass man in unserer Zeit eigentlich nur noch umher hetzt und nichts mehr wahrnimmt.

    :?::?::?: 'tschuldige, aber das ist doch irgendwie logisch in einer U-Bahn Station...


    Zitat

    Wenn wir nicht die Zeit besitzen, anzuhalten und einem der besten Musiker der Welt zuzuhören, der einige der großartigsten Stücke spielt, die je geschrieben wurden … wie viele andere Dinge verpassen wir dann?!


    IMHO eine banale Feststellung, wenn es primär darum geht, die richtige U-bahn zu erwischen. Wahrnehmung IST nunmal selektiv. Wär' auch schlimm, wenn nicht! Wir könnten uns auf nichts mehr konzentrieren, nichts mehr fokussieren - ein schönes Konzert ist doch so besonders, gerade weil wir dann vieles andere umher nicht wahrnehmen.
    (wie z.B. die gerade abfahrende U-Bahn.)

    ...hauptberuflicher Sarkastiker.

  • Sehe ich auch so. Selbst wenn ich wüsste, dass da Joshua Bell spielt, auf dem Arbeitsweg hätte ich auch nicht die Zeit, mir das anzuhören. Abgesehen davon, ist eine U-Bahn Station auch nicht der Ort meiner Wahl für ein Konzert. Die Akustik dürfte suboptimal sein und die vielen Störgeräusche während des Betriebs der Station sind auch kein Ohrenschmaus.


    Wenn der Clip zeigen soll, dass Menschen auf dem Weg zur Arbeit nicht viel Zeit haben, finde ich das wenig revolutionär.

    Der Ton macht die Musik.

  • Für mich ist die einzige Erkenntnis an dem Filmchen, dass sich Joshua Bell für so ein Experiment nicht zu schade ist, und das finde ich mehr als erfreulich. Wenn man überlegt, wie zickig manche Sternchen sich aufführen, wenn bloß mal das falsche Etikett auf der Spirituosenflasche klebt oder wenn der Vorhang in der Garderobe die falsche Farbe hat ...


    Dass es bei der Rezeption von Kunst mindestens genauso stark auf die Umgebung wie auf die Kunst selber ankommt, ist nun wirklich keine bahnbrechende Erkenntnis. Du kannst absoluten Mist in ein Museum für moderne Kunst verfrachten, die entsprechende Pressemitteilung dazu, eine Vernissage mit Häppchen und Schnittchen, ein paar in dunkelgrau rollkragenpullierte Hornbrillenlaberer dazu, und fertig ist der Kunstgenuss.

    Harvard'sches Gesetz für Tierversuche: "Unter sorgfältigst kontrollierten, dokumentierten und jederzeit reproduzierbaren Laborbedingungen verhalten sich Versuchstiere immer so, wie es ihnen gerade passt."

  • Es gibt auch einen Clip mit David Garrett, wo man ihn mittels Maskenbildnerei in einen verlausten Penner verwandelt hat (lange Haare hat der ja eh schon, dazu Bartstoppeln und Pickel etc., schäbige Klamotten usw). War nicht mehr wiederzuerkennen. Ihm wurde dann in der Berliner Philharmonie ein Termin zum Vorspiel vor dem künstlerischen Leiter und einem entsprechenden Gremium besorgt, in dem iirc mindestens zwei Professoren für Musik vertreten waren. Effekt war kurzgefasst folgender: Garrett spielte im Saal vor den fünf, sechs Schlipsträgern und hinterher wurde mit versteckter Kamera das Nachgespräch zwischen ihm und den hochrangigen Musikexperten gefilmt. Sinngemäß bescheinigte man ihm dabei durchaus Talent, da und dort seien aber doch noch einige handwerkliche Sachen, an denen er zu arbeiten hätte, er könnte aber mit viel Übung (!) in einigen Jahren (!!) wohl etwas aus sich machen.
    Wie das dann ausging, ist ja klar: er wurde, dann mit großer Kamera, demaskiert. Perfiderweise hatten die wesentlichen Mitglieder dieses zusammengestellten Gremiums bereits Monate zuvor einen hochdotierten Konzertvertrag mit Garretts Management abgeschlossen und ihn gegen Zahlung einer Unsummengage an die Philharmonie für ein oder zwei Konzerte geholt - aufgrund der überragenden musikalischen Qualität dieses Mannes bzw. seiner Darbietungen. Diese Konzerte sollten dann in der Überwoche stattfinden... so ungefähr war das. Natürlich waren die feinen Herren pikiert ob ihrer Großspurigkeit und Wichtigtuerei etc. und versuchten sich herauszuwinden. Es entstand eine ultrapeinliche Situation, die Garrett natürlich mit viel Humor nahm, aber die schon tief blicken ließ - denn es war sicherlich nicht seine Spieltechnik oder die Werkauswahl an diesem Tage, die für die abqualifizierenden Urteile der Professoren verantwortlich waren... das war dann ursächlich wohl auf das Äußere zurückzuführen.


    Mich stimmt es nicht bedenklich, dass hier wegen Äußerlichkeiten abqualifiziert wurde. Mich hat damals erschreckt, dass hohe Herren mit sehr viel Sachkenne gegen anerkannte Qualität und enorm hohes musikalisches Niveau gestimmt haben, weil sie nicht über das musikalisch Dargebotene urteilten, sondern sich von externen Faktoren ihrer Wahrnehmung lenken ließen.
    Schäbige Kleidung und unrasiert, scheißegal - aber dass fachlich hochkompetente Leute bei einem der derzeit besten Violinisten der Welt nicht das musikalische Niveau erkennen können oder wollen, das hat mich schon geplättet. Eine gewisse Objektivität in solchen Fragen des Niveaus besteht ja schon. Es ist, und da stimme ich den Vorpostern hier bei, schon eine Frage der Wahrnehmung; und dass uns allen wohl zunehmend Fähigkeiten der ästhetischen Wahrnehmung abhanden kommen oder diese zumindest abstumpfen. Vielleicht hätte es geklappt, wenn der Saal dunkel und das Arbeitslicht ausgeschaltet gewesen wären.


    Aber denkt an die fette Putzfrau aus England, die auch noch enorm hässlich und bott war - oder jenen arbeitslosen Mundharmonikaspieler hierzulande. Man setze sich vor den Fernseher, schalte beispielsweise diese beiden ein und mache die Augen zu... was einem da an die Ohren dringt, berührt sehr. Und das sind die Leute, die in den U-Bahnhöfen spielen, tagein, tagaus. Sie tun es wohl unerkannt und ohne Fernsehen, ihr Leben lang unbeachtet und verkannt. Natürlich sind das die wenigen Ausnahmen und zigtausenden grausig Schlechten. Aber es ist uns sicherlich das Zuhören abhanden gekommen und das Stehenbleiben und Auf-sich-wirkenlassen. Der Meinung bin ich zumindest teilweise auch.

  • Man hätte auch Keith Richards klampfend mit 'ner Flasche Beam und Basecape zwei Stunden vor'nem Stones - Gastspiel an einen U-Bahn Ausgang am Konzertgelände setzen können.
    Wäre dasselbe bei rausgekommen.
    Seltsam find' ich nur, das die hohen Herren Experten die 3 Millionen Euro teure Stradivari (oder auch seine 'nur' 1 Mio- Zweitgeige) nicht erkannt haben. Weder am Klang noch am Aussehen.
    Was mich wieder zu meiner Aussage weiter oben zurückbringt:


    Zitat von "madmax"

    Heißt auch irgendwie:
    Nehmt ein Milo her, streicht's braun und macht ein chinesisches Logo dran.
    Wer würde zur Messe groß lange zum hören stehenbleiben?


    Kleider machen Leute. (Marken)Namen entscheiden subjektiv über Qualität.
    Oder eben auch Markenlogos über guten Sound....

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  • So erschreckend fand ich das Video nicht, ist ja immerhin Solo-Geiger, und die 2te Geige ist bekanntlich das schwerere instrument ^^
    Der Konzertmeister hat schon recht wenn er "zu viel vibrato" bemängelt, wenn man im Kontext eines Orchesters denkt.
    auch scheint die Dame in der Jury ja von seinem Geigenspiel überzeugt zu sein.


    Zu der Situation in Kaufhäusern und U-Bahn wurde schon genügend geschrieben.
    Interessant war hier die Reaktion der beiden älteren Damen. Wer es nicht eilig hat, nimmt sich eben doch Zeit.

  • was ich in dem zusammenhang auch sehr erstaunlich finde, ist die weit verbreitete überbewertung von komplett talentfreien nichtmusikern...