Der Q-Faktor in der Praxis

  • Hi,


    nachdem ich kürzlich drei Tage mit 16 Bands und 16 Fremdtechnikern überlebt habe, ergeben aus meinen dort gemachten Beobachtungen ein paar Fragen.


    zur Situation:
    Stil: Kleinkunst/Kabarett, teilweise mit Pop-Rock-Einlagen; je nach Künstler 4-24 Kanäle
    Das von mir gestellte Pult war ein 01V96 VCM.
    Umbauzeit zwischen den Künstlern (inkl. Soundcheck und Einlass): 30-60 min.


    Beobachtung:
    ein einziger Techniker (und der hatte sein eigenes DM1000 mit) hat den Q-Faktor angerührt.



    Als ich vor bald gut 12 Jahren mit dem Mischen angefangen habe hab ich den im (analogen) Pult vorgegebenen Q-Faktor benutzt. Als ich dann das erste mal in einer 3500er Halle einen vollparametischen Equalizer vor mir hatte, habe ich den Q-Faktor so gut wie nicht benutzt (hatte allerdings auch keine Zeit für einen Soundcheck, sonst hätte ich vll. mal rumgespielt/ausprobiert). Nun hat sich die Digitaltechnik ja weit verbreitet in den letzten Jahren und dank 01V & Co hat man jetzt selbst bei kleinsten Veranstaltungen das vergnügen genauer regeln zu können, als zu hören ;)


    Wie handhabt ihr das da mit dem Q-Faktor insbesondere, wenn nicht ausreichend Zeit für einen Soundcheck zur Verfügung steht (Erfahrungswerte?, fester voreingestellter Wert, der erstmal grundlegend passt? etc.)


    Haltet ihr es, gerade bei Fremdtechnikern, für sinnvoll, den vorgegebenen Wert von 0.7, erst einmal für alle Kanäle auf einen Wert zwischen 1.5 (wie z.B. GB 2/4/8) und 1.8 (wie z.B. GL2400) zu erhöhen (da liegt er dann meist auch wenn ich selber mische)?


    Freu mich auf eure Anregungen.

    freier Tontechniker & Eventplaner, auch Tätig im Vertrieb - hier aber rein privat unterwegs

  • Ich mach den so, wie man ihn benötigt.
    Einfach Situationsabhängig.


    Wobei mir der voreingestellte meist zu breit ist und ich den fast immer schmäler mache.


    Wenn ich Entzerrungen für Anstecker oder Redner mache, ist der sogar sehr oft sehr Schmal und nur das nötigste draussen, damit der Klang an sich nicht wegen Koppelfrequenzen zu sehr leiden muß.


    Aber dazu hat man die ja, da wollen wir alle Vollparametrische EQ und dann verwenden wir die nicht :roll:

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  • Das kommt ja auch immer darauf an was man vor hat.
    Koppelnde Frequenzen ziehe ich auch immer so schmal es geht.
    Bei Drums hebe ich z.B. im Bassbereich eher schmal an, Resonanzfrequenzen ziehe ich mit mittlerem Q-Faktor, man will sich ja nicht zuviel aus dem Nutzbereich wegziehen.
    Bei anderen Instrumenten Anhebungen eher breitbandig, damit es nicht unnatürlich wirkt, Absenkungen wieder mit mittlerem Q-Faktor. Denke aber, dass man das nicht verallgemeinern kann. Ich arbeite auf jeden Fall immer mit der Güte des Filters.


    Gruß


    Sebastian

    Jäger-Audiosolutions - Tools vom Tontechniker für Tontechniker
    http://www.jaeger-audiosolutions.de Cat Multicores, Speakon Multicores, Rednerpultmulticores etc., CNC Bearbeitung

  • Das ist manchmal sogar der, den ich als Erstes betätige; gemeinsam mit der Centerfrequenz. Rein prophylaktisch während des Line Checks; auf einen Erfahrungswert für den Fall, dass ich das Filter vielleicht später brauchen werde.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo

    "Okay. Wir machen das mit den Fähnchen."

  • wahrscheinlich ist's einfach so: bei knapper Soundcheckzeit macht man das, was notwendig ist. Und wenn man eben ohne die Benutzung eines ded. Potis an's Ziel kommt bzw. seine Soundvorstellung erreicht - warum ihn dann benutzen? Klar, "mit" wird's vielleicht _noch_ schöner, aber je nach Zeit und Anspruch ist halt irgendwann auch einfach mal gut (*)...


    Genau so wären
    - regelbarer LowCut
    - Matrix
    - Stereo-Auxe
    - Subgruppen


    zu nennen - schön, wenn man's hat, aber man kommt auch ohne an's Ziel...


    (*) genau so gibt's aber wiederum auch Kollegen, die schrauben die kompletten 2h Gig durchgehend am EQ rum (und nutzen sonst auch jeden verfügbaren Poti, egal ob in Benutzung oder nicht) und der Sound will und will nicht besser als "ok" werden....

  • Ich schließe mich Klaus an. Irgendwann kennt man seine Pulte ja und der Standardwert 0,7 ist auch mir meistens deutlich zu breit. Aber es kommt eben ganz drauf an, was man erreichen möchte. Einfach hinhören hilft am meisten weiter ;)


    Chris

    Wenn's nicht rockt isses für'n Arsch...

  • Zitat von "billbo"

    Das ist manchmal sogar der, den ich als Erstes betätige; gemeinsam mit der Centerfrequenz. Rein prophylaktisch während des Line Checks; auf einen Erfahrungswert für den Fall, dass ich das Filter vielleicht später brauchen werde.


    Mit freundlichem Gruß
    BillBo


    Genau so mache ich es auch ! Diese Taktik ist logischerweise auch sehr sinnvoll beim Erstellen von Setups für Digitalpulte am Editor.

  • Ich mache das genauso in beiden Fällen, Frequenz und Q setzen, wobei ich bei knapper Soundcheckzeit bzw. Linecheck oft hingehe und überall die Locuts setze wo sie nötig sind und meistens erledigen den Rest der nötig ist um erstmal einen erträglichen Sound zu haben die entsprechend ausgewählten Mikros.


    Grüße Matze

  • Also ich arbeite eigentlich auch recht aktiv damit, beim filtern gerne schmäler beim pushen gerne auch mal etwas breiter bis hin zu Low- und High Cut je nach Bedarf. Wobei ich gerne jemand bin der zum Linecheck so wenig als möglich macht um Zeit zu sparen, und ich arbeite mich dann eben in den ersten ein, zwei Songs zu meinem Ideal vor. Schön ist natürlich wenn du viel Zeit hast dann kann man auch schon so ein bis zwei Songs anspielen und sich dort schon rein arbeiten.
    Aber wo wir bei Thema Q und parametrischem EQ sind, viele von euch haben ja ebenso wie ich eigene Mikrofone die man eigentlich grundsätzlich seine Vorlieben entsprechend immer gleich einsetzt, habt ihr dort, gerade im digitalem Zeitalter vorgespeicherte EQ Settings oder fang ihr immer bei Null an z.B. Kick?

    In meinem Lexikon fehlt das Wort unmöglich!


    ASR Computer & PA Technik
    André Ruhnau
    Rosenstr.6
    78598 Königsheim

  • hi,


    ich stell den q-faktor beim vorbereiten des pultsetups immer in die gegend um 1,5!
    ändern muss ich daran fast immer etwas, aber ich hab dann in beide richtungen nicht so viel zu kurbeln...


    ebenfalls dreh ich mir lowcuts schon dorthin, wo ich erwarte, die nachher auch dementsprechend zu benutzen.


    mit gespeicherten eq´s arbeite ich nicht, ausnahme ausgangswege, die eine spezielle entzerrung benötigen...


    liebe grüsse, alex

  • Früher war ich mal ganz wild auf das abspeichern, inzwischen dreh ich aber gar nicht mehr so viel am EQ, sondern investiere mehr Zeit in die Mikrofonierung.


    Ich erarbeite mir gerade aber ein Grundsetup, mit dem ich schneller zum Ziel komme. d.h. voreingestellte Low Cuts; Q-Faktor und Frequenzen in Bereiche wo ich sie durchschnittlich am öftesten brauche. Bei den Kompressoren denke ich noch drüber nach, glaube aber meine Einstellungen sind je Kanal zu individuell, als ich ich etwas dadurch gewinnen würde.


    Wo ich das abspeichern liebe und auch viel benutze sind die Effekt-Einstellungen.

    freier Tontechniker & Eventplaner, auch Tätig im Vertrieb - hier aber rein privat unterwegs

  • Ich benutze die Filtergüte, bzw. Bandbreite auch gerne, gerade für das Unterdrücken von Feedbacks ist eine hohe Güte, bzw. kleine Bandbraite von 1/12 Oktave gut geeignet und man nimmt nicht so viel vom Klang weg. Dazu benutze ich in meinem einen Club einen Rane PEQ 55 und im anderen haben wir ein Analogpult mit Vollparametik.
    Soundanpassungen geschehen meist mit niedriger Güte.


    [Klugscheidssmodus] Übrigens heisst das Dingens Güte oder Bandbreite und nicht Q-Faktor, man sagt ja auch nicht Ω-Wert, sondern Widerstand [/Klugscheidssmodus]

  • In meinen vorbereiteten Pultsetups sind für die "Üblichen Verdächtigen" zwar Filterkurven hinterlegt - ob ich diese so nutzen werde, entscheide ich aber dann beim Soundcheck (falls es denn einen geben sollte..... :roll: ).


    Die Filtergüte von 0,7 ist mir generell zu breit, i.d.R. setze ich die im Setup auf 2,0
    Generell ist bei mir die Kurve beim ziehen schmäler als beim anheben.

  • Die Verfügbarkeit von vollparametrischen EQs in Digitalpulten, selbst im Low Budget-Bereich, ist für mich einer der Gründe, digital zu bevorzugen. Ich gehe die Sache ebenfalls wie Klauston an: Die Bandbreite kommt, wie man sie braucht. Dazu noch etwas in Richtung Vorahnung: Die üblichen Verdächtigen bekommen, wie schon beschrieben, schonmal ein zwei noch unbenutzte EQ-Bänder hingeschoben, wo sie vermutlich gebraucht werden, ohne Absenkung/Anhebung natürlich.


    Viele Kollegen arbeiten "im Kopf" immer noch analog. Gerade vorgestern habe ich jemandem ein LS9-32 hingestellt, der eine Band mischen sollte, die eigentlich von mir gemischt wird. Ich habe mein Setup für die Band geladen und das Mischpult übergeben. Natürlich habe ich auch gesagt, dass das Setup der Band schon läuft. Als ich später wieder zur Bühne kam, lief die Show schon zwei Stunden. Ich habe dann mal über die Kanäle geschaut. Es sah so aus, als hätte der Techniker schon gehört, was er drehen musste, allerdings hat er die Güten völlig ignoriert. Das führte dazu, dass manche Bereiche, die breitbandig bearbeitet werden müssten, mit Güten um 5 bearbeitet wurden, weil es vorher bei dem EQ-Band schon eingestellt war. Die Bedienung des Pultes ansonsten war aber kein Problem.
    Damit will ich sagen, dass es immer ein Problem des Kennens ist. Ich hab mich bei den Mittelklasse-Analogpulten in der Prä-Alles-digital-Ära immer geärgert, dass keine Güte verfügbar ist, andere fragen dann auf so einen Kommentar "Was macht denn die Güte??", wieder andere (z.B. "Techniker" von Schülerbands, die nur das 30 Jahre alte Schulequipment kennen) fragen "FREQUENZEN EINSTELLEN?????".

  • eigentlich ist das doch alles ganz einfach:
    die güte bestimmt die breite des filters und basta.
    wenn ein mischer das nicht kennt oder nicht weiss, macht er den job mit ziemlicher sicherheit nur aus hobbygründen und hat sich mit dem thema eben noch nie beschäftigt.


    es ist genau wie bei den autofahrern, die beim kreisverkehr das blinken vergessen.
    die einen haben davon noch nie etwas gehört, andere sind einfach "beratungsresistent".
    professionell ist es jedenfalls nicht.

    mit kollegialen Grüßen
    Wolfgang